war das feste Fundament gelegt, auf welchem die moderne, che- mische Wissenschaft aufgebaut ist.
Wichtige Entdeckungen waren noch das 1809 von Dulong und Petit aufgefundene Gesetz, dass für die einfachen Körper die speci- fische Wärme dem Atomgewicht umgekehrt proportional ist, und die Entdeckung des Isomorphismus durch Mitscherlich im Jahre 1820.
Diese Reihe glänzender theoretischer Entdeckungen war auch für die Geschichte des Eisens insofern von Wichtigkeit, als dadurch erst das richtige Verständnis der metallurgischen Prozesse erschlossen wurde und die chemisch-analytischen Untersuchungen die Sicherheit und Wichtigkeit bekamen, die sie auszeichnen.
Von grosser praktischer Wichtigkeit war es noch, dass Berzelius eine allgemein anerkannte lateinische Benennung der Elemente ein- führte und auf Grund dieser eine chemische Zeichensprache gründete, welche wegen ihrer klaren und ausdrucksvollen Bezeich- nungen von der ganzen gebildeten Welt angenommen wurde und sich bis heute erhalten hat.
In dem zweiten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts wurde noch eine andere für das Eisen besonders wichtige Frage gelöst oder der Lösung nahe gebracht, die Frage der Konstitution des Roheisens.
Wir wissen, dass man seit der berühmten Untersuchung von Vandermonde, Berthollet und Monge allgemein einen Sauer- stoffgehalt im Roheisen annahm und dass man die auffallenden Verschiedenheiten der Roheisensorten dem grösseren oder geringeren Gehalt an Sauerstoff zuschrieb. Man hielt an dieser falschen Theorie fest, weil man kein anderes Mittel der Erklärung dieser Verschieden- heiten hatte.
Gegen diesen Irrtum trat C. J. B. Karsten auf und es gelang ihm sowohl nachzuweisen, dass im Roheisen kein Sauerstoff als not- wendiger Bestandteil enthalten sei, als auch dass die Verschiedenheit der Roheisensorten nur von der verschiedenen Art der Verbindung des Kohlenstoffs bedingt sei. Er veröffentlichte diese neue Ansicht zuerst in einer ausführlichen Anmerkung in seiner Übersetzung von Rin- mans Geschichte des Eisens im Jahre 1814, aus der ein Auszug im 22. Bande von Gilberts Annalen der Physik abgedruckt wurde, und führte dann seine Theorie ausführlich in seinem Handbuch der Eisenhüttenkunde 1816 aus. Nach der Ansicht der obengenannten französischen Chemiker ist Stabeisen reines, von Sauerstoff und Kohlen- stoff freies Eisen, Stahl ist reines, völlig reduziertes Eisen, welches noch Kohlenstoff, aber in geringerer Menge und gleichförmigerer Verbindung
Chemie 1801 bis 1815.
war das feste Fundament gelegt, auf welchem die moderne, che- mische Wissenschaft aufgebaut ist.
Wichtige Entdeckungen waren noch das 1809 von Dulong und Petit aufgefundene Gesetz, daſs für die einfachen Körper die speci- fische Wärme dem Atomgewicht umgekehrt proportional ist, und die Entdeckung des Isomorphismus durch Mitscherlich im Jahre 1820.
Diese Reihe glänzender theoretischer Entdeckungen war auch für die Geschichte des Eisens insofern von Wichtigkeit, als dadurch erst das richtige Verständnis der metallurgischen Prozesse erschlossen wurde und die chemisch-analytischen Untersuchungen die Sicherheit und Wichtigkeit bekamen, die sie auszeichnen.
Von groſser praktischer Wichtigkeit war es noch, daſs Berzelius eine allgemein anerkannte lateinische Benennung der Elemente ein- führte und auf Grund dieser eine chemische Zeichensprache gründete, welche wegen ihrer klaren und ausdrucksvollen Bezeich- nungen von der ganzen gebildeten Welt angenommen wurde und sich bis heute erhalten hat.
In dem zweiten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts wurde noch eine andere für das Eisen besonders wichtige Frage gelöst oder der Lösung nahe gebracht, die Frage der Konstitution des Roheisens.
Wir wissen, daſs man seit der berühmten Untersuchung von Vandermonde, Berthollet und Monge allgemein einen Sauer- stoffgehalt im Roheisen annahm und daſs man die auffallenden Verschiedenheiten der Roheisensorten dem gröſseren oder geringeren Gehalt an Sauerstoff zuschrieb. Man hielt an dieser falschen Theorie fest, weil man kein anderes Mittel der Erklärung dieser Verschieden- heiten hatte.
Gegen diesen Irrtum trat C. J. B. Karsten auf und es gelang ihm sowohl nachzuweisen, daſs im Roheisen kein Sauerstoff als not- wendiger Bestandteil enthalten sei, als auch daſs die Verschiedenheit der Roheisensorten nur von der verschiedenen Art der Verbindung des Kohlenstoffs bedingt sei. Er veröffentlichte diese neue Ansicht zuerst in einer ausführlichen Anmerkung in seiner Übersetzung von Rin- mans Geschichte des Eisens im Jahre 1814, aus der ein Auszug im 22. Bande von Gilberts Annalen der Physik abgedruckt wurde, und führte dann seine Theorie ausführlich in seinem Handbuch der Eisenhüttenkunde 1816 aus. Nach der Ansicht der obengenannten französischen Chemiker ist Stabeisen reines, von Sauerstoff und Kohlen- stoff freies Eisen, Stahl ist reines, völlig reduziertes Eisen, welches noch Kohlenstoff, aber in geringerer Menge und gleichförmigerer Verbindung
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Chemie 1801 bis 1815.
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Petit aufgefundene Gesetz, daſs für die einfachen Körper die speci-
fische Wärme dem Atomgewicht umgekehrt proportional ist, und die
Entdeckung des Isomorphismus durch Mitscherlich im Jahre 1820.
Diese Reihe glänzender theoretischer Entdeckungen war auch für
die Geschichte des Eisens insofern von Wichtigkeit, als dadurch erst
das richtige Verständnis der metallurgischen Prozesse erschlossen
wurde und die chemisch-analytischen Untersuchungen die Sicherheit
und Wichtigkeit bekamen, die sie auszeichnen.
Von groſser praktischer Wichtigkeit war es noch, daſs Berzelius
eine allgemein anerkannte lateinische Benennung der Elemente ein-
führte und auf Grund dieser eine chemische Zeichensprache
gründete, welche wegen ihrer klaren und ausdrucksvollen Bezeich-
nungen von der ganzen gebildeten Welt angenommen wurde und sich
bis heute erhalten hat.
In dem zweiten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts wurde noch eine
andere für das Eisen besonders wichtige Frage gelöst oder der Lösung
nahe gebracht, die Frage der Konstitution des Roheisens.
Wir wissen, daſs man seit der berühmten Untersuchung von
Vandermonde, Berthollet und Monge allgemein einen Sauer-
stoffgehalt im Roheisen annahm und daſs man die auffallenden
Verschiedenheiten der Roheisensorten dem gröſseren oder geringeren
Gehalt an Sauerstoff zuschrieb. Man hielt an dieser falschen Theorie
fest, weil man kein anderes Mittel der Erklärung dieser Verschieden-
heiten hatte.
Gegen diesen Irrtum trat C. J. B. Karsten auf und es gelang
ihm sowohl nachzuweisen, daſs im Roheisen kein Sauerstoff als not-
wendiger Bestandteil enthalten sei, als auch daſs die Verschiedenheit
der Roheisensorten nur von der verschiedenen Art der Verbindung des
Kohlenstoffs bedingt sei. Er veröffentlichte diese neue Ansicht zuerst
in einer ausführlichen Anmerkung in seiner Übersetzung von Rin-
mans Geschichte des Eisens im Jahre 1814, aus der ein Auszug im
22. Bande von Gilberts Annalen der Physik abgedruckt wurde, und
führte dann seine Theorie ausführlich in seinem Handbuch der
Eisenhüttenkunde 1816 aus. Nach der Ansicht der obengenannten
französischen Chemiker ist Stabeisen reines, von Sauerstoff und Kohlen-
stoff freies Eisen, Stahl ist reines, völlig reduziertes Eisen, welches noch
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/57>, abgerufen am 18.12.2024.
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