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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899.

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Frankreich 1816 bis 1830.
der bereits 1803 das erste Walzwerk in Frankreich errichtet hatte,
auch schon 1810 zu Hayange einen Puddelofen erbaut und Frisch-
versuche darin gemacht, aber erst 1818 kam zu Creusot der erste Puddel-
ofen mit Steinkohlenfeuerung in regelmässigen Betrieb; hierauf folgte
die Hütte von Vienne, Depart. d'Isere, welche die einzige war, die 1819
in Paris mit Steinkohle gepuddeltes Eisen ausstellte. Ein Umschwung
erfolgte erst nach der Industrieausstellung von 1819, in den 20er Jahren,
dann aber auch mit Ungestüm. "Nie", schreibt Pelouze 1), "ist eine
industrielle Umwälzung so plötzlich gekommen und hat sich so rasch
ausgebreitet; es war wie ein elektrischer Schlag, und er hat die ganze
Energie der gespannten französischen Industrie entladen. Diese Um-
wälzung datiert nicht einmal von dem Frieden mit England. Es ist
wahr, schon in den Jahren der Friedensschlüsse, 1814 und 1815,
haben einzelne Fabrikanten, unter denen namentlich M. de Wendel
ehrenvoll genannt werden muss, sich nach England begeben und von
da die Verfahrungsweisen mitgebracht, die sie mit mehr oder weniger
Glück und mit mehr oder weniger Langsamkeit eingeführt haben.
Es bedurfte, um diesen Methoden Verbreitung zu verschaffen, etwas
vollkommeneres, etwas die Einbildungskraft packendes, es bedurfte
Männer, welche die Überzeugung von dem Erfolge in sich trugen
und ohne Bedenken vor dem Erfolg und vor der Höhe des Kapitals
diese Neuerungen einführten." Diese Männer fanden sich in zwei
englischen Ingenieuren, Manby und Wilson, welche 1822, mit
Kapital ausgerüstet, sich in Charenton bei Paris etablierten. In einem
alten verfallenen Kloster, welches in den Augen eines französischen
Unternehmers kaum für ein kleines Hüttenwerk auszureichen schien,
sah man plötzlich, wie durch einen Zauber, eine vortreffliche Anlage
mit Walzwerk, grossartiger Giesserei und Maschinen von unglaub-
lichen Kräften entstehen. In diesem neuen Werke wurden die Muster
und die Ausführung der neuen Betriebsweisen den französischen
Fabrikanten zur Ansicht und Prüfung vorgeführt. Manby und
Wilson machten kein Geheimnis aus ihrer Fabrikation, sondern er-
klärten sich bereit, allen Eisenfabrikanten Frankreichs nicht nur alle
Maschinen und Betriebsmethoden zu zeigen, sondern ihnen auch
Modelle, Zeichnungen und Anleitungen zur Verfügung zu stellen. Kein
Wunder, dass sich die französische Industrie beeilte, davon Nutzen
zu ziehen. Pelouze schreibt: "Von nun an ist man befreit von allen
Schwierigkeiten; man braucht nicht mehr Jahre lang zu warten, bis

1) Pelouze, L'art du maitre de forges, 1827 bis 1828, Einleitung.

Frankreich 1816 bis 1830.
der bereits 1803 das erste Walzwerk in Frankreich errichtet hatte,
auch schon 1810 zu Hayange einen Puddelofen erbaut und Frisch-
versuche darin gemacht, aber erst 1818 kam zu Creusot der erste Puddel-
ofen mit Steinkohlenfeuerung in regelmäſsigen Betrieb; hierauf folgte
die Hütte von Vienne, Depart. d’Isère, welche die einzige war, die 1819
in Paris mit Steinkohle gepuddeltes Eisen ausstellte. Ein Umschwung
erfolgte erst nach der Industrieausstellung von 1819, in den 20er Jahren,
dann aber auch mit Ungestüm. „Nie“, schreibt Pelouze 1), „ist eine
industrielle Umwälzung so plötzlich gekommen und hat sich so rasch
ausgebreitet; es war wie ein elektrischer Schlag, und er hat die ganze
Energie der gespannten französischen Industrie entladen. Diese Um-
wälzung datiert nicht einmal von dem Frieden mit England. Es ist
wahr, schon in den Jahren der Friedensschlüsse, 1814 und 1815,
haben einzelne Fabrikanten, unter denen namentlich M. de Wendel
ehrenvoll genannt werden muſs, sich nach England begeben und von
da die Verfahrungsweisen mitgebracht, die sie mit mehr oder weniger
Glück und mit mehr oder weniger Langsamkeit eingeführt haben.
Es bedurfte, um diesen Methoden Verbreitung zu verschaffen, etwas
vollkommeneres, etwas die Einbildungskraft packendes, es bedurfte
Männer, welche die Überzeugung von dem Erfolge in sich trugen
und ohne Bedenken vor dem Erfolg und vor der Höhe des Kapitals
diese Neuerungen einführten.“ Diese Männer fanden sich in zwei
englischen Ingenieuren, Manby und Wilson, welche 1822, mit
Kapital ausgerüstet, sich in Charenton bei Paris etablierten. In einem
alten verfallenen Kloster, welches in den Augen eines französischen
Unternehmers kaum für ein kleines Hüttenwerk auszureichen schien,
sah man plötzlich, wie durch einen Zauber, eine vortreffliche Anlage
mit Walzwerk, groſsartiger Gieſserei und Maschinen von unglaub-
lichen Kräften entstehen. In diesem neuen Werke wurden die Muster
und die Ausführung der neuen Betriebsweisen den französischen
Fabrikanten zur Ansicht und Prüfung vorgeführt. Manby und
Wilson machten kein Geheimnis aus ihrer Fabrikation, sondern er-
klärten sich bereit, allen Eisenfabrikanten Frankreichs nicht nur alle
Maschinen und Betriebsmethoden zu zeigen, sondern ihnen auch
Modelle, Zeichnungen und Anleitungen zur Verfügung zu stellen. Kein
Wunder, daſs sich die französische Industrie beeilte, davon Nutzen
zu ziehen. Pelouze schreibt: „Von nun an ist man befreit von allen
Schwierigkeiten; man braucht nicht mehr Jahre lang zu warten, bis

1) Pelouze, L’art du maitre de forges, 1827 bis 1828, Einleitung.
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[328/0344] Frankreich 1816 bis 1830. der bereits 1803 das erste Walzwerk in Frankreich errichtet hatte, auch schon 1810 zu Hayange einen Puddelofen erbaut und Frisch- versuche darin gemacht, aber erst 1818 kam zu Creusot der erste Puddel- ofen mit Steinkohlenfeuerung in regelmäſsigen Betrieb; hierauf folgte die Hütte von Vienne, Depart. d’Isère, welche die einzige war, die 1819 in Paris mit Steinkohle gepuddeltes Eisen ausstellte. Ein Umschwung erfolgte erst nach der Industrieausstellung von 1819, in den 20er Jahren, dann aber auch mit Ungestüm. „Nie“, schreibt Pelouze 1), „ist eine industrielle Umwälzung so plötzlich gekommen und hat sich so rasch ausgebreitet; es war wie ein elektrischer Schlag, und er hat die ganze Energie der gespannten französischen Industrie entladen. Diese Um- wälzung datiert nicht einmal von dem Frieden mit England. Es ist wahr, schon in den Jahren der Friedensschlüsse, 1814 und 1815, haben einzelne Fabrikanten, unter denen namentlich M. de Wendel ehrenvoll genannt werden muſs, sich nach England begeben und von da die Verfahrungsweisen mitgebracht, die sie mit mehr oder weniger Glück und mit mehr oder weniger Langsamkeit eingeführt haben. Es bedurfte, um diesen Methoden Verbreitung zu verschaffen, etwas vollkommeneres, etwas die Einbildungskraft packendes, es bedurfte Männer, welche die Überzeugung von dem Erfolge in sich trugen und ohne Bedenken vor dem Erfolg und vor der Höhe des Kapitals diese Neuerungen einführten.“ Diese Männer fanden sich in zwei englischen Ingenieuren, Manby und Wilson, welche 1822, mit Kapital ausgerüstet, sich in Charenton bei Paris etablierten. In einem alten verfallenen Kloster, welches in den Augen eines französischen Unternehmers kaum für ein kleines Hüttenwerk auszureichen schien, sah man plötzlich, wie durch einen Zauber, eine vortreffliche Anlage mit Walzwerk, groſsartiger Gieſserei und Maschinen von unglaub- lichen Kräften entstehen. In diesem neuen Werke wurden die Muster und die Ausführung der neuen Betriebsweisen den französischen Fabrikanten zur Ansicht und Prüfung vorgeführt. Manby und Wilson machten kein Geheimnis aus ihrer Fabrikation, sondern er- klärten sich bereit, allen Eisenfabrikanten Frankreichs nicht nur alle Maschinen und Betriebsmethoden zu zeigen, sondern ihnen auch Modelle, Zeichnungen und Anleitungen zur Verfügung zu stellen. Kein Wunder, daſs sich die französische Industrie beeilte, davon Nutzen zu ziehen. Pelouze schreibt: „Von nun an ist man befreit von allen Schwierigkeiten; man braucht nicht mehr Jahre lang zu warten, bis 1) Pelouze, L’art du maitre de forges, 1827 bis 1828, Einleitung.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 328. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/344>, abgerufen am 24.11.2024.