Wirkung des heissen Windes im Hochofen zu erklären, da die Menge Brennmaterial, welche die in Frage kommende Erwärmung bewirkte, viel zu klein war, sah Dufrenoy wohl ein. Er nahm deshalb zur weiteren Erklärung seine Zuflucht zu unbekannten chemischen Vor- gängen, welche durch den erhitzten Wind bewirkt würden. Er nahm an, dass gewisse bituminöse und gekohlte Gase vorhanden seien, deren Verbrennung durch die heisse Luft bewerkstelligt würden, während sie sich gegen die kalte Luft indifferent verhielten. Er giebt aber zu, dass uns jeder Massstab für diese Wärmebildung fehle. Mit dieser unklaren Phrase war nichts erklärt.
Einen viel besseren Weg zu der richtigen Erkenntnis schlugen die Deutschen E. Pfort und H. Buff im Jahre 1835 ein, nämlich den des Experimentes. Pfort war hessischer Hütteninspektor, und Buff, der spätere berühmte Physiker, damals ein junger Lehrer an der höheren Gewerbeschule in Kassel. Veranlassung zu der Unter- suchung gab die Betrachtung des Betriebes eines Kupolofens zu Veckerhagen mit erhitzter Luft, welcher sehr günstige Resultate ge- geben hatte. Dass das zugeführte Wärmequantum diese nicht allein bewirkt haben konnte, ergab die einfache Betrachtung, dass 1 Tl. Kohle hinreicht, um 70 Tle. Wasser von 0 auf 100° zu erwärmen. Da sich aber die specifische Wärme der Luft zu der des Wassers wie 0,267 zu 1 verhält, so erwärmt 1 Tl. Kohle 70/0,267 = 262 Tle. Luft von 0 auf 100°. 100 Tle. Luft enthalten gerade genug Sauerstoff, um 8,24 Tle. Kohle in Kohlenstoff zu verwandeln. Die 262 Tle. Luft genügen demnach zur vollständigen Verbrennung von 22 Tln. Kohle, und 1 Tl. Kohle genügt, um 23 Tle. andere Luft von 0 auf 100° zu erwärmen. 1/23 würde demnach die Ersparnis an Brennmaterial sein müssen, wenn diese allein von der mitgebrachten Wärme des 100° heissen Windes herrührte. Da diese Ersparnis aber in Veckerhagen und an vielen anderen Plätzen viel grösser war, so müssen hierbei noch andere Ursachen mitwirken.
Um nachzuweisen, ob ein chemischer Einfluss mit im Spiele sei, ahmten die Genannten den Vorgang nach, indem sie eine Glasröhre mit kleinen Kohlenstückchen füllten, die Röhre glühend machten und mit einem Blasebalge das eine Mal kalte, das andere Mal heisse Luft durchbliesen und die Verbrennungsgase über Quecksilber auffingen. Eine bemerkenswerte Verschiedenheit der Verbrennungsprodukte liess sich nicht nachweisen, wohl aber war der Verlauf der Verbrennung ein ganz verschiedener. Die Verbrennung mit kalter Luft verbreitete
Beck, Geschichte des Eisens. 28
Die Wirkung des heiſsen Windes.
Wirkung des heiſsen Windes im Hochofen zu erklären, da die Menge Brennmaterial, welche die in Frage kommende Erwärmung bewirkte, viel zu klein war, sah Dufrénoy wohl ein. Er nahm deshalb zur weiteren Erklärung seine Zuflucht zu unbekannten chemischen Vor- gängen, welche durch den erhitzten Wind bewirkt würden. Er nahm an, daſs gewisse bituminöse und gekohlte Gase vorhanden seien, deren Verbrennung durch die heiſse Luft bewerkstelligt würden, während sie sich gegen die kalte Luft indifferent verhielten. Er giebt aber zu, daſs uns jeder Maſsstab für diese Wärmebildung fehle. Mit dieser unklaren Phrase war nichts erklärt.
Einen viel besseren Weg zu der richtigen Erkenntnis schlugen die Deutschen E. Pfort und H. Buff im Jahre 1835 ein, nämlich den des Experimentes. Pfort war hessischer Hütteninspektor, und Buff, der spätere berühmte Physiker, damals ein junger Lehrer an der höheren Gewerbeschule in Kassel. Veranlassung zu der Unter- suchung gab die Betrachtung des Betriebes eines Kupolofens zu Veckerhagen mit erhitzter Luft, welcher sehr günstige Resultate ge- geben hatte. Daſs das zugeführte Wärmequantum diese nicht allein bewirkt haben konnte, ergab die einfache Betrachtung, daſs 1 Tl. Kohle hinreicht, um 70 Tle. Wasser von 0 auf 100° zu erwärmen. Da sich aber die specifische Wärme der Luft zu der des Wassers wie 0,267 zu 1 verhält, so erwärmt 1 Tl. Kohle 70/0,267 = 262 Tle. Luft von 0 auf 100°. 100 Tle. Luft enthalten gerade genug Sauerstoff, um 8,24 Tle. Kohle in Kohlenstoff zu verwandeln. Die 262 Tle. Luft genügen demnach zur vollständigen Verbrennung von 22 Tln. Kohle, und 1 Tl. Kohle genügt, um 23 Tle. andere Luft von 0 auf 100° zu erwärmen. 1/23 würde demnach die Ersparnis an Brennmaterial sein müssen, wenn diese allein von der mitgebrachten Wärme des 100° heiſsen Windes herrührte. Da diese Ersparnis aber in Veckerhagen und an vielen anderen Plätzen viel gröſser war, so müssen hierbei noch andere Ursachen mitwirken.
Um nachzuweisen, ob ein chemischer Einfluſs mit im Spiele sei, ahmten die Genannten den Vorgang nach, indem sie eine Glasröhre mit kleinen Kohlenstückchen füllten, die Röhre glühend machten und mit einem Blasebalge das eine Mal kalte, das andere Mal heiſse Luft durchbliesen und die Verbrennungsgase über Quecksilber auffingen. Eine bemerkenswerte Verschiedenheit der Verbrennungsprodukte lieſs sich nicht nachweisen, wohl aber war der Verlauf der Verbrennung ein ganz verschiedener. Die Verbrennung mit kalter Luft verbreitete
Beck, Geschichte des Eisens. 28
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Die Wirkung des heiſsen Windes.
Wirkung des heiſsen Windes im Hochofen zu erklären, da die Menge
Brennmaterial, welche die in Frage kommende Erwärmung bewirkte,
viel zu klein war, sah Dufrénoy wohl ein. Er nahm deshalb zur
weiteren Erklärung seine Zuflucht zu unbekannten chemischen Vor-
gängen, welche durch den erhitzten Wind bewirkt würden. Er nahm
an, daſs gewisse bituminöse und gekohlte Gase vorhanden seien, deren
Verbrennung durch die heiſse Luft bewerkstelligt würden, während
sie sich gegen die kalte Luft indifferent verhielten. Er giebt aber
zu, daſs uns jeder Maſsstab für diese Wärmebildung fehle. Mit dieser
unklaren Phrase war nichts erklärt.
Einen viel besseren Weg zu der richtigen Erkenntnis schlugen
die Deutschen E. Pfort und H. Buff im Jahre 1835 ein, nämlich
den des Experimentes. Pfort war hessischer Hütteninspektor, und
Buff, der spätere berühmte Physiker, damals ein junger Lehrer an
der höheren Gewerbeschule in Kassel. Veranlassung zu der Unter-
suchung gab die Betrachtung des Betriebes eines Kupolofens zu
Veckerhagen mit erhitzter Luft, welcher sehr günstige Resultate ge-
geben hatte. Daſs das zugeführte Wärmequantum diese nicht allein
bewirkt haben konnte, ergab die einfache Betrachtung, daſs 1 Tl.
Kohle hinreicht, um 70 Tle. Wasser von 0 auf 100° zu erwärmen.
Da sich aber die specifische Wärme der Luft zu der des Wassers wie
0,267 zu 1 verhält, so erwärmt 1 Tl. Kohle 70/0,267 = 262 Tle. Luft
von 0 auf 100°. 100 Tle. Luft enthalten gerade genug Sauerstoff,
um 8,24 Tle. Kohle in Kohlenstoff zu verwandeln. Die 262 Tle. Luft
genügen demnach zur vollständigen Verbrennung von 22 Tln. Kohle,
und 1 Tl. Kohle genügt, um 23 Tle. andere Luft von 0 auf 100° zu
erwärmen. 1/23 würde demnach die Ersparnis an Brennmaterial sein
müssen, wenn diese allein von der mitgebrachten Wärme des 100°
heiſsen Windes herrührte. Da diese Ersparnis aber in Veckerhagen
und an vielen anderen Plätzen viel gröſser war, so müssen hierbei
noch andere Ursachen mitwirken.
Um nachzuweisen, ob ein chemischer Einfluſs mit im Spiele sei,
ahmten die Genannten den Vorgang nach, indem sie eine Glasröhre
mit kleinen Kohlenstückchen füllten, die Röhre glühend machten und
mit einem Blasebalge das eine Mal kalte, das andere Mal heiſse Luft
durchbliesen und die Verbrennungsgase über Quecksilber auffingen.
Eine bemerkenswerte Verschiedenheit der Verbrennungsprodukte lieſs
sich nicht nachweisen, wohl aber war der Verlauf der Verbrennung
ein ganz verschiedener. Die Verbrennung mit kalter Luft verbreitete
Beck, Geschichte des Eisens. 28
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 433. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/449>, abgerufen am 23.11.2024.
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