Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Formgebung 1831 bis 1850.

Statt des plumpen Stirnhammers, unter dem man die weiche,
glühende Luppe nur mühselig bearbeiten konnte, hatte man in Eng-
land Quetschwerke oder Zängepressen erfunden. Dieselben wurden
in den 30er Jahren von dem Ingenieur Flachat auch in Frank-
reich eingeführt und auf den grossen Hütten zu Vierzon, Abainville
und anderen mit Erfolg angewendet. Sie waren leicht, bequem zu
bedienen, verbrauchten in einem gegebenen Moment nur die unum-
gänglich notwendige Kraft, bewegten sich ohne Stoss, ohne Geräusch
und ohne Gefahr für die Arbeiter, kosteten wenig und erforderten
keine kostspielige Reparaturen. Die Konstruktion war von der
Hebelschere, die schon früher in England allgemein bei den Walz-
werken gebräuchlich war, entnommen. Fig. 213 giebt die Abbildung

[Abbildung] Fig. 213.
einer Luppenquetsche, die man wegen ihres gerippten oder gezahnten
Maules, in dem sie die Luppen zusammendrückte, Alligatorquetsche
nannte. Das Maul schloss sich natürlich nicht ganz, sondern nur
bis zu einem gewissen Punkte. Je nachdem man die Luppe mehr oder
weniger tief hineinsteckte, wurde sie mehr oder weniger gedrückt.
Die Luppen kamen in der Form länglicher Kolben aus dem Apparat
und wurden zum Schluss vorn an dem vertieften Absatz gestaucht.
Die englischen Quetschwerke machten wenigstens 90 Schwingungen
in der Minute. Eine Luppenquetsche, welche 10 bis 16 Luppenöfen
bedient, erfordert 8 bis 12 Pferdekräfte.

Zängepressen mit direkter Dampfwirkung oder Dampfzängepressen
nannte man diejenigen Quetschwerke, bei denen der lange Hebel
direkt mit dem Kolben eines Dampfcylinders in Verbindung gebracht

Die Formgebung 1831 bis 1850.

Statt des plumpen Stirnhammers, unter dem man die weiche,
glühende Luppe nur mühselig bearbeiten konnte, hatte man in Eng-
land Quetschwerke oder Zängepressen erfunden. Dieselben wurden
in den 30er Jahren von dem Ingenieur Flachat auch in Frank-
reich eingeführt und auf den groſsen Hütten zu Vierzon, Abainville
und anderen mit Erfolg angewendet. Sie waren leicht, bequem zu
bedienen, verbrauchten in einem gegebenen Moment nur die unum-
gänglich notwendige Kraft, bewegten sich ohne Stoſs, ohne Geräusch
und ohne Gefahr für die Arbeiter, kosteten wenig und erforderten
keine kostspielige Reparaturen. Die Konstruktion war von der
Hebelschere, die schon früher in England allgemein bei den Walz-
werken gebräuchlich war, entnommen. Fig. 213 giebt die Abbildung

[Abbildung] Fig. 213.
einer Luppenquetsche, die man wegen ihres gerippten oder gezahnten
Maules, in dem sie die Luppen zusammendrückte, Alligatorquetsche
nannte. Das Maul schloſs sich natürlich nicht ganz, sondern nur
bis zu einem gewissen Punkte. Je nachdem man die Luppe mehr oder
weniger tief hineinsteckte, wurde sie mehr oder weniger gedrückt.
Die Luppen kamen in der Form länglicher Kolben aus dem Apparat
und wurden zum Schluſs vorn an dem vertieften Absatz gestaucht.
Die englischen Quetschwerke machten wenigstens 90 Schwingungen
in der Minute. Eine Luppenquetsche, welche 10 bis 16 Luppenöfen
bedient, erfordert 8 bis 12 Pferdekräfte.

Zängepressen mit direkter Dampfwirkung oder Dampfzängepressen
nannte man diejenigen Quetschwerke, bei denen der lange Hebel
direkt mit dem Kolben eines Dampfcylinders in Verbindung gebracht

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <pb facs="#f0605" n="589"/>
              <fw place="top" type="header">Die Formgebung 1831 bis 1850.</fw><lb/>
              <p>Statt des plumpen Stirnhammers, unter dem man die weiche,<lb/>
glühende Luppe nur mühselig bearbeiten konnte, hatte man in Eng-<lb/>
land <hi rendition="#g">Quetschwerke</hi> oder Zängepressen erfunden. Dieselben wurden<lb/>
in den 30er Jahren von dem Ingenieur <hi rendition="#g">Flachat</hi> auch in Frank-<lb/>
reich eingeführt und auf den gro&#x017F;sen Hütten zu Vierzon, Abainville<lb/>
und anderen mit Erfolg angewendet. Sie waren leicht, bequem zu<lb/>
bedienen, verbrauchten in einem gegebenen Moment nur die unum-<lb/>
gänglich notwendige Kraft, bewegten sich ohne Sto&#x017F;s, ohne Geräusch<lb/>
und ohne Gefahr für die Arbeiter, kosteten wenig und erforderten<lb/>
keine kostspielige Reparaturen. Die Konstruktion war von der<lb/>
Hebelschere, die schon früher in England allgemein bei den Walz-<lb/>
werken gebräuchlich war, entnommen. Fig. 213 giebt die Abbildung<lb/><figure><head>Fig. 213.</head></figure><lb/>
einer Luppenquetsche, die man wegen ihres gerippten oder gezahnten<lb/>
Maules, in dem sie die Luppen zusammendrückte, Alligatorquetsche<lb/>
nannte. Das Maul schlo&#x017F;s sich natürlich nicht ganz, sondern nur<lb/>
bis zu einem gewissen Punkte. Je nachdem man die Luppe mehr oder<lb/>
weniger tief hineinsteckte, wurde sie mehr oder weniger gedrückt.<lb/>
Die Luppen kamen in der Form länglicher Kolben aus dem Apparat<lb/>
und wurden zum Schlu&#x017F;s vorn an dem vertieften Absatz gestaucht.<lb/>
Die englischen Quetschwerke machten wenigstens 90 Schwingungen<lb/>
in der Minute. Eine Luppenquetsche, welche 10 bis 16 Luppenöfen<lb/>
bedient, erfordert 8 bis 12 Pferdekräfte.</p><lb/>
              <p>Zängepressen mit direkter Dampfwirkung oder Dampfzängepressen<lb/>
nannte man diejenigen Quetschwerke, bei denen der lange Hebel<lb/>
direkt mit dem Kolben eines Dampfcylinders in Verbindung gebracht<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[589/0605] Die Formgebung 1831 bis 1850. Statt des plumpen Stirnhammers, unter dem man die weiche, glühende Luppe nur mühselig bearbeiten konnte, hatte man in Eng- land Quetschwerke oder Zängepressen erfunden. Dieselben wurden in den 30er Jahren von dem Ingenieur Flachat auch in Frank- reich eingeführt und auf den groſsen Hütten zu Vierzon, Abainville und anderen mit Erfolg angewendet. Sie waren leicht, bequem zu bedienen, verbrauchten in einem gegebenen Moment nur die unum- gänglich notwendige Kraft, bewegten sich ohne Stoſs, ohne Geräusch und ohne Gefahr für die Arbeiter, kosteten wenig und erforderten keine kostspielige Reparaturen. Die Konstruktion war von der Hebelschere, die schon früher in England allgemein bei den Walz- werken gebräuchlich war, entnommen. Fig. 213 giebt die Abbildung [Abbildung Fig. 213.] einer Luppenquetsche, die man wegen ihres gerippten oder gezahnten Maules, in dem sie die Luppen zusammendrückte, Alligatorquetsche nannte. Das Maul schloſs sich natürlich nicht ganz, sondern nur bis zu einem gewissen Punkte. Je nachdem man die Luppe mehr oder weniger tief hineinsteckte, wurde sie mehr oder weniger gedrückt. Die Luppen kamen in der Form länglicher Kolben aus dem Apparat und wurden zum Schluſs vorn an dem vertieften Absatz gestaucht. Die englischen Quetschwerke machten wenigstens 90 Schwingungen in der Minute. Eine Luppenquetsche, welche 10 bis 16 Luppenöfen bedient, erfordert 8 bis 12 Pferdekräfte. Zängepressen mit direkter Dampfwirkung oder Dampfzängepressen nannte man diejenigen Quetschwerke, bei denen der lange Hebel direkt mit dem Kolben eines Dampfcylinders in Verbindung gebracht

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/605
Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 589. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/605>, abgerufen am 10.06.2024.