Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899.

Bild:
<< vorherige Seite

Stabeisenbereitung 1801 bis 1815.
öfen (ball-furnaces), welche Puddelöfen ähnlich waren, in Birmingham
und war überrascht über die Kürze der Zeit, in welcher die Schmelze
fertig wurde. Die unter einem schweren Hammer zusammengepresste
Luppe wurde sofort durch Walz- und Schneidwerke zu Rundeisen
und Stäben verarbeitet. Er empfahl den Prozess der Beachtung der
Eisenwerksbesitzer des Kontinents. 1805 wurden die ersten Luppen-
quetschen in England eingeführt.

Eine andere Aufgabe, welche die Eisenhüttenleute damals viel
beschäftigte, war die Zugutemachung der Frisch- und Puddel-
schlacken
. Dieses geschah zuerst im Rennherd, wie zu Uslar, wobei
grosser Abgang stattfand. In Schweden erhöhte man den Rennherd
zu einem niedrigen Schachtofen (Stückofen) von 6 Fuss Höhe, ohne
bessere Resultate zu erzielen. Auch hier war die Zeit für die Reduk-
tion zu kurz. Zu Jedlitze in Oberschlesien hatte man ein ganzes
Jahr hindurch in einem solchen nach schwedischer Art erhöhten
Rennherd Frischschlacken verschmolzen, doch waren die Resultate
unbefriedigend. Vorteilhafter erwies sich das Verschmelzen der Frisch-
schlacken in Blauöfen oder noch besser in Hochöfen. In Schlesien
erzielte man aus denselben Schlacken bei dem Schmelzen im Hoch-
ofen und darauffolgendem Frischen beinahe 16 Proz. mehr Ausbringen
als in dem erhöhten Rennherd. Karsten berechnet den Kohlen-
verbrauch für 100 Pfd. Roheisen auf 62 Kbfss, was 44 Kbfss. weniger
war als im Rennherd. Immerhin wurde nur ein Teil des Eisens der
Frischschlacken, höchstens 36 Proz., ausgebracht. v. Marchers Ver-
suche in einem 18 Fuss hohen Blauofen beweisen ebenfalls, dass das
Verschmelzen der Frischschlacken im Schachtofen weit vorteilhafter
ist als im Herd. Auf dieses Verfahren nahm Anthony Hill 1814 in
England ein Patent.

Die Bemühungen, rotbrüchiges und kaltbrüchiges Eisen zu
verbessern, wurden in dieser Zeit mit Eifer fortgesetzt. Levasseur 1)
empfahl 1. Cementation mit Kalk und 2. Verwendung von Kalk beim
Ausschmieden. Er tauchte die Stangen in dicke Kalkmilch, benetzte
das Feuer mit Kalkmilch und erhitzte stark. Die heissen Stangen
bestreute man mit gelöschtem, gepulvertem Kalk.

Auf den Hammerwerken von Marche bei Namur warf man, nach
Baillet 2), 1/2 Schaufel gepulverten reinen Kalkstein auf die Luppe
und hielt sie dann noch einen Augenblick vor den Wind. Hierdurch

1) Annales de Chimie, Nr. 125, p. 183. Crells Chem. Ann. 1802, II, S. 41.
2) Journ. des Mines, an XI (1803), p. 246.

Stabeisenbereitung 1801 bis 1815.
öfen (ball-furnaces), welche Puddelöfen ähnlich waren, in Birmingham
und war überrascht über die Kürze der Zeit, in welcher die Schmelze
fertig wurde. Die unter einem schweren Hammer zusammengepreſste
Luppe wurde sofort durch Walz- und Schneidwerke zu Rundeisen
und Stäben verarbeitet. Er empfahl den Prozeſs der Beachtung der
Eisenwerksbesitzer des Kontinents. 1805 wurden die ersten Luppen-
quetschen in England eingeführt.

Eine andere Aufgabe, welche die Eisenhüttenleute damals viel
beschäftigte, war die Zugutemachung der Frisch- und Puddel-
schlacken
. Dieses geschah zuerst im Rennherd, wie zu Uslar, wobei
groſser Abgang stattfand. In Schweden erhöhte man den Rennherd
zu einem niedrigen Schachtofen (Stückofen) von 6 Fuſs Höhe, ohne
bessere Resultate zu erzielen. Auch hier war die Zeit für die Reduk-
tion zu kurz. Zu Jedlitze in Oberschlesien hatte man ein ganzes
Jahr hindurch in einem solchen nach schwedischer Art erhöhten
Rennherd Frischschlacken verschmolzen, doch waren die Resultate
unbefriedigend. Vorteilhafter erwies sich das Verschmelzen der Frisch-
schlacken in Blauöfen oder noch besser in Hochöfen. In Schlesien
erzielte man aus denselben Schlacken bei dem Schmelzen im Hoch-
ofen und darauffolgendem Frischen beinahe 16 Proz. mehr Ausbringen
als in dem erhöhten Rennherd. Karsten berechnet den Kohlen-
verbrauch für 100 Pfd. Roheisen auf 62 Kbfſs, was 44 Kbfſs. weniger
war als im Rennherd. Immerhin wurde nur ein Teil des Eisens der
Frischschlacken, höchstens 36 Proz., ausgebracht. v. Marchers Ver-
suche in einem 18 Fuſs hohen Blauofen beweisen ebenfalls, daſs das
Verschmelzen der Frischschlacken im Schachtofen weit vorteilhafter
ist als im Herd. Auf dieses Verfahren nahm Anthony Hill 1814 in
England ein Patent.

Die Bemühungen, rotbrüchiges und kaltbrüchiges Eisen zu
verbessern, wurden in dieser Zeit mit Eifer fortgesetzt. Levasseur 1)
empfahl 1. Cementation mit Kalk und 2. Verwendung von Kalk beim
Ausschmieden. Er tauchte die Stangen in dicke Kalkmilch, benetzte
das Feuer mit Kalkmilch und erhitzte stark. Die heiſsen Stangen
bestreute man mit gelöschtem, gepulvertem Kalk.

Auf den Hammerwerken von Marche bei Namur warf man, nach
Baillet 2), ½ Schaufel gepulverten reinen Kalkstein auf die Luppe
und hielt sie dann noch einen Augenblick vor den Wind. Hierdurch

1) Annales de Chimie, Nr. 125, p. 183. Crells Chem. Ann. 1802, II, S. 41.
2) Journ. des Mines, an XI (1803), p. 246.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0138" n="122"/><fw place="top" type="header">Stabeisenbereitung 1801 bis 1815.</fw><lb/>
öfen (ball-furnaces), welche Puddelöfen ähnlich waren, in Birmingham<lb/>
und war überrascht über die Kürze der Zeit, in welcher die Schmelze<lb/>
fertig wurde. Die unter einem schweren Hammer zusammengepre&#x017F;ste<lb/>
Luppe wurde sofort durch Walz- und Schneidwerke zu Rundeisen<lb/>
und Stäben verarbeitet. Er empfahl den Proze&#x017F;s der Beachtung der<lb/>
Eisenwerksbesitzer des Kontinents. 1805 wurden die ersten Luppen-<lb/>
quetschen in England eingeführt.</p><lb/>
              <p>Eine andere Aufgabe, welche die Eisenhüttenleute damals viel<lb/>
beschäftigte, war die <hi rendition="#g">Zugutemachung der Frisch- und Puddel-<lb/>
schlacken</hi>. Dieses geschah zuerst im Rennherd, wie zu Uslar, wobei<lb/>
gro&#x017F;ser Abgang stattfand. In Schweden erhöhte man den Rennherd<lb/>
zu einem niedrigen Schachtofen (Stückofen) von 6 Fu&#x017F;s Höhe, ohne<lb/>
bessere Resultate zu erzielen. Auch hier war die Zeit für die Reduk-<lb/>
tion zu kurz. Zu Jedlitze in Oberschlesien hatte man ein ganzes<lb/>
Jahr hindurch in einem solchen nach schwedischer Art erhöhten<lb/>
Rennherd Frischschlacken verschmolzen, doch waren die Resultate<lb/>
unbefriedigend. Vorteilhafter erwies sich das Verschmelzen der Frisch-<lb/>
schlacken in Blauöfen oder noch besser in Hochöfen. In Schlesien<lb/>
erzielte man aus denselben Schlacken bei dem Schmelzen im Hoch-<lb/>
ofen und darauffolgendem Frischen beinahe 16 Proz. mehr Ausbringen<lb/>
als in dem erhöhten Rennherd. <hi rendition="#g">Karsten</hi> berechnet den Kohlen-<lb/>
verbrauch für 100 Pfd. Roheisen auf 62 Kbf&#x017F;s, was 44 Kbf&#x017F;s. weniger<lb/>
war als im Rennherd. Immerhin wurde nur ein Teil des Eisens der<lb/>
Frischschlacken, höchstens 36 Proz., ausgebracht. v. <hi rendition="#g">Marchers</hi> Ver-<lb/>
suche in einem 18 Fu&#x017F;s hohen Blauofen beweisen ebenfalls, da&#x017F;s das<lb/>
Verschmelzen der Frischschlacken im Schachtofen weit vorteilhafter<lb/>
ist als im Herd. Auf dieses Verfahren nahm <hi rendition="#g">Anthony Hill</hi> 1814 in<lb/>
England ein Patent.</p><lb/>
              <p>Die Bemühungen, <hi rendition="#g">rotbrüchiges</hi> und <hi rendition="#g">kaltbrüchiges</hi> Eisen zu<lb/>
verbessern, wurden in dieser Zeit mit Eifer fortgesetzt. <hi rendition="#g">Levasseur</hi> <note place="foot" n="1)">Annales de Chimie, Nr. 125, p. 183. <hi rendition="#g">Crells</hi> Chem. Ann. 1802, II, S. 41.</note><lb/>
empfahl 1. Cementation mit Kalk und 2. Verwendung von Kalk beim<lb/>
Ausschmieden. Er tauchte die Stangen in dicke Kalkmilch, benetzte<lb/>
das Feuer mit Kalkmilch und erhitzte stark. Die hei&#x017F;sen Stangen<lb/>
bestreute man mit gelöschtem, gepulvertem Kalk.</p><lb/>
              <p>Auf den Hammerwerken von Marche bei Namur warf man, nach<lb/><hi rendition="#g">Baillet</hi> <note place="foot" n="2)">Journ. des Mines, an XI (1803), p. 246.</note>, ½ Schaufel gepulverten reinen Kalkstein auf die Luppe<lb/>
und hielt sie dann noch einen Augenblick vor den Wind. Hierdurch<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[122/0138] Stabeisenbereitung 1801 bis 1815. öfen (ball-furnaces), welche Puddelöfen ähnlich waren, in Birmingham und war überrascht über die Kürze der Zeit, in welcher die Schmelze fertig wurde. Die unter einem schweren Hammer zusammengepreſste Luppe wurde sofort durch Walz- und Schneidwerke zu Rundeisen und Stäben verarbeitet. Er empfahl den Prozeſs der Beachtung der Eisenwerksbesitzer des Kontinents. 1805 wurden die ersten Luppen- quetschen in England eingeführt. Eine andere Aufgabe, welche die Eisenhüttenleute damals viel beschäftigte, war die Zugutemachung der Frisch- und Puddel- schlacken. Dieses geschah zuerst im Rennherd, wie zu Uslar, wobei groſser Abgang stattfand. In Schweden erhöhte man den Rennherd zu einem niedrigen Schachtofen (Stückofen) von 6 Fuſs Höhe, ohne bessere Resultate zu erzielen. Auch hier war die Zeit für die Reduk- tion zu kurz. Zu Jedlitze in Oberschlesien hatte man ein ganzes Jahr hindurch in einem solchen nach schwedischer Art erhöhten Rennherd Frischschlacken verschmolzen, doch waren die Resultate unbefriedigend. Vorteilhafter erwies sich das Verschmelzen der Frisch- schlacken in Blauöfen oder noch besser in Hochöfen. In Schlesien erzielte man aus denselben Schlacken bei dem Schmelzen im Hoch- ofen und darauffolgendem Frischen beinahe 16 Proz. mehr Ausbringen als in dem erhöhten Rennherd. Karsten berechnet den Kohlen- verbrauch für 100 Pfd. Roheisen auf 62 Kbfſs, was 44 Kbfſs. weniger war als im Rennherd. Immerhin wurde nur ein Teil des Eisens der Frischschlacken, höchstens 36 Proz., ausgebracht. v. Marchers Ver- suche in einem 18 Fuſs hohen Blauofen beweisen ebenfalls, daſs das Verschmelzen der Frischschlacken im Schachtofen weit vorteilhafter ist als im Herd. Auf dieses Verfahren nahm Anthony Hill 1814 in England ein Patent. Die Bemühungen, rotbrüchiges und kaltbrüchiges Eisen zu verbessern, wurden in dieser Zeit mit Eifer fortgesetzt. Levasseur 1) empfahl 1. Cementation mit Kalk und 2. Verwendung von Kalk beim Ausschmieden. Er tauchte die Stangen in dicke Kalkmilch, benetzte das Feuer mit Kalkmilch und erhitzte stark. Die heiſsen Stangen bestreute man mit gelöschtem, gepulvertem Kalk. Auf den Hammerwerken von Marche bei Namur warf man, nach Baillet 2), ½ Schaufel gepulverten reinen Kalkstein auf die Luppe und hielt sie dann noch einen Augenblick vor den Wind. Hierdurch 1) Annales de Chimie, Nr. 125, p. 183. Crells Chem. Ann. 1802, II, S. 41. 2) Journ. des Mines, an XI (1803), p. 246.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/138
Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/138>, abgerufen am 07.05.2024.