Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899.

Bild:
<< vorherige Seite
Eisengiesserei 1801 bis 1815.

Um den Maschinenbau hatte sich Lauchhammer ebenfalls grosse Ver-
dienste erworben. 1801 hatte es die ersten Schrotmühlen nach eng-
lischem Muster zum Verkauf gemacht. 1802 hatte Herr Ober-Bergrat
Bückling eine grosse Dampfmaschine nach Watts System in Auftrag
gegeben. Dieselbe sollte täglich 237600 Kbfss. Wasser 57 Fuss hoch
heben, wozu täglich 6000 Stück Torfziegel gebraucht wurden. 1805 wurde
die Maschine in Betrieb gesetzt und entsprach allen Anforderungen.
Um 1815 konstruierte ein Engländer Whitefield für die gräflich
Einsiedelsche Wollenfabrik zu Wolkenberg ein eisernes Wasserrad,
welches zu Lauchhammer gegossen wurde. Es war 10,04 m hoch und
1,57 m breit und wog 525 Ctr. 1816 wurden Versuche mit einem
2,51 m hohen Kupolofen für Holzkohlenbetrieb gemacht, die sofort
gelangen. Daraufhin wurde 1817 noch ein zweiter Kupolofen und ein
eisernes Cylindergebläse erbaut. 1818 wurde durch den Mechanikus
Rohrbeck, der zuvor schon eine grosse Drehbank angelegt hatte,
eine Schraubenschneidemaschine konstruiert, um mittels einer und der-
selben Leitspindel Schrauben von 0,05 bis 0,31 m Stärke bis zu 4,08 m
Länge mit ein- und mehrfachen breiten und scharfen Gewinden samt
den Muttern dazu darauf schneiden und damit Pressen von jeder Grösse
herstellen zu können. 1818 stand Lauchhammer auf der Höhe seines
Ruhmes. Seine Leistungsfähigkeit und die vorzügliche Sorgfalt in der
Ausführung auch der schwierigsten Aufgaben sowohl seiner Gusswaren,
mechanischer und Kunstgegenstände war allgemein anerkannt. Durch
den Wiener Frieden 1815 war die Grenze mitten durch die Besitzungen
des Hüttenwerkes gezogen worden. Lauchhammer fiel an Preussen,
während Gröditz bei Sachsen verblieb. Infolgedessen sah man sich
gezwungen, an letzterem Orte eine zweite Giesserei mit zwei Kupol-
öfen und doppeltwirkendem Cylindergebläse zu bauen. Am 1. Mai 1819
wurde das Gröditzer Werk fertig und am 14. Mai erfolgte der erste
Guss. Da Preussen durch seinen Zolltarif einen hohen Ausgangszoll
auf Roheisen gelegt hatte, so musste auch zu dem Gröditzer Werk
eine besondere Hochofenanlage erbaut werden und zwar wegen Wasser-
mangels mit einer Dampfmaschine zur Betreibung des Gebläses. Diese,
sowie ein neues Eisenwalz- und Schmiedewerk wurden 1821 vollendet.

In Frankreich wurde der Eisenguss in der napoleonischen Zeit
vielfach zu Bauzwecken verwendet. In Paris entstanden die durch
gusseiserne Säulen unterstützten Tragwerke, die sogenannten Pariser
Roste, Kaufläden und Schaufenster mit gusseiserner Umrahmung, --
gusseiserne Dächer, wie die der Halle aux Bles von 1811. Zur Förderung
des Feingusses hatte die Gesellschaft zur Aufmunterung der Künste

Eisengieſserei 1801 bis 1815.

Um den Maschinenbau hatte sich Lauchhammer ebenfalls groſse Ver-
dienste erworben. 1801 hatte es die ersten Schrotmühlen nach eng-
lischem Muster zum Verkauf gemacht. 1802 hatte Herr Ober-Bergrat
Bückling eine groſse Dampfmaschine nach Watts System in Auftrag
gegeben. Dieselbe sollte täglich 237600 Kbfſs. Wasser 57 Fuſs hoch
heben, wozu täglich 6000 Stück Torfziegel gebraucht wurden. 1805 wurde
die Maschine in Betrieb gesetzt und entsprach allen Anforderungen.
Um 1815 konstruierte ein Engländer Whitefield für die gräflich
Einsiedelsche Wollenfabrik zu Wolkenberg ein eisernes Wasserrad,
welches zu Lauchhammer gegossen wurde. Es war 10,04 m hoch und
1,57 m breit und wog 525 Ctr. 1816 wurden Versuche mit einem
2,51 m hohen Kupolofen für Holzkohlenbetrieb gemacht, die sofort
gelangen. Daraufhin wurde 1817 noch ein zweiter Kupolofen und ein
eisernes Cylindergebläse erbaut. 1818 wurde durch den Mechanikus
Rohrbeck, der zuvor schon eine groſse Drehbank angelegt hatte,
eine Schraubenschneidemaschine konstruiert, um mittels einer und der-
selben Leitspindel Schrauben von 0,05 bis 0,31 m Stärke bis zu 4,08 m
Länge mit ein- und mehrfachen breiten und scharfen Gewinden samt
den Muttern dazu darauf schneiden und damit Pressen von jeder Gröſse
herstellen zu können. 1818 stand Lauchhammer auf der Höhe seines
Ruhmes. Seine Leistungsfähigkeit und die vorzügliche Sorgfalt in der
Ausführung auch der schwierigsten Aufgaben sowohl seiner Guſswaren,
mechanischer und Kunstgegenstände war allgemein anerkannt. Durch
den Wiener Frieden 1815 war die Grenze mitten durch die Besitzungen
des Hüttenwerkes gezogen worden. Lauchhammer fiel an Preuſsen,
während Gröditz bei Sachsen verblieb. Infolgedessen sah man sich
gezwungen, an letzterem Orte eine zweite Gieſserei mit zwei Kupol-
öfen und doppeltwirkendem Cylindergebläse zu bauen. Am 1. Mai 1819
wurde das Gröditzer Werk fertig und am 14. Mai erfolgte der erste
Guſs. Da Preuſsen durch seinen Zolltarif einen hohen Ausgangszoll
auf Roheisen gelegt hatte, so muſste auch zu dem Gröditzer Werk
eine besondere Hochofenanlage erbaut werden und zwar wegen Wasser-
mangels mit einer Dampfmaschine zur Betreibung des Gebläses. Diese,
sowie ein neues Eisenwalz- und Schmiedewerk wurden 1821 vollendet.

In Frankreich wurde der Eisenguſs in der napoleonischen Zeit
vielfach zu Bauzwecken verwendet. In Paris entstanden die durch
guſseiserne Säulen unterstützten Tragwerke, die sogenannten Pariser
Roste, Kaufläden und Schaufenster mit guſseiserner Umrahmung, —
guſseiserne Dächer, wie die der Halle aux Blés von 1811. Zur Förderung
des Feingusses hatte die Gesellschaft zur Aufmunterung der Künste

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <pb facs="#f0122" n="106"/>
              <fw place="top" type="header">Eisengie&#x017F;serei 1801 bis 1815.</fw><lb/>
              <p>Um den Maschinenbau hatte sich Lauchhammer ebenfalls gro&#x017F;se Ver-<lb/>
dienste erworben. 1801 hatte es die ersten Schrotmühlen nach eng-<lb/>
lischem Muster zum Verkauf gemacht. 1802 hatte Herr Ober-Bergrat<lb/><hi rendition="#g">Bückling</hi> eine gro&#x017F;se Dampfmaschine nach <hi rendition="#g">Watts</hi> System in Auftrag<lb/>
gegeben. Dieselbe sollte täglich 237600 Kbf&#x017F;s. Wasser 57 Fu&#x017F;s hoch<lb/>
heben, wozu täglich 6000 Stück Torfziegel gebraucht wurden. 1805 wurde<lb/>
die Maschine in Betrieb gesetzt und entsprach allen Anforderungen.<lb/>
Um 1815 konstruierte ein Engländer <hi rendition="#g">Whitefield</hi> für die gräflich<lb/>
Einsiedelsche Wollenfabrik zu Wolkenberg ein eisernes Wasserrad,<lb/>
welches zu Lauchhammer gegossen wurde. Es war 10,04 m hoch und<lb/>
1,57 m breit und wog 525 Ctr. 1816 wurden Versuche mit einem<lb/>
2,51 m hohen Kupolofen für Holzkohlenbetrieb gemacht, die sofort<lb/>
gelangen. Daraufhin wurde 1817 noch ein zweiter Kupolofen und ein<lb/>
eisernes Cylindergebläse erbaut. 1818 wurde durch den Mechanikus<lb/><hi rendition="#g">Rohrbeck</hi>, der zuvor schon eine gro&#x017F;se Drehbank angelegt hatte,<lb/>
eine Schraubenschneidemaschine konstruiert, um mittels einer und der-<lb/>
selben Leitspindel Schrauben von 0,05 bis 0,31 m Stärke bis zu 4,08 m<lb/>
Länge mit ein- und mehrfachen breiten und scharfen Gewinden samt<lb/>
den Muttern dazu darauf schneiden und damit Pressen von jeder Grö&#x017F;se<lb/>
herstellen zu können. 1818 stand Lauchhammer auf der Höhe seines<lb/>
Ruhmes. Seine Leistungsfähigkeit und die vorzügliche Sorgfalt in der<lb/>
Ausführung auch der schwierigsten Aufgaben sowohl seiner Gu&#x017F;swaren,<lb/>
mechanischer und Kunstgegenstände war allgemein anerkannt. Durch<lb/>
den Wiener Frieden 1815 war die Grenze mitten durch die Besitzungen<lb/>
des Hüttenwerkes gezogen worden. Lauchhammer fiel an Preu&#x017F;sen,<lb/>
während Gröditz bei Sachsen verblieb. Infolgedessen sah man sich<lb/>
gezwungen, an letzterem Orte eine zweite Gie&#x017F;serei mit zwei Kupol-<lb/>
öfen und doppeltwirkendem Cylindergebläse zu bauen. Am 1. Mai 1819<lb/>
wurde das Gröditzer Werk fertig und am 14. Mai erfolgte der erste<lb/>
Gu&#x017F;s. Da Preu&#x017F;sen durch seinen Zolltarif einen hohen Ausgangszoll<lb/>
auf Roheisen gelegt hatte, so mu&#x017F;ste auch zu dem Gröditzer Werk<lb/>
eine besondere Hochofenanlage erbaut werden und zwar wegen Wasser-<lb/>
mangels mit einer Dampfmaschine zur Betreibung des Gebläses. Diese,<lb/>
sowie ein neues Eisenwalz- und Schmiedewerk wurden 1821 vollendet.</p><lb/>
              <p>In <hi rendition="#g">Frankreich</hi> wurde der Eisengu&#x017F;s in der napoleonischen Zeit<lb/>
vielfach zu Bauzwecken verwendet. In Paris entstanden die durch<lb/>
gu&#x017F;seiserne Säulen unterstützten Tragwerke, die sogenannten Pariser<lb/>
Roste, Kaufläden und Schaufenster mit gu&#x017F;seiserner Umrahmung, &#x2014;<lb/>
gu&#x017F;seiserne Dächer, wie die der Halle aux Blés von 1811. Zur Förderung<lb/>
des Feingusses hatte die Gesellschaft zur Aufmunterung der Künste<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[106/0122] Eisengieſserei 1801 bis 1815. Um den Maschinenbau hatte sich Lauchhammer ebenfalls groſse Ver- dienste erworben. 1801 hatte es die ersten Schrotmühlen nach eng- lischem Muster zum Verkauf gemacht. 1802 hatte Herr Ober-Bergrat Bückling eine groſse Dampfmaschine nach Watts System in Auftrag gegeben. Dieselbe sollte täglich 237600 Kbfſs. Wasser 57 Fuſs hoch heben, wozu täglich 6000 Stück Torfziegel gebraucht wurden. 1805 wurde die Maschine in Betrieb gesetzt und entsprach allen Anforderungen. Um 1815 konstruierte ein Engländer Whitefield für die gräflich Einsiedelsche Wollenfabrik zu Wolkenberg ein eisernes Wasserrad, welches zu Lauchhammer gegossen wurde. Es war 10,04 m hoch und 1,57 m breit und wog 525 Ctr. 1816 wurden Versuche mit einem 2,51 m hohen Kupolofen für Holzkohlenbetrieb gemacht, die sofort gelangen. Daraufhin wurde 1817 noch ein zweiter Kupolofen und ein eisernes Cylindergebläse erbaut. 1818 wurde durch den Mechanikus Rohrbeck, der zuvor schon eine groſse Drehbank angelegt hatte, eine Schraubenschneidemaschine konstruiert, um mittels einer und der- selben Leitspindel Schrauben von 0,05 bis 0,31 m Stärke bis zu 4,08 m Länge mit ein- und mehrfachen breiten und scharfen Gewinden samt den Muttern dazu darauf schneiden und damit Pressen von jeder Gröſse herstellen zu können. 1818 stand Lauchhammer auf der Höhe seines Ruhmes. Seine Leistungsfähigkeit und die vorzügliche Sorgfalt in der Ausführung auch der schwierigsten Aufgaben sowohl seiner Guſswaren, mechanischer und Kunstgegenstände war allgemein anerkannt. Durch den Wiener Frieden 1815 war die Grenze mitten durch die Besitzungen des Hüttenwerkes gezogen worden. Lauchhammer fiel an Preuſsen, während Gröditz bei Sachsen verblieb. Infolgedessen sah man sich gezwungen, an letzterem Orte eine zweite Gieſserei mit zwei Kupol- öfen und doppeltwirkendem Cylindergebläse zu bauen. Am 1. Mai 1819 wurde das Gröditzer Werk fertig und am 14. Mai erfolgte der erste Guſs. Da Preuſsen durch seinen Zolltarif einen hohen Ausgangszoll auf Roheisen gelegt hatte, so muſste auch zu dem Gröditzer Werk eine besondere Hochofenanlage erbaut werden und zwar wegen Wasser- mangels mit einer Dampfmaschine zur Betreibung des Gebläses. Diese, sowie ein neues Eisenwalz- und Schmiedewerk wurden 1821 vollendet. In Frankreich wurde der Eisenguſs in der napoleonischen Zeit vielfach zu Bauzwecken verwendet. In Paris entstanden die durch guſseiserne Säulen unterstützten Tragwerke, die sogenannten Pariser Roste, Kaufläden und Schaufenster mit guſseiserner Umrahmung, — guſseiserne Dächer, wie die der Halle aux Blés von 1811. Zur Förderung des Feingusses hatte die Gesellschaft zur Aufmunterung der Künste

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/122
Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/122>, abgerufen am 07.05.2024.