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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899.

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Die erste Weltausstellung 1851.
Unterhaltungs- und Bildungsplatz Londons, als ein Denkmal der ersten
Weltausstellung steht. Er hat 1848 Fuss Länge, in dem mittleren
Teile 456, in den beiden Flügeln 408 engl. Fuss Breite. Das Gebäude
selbst bildete das grossartigste Ausstellungsobjekt für die Eisen-
industrie und für die Verwendung des Eisens als Baumaterial.

Am 1. Mai 1851 wurde die Industrieausstellung aller Völker bei
herrlichem Frühlingswetter feierlichst eröffnet. Prinz Albert hielt eine
meisterhafte Festrede, und es war ein ergreifender historischer
Moment, als er das grossartige Werk, welches er wohl als seine grösste
Schöpfung betrachten durfte, der Königin Viktoria, seiner erhabenen
Gemahlin, mit einer Adresse übergab und diese dem edlen, vielgeliebten
Gemahl mit Worten der Anerkennung und des Dankes antwortete.

Für die Eisenindustrie war die Londoner Weltausstellung von
1851 ein Ereignis von allergrösster Wichtigkeit. Indem sie einen
Überblick über die neuesten Errungenschaften und Fortschritte gewährte,
gab sie deutliche Fingerzeige für die Zukunft. Durch sie wurde zum
erstenmale die Bedeutung des Stahles im grossen und die Massen-
stahlbereitung der Welt vor Augen geführt. Die Eisenindustrie begriff
sofort den neuen Kurs, und von dieser Zeit datieren die raschen und
grossartigen Fortschritte in der Stahlfabrikation, das Zeitalter des
Stahles. Ein Deutscher, Alfred Krupp, Inhaber des Gussstahlwerkes
von Friedrich Krupp zu Essen, war es, der den grössten Erfolg
durch seine grossen und vorzüglichen Gussstahlstücke errang, denen
kein anderes Land, selbst England, die Heimat des Gussstahles,
Ähnliches zur Seite stellen konnte. Das Hauptstück von Krupps
Ausstellung war ein reiner Gussstahlblock von 2150 kg Gewicht.
Heute sind wir geneigt zu sagen, von nur 2150 kg, aber damals er-
schien dieser Block als etwas ganz Ausserordentliches, noch nicht
Dagewesenes. Der Gussstahlblock war durchaus gleichförmig und
seine Verwendbarkeit hatte Krupp an einigen auf das feinste polierten
Walzen, an Federn und Achsen für Eisenbahnwagen, an einer sechs-
pfündigen Kanone, sowie an mehreren anderen Gegenständen gezeigt.
Diese Stücke erwiesen die Möglichkeit, Gussstahl in vielen Gewerbs-
zweigen und für Stücke zu verwenden, wofür man sich bis jetzt mit
dem schwächeren Eisen beholfen hatte. Die Firma Friedrich
Krupp
erhielt denn auch allein von allen Stahlfabrikanten, und
obgleich die berühmtesten englischen Gussstahlfabriken ausgestellt
hatten, die höchste Auszeichnung, die grosse Verdienstmedaille (Council
Medal) "für Gussstahl ausgezeichneter Qualität, mit Nachweisung
neuer Anwendungen". Dadurch wurde Krupps Name allgemein

Die erste Weltausstellung 1851.
Unterhaltungs- und Bildungsplatz Londons, als ein Denkmal der ersten
Weltausstellung steht. Er hat 1848 Fuſs Länge, in dem mittleren
Teile 456, in den beiden Flügeln 408 engl. Fuſs Breite. Das Gebäude
selbst bildete das groſsartigste Ausstellungsobjekt für die Eisen-
industrie und für die Verwendung des Eisens als Baumaterial.

Am 1. Mai 1851 wurde die Industrieausstellung aller Völker bei
herrlichem Frühlingswetter feierlichst eröffnet. Prinz Albert hielt eine
meisterhafte Festrede, und es war ein ergreifender historischer
Moment, als er das groſsartige Werk, welches er wohl als seine gröſste
Schöpfung betrachten durfte, der Königin Viktoria, seiner erhabenen
Gemahlin, mit einer Adresse übergab und diese dem edlen, vielgeliebten
Gemahl mit Worten der Anerkennung und des Dankes antwortete.

Für die Eisenindustrie war die Londoner Weltausstellung von
1851 ein Ereignis von allergröſster Wichtigkeit. Indem sie einen
Überblick über die neuesten Errungenschaften und Fortschritte gewährte,
gab sie deutliche Fingerzeige für die Zukunft. Durch sie wurde zum
erstenmale die Bedeutung des Stahles im groſsen und die Massen-
stahlbereitung der Welt vor Augen geführt. Die Eisenindustrie begriff
sofort den neuen Kurs, und von dieser Zeit datieren die raschen und
groſsartigen Fortschritte in der Stahlfabrikation, das Zeitalter des
Stahles. Ein Deutscher, Alfred Krupp, Inhaber des Guſsstahlwerkes
von Friedrich Krupp zu Essen, war es, der den gröſsten Erfolg
durch seine groſsen und vorzüglichen Guſsstahlstücke errang, denen
kein anderes Land, selbst England, die Heimat des Guſsstahles,
Ähnliches zur Seite stellen konnte. Das Hauptstück von Krupps
Ausstellung war ein reiner Guſsstahlblock von 2150 kg Gewicht.
Heute sind wir geneigt zu sagen, von nur 2150 kg, aber damals er-
schien dieser Block als etwas ganz Auſserordentliches, noch nicht
Dagewesenes. Der Guſsstahlblock war durchaus gleichförmig und
seine Verwendbarkeit hatte Krupp an einigen auf das feinste polierten
Walzen, an Federn und Achsen für Eisenbahnwagen, an einer sechs-
pfündigen Kanone, sowie an mehreren anderen Gegenständen gezeigt.
Diese Stücke erwiesen die Möglichkeit, Guſsstahl in vielen Gewerbs-
zweigen und für Stücke zu verwenden, wofür man sich bis jetzt mit
dem schwächeren Eisen beholfen hatte. Die Firma Friedrich
Krupp
erhielt denn auch allein von allen Stahlfabrikanten, und
obgleich die berühmtesten englischen Guſsstahlfabriken ausgestellt
hatten, die höchste Auszeichnung, die groſse Verdienstmedaille (Council
Medal) „für Guſsstahl ausgezeichneter Qualität, mit Nachweisung
neuer Anwendungen“. Dadurch wurde Krupps Name allgemein

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[777/0793] Die erste Weltausstellung 1851. Unterhaltungs- und Bildungsplatz Londons, als ein Denkmal der ersten Weltausstellung steht. Er hat 1848 Fuſs Länge, in dem mittleren Teile 456, in den beiden Flügeln 408 engl. Fuſs Breite. Das Gebäude selbst bildete das groſsartigste Ausstellungsobjekt für die Eisen- industrie und für die Verwendung des Eisens als Baumaterial. Am 1. Mai 1851 wurde die Industrieausstellung aller Völker bei herrlichem Frühlingswetter feierlichst eröffnet. Prinz Albert hielt eine meisterhafte Festrede, und es war ein ergreifender historischer Moment, als er das groſsartige Werk, welches er wohl als seine gröſste Schöpfung betrachten durfte, der Königin Viktoria, seiner erhabenen Gemahlin, mit einer Adresse übergab und diese dem edlen, vielgeliebten Gemahl mit Worten der Anerkennung und des Dankes antwortete. Für die Eisenindustrie war die Londoner Weltausstellung von 1851 ein Ereignis von allergröſster Wichtigkeit. Indem sie einen Überblick über die neuesten Errungenschaften und Fortschritte gewährte, gab sie deutliche Fingerzeige für die Zukunft. Durch sie wurde zum erstenmale die Bedeutung des Stahles im groſsen und die Massen- stahlbereitung der Welt vor Augen geführt. Die Eisenindustrie begriff sofort den neuen Kurs, und von dieser Zeit datieren die raschen und groſsartigen Fortschritte in der Stahlfabrikation, das Zeitalter des Stahles. Ein Deutscher, Alfred Krupp, Inhaber des Guſsstahlwerkes von Friedrich Krupp zu Essen, war es, der den gröſsten Erfolg durch seine groſsen und vorzüglichen Guſsstahlstücke errang, denen kein anderes Land, selbst England, die Heimat des Guſsstahles, Ähnliches zur Seite stellen konnte. Das Hauptstück von Krupps Ausstellung war ein reiner Guſsstahlblock von 2150 kg Gewicht. Heute sind wir geneigt zu sagen, von nur 2150 kg, aber damals er- schien dieser Block als etwas ganz Auſserordentliches, noch nicht Dagewesenes. Der Guſsstahlblock war durchaus gleichförmig und seine Verwendbarkeit hatte Krupp an einigen auf das feinste polierten Walzen, an Federn und Achsen für Eisenbahnwagen, an einer sechs- pfündigen Kanone, sowie an mehreren anderen Gegenständen gezeigt. Diese Stücke erwiesen die Möglichkeit, Guſsstahl in vielen Gewerbs- zweigen und für Stücke zu verwenden, wofür man sich bis jetzt mit dem schwächeren Eisen beholfen hatte. Die Firma Friedrich Krupp erhielt denn auch allein von allen Stahlfabrikanten, und obgleich die berühmtesten englischen Guſsstahlfabriken ausgestellt hatten, die höchste Auszeichnung, die groſse Verdienstmedaille (Council Medal) „für Guſsstahl ausgezeichneter Qualität, mit Nachweisung neuer Anwendungen“. Dadurch wurde Krupps Name allgemein

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 777. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/793>, abgerufen am 23.11.2024.