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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899.

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Deutschland bis 1830.
war 1810 erbaut worden und bestand aus einer Frischhütte für Holz-
und Steinkohlenbetrieb und einem Walzwerke.

Man hatte auf dieser Hütte, um Holzkohle zu sparen, oder viel-
mehr, um mit dem der Hütte zugewiesenen Holzquantum eine grössere
Produktion zu erzielen, bei der Stabeisenfabrikation eine eigentüm-
liche Kombination von Steinkohlen- und Holzkohlenbetrieb eingeführt.
Das Roheisen wurde in Flammöfen mit Steinkohlen eingeschmolzen
und dann in Herden mit Holzkohlen wie sonst gefrischt. Dieses Ver-
fahren erwies sich aber als unökonomisch. Man änderte es deshalb
dahin ab, dass man die Eisenmasseln in den Flammöfen nur vor-
wärmte und sie glühend in den Frischherd brachte. Hierdurch wurde
ebenfalls eine merkliche Ersparnis an Holzkohlen erzielt. Der Herd
des Flammofens war 11 Fuss lang, 32 Zoll breit und das Gewölbe
22 Zoll hoch.

Die Öfen hatten drei Thüren. Ein eiserner Wagen diente zum
Transport der glühenden Roheisenstücke. Das gefrischte Eisen wurde
nicht unter dem Hammer, sondern unter Walzen ausgereckt. Man
konnte bei diesem Verfahren mit derselben Menge Holzkohlen die
doppelte Menge Eisen frischen.

In Sachsen machte Alex 1826 im Auftrage des Grafen Ein-
siedel
zu Lauchhammer interessante Versuche, mit Torf zu puddeln.

Werfen wir nun einen Blick auf die allgemeinen Eisen-, Zoll-
und Handelsverhältnisse Preussens in den Jahren 1816 bis 1830, so
war anfänglich die einheimische Industrie der englischen Konkurrenz
schutzlos preisgegeben und durch die billige englische Einfuhr lahm-
gelegt. Die Notschreie der Industriellen veranlassten die Einsetzung
einer Specialkommission, was zur Einführung eines 10 prozentigen
Wertzolles führte. Dagegen wurden durch das Zollgesetz vom 26. Mai
1818 Accise und Binnenzölle, sowie die meisten Handelsverbote ab-
geschafft. Für Roheisen blieb der Eingang frei, während der Ausgang
mit 1,50 Mark pro Centner belegt wurde. Für Schmiedeeisen wurden
zwei Tarife eingeführt, ein höherer für die östlichen, ein niedrigerer
für die westlichen Provinzen; dort wurde die Einfuhr mit 3 Mark,
hier mit 11/2 Mark Zoll pro Centner belastet. 1821 wurde ein ein-
heitlicher Tarif für ganz Preussen erlassen. Hohe Durchfuhrabgaben
zwangen die kleineren deutschen Nachbarstaaten zum Zollanschluss.
Am 14. Februar 1828 wurde der erste Zollverein zwischen Preussen
und dem Grossherzogtum Hessen geschlossen, aus dem sich in den
folgenden Jahren der deutsche Zollverein entwickelte.

Seit dem Jahre 1823 wurden in Preussen regelmässige statistische

Deutschland bis 1830.
war 1810 erbaut worden und bestand aus einer Frischhütte für Holz-
und Steinkohlenbetrieb und einem Walzwerke.

Man hatte auf dieser Hütte, um Holzkohle zu sparen, oder viel-
mehr, um mit dem der Hütte zugewiesenen Holzquantum eine gröſsere
Produktion zu erzielen, bei der Stabeisenfabrikation eine eigentüm-
liche Kombination von Steinkohlen- und Holzkohlenbetrieb eingeführt.
Das Roheisen wurde in Flammöfen mit Steinkohlen eingeschmolzen
und dann in Herden mit Holzkohlen wie sonst gefrischt. Dieses Ver-
fahren erwies sich aber als unökonomisch. Man änderte es deshalb
dahin ab, daſs man die Eisenmasseln in den Flammöfen nur vor-
wärmte und sie glühend in den Frischherd brachte. Hierdurch wurde
ebenfalls eine merkliche Ersparnis an Holzkohlen erzielt. Der Herd
des Flammofens war 11 Fuſs lang, 32 Zoll breit und das Gewölbe
22 Zoll hoch.

Die Öfen hatten drei Thüren. Ein eiserner Wagen diente zum
Transport der glühenden Roheisenstücke. Das gefrischte Eisen wurde
nicht unter dem Hammer, sondern unter Walzen ausgereckt. Man
konnte bei diesem Verfahren mit derselben Menge Holzkohlen die
doppelte Menge Eisen frischen.

In Sachsen machte Alex 1826 im Auftrage des Grafen Ein-
siedel
zu Lauchhammer interessante Versuche, mit Torf zu puddeln.

Werfen wir nun einen Blick auf die allgemeinen Eisen-, Zoll-
und Handelsverhältnisse Preuſsens in den Jahren 1816 bis 1830, so
war anfänglich die einheimische Industrie der englischen Konkurrenz
schutzlos preisgegeben und durch die billige englische Einfuhr lahm-
gelegt. Die Notschreie der Industriellen veranlaſsten die Einsetzung
einer Specialkommission, was zur Einführung eines 10 prozentigen
Wertzolles führte. Dagegen wurden durch das Zollgesetz vom 26. Mai
1818 Accise und Binnenzölle, sowie die meisten Handelsverbote ab-
geschafft. Für Roheisen blieb der Eingang frei, während der Ausgang
mit 1,50 Mark pro Centner belegt wurde. Für Schmiedeeisen wurden
zwei Tarife eingeführt, ein höherer für die östlichen, ein niedrigerer
für die westlichen Provinzen; dort wurde die Einfuhr mit 3 Mark,
hier mit 1½ Mark Zoll pro Centner belastet. 1821 wurde ein ein-
heitlicher Tarif für ganz Preuſsen erlassen. Hohe Durchfuhrabgaben
zwangen die kleineren deutschen Nachbarstaaten zum Zollanschluſs.
Am 14. Februar 1828 wurde der erste Zollverein zwischen Preuſsen
und dem Groſsherzogtum Hessen geschlossen, aus dem sich in den
folgenden Jahren der deutsche Zollverein entwickelte.

Seit dem Jahre 1823 wurden in Preuſsen regelmäſsige statistische

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[357/0373] Deutschland bis 1830. war 1810 erbaut worden und bestand aus einer Frischhütte für Holz- und Steinkohlenbetrieb und einem Walzwerke. Man hatte auf dieser Hütte, um Holzkohle zu sparen, oder viel- mehr, um mit dem der Hütte zugewiesenen Holzquantum eine gröſsere Produktion zu erzielen, bei der Stabeisenfabrikation eine eigentüm- liche Kombination von Steinkohlen- und Holzkohlenbetrieb eingeführt. Das Roheisen wurde in Flammöfen mit Steinkohlen eingeschmolzen und dann in Herden mit Holzkohlen wie sonst gefrischt. Dieses Ver- fahren erwies sich aber als unökonomisch. Man änderte es deshalb dahin ab, daſs man die Eisenmasseln in den Flammöfen nur vor- wärmte und sie glühend in den Frischherd brachte. Hierdurch wurde ebenfalls eine merkliche Ersparnis an Holzkohlen erzielt. Der Herd des Flammofens war 11 Fuſs lang, 32 Zoll breit und das Gewölbe 22 Zoll hoch. Die Öfen hatten drei Thüren. Ein eiserner Wagen diente zum Transport der glühenden Roheisenstücke. Das gefrischte Eisen wurde nicht unter dem Hammer, sondern unter Walzen ausgereckt. Man konnte bei diesem Verfahren mit derselben Menge Holzkohlen die doppelte Menge Eisen frischen. In Sachsen machte Alex 1826 im Auftrage des Grafen Ein- siedel zu Lauchhammer interessante Versuche, mit Torf zu puddeln. Werfen wir nun einen Blick auf die allgemeinen Eisen-, Zoll- und Handelsverhältnisse Preuſsens in den Jahren 1816 bis 1830, so war anfänglich die einheimische Industrie der englischen Konkurrenz schutzlos preisgegeben und durch die billige englische Einfuhr lahm- gelegt. Die Notschreie der Industriellen veranlaſsten die Einsetzung einer Specialkommission, was zur Einführung eines 10 prozentigen Wertzolles führte. Dagegen wurden durch das Zollgesetz vom 26. Mai 1818 Accise und Binnenzölle, sowie die meisten Handelsverbote ab- geschafft. Für Roheisen blieb der Eingang frei, während der Ausgang mit 1,50 Mark pro Centner belegt wurde. Für Schmiedeeisen wurden zwei Tarife eingeführt, ein höherer für die östlichen, ein niedrigerer für die westlichen Provinzen; dort wurde die Einfuhr mit 3 Mark, hier mit 1½ Mark Zoll pro Centner belastet. 1821 wurde ein ein- heitlicher Tarif für ganz Preuſsen erlassen. Hohe Durchfuhrabgaben zwangen die kleineren deutschen Nachbarstaaten zum Zollanschluſs. Am 14. Februar 1828 wurde der erste Zollverein zwischen Preuſsen und dem Groſsherzogtum Hessen geschlossen, aus dem sich in den folgenden Jahren der deutsche Zollverein entwickelte. Seit dem Jahre 1823 wurden in Preuſsen regelmäſsige statistische

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 357. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/373>, abgerufen am 22.11.2024.