schwung nach der Thronbesteigung Kaiser Alexanders, aber die übertriebenen Preise der russischen Eisenwerksbesitzer gaben Ver- anlassung, dass die Engländer immer mehr ihren Eisenbezug aus Russland auf das notwendigste beschränkten, so dass zuletzt eigent- lich nur noch die Marke C. C. N. D. "alter Zobel" für die Cementstahl- fabrikation gekauft wurde.
In Sibirien wurden im Jahre 1801 die vier Berghauptmann- schaften Katharinenburg, Goroblagodask, Perm und Bogolowsk wieder hergestellt und der verdienstvolle Hermann als Oberberghauptmann nach Katharinenburg berufen. Damals wurde, wie er angiebt, eine Bevölkerung von 450000 Seelen durch die Berg- und Hütten- werke unterhalten, worunter die zugeschriebenen Bauern, Beamten, Sol- daten u. s. w. mitgerechnet waren. 131 Hüttenwerke standen im Betrieb.
Einen ganz besonderen Aufschwung nahmen die Eisengiessereien in St. Petersburg1), wozu die grossen Kriege und Kriegsrüstungen am meisten beitrugen. Wie dieselben ursprünglich von Engländern angelegt worden waren, so erhielt sich auch später der englische Einfluss auf sie. Eine der grössten der fünf Eisengiessereien gehörte einem Engländer Namens Baird. Sie war mit einer grossen Maschinen- fabrik verbunden und lieferte hauptsächlich Maschinenguss und Bauguss.
Die vier anderen waren kaiserliche Giessereien. Von diesen war die bedeutendste die am Peterhofer Weg, 4 Werst von St. Petersburg, gelegene. Sie lieferte ausser Munition auch andere Gusswaren. Die kaiserliche Eisengiesserei in Kronstadt lieferte dagegen nur Munition und zwar 24000 bis 30000 Ctr. im Jahre.
Die vierte bildete einen Teil der kaiserlichen Kolpinaer Fabrik für das See- und Münzwesen. Sie lag 30 Werst von der Hauptstadt an der Ischora und lieferte Munition, Maschinen, Schiffskamine u. s. w.
Die fünfte gehörte zu der grossen Systerbecker Gewehrfabrik.
In den ersten beiden Giessereien wurden die Gebläse der Kupol- öfen mit Dampf getrieben, zu Kolpina mit Wasser, in Kronstadt gab es nur Flammöfen. Man verwendete in diesen Giessereien ausschliess- lich englische Steinkohlen und glaubte, ohne dieselben sei der Betrieb unmöglich. Als aber 1809 die grosse Handelssperre den Bezug der Steinkohlen verhinderte, fing man an, mit Holzkohlen und Holz zu feuern, wovon man nach Wiederherstellung des freien Verkehrs nur teilweise wieder abging. Man hatte anfangs grosse Schwierigkeiten, mit Holzfeuer die genügende Hitze in den Gussflammöfen zu erzeugen.
1) Siehe Karstens Archiv, Bd. II, S. 165.
Ruſsland 1801 bis 1815.
schwung nach der Thronbesteigung Kaiser Alexanders, aber die übertriebenen Preise der russischen Eisenwerksbesitzer gaben Ver- anlassung, daſs die Engländer immer mehr ihren Eisenbezug aus Ruſsland auf das notwendigste beschränkten, so daſs zuletzt eigent- lich nur noch die Marke C. C. N. D. „alter Zobel“ für die Cementstahl- fabrikation gekauft wurde.
In Sibirien wurden im Jahre 1801 die vier Berghauptmann- schaften Katharinenburg, Goroblagodask, Perm und Bogolowsk wieder hergestellt und der verdienstvolle Hermann als Oberberghauptmann nach Katharinenburg berufen. Damals wurde, wie er angiebt, eine Bevölkerung von 450000 Seelen durch die Berg- und Hütten- werke unterhalten, worunter die zugeschriebenen Bauern, Beamten, Sol- daten u. s. w. mitgerechnet waren. 131 Hüttenwerke standen im Betrieb.
Einen ganz besonderen Aufschwung nahmen die Eisengieſsereien in St. Petersburg1), wozu die groſsen Kriege und Kriegsrüstungen am meisten beitrugen. Wie dieselben ursprünglich von Engländern angelegt worden waren, so erhielt sich auch später der englische Einfluſs auf sie. Eine der gröſsten der fünf Eisengieſsereien gehörte einem Engländer Namens Baird. Sie war mit einer groſsen Maschinen- fabrik verbunden und lieferte hauptsächlich Maschinenguſs und Bauguſs.
Die vier anderen waren kaiserliche Gieſsereien. Von diesen war die bedeutendste die am Peterhofer Weg, 4 Werst von St. Petersburg, gelegene. Sie lieferte auſser Munition auch andere Guſswaren. Die kaiserliche Eisengieſserei in Kronstadt lieferte dagegen nur Munition und zwar 24000 bis 30000 Ctr. im Jahre.
Die vierte bildete einen Teil der kaiserlichen Kolpinaer Fabrik für das See- und Münzwesen. Sie lag 30 Werst von der Hauptstadt an der Ischora und lieferte Munition, Maschinen, Schiffskamine u. s. w.
Die fünfte gehörte zu der groſsen Systerbecker Gewehrfabrik.
In den ersten beiden Gieſsereien wurden die Gebläse der Kupol- öfen mit Dampf getrieben, zu Kolpina mit Wasser, in Kronstadt gab es nur Flammöfen. Man verwendete in diesen Gieſsereien ausschlieſs- lich englische Steinkohlen und glaubte, ohne dieselben sei der Betrieb unmöglich. Als aber 1809 die groſse Handelssperre den Bezug der Steinkohlen verhinderte, fing man an, mit Holzkohlen und Holz zu feuern, wovon man nach Wiederherstellung des freien Verkehrs nur teilweise wieder abging. Man hatte anfangs groſse Schwierigkeiten, mit Holzfeuer die genügende Hitze in den Guſsflammöfen zu erzeugen.
1) Siehe Karstens Archiv, Bd. II, S. 165.
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Ruſsland 1801 bis 1815.
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übertriebenen Preise der russischen Eisenwerksbesitzer gaben Ver-
anlassung, daſs die Engländer immer mehr ihren Eisenbezug aus
Ruſsland auf das notwendigste beschränkten, so daſs zuletzt eigent-
lich nur noch die Marke C. C. N. D. „alter Zobel“ für die Cementstahl-
fabrikation gekauft wurde.
In Sibirien wurden im Jahre 1801 die vier Berghauptmann-
schaften Katharinenburg, Goroblagodask, Perm und Bogolowsk wieder
hergestellt und der verdienstvolle Hermann als Oberberghauptmann
nach Katharinenburg berufen. Damals wurde, wie er angiebt,
eine Bevölkerung von 450000 Seelen durch die Berg- und Hütten-
werke unterhalten, worunter die zugeschriebenen Bauern, Beamten, Sol-
daten u. s. w. mitgerechnet waren. 131 Hüttenwerke standen im Betrieb.
Einen ganz besonderen Aufschwung nahmen die Eisengieſsereien
in St. Petersburg 1), wozu die groſsen Kriege und Kriegsrüstungen
am meisten beitrugen. Wie dieselben ursprünglich von Engländern
angelegt worden waren, so erhielt sich auch später der englische
Einfluſs auf sie. Eine der gröſsten der fünf Eisengieſsereien gehörte
einem Engländer Namens Baird. Sie war mit einer groſsen Maschinen-
fabrik verbunden und lieferte hauptsächlich Maschinenguſs und Bauguſs.
Die vier anderen waren kaiserliche Gieſsereien. Von diesen war
die bedeutendste die am Peterhofer Weg, 4 Werst von St. Petersburg,
gelegene. Sie lieferte auſser Munition auch andere Guſswaren. Die
kaiserliche Eisengieſserei in Kronstadt lieferte dagegen nur Munition
und zwar 24000 bis 30000 Ctr. im Jahre.
Die vierte bildete einen Teil der kaiserlichen Kolpinaer Fabrik
für das See- und Münzwesen. Sie lag 30 Werst von der Hauptstadt
an der Ischora und lieferte Munition, Maschinen, Schiffskamine u. s. w.
Die fünfte gehörte zu der groſsen Systerbecker Gewehrfabrik.
In den ersten beiden Gieſsereien wurden die Gebläse der Kupol-
öfen mit Dampf getrieben, zu Kolpina mit Wasser, in Kronstadt gab
es nur Flammöfen. Man verwendete in diesen Gieſsereien ausschlieſs-
lich englische Steinkohlen und glaubte, ohne dieselben sei der Betrieb
unmöglich. Als aber 1809 die groſse Handelssperre den Bezug der
Steinkohlen verhinderte, fing man an, mit Holzkohlen und Holz zu
feuern, wovon man nach Wiederherstellung des freien Verkehrs nur
teilweise wieder abging. Man hatte anfangs groſse Schwierigkeiten,
mit Holzfeuer die genügende Hitze in den Guſsflammöfen zu erzeugen.
1) Siehe Karstens Archiv, Bd. II, S. 165.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/207>, abgerufen am 24.11.2024.
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