Dass die Mengen des Kohlenstoffs, welche mit dem Eisen verbunden sind, die Unterschiede zwischen Roheisen, Stahl und Stabeisen be- dingen, hatten die französischen Chemiker schon nachgewiesen. Die von ihnen ermittelten Zahlen waren aber nicht genau, denn während sie das Schmiedeeisen für reines Eisen ohne jeden Kohlenstoffgehalt erklärten, gaben sie die Menge des Kohlenstoffs im grauen Eisen zu hoch an.
Mushet hatte um die Wende des Jahrhunderts den Kohlenstoff der Stahl- und Roheisensorten genauer zu ermitteln gesucht. Ob- gleich er hierbei öfter von einem Sauerstoffgehalt des Roheisens spricht, so lässt er denselben bei der Unterscheidung der Eisensorten doch ganz ausser acht und sucht den Unterschied der Eisensorten nur in dem Kohlenstoffgehalt. Diesen ermittelte er zu
1/120 bei weichem Gussstahl,
1/100 " gewöhnlichem Gussstahl,
1/90 " " " aber härter,
1/50 " " " aber zu hart,
1/25 " weissem Roheisen,
1/20 " halbiertem Roheisen,
1/15 " dunkelgrauem Roheisen.
Er leitete also den Unterschied zwischen weissem und grauem Roheisen nur aus der Menge des Kohlenstoffs her, was ein Irrtum war -- die Zahlen sind ebenfalls unrichtig.
Karsten ermittelte die Kohlenstoffmengen in den verschiedenen Eisensorten genauer. Er fand, dass auch das Schmiedeeisen Kohlen- stoff enthält, wenn auch in geringer Menge. Im weichsten Stabeisen fand er noch 0,05 Proz. Kohle, während hartes, gutes Stabeisen nicht unter 0,1 Proz. davon enthielt. Nur im verbrannten Eisen hatte er nie eine Spur Kohlenstoff entdeckt. Von den Stahlsorten enthielt der Cementstahl am wenigsten. Karsten fand im oberschlesischen Cementstahl nur 0,3 Proz. Bergman hatte den Kohlenstoffgehalt der von ihm untersuchten Stahlsorten zu 0,2 bis 0,8 angegeben und ver- mutet Karsten, dass dies ebenfalls Cementstahlsorten waren. Er fand darin nie mehr als 0,9 Proz. -- Stahl, sagt er 1), ist reines Eisen mit 1/10 bis 1 Proz. Kohlenstoff. Enthält er des Kohlenstoffs mehr, so dürfte er schon zu spröde und zu leichtflüssig sein, auch seine Dehnbarkeit völlig verloren haben. Der wilde Rohstahl (Willerstahl), den man wegen
1) Siehe Gilberts Annalen, a. a. O., S. 442.
Chemie 1801 bis 1815.
Daſs die Mengen des Kohlenstoffs, welche mit dem Eisen verbunden sind, die Unterschiede zwischen Roheisen, Stahl und Stabeisen be- dingen, hatten die französischen Chemiker schon nachgewiesen. Die von ihnen ermittelten Zahlen waren aber nicht genau, denn während sie das Schmiedeeisen für reines Eisen ohne jeden Kohlenstoffgehalt erklärten, gaben sie die Menge des Kohlenstoffs im grauen Eisen zu hoch an.
Mushet hatte um die Wende des Jahrhunderts den Kohlenstoff der Stahl- und Roheisensorten genauer zu ermitteln gesucht. Ob- gleich er hierbei öfter von einem Sauerstoffgehalt des Roheisens spricht, so läſst er denselben bei der Unterscheidung der Eisensorten doch ganz auſser acht und sucht den Unterschied der Eisensorten nur in dem Kohlenstoffgehalt. Diesen ermittelte er zu
1/120 bei weichem Guſsstahl,
1/100 „ gewöhnlichem Guſsstahl,
1/90 „ „ „ aber härter,
1/50 „ „ „ aber zu hart,
1/25 „ weiſsem Roheisen,
1/20 „ halbiertem Roheisen,
1/15 „ dunkelgrauem Roheisen.
Er leitete also den Unterschied zwischen weiſsem und grauem Roheisen nur aus der Menge des Kohlenstoffs her, was ein Irrtum war — die Zahlen sind ebenfalls unrichtig.
Karsten ermittelte die Kohlenstoffmengen in den verschiedenen Eisensorten genauer. Er fand, daſs auch das Schmiedeeisen Kohlen- stoff enthält, wenn auch in geringer Menge. Im weichsten Stabeisen fand er noch 0,05 Proz. Kohle, während hartes, gutes Stabeisen nicht unter 0,1 Proz. davon enthielt. Nur im verbrannten Eisen hatte er nie eine Spur Kohlenstoff entdeckt. Von den Stahlsorten enthielt der Cementstahl am wenigsten. Karsten fand im oberschlesischen Cementstahl nur 0,3 Proz. Bergman hatte den Kohlenstoffgehalt der von ihm untersuchten Stahlsorten zu 0,2 bis 0,8 angegeben und ver- mutet Karsten, daſs dies ebenfalls Cementstahlsorten waren. Er fand darin nie mehr als 0,9 Proz. — Stahl, sagt er 1), ist reines Eisen mit 1/10 bis 1 Proz. Kohlenstoff. Enthält er des Kohlenstoffs mehr, so dürfte er schon zu spröde und zu leichtflüssig sein, auch seine Dehnbarkeit völlig verloren haben. Der wilde Rohstahl (Willerstahl), den man wegen
1) Siehe Gilberts Annalen, a. a. O., S. 442.
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Chemie 1801 bis 1815.
Daſs die Mengen des Kohlenstoffs, welche mit dem Eisen verbunden
sind, die Unterschiede zwischen Roheisen, Stahl und Stabeisen be-
dingen, hatten die französischen Chemiker schon nachgewiesen. Die
von ihnen ermittelten Zahlen waren aber nicht genau, denn während sie
das Schmiedeeisen für reines Eisen ohne jeden Kohlenstoffgehalt
erklärten, gaben sie die Menge des Kohlenstoffs im grauen Eisen zu
hoch an.
Mushet hatte um die Wende des Jahrhunderts den Kohlenstoff
der Stahl- und Roheisensorten genauer zu ermitteln gesucht. Ob-
gleich er hierbei öfter von einem Sauerstoffgehalt des Roheisens
spricht, so läſst er denselben bei der Unterscheidung der Eisensorten
doch ganz auſser acht und sucht den Unterschied der Eisensorten
nur in dem Kohlenstoffgehalt. Diesen ermittelte er zu
1/120 bei weichem Guſsstahl,
1/100 „ gewöhnlichem Guſsstahl,
1/90 „ „ „ aber härter,
1/50 „ „ „ aber zu hart,
1/25 „ weiſsem Roheisen,
1/20 „ halbiertem Roheisen,
1/15 „ dunkelgrauem Roheisen.
Er leitete also den Unterschied zwischen weiſsem und grauem
Roheisen nur aus der Menge des Kohlenstoffs her, was ein Irrtum
war — die Zahlen sind ebenfalls unrichtig.
Karsten ermittelte die Kohlenstoffmengen in den verschiedenen
Eisensorten genauer. Er fand, daſs auch das Schmiedeeisen Kohlen-
stoff enthält, wenn auch in geringer Menge. Im weichsten Stabeisen
fand er noch 0,05 Proz. Kohle, während hartes, gutes Stabeisen nicht
unter 0,1 Proz. davon enthielt. Nur im verbrannten Eisen hatte er
nie eine Spur Kohlenstoff entdeckt. Von den Stahlsorten enthielt
der Cementstahl am wenigsten. Karsten fand im oberschlesischen
Cementstahl nur 0,3 Proz. Bergman hatte den Kohlenstoffgehalt der
von ihm untersuchten Stahlsorten zu 0,2 bis 0,8 angegeben und ver-
mutet Karsten, daſs dies ebenfalls Cementstahlsorten waren. Er fand
darin nie mehr als 0,9 Proz. — Stahl, sagt er 1), ist reines Eisen mit
1/10 bis 1 Proz. Kohlenstoff. Enthält er des Kohlenstoffs mehr, so dürfte
er schon zu spröde und zu leichtflüssig sein, auch seine Dehnbarkeit
völlig verloren haben. Der wilde Rohstahl (Willerstahl), den man wegen
1) Siehe Gilberts Annalen, a. a. O., S. 442.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/59>, abgerufen am 18.12.2024.
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