Versuche in Haspe, den Puddelstahl nur durch anhaltendes Glühen zu raffinieren, hatten keinen besonderen Erfolg gehabt, und man war wieder zu dem üblichen Gärbverfahren zurückgekehrt.
Das grosse Eisenwerk von Motala in Schweden hatte ein sehr gleichartiges körniges Puddeleisen, welches im Bruchansehen dem deutschen Puddelstahl ähnlich war, ausgestellt.
Chenot hatte nach seinem patentierten Verfahren (s. S. 613) hergestellte Schwämme und daraus erzeugtes Eisen und Stahl ohne Schmelzung 1) ausgestellt. Die Schwämme waren harte, steinartige Massen von brauner Farbe. Grosse Beachtung fand die Ausstellung damals nicht. Der Erfinder machte der Societe d'Encouragement einige Mitteilungen über sein Verfahren. Danach erfolgte die Reduk- tion der Erze durch Gas, welches durch Kohle und Wasserdampf er- zeugt wurde. Bei dem Ausschweissen wurde die Gangart abgeschieden. Der Eisenschwamm lieferte durch das blosse Schweissen derselben in Flammöfen oder Frischfeuern mit mehr oder weniger Kohlenzusatz Gusseisen, Gussstahl oder Schmiedeeisen.
Grössere Beachtung fand mit Recht der in England noch fast unbekannte Gasofenbetrieb, welcher in der deutschen Abteilung durch das Modell eines zum Puddeln bestimmten Ofens von Bischoff, in der österreichischen Abteilung aber durch die vorzüglichen, im Gas- flammofen erzeugten Eisensorten der gräflich v. Eggerschen Werke Lippitzbach, Feistritz und Treibach zur Anschauung gebracht war. Der geringe Holzaufwand bei dem Gasbetriebe erregte Erstaunen.
Aus dieser kurzen Zusammenstellung ersieht man, wieviel Neues die Eisenabteilung der Londoner Weltausstellung von 1851 bot, und in der That ging auch eine mächtige Anregung von derselben aus.
Ein allgemeiner Aufschwung der Industrie folgte der grossen Industrieausstellung in London, der zum Teil durch diese veranlasst, zum Teil durch die politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse bedingt war.
Die Revolution vom Jahre 1848 hatte eine glänzende Ent- wickelungsperiode der Eisenindustrie, welche im Jahre 1847 ihren Höhepunkt erreicht hatte, gewaltsam unterbrochen. Die Jahre der Begeisterung und der Unklarheit, welche folgten, konnten den wirt- schaftlichen Fortschritt nicht fördern; derselbe begann erst wieder, nachdem Ordnung und Ruhe zurückgekehrt waren. Die Entwickelung Frankreichs, von dem alle Beunruhigungen Europas im 19. Jahr- hundert ausgegangen sind, war hierfür von besonderer Wichtigkeit.
1) "Sans fusion de la fonte, mais par Electromotions, resultants d'oxydations et de reductions alternatives", lautete die geheimnisvolle Aufschrift.
Die erste Weltausstellung 1851.
Versuche in Haspe, den Puddelstahl nur durch anhaltendes Glühen zu raffinieren, hatten keinen besonderen Erfolg gehabt, und man war wieder zu dem üblichen Gärbverfahren zurückgekehrt.
Das groſse Eisenwerk von Motala in Schweden hatte ein sehr gleichartiges körniges Puddeleisen, welches im Bruchansehen dem deutschen Puddelstahl ähnlich war, ausgestellt.
Chenot hatte nach seinem patentierten Verfahren (s. S. 613) hergestellte Schwämme und daraus erzeugtes Eisen und Stahl ohne Schmelzung 1) ausgestellt. Die Schwämme waren harte, steinartige Massen von brauner Farbe. Groſse Beachtung fand die Ausstellung damals nicht. Der Erfinder machte der Société d’Encouragement einige Mitteilungen über sein Verfahren. Danach erfolgte die Reduk- tion der Erze durch Gas, welches durch Kohle und Wasserdampf er- zeugt wurde. Bei dem Ausschweiſsen wurde die Gangart abgeschieden. Der Eisenschwamm lieferte durch das bloſse Schweiſsen derselben in Flammöfen oder Frischfeuern mit mehr oder weniger Kohlenzusatz Guſseisen, Guſsstahl oder Schmiedeeisen.
Gröſsere Beachtung fand mit Recht der in England noch fast unbekannte Gasofenbetrieb, welcher in der deutschen Abteilung durch das Modell eines zum Puddeln bestimmten Ofens von Bischoff, in der österreichischen Abteilung aber durch die vorzüglichen, im Gas- flammofen erzeugten Eisensorten der gräflich v. Eggerschen Werke Lippitzbach, Feistritz und Treibach zur Anschauung gebracht war. Der geringe Holzaufwand bei dem Gasbetriebe erregte Erstaunen.
Aus dieser kurzen Zusammenstellung ersieht man, wieviel Neues die Eisenabteilung der Londoner Weltausstellung von 1851 bot, und in der That ging auch eine mächtige Anregung von derselben aus.
Ein allgemeiner Aufschwung der Industrie folgte der groſsen Industrieausstellung in London, der zum Teil durch diese veranlaſst, zum Teil durch die politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse bedingt war.
Die Revolution vom Jahre 1848 hatte eine glänzende Ent- wickelungsperiode der Eisenindustrie, welche im Jahre 1847 ihren Höhepunkt erreicht hatte, gewaltsam unterbrochen. Die Jahre der Begeisterung und der Unklarheit, welche folgten, konnten den wirt- schaftlichen Fortschritt nicht fördern; derselbe begann erst wieder, nachdem Ordnung und Ruhe zurückgekehrt waren. Die Entwickelung Frankreichs, von dem alle Beunruhigungen Europas im 19. Jahr- hundert ausgegangen sind, war hierfür von besonderer Wichtigkeit.
1) „Sans fusion de la fonte, mais par Electromotions, resultants d’oxydations et de reductions alternatives“, lautete die geheimnisvolle Aufschrift.
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Die erste Weltausstellung 1851.
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zu raffinieren, hatten keinen besonderen Erfolg gehabt, und man war
wieder zu dem üblichen Gärbverfahren zurückgekehrt.
Das groſse Eisenwerk von Motala in Schweden hatte ein sehr
gleichartiges körniges Puddeleisen, welches im Bruchansehen dem
deutschen Puddelstahl ähnlich war, ausgestellt.
Chenot hatte nach seinem patentierten Verfahren (s. S. 613)
hergestellte Schwämme und daraus erzeugtes Eisen und Stahl ohne
Schmelzung 1) ausgestellt. Die Schwämme waren harte, steinartige
Massen von brauner Farbe. Groſse Beachtung fand die Ausstellung
damals nicht. Der Erfinder machte der Société d’Encouragement
einige Mitteilungen über sein Verfahren. Danach erfolgte die Reduk-
tion der Erze durch Gas, welches durch Kohle und Wasserdampf er-
zeugt wurde. Bei dem Ausschweiſsen wurde die Gangart abgeschieden.
Der Eisenschwamm lieferte durch das bloſse Schweiſsen derselben in
Flammöfen oder Frischfeuern mit mehr oder weniger Kohlenzusatz
Guſseisen, Guſsstahl oder Schmiedeeisen.
Gröſsere Beachtung fand mit Recht der in England noch fast
unbekannte Gasofenbetrieb, welcher in der deutschen Abteilung
durch das Modell eines zum Puddeln bestimmten Ofens von Bischoff,
in der österreichischen Abteilung aber durch die vorzüglichen, im Gas-
flammofen erzeugten Eisensorten der gräflich v. Eggerschen Werke
Lippitzbach, Feistritz und Treibach zur Anschauung gebracht war.
Der geringe Holzaufwand bei dem Gasbetriebe erregte Erstaunen.
Aus dieser kurzen Zusammenstellung ersieht man, wieviel Neues
die Eisenabteilung der Londoner Weltausstellung von 1851 bot, und
in der That ging auch eine mächtige Anregung von derselben aus.
Ein allgemeiner Aufschwung der Industrie folgte der groſsen
Industrieausstellung in London, der zum Teil durch diese veranlaſst, zum
Teil durch die politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse bedingt war.
Die Revolution vom Jahre 1848 hatte eine glänzende Ent-
wickelungsperiode der Eisenindustrie, welche im Jahre 1847 ihren
Höhepunkt erreicht hatte, gewaltsam unterbrochen. Die Jahre der
Begeisterung und der Unklarheit, welche folgten, konnten den wirt-
schaftlichen Fortschritt nicht fördern; derselbe begann erst wieder,
nachdem Ordnung und Ruhe zurückgekehrt waren. Die Entwickelung
Frankreichs, von dem alle Beunruhigungen Europas im 19. Jahr-
hundert ausgegangen sind, war hierfür von besonderer Wichtigkeit.
1) „Sans fusion de la fonte, mais par Electromotions, resultants d’oxydations
et de reductions alternatives“, lautete die geheimnisvolle Aufschrift.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 784. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/800>, abgerufen am 23.11.2024.
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