hauptsächlich von den Hüttenbesitzern in Süd-Wales aufgestellt und verbreitet. Da deren Betrieb aber damals als mustergültig galt und sich durch geringen Kohlenverbrauch auszeichnete, so fand diese Be- hauptung grosse Beachtung. Dass dabei in England auch Geldinter- essen mit ins Spiel kamen, haben wir früher bereits erwähnt.
Dieselben Ansichten wurden aber auch 1835 von den russischen Ingenieuren Sobolewski und Teploff ausgesprochen und an von ihnen im Ural gemachten Erfahrungen erläutert 1). Karsten führt dagegen treffend aus, dass diese Erklärung nur insofern richtig sei, als allerdings bis dahin die meisten Hochöfen mit zu schwacher Pressung betrieben worden seien, stärkere Pressung aber zweifellos eine intensivere Verbrennung hervorrufe, dass sie aber nicht richtig sei, insofern sie die Wirkung der Winderhitzung leugne. "Es ist keines- wegs zu behaupten", sagt er, "dass durch eine verstärkte Pressung des kalten Windes beim Betriebe der Öfen derselbe Erfolg hinsicht- lich des Kohlenverbrauches hervorzubringen sein würde, den die An- wendung des heissen Windes ergeben hat. Die erhöhte Temperatur hat vielmehr an dem lebhafteren Verbrennen einen wesentlichen An- teil, wie sich aus den Resultaten solcher Öfen ergiebt, bei welchen die Geschwindigkeit des erhitzten Windes nicht grösser ist, als die- jenige, mit welcher der kalte Wind früher in den Schmelzraum strömte."
Als die auffallendste Erscheinung bei der Anwendung des heissen Windes hebt Karsten hervor, dass, obgleich durch denselben die Hitze im Schmelzraum sehr gesteigert werde, im Schacht des Ofens keine Erhöhung der Temperatur, sondern sogar eine Abkühlung eintrete, während bei der Anwendung von kaltem Winde eine Erhöhung der Temperatur des Schmelzraumes auch eine Erhöhung der Tem- peratur des Schachtes zur Folge habe. Dass diese Abkühlung des Schachtes bei der Anwendung von heissem Winde eintrete, zeige sich nirgends deutlicher als da, wo man, wie in Schlesien, viel mit zinki- schen Ofenbrüchen zu kämpfen habe. Diese Ofenbrüche bilden sich bei heissem Winde ungleich stärker und schneller als bei kaltem, weil die Temperatur im oberen Teile des Schachtes und in der Gichtöffnung bei heissem Winde viel niedriger ist als bei kaltem. Es folgt daraus, dass die Verbrennung bei der Anwendung des heissen Windes über einen geringeren Raum verbreitet und auf den Schmelzraum beschränkt bleibt, während sie sich bei kaltem Winde weiter ausdehnt und eine
1) Siehe Annales des mines 1835, 3. Serie, VII, 583.
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Die Wirkung des heiſsen Windes im Hochofen.
hauptsächlich von den Hüttenbesitzern in Süd-Wales aufgestellt und verbreitet. Da deren Betrieb aber damals als mustergültig galt und sich durch geringen Kohlenverbrauch auszeichnete, so fand diese Be- hauptung groſse Beachtung. Daſs dabei in England auch Geldinter- essen mit ins Spiel kamen, haben wir früher bereits erwähnt.
Dieselben Ansichten wurden aber auch 1835 von den russischen Ingenieuren Sobolewski und Teploff ausgesprochen und an von ihnen im Ural gemachten Erfahrungen erläutert 1). Karsten führt dagegen treffend aus, daſs diese Erklärung nur insofern richtig sei, als allerdings bis dahin die meisten Hochöfen mit zu schwacher Pressung betrieben worden seien, stärkere Pressung aber zweifellos eine intensivere Verbrennung hervorrufe, daſs sie aber nicht richtig sei, insofern sie die Wirkung der Winderhitzung leugne. „Es ist keines- wegs zu behaupten“, sagt er, „daſs durch eine verstärkte Pressung des kalten Windes beim Betriebe der Öfen derselbe Erfolg hinsicht- lich des Kohlenverbrauches hervorzubringen sein würde, den die An- wendung des heiſsen Windes ergeben hat. Die erhöhte Temperatur hat vielmehr an dem lebhafteren Verbrennen einen wesentlichen An- teil, wie sich aus den Resultaten solcher Öfen ergiebt, bei welchen die Geschwindigkeit des erhitzten Windes nicht gröſser ist, als die- jenige, mit welcher der kalte Wind früher in den Schmelzraum strömte.“
Als die auffallendste Erscheinung bei der Anwendung des heiſsen Windes hebt Karsten hervor, daſs, obgleich durch denselben die Hitze im Schmelzraum sehr gesteigert werde, im Schacht des Ofens keine Erhöhung der Temperatur, sondern sogar eine Abkühlung eintrete, während bei der Anwendung von kaltem Winde eine Erhöhung der Temperatur des Schmelzraumes auch eine Erhöhung der Tem- peratur des Schachtes zur Folge habe. Daſs diese Abkühlung des Schachtes bei der Anwendung von heiſsem Winde eintrete, zeige sich nirgends deutlicher als da, wo man, wie in Schlesien, viel mit zinki- schen Ofenbrüchen zu kämpfen habe. Diese Ofenbrüche bilden sich bei heiſsem Winde ungleich stärker und schneller als bei kaltem, weil die Temperatur im oberen Teile des Schachtes und in der Gichtöffnung bei heiſsem Winde viel niedriger ist als bei kaltem. Es folgt daraus, daſs die Verbrennung bei der Anwendung des heiſsen Windes über einen geringeren Raum verbreitet und auf den Schmelzraum beschränkt bleibt, während sie sich bei kaltem Winde weiter ausdehnt und eine
1) Siehe Annales des mines 1835, 3. Serie, VII, 583.
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Die Wirkung des heiſsen Windes im Hochofen.
hauptsächlich von den Hüttenbesitzern in Süd-Wales aufgestellt und
verbreitet. Da deren Betrieb aber damals als mustergültig galt und
sich durch geringen Kohlenverbrauch auszeichnete, so fand diese Be-
hauptung groſse Beachtung. Daſs dabei in England auch Geldinter-
essen mit ins Spiel kamen, haben wir früher bereits erwähnt.
Dieselben Ansichten wurden aber auch 1835 von den russischen
Ingenieuren Sobolewski und Teploff ausgesprochen und an von
ihnen im Ural gemachten Erfahrungen erläutert 1). Karsten führt
dagegen treffend aus, daſs diese Erklärung nur insofern richtig sei,
als allerdings bis dahin die meisten Hochöfen mit zu schwacher
Pressung betrieben worden seien, stärkere Pressung aber zweifellos
eine intensivere Verbrennung hervorrufe, daſs sie aber nicht richtig sei,
insofern sie die Wirkung der Winderhitzung leugne. „Es ist keines-
wegs zu behaupten“, sagt er, „daſs durch eine verstärkte Pressung
des kalten Windes beim Betriebe der Öfen derselbe Erfolg hinsicht-
lich des Kohlenverbrauches hervorzubringen sein würde, den die An-
wendung des heiſsen Windes ergeben hat. Die erhöhte Temperatur
hat vielmehr an dem lebhafteren Verbrennen einen wesentlichen An-
teil, wie sich aus den Resultaten solcher Öfen ergiebt, bei welchen
die Geschwindigkeit des erhitzten Windes nicht gröſser ist, als die-
jenige, mit welcher der kalte Wind früher in den Schmelzraum
strömte.“
Als die auffallendste Erscheinung bei der Anwendung des heiſsen
Windes hebt Karsten hervor, daſs, obgleich durch denselben die
Hitze im Schmelzraum sehr gesteigert werde, im Schacht des Ofens
keine Erhöhung der Temperatur, sondern sogar eine Abkühlung
eintrete, während bei der Anwendung von kaltem Winde eine Erhöhung
der Temperatur des Schmelzraumes auch eine Erhöhung der Tem-
peratur des Schachtes zur Folge habe. Daſs diese Abkühlung des
Schachtes bei der Anwendung von heiſsem Winde eintrete, zeige sich
nirgends deutlicher als da, wo man, wie in Schlesien, viel mit zinki-
schen Ofenbrüchen zu kämpfen habe. Diese Ofenbrüche bilden sich
bei heiſsem Winde ungleich stärker und schneller als bei kaltem, weil
die Temperatur im oberen Teile des Schachtes und in der Gichtöffnung
bei heiſsem Winde viel niedriger ist als bei kaltem. Es folgt daraus,
daſs die Verbrennung bei der Anwendung des heiſsen Windes über
einen geringeren Raum verbreitet und auf den Schmelzraum beschränkt
bleibt, während sie sich bei kaltem Winde weiter ausdehnt und eine
1) Siehe Annales des mines 1835, 3. Serie, VII, 583.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 499. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/515>, abgerufen am 22.11.2024.
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