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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899.

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Die Formgebung 1831 bis 1850.
Die Ständer ruhten auf gusseisernen Sohlplatten, die meist noch auf
einem hölzernen Unterbau, dem "Sohlwerk", befestigt waren. Dieses
Sohlwerk bestand aus zwei unter der Hüttensohle aufgeführten par-
allelen und senkrechten Holzwänden von starkem Eichenholz, welche
auf fester Unterlage aufstanden und von gemauerten Wänden um-
geben waren (vgl. Karsten, Taf. 53, Fig. 13 bis 15). Dieser Holz-
unterbau sollte vor dem massiven Fundament den Vorzug haben, dass
durch seine Elasticität Brüche vermieden würden, ausreichende Sta-
bilität vorausgesetzt. Der Antrieb der Walzen erfolgte in England
bereits allgemein durch Dampfmaschinen. Auf dem Kontinent behalf
man sich bei den älteren Werken, wo man den Puddelbetrieb ein-
führte, noch mit den alten Wasserrädern, auf den neu erbauten Puddel-
und Walzwerken ging man dagegen ebenfalls nach englischem Vor-
bilde zu Dampfmaschinenbetrieb über. Die alten Wasserkraftanlagen
waren durchgehends unzulänglich für einen Massenbetrieb, wie er
mehr und mehr, besonders seit der Einführung der Schienenfabrikation,
von den Walzwerken verlangt wurde. Der Wasserradbetrieb gestattete,
weil er bis dahin nur auf verhältnismässig geringe Kraftleistung ein-
gerichtet war, nur eine beschränkte Produktion, und um nur diese zu
erzielen, mussten schon mancherlei Notbehelfe herhalten. Dazu kam
noch, dass die alten Hammerhütten mit Walzbetrieb eng gebaut und
meistens so angelegt waren, dass sie auch räumlich einen sachgemässen
Grossbetrieb gar nicht gestatteten. Um trotzdem die Wasserkraft für
den Walzbetrieb auszunutzen, kam man dann zu Auskunftsmitteln,
die nur als solche ein geschichtliches Interesse beanspruchen. Dahin
gehört das Auswalzen der Luppen in einem Gerüst, wobei man die
Vor- und Fertigkaliber auf ein Walzenpaar vereinigte. Dadurch
sparte man Raum und Kraft, aber auf Kosten der Leistung und
Sicherheit. Deshalb wurde diese Anordnung in den 40 er Jahren im
Princip auch durchaus verworfen. Ein anderer, bei den Walzwerken
mit Wasserbetrieb häufiger Notbehelf bestand darin, dass man Luppen-
walzen, Stab- und Blechwalzen nicht gleichzeitig, sondern wegen
Mangel an Kraft oder Raum nacheinander betrieb, indem man zu
diesem Zweck in dasselbe Gerüst einmal Luppenwalzen, dann Stab-
eisenwalzen, dann Blechwalzen einlegte. Wo man Dampfmaschinen-
betrieb einführte, geschah dies nicht, vielmehr sah man eine genügende
Kraftleistung vor, um diese Betriebe zweckentsprechend gleichzeitig
führen zu können, was aber meist mehr als 100 Pferdekräfte erforderte.
Hatte eine Wasserkraftanlage eine nutzbare Betriebsleistung von 10
bis 12 Pferdekräften, so konnte sie mit Not ein Luppeneisenwalzwerk

Die Formgebung 1831 bis 1850.
Die Ständer ruhten auf guſseisernen Sohlplatten, die meist noch auf
einem hölzernen Unterbau, dem „Sohlwerk“, befestigt waren. Dieses
Sohlwerk bestand aus zwei unter der Hüttensohle aufgeführten par-
allelen und senkrechten Holzwänden von starkem Eichenholz, welche
auf fester Unterlage aufstanden und von gemauerten Wänden um-
geben waren (vgl. Karsten, Taf. 53, Fig. 13 bis 15). Dieser Holz-
unterbau sollte vor dem massiven Fundament den Vorzug haben, daſs
durch seine Elasticität Brüche vermieden würden, ausreichende Sta-
bilität vorausgesetzt. Der Antrieb der Walzen erfolgte in England
bereits allgemein durch Dampfmaschinen. Auf dem Kontinent behalf
man sich bei den älteren Werken, wo man den Puddelbetrieb ein-
führte, noch mit den alten Wasserrädern, auf den neu erbauten Puddel-
und Walzwerken ging man dagegen ebenfalls nach englischem Vor-
bilde zu Dampfmaschinenbetrieb über. Die alten Wasserkraftanlagen
waren durchgehends unzulänglich für einen Massenbetrieb, wie er
mehr und mehr, besonders seit der Einführung der Schienenfabrikation,
von den Walzwerken verlangt wurde. Der Wasserradbetrieb gestattete,
weil er bis dahin nur auf verhältnismäſsig geringe Kraftleistung ein-
gerichtet war, nur eine beschränkte Produktion, und um nur diese zu
erzielen, muſsten schon mancherlei Notbehelfe herhalten. Dazu kam
noch, daſs die alten Hammerhütten mit Walzbetrieb eng gebaut und
meistens so angelegt waren, daſs sie auch räumlich einen sachgemäſsen
Groſsbetrieb gar nicht gestatteten. Um trotzdem die Wasserkraft für
den Walzbetrieb auszunutzen, kam man dann zu Auskunftsmitteln,
die nur als solche ein geschichtliches Interesse beanspruchen. Dahin
gehört das Auswalzen der Luppen in einem Gerüst, wobei man die
Vor- und Fertigkaliber auf ein Walzenpaar vereinigte. Dadurch
sparte man Raum und Kraft, aber auf Kosten der Leistung und
Sicherheit. Deshalb wurde diese Anordnung in den 40 er Jahren im
Princip auch durchaus verworfen. Ein anderer, bei den Walzwerken
mit Wasserbetrieb häufiger Notbehelf bestand darin, daſs man Luppen-
walzen, Stab- und Blechwalzen nicht gleichzeitig, sondern wegen
Mangel an Kraft oder Raum nacheinander betrieb, indem man zu
diesem Zweck in dasselbe Gerüst einmal Luppenwalzen, dann Stab-
eisenwalzen, dann Blechwalzen einlegte. Wo man Dampfmaschinen-
betrieb einführte, geschah dies nicht, vielmehr sah man eine genügende
Kraftleistung vor, um diese Betriebe zweckentsprechend gleichzeitig
führen zu können, was aber meist mehr als 100 Pferdekräfte erforderte.
Hatte eine Wasserkraftanlage eine nutzbare Betriebsleistung von 10
bis 12 Pferdekräften, so konnte sie mit Not ein Luppeneisenwalzwerk

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[603/0619] Die Formgebung 1831 bis 1850. Die Ständer ruhten auf guſseisernen Sohlplatten, die meist noch auf einem hölzernen Unterbau, dem „Sohlwerk“, befestigt waren. Dieses Sohlwerk bestand aus zwei unter der Hüttensohle aufgeführten par- allelen und senkrechten Holzwänden von starkem Eichenholz, welche auf fester Unterlage aufstanden und von gemauerten Wänden um- geben waren (vgl. Karsten, Taf. 53, Fig. 13 bis 15). Dieser Holz- unterbau sollte vor dem massiven Fundament den Vorzug haben, daſs durch seine Elasticität Brüche vermieden würden, ausreichende Sta- bilität vorausgesetzt. Der Antrieb der Walzen erfolgte in England bereits allgemein durch Dampfmaschinen. Auf dem Kontinent behalf man sich bei den älteren Werken, wo man den Puddelbetrieb ein- führte, noch mit den alten Wasserrädern, auf den neu erbauten Puddel- und Walzwerken ging man dagegen ebenfalls nach englischem Vor- bilde zu Dampfmaschinenbetrieb über. Die alten Wasserkraftanlagen waren durchgehends unzulänglich für einen Massenbetrieb, wie er mehr und mehr, besonders seit der Einführung der Schienenfabrikation, von den Walzwerken verlangt wurde. Der Wasserradbetrieb gestattete, weil er bis dahin nur auf verhältnismäſsig geringe Kraftleistung ein- gerichtet war, nur eine beschränkte Produktion, und um nur diese zu erzielen, muſsten schon mancherlei Notbehelfe herhalten. Dazu kam noch, daſs die alten Hammerhütten mit Walzbetrieb eng gebaut und meistens so angelegt waren, daſs sie auch räumlich einen sachgemäſsen Groſsbetrieb gar nicht gestatteten. Um trotzdem die Wasserkraft für den Walzbetrieb auszunutzen, kam man dann zu Auskunftsmitteln, die nur als solche ein geschichtliches Interesse beanspruchen. Dahin gehört das Auswalzen der Luppen in einem Gerüst, wobei man die Vor- und Fertigkaliber auf ein Walzenpaar vereinigte. Dadurch sparte man Raum und Kraft, aber auf Kosten der Leistung und Sicherheit. Deshalb wurde diese Anordnung in den 40 er Jahren im Princip auch durchaus verworfen. Ein anderer, bei den Walzwerken mit Wasserbetrieb häufiger Notbehelf bestand darin, daſs man Luppen- walzen, Stab- und Blechwalzen nicht gleichzeitig, sondern wegen Mangel an Kraft oder Raum nacheinander betrieb, indem man zu diesem Zweck in dasselbe Gerüst einmal Luppenwalzen, dann Stab- eisenwalzen, dann Blechwalzen einlegte. Wo man Dampfmaschinen- betrieb einführte, geschah dies nicht, vielmehr sah man eine genügende Kraftleistung vor, um diese Betriebe zweckentsprechend gleichzeitig führen zu können, was aber meist mehr als 100 Pferdekräfte erforderte. Hatte eine Wasserkraftanlage eine nutzbare Betriebsleistung von 10 bis 12 Pferdekräften, so konnte sie mit Not ein Luppeneisenwalzwerk

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 603. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/619>, abgerufen am 10.06.2024.