Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

Bild:
<< vorherige Seite

Westfalen und die Rheinlande.
wegten Schauercylinder für die Kugeln und einen Polierhammer,
unter dem die in einem besonders dazu vorgerichteten Ofen geglühten
Kugeln spiegelglatt poliert und vollkommen kalibermässig gerundet
wurden, errichtet. Während des französischen Krieges hatte die Hütte
grosse Quantitäten Munition für Rechnung Rotterdamer Häuser ge-
macht.

Johann Heinrich Jacobi, der Vater des oben genannten
Gottlob Jacobi, war als ein erprobter Hüttenmann und als Erbauer
der Sayner Hütte bekannt. Er war 1725 zu Eisleben geboren,
widmete sich schon 1740 im Mansfeldischen dem praktischen Bergbau,
wurde 1751 Schichtmeister und dann Verwalter einer Grube in Elpe
bei Ramsbeck in Westfalen, später zu Langenhecke im Trierischen (jetzt
Nassauischen), kam 1765 als kurfürstlicher Berginspektor nach Koblenz,
wurde 1766 "auf Requisition Ihro Gnaden von Saarbrücken in dero
Land die Kohlenbergwerke in bessere Verfassung zu bringen" auf
10 Wochen nach Saarbrücken berufen. 1769 übertrug ihm die Re-
gierung den Bau der Sayner Hütte, welche er ohne fremde Beihülfe,
allein nach seinen Erfahrungen anlegte. Er siedelte dann mit seiner
Familie nach Sayn über, wo er 1796 nach einem sehr thätigen Leben
verstarb. Er stand in hohem Ansehen und wurde oft von fremden
Regierungen zu Begutachtungen berufen. Er hatte 15 Kinder. Der
1770 geborene Gottlob Julius spielte bei der Begründung des
Essener Hüttenwesens eine wichtige Rolle.

Im Jahre 1790 war eine neue Gesellschaft zur Gründung eines
Eisenwerkes im Hochstifte Essen zusammengetreten. Es waren dies
J. Th. Werner, H. F. Langen, Kanzleidirektor Schneitz und
Regierungsrat Rademacher und die Fürstin Maria Kunigunde von
Essen selbst. Bereits in diesem Jahre wurde Gottlob Jacobi Bau
und Leitung der neuen Hütte übertragen. 1794 brachte die Fürstin
das ganze Werk an sich, in demselben Jahre erwarb sie auch die
Antony-Hütte. Die Werke wurden vereinigt, und der Schwerpunkt der
Verwaltung nach der St. Antony-Hütte verlegt. -- Auf der Antony-
Hütte waren neben dem Hochofen ein Wind- und ein Kupolofen, einer
der ersten in Deutschland, vorhanden. Der Hochofen war 22 Fuss
hoch, das Gestell 41/2 Fuss, die Rast 31/2 Fuss hoch, die Form lag
16 Zoll über dem Bodenstein, Gestell von Form bis Windseite 16 Zoll,
von Tümpel bis Rückseite 17 Zoll, Gichtplatte 22 Zoll Quadrat, Rast
7 Fuss Quadrat. Das Gebläse war ein cylindrisches Kastengebläse
nach Jacobis Konstruktion, welches mit dem Baaderschen Gebläse
Ähnlichkeit hatte. Es wurden nur Gusswaren gemacht, und zwar

61*

Westfalen und die Rheinlande.
wegten Schauercylinder für die Kugeln und einen Polierhammer,
unter dem die in einem besonders dazu vorgerichteten Ofen geglühten
Kugeln spiegelglatt poliert und vollkommen kalibermäſsig gerundet
wurden, errichtet. Während des französischen Krieges hatte die Hütte
groſse Quantitäten Munition für Rechnung Rotterdamer Häuser ge-
macht.

Johann Heinrich Jacobi, der Vater des oben genannten
Gottlob Jacobi, war als ein erprobter Hüttenmann und als Erbauer
der Sayner Hütte bekannt. Er war 1725 zu Eisleben geboren,
widmete sich schon 1740 im Mansfeldischen dem praktischen Bergbau,
wurde 1751 Schichtmeister und dann Verwalter einer Grube in Elpe
bei Ramsbeck in Westfalen, später zu Langenhecke im Trierischen (jetzt
Nassauischen), kam 1765 als kurfürstlicher Berginspektor nach Koblenz,
wurde 1766 „auf Requisition Ihro Gnaden von Saarbrücken in dero
Land die Kohlenbergwerke in bessere Verfassung zu bringen“ auf
10 Wochen nach Saarbrücken berufen. 1769 übertrug ihm die Re-
gierung den Bau der Sayner Hütte, welche er ohne fremde Beihülfe,
allein nach seinen Erfahrungen anlegte. Er siedelte dann mit seiner
Familie nach Sayn über, wo er 1796 nach einem sehr thätigen Leben
verstarb. Er stand in hohem Ansehen und wurde oft von fremden
Regierungen zu Begutachtungen berufen. Er hatte 15 Kinder. Der
1770 geborene Gottlob Julius spielte bei der Begründung des
Essener Hüttenwesens eine wichtige Rolle.

Im Jahre 1790 war eine neue Gesellschaft zur Gründung eines
Eisenwerkes im Hochstifte Essen zusammengetreten. Es waren dies
J. Th. Werner, H. F. Langen, Kanzleidirektor Schneitz und
Regierungsrat Rademacher und die Fürstin Maria Kunigunde von
Essen selbst. Bereits in diesem Jahre wurde Gottlob Jacobi Bau
und Leitung der neuen Hütte übertragen. 1794 brachte die Fürstin
das ganze Werk an sich, in demselben Jahre erwarb sie auch die
Antony-Hütte. Die Werke wurden vereinigt, und der Schwerpunkt der
Verwaltung nach der St. Antony-Hütte verlegt. — Auf der Antony-
Hütte waren neben dem Hochofen ein Wind- und ein Kupolofen, einer
der ersten in Deutschland, vorhanden. Der Hochofen war 22 Fuſs
hoch, das Gestell 4½ Fuſs, die Rast 3½ Fuſs hoch, die Form lag
16 Zoll über dem Bodenstein, Gestell von Form bis Windseite 16 Zoll,
von Tümpel bis Rückseite 17 Zoll, Gichtplatte 22 Zoll Quadrat, Rast
7 Fuſs Quadrat. Das Gebläse war ein cylindrisches Kastengebläse
nach Jacobis Konstruktion, welches mit dem Baaderschen Gebläse
Ähnlichkeit hatte. Es wurden nur Guſswaren gemacht, und zwar

61*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0977" n="963"/><fw place="top" type="header">Westfalen und die Rheinlande.</fw><lb/>
wegten Schauercylinder für die Kugeln und einen Polierhammer,<lb/>
unter dem die in einem besonders dazu vorgerichteten Ofen geglühten<lb/>
Kugeln spiegelglatt poliert und vollkommen kalibermä&#x017F;sig gerundet<lb/>
wurden, errichtet. Während des französischen Krieges hatte die Hütte<lb/>
gro&#x017F;se Quantitäten Munition für Rechnung Rotterdamer Häuser ge-<lb/>
macht.</p><lb/>
              <p><hi rendition="#g">Johann Heinrich Jacobi</hi>, der Vater des oben genannten<lb/><hi rendition="#g">Gottlob Jacobi</hi>, war als ein erprobter Hüttenmann und als Erbauer<lb/>
der <hi rendition="#g">Sayner Hütte</hi> bekannt. Er war 1725 zu Eisleben geboren,<lb/>
widmete sich schon 1740 im Mansfeldischen dem praktischen Bergbau,<lb/>
wurde 1751 Schichtmeister und dann Verwalter einer Grube in Elpe<lb/>
bei Ramsbeck in Westfalen, später zu Langenhecke im Trierischen (jetzt<lb/>
Nassauischen), kam 1765 als kurfürstlicher Berginspektor nach Koblenz,<lb/>
wurde 1766 &#x201E;auf Requisition Ihro Gnaden von Saarbrücken in dero<lb/>
Land die Kohlenbergwerke in bessere Verfassung zu bringen&#x201C; auf<lb/>
10 Wochen nach Saarbrücken berufen. 1769 übertrug ihm die Re-<lb/>
gierung den Bau der Sayner Hütte, welche er ohne fremde Beihülfe,<lb/>
allein nach seinen Erfahrungen anlegte. Er siedelte dann mit seiner<lb/>
Familie nach Sayn über, wo er 1796 nach einem sehr thätigen Leben<lb/>
verstarb. Er stand in hohem Ansehen und wurde oft von fremden<lb/>
Regierungen zu Begutachtungen berufen. Er hatte 15 Kinder. Der<lb/>
1770 geborene <hi rendition="#g">Gottlob Julius</hi> spielte bei der Begründung des<lb/>
Essener Hüttenwesens eine wichtige Rolle.</p><lb/>
              <p>Im Jahre 1790 war eine neue Gesellschaft zur Gründung eines<lb/>
Eisenwerkes im Hochstifte Essen zusammengetreten. Es waren dies<lb/>
J. <hi rendition="#g">Th. Werner, H. F. Langen</hi>, Kanzleidirektor <hi rendition="#g">Schneitz</hi> und<lb/>
Regierungsrat <hi rendition="#g">Rademacher</hi> und die Fürstin <hi rendition="#g">Maria Kunigunde</hi> von<lb/>
Essen selbst. Bereits in diesem Jahre wurde <hi rendition="#g">Gottlob Jacobi</hi> Bau<lb/>
und Leitung der neuen Hütte übertragen. 1794 brachte die Fürstin<lb/>
das ganze Werk an sich, in demselben Jahre erwarb sie auch die<lb/>
Antony-Hütte. Die Werke wurden vereinigt, und der Schwerpunkt der<lb/>
Verwaltung nach der St. Antony-Hütte verlegt. &#x2014; Auf der Antony-<lb/>
Hütte waren neben dem Hochofen ein Wind- und ein <hi rendition="#g">Kupolofen, einer</hi><lb/>
der ersten in Deutschland, vorhanden. Der <hi rendition="#g">Hochofen</hi> war 22 Fu&#x017F;s<lb/>
hoch, das Gestell 4½ Fu&#x017F;s, die Rast 3½ Fu&#x017F;s hoch, die Form lag<lb/>
16 Zoll über dem Bodenstein, Gestell von Form bis Windseite 16 Zoll,<lb/>
von Tümpel bis Rückseite 17 Zoll, Gichtplatte 22 Zoll Quadrat, Rast<lb/>
7 Fu&#x017F;s Quadrat. Das Gebläse war ein cylindrisches Kastengebläse<lb/>
nach <hi rendition="#g">Jacobis</hi> Konstruktion, welches mit dem <hi rendition="#g">Baaderschen</hi> Gebläse<lb/>
Ähnlichkeit hatte. Es wurden nur Gu&#x017F;swaren gemacht, und zwar<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">61*</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[963/0977] Westfalen und die Rheinlande. wegten Schauercylinder für die Kugeln und einen Polierhammer, unter dem die in einem besonders dazu vorgerichteten Ofen geglühten Kugeln spiegelglatt poliert und vollkommen kalibermäſsig gerundet wurden, errichtet. Während des französischen Krieges hatte die Hütte groſse Quantitäten Munition für Rechnung Rotterdamer Häuser ge- macht. Johann Heinrich Jacobi, der Vater des oben genannten Gottlob Jacobi, war als ein erprobter Hüttenmann und als Erbauer der Sayner Hütte bekannt. Er war 1725 zu Eisleben geboren, widmete sich schon 1740 im Mansfeldischen dem praktischen Bergbau, wurde 1751 Schichtmeister und dann Verwalter einer Grube in Elpe bei Ramsbeck in Westfalen, später zu Langenhecke im Trierischen (jetzt Nassauischen), kam 1765 als kurfürstlicher Berginspektor nach Koblenz, wurde 1766 „auf Requisition Ihro Gnaden von Saarbrücken in dero Land die Kohlenbergwerke in bessere Verfassung zu bringen“ auf 10 Wochen nach Saarbrücken berufen. 1769 übertrug ihm die Re- gierung den Bau der Sayner Hütte, welche er ohne fremde Beihülfe, allein nach seinen Erfahrungen anlegte. Er siedelte dann mit seiner Familie nach Sayn über, wo er 1796 nach einem sehr thätigen Leben verstarb. Er stand in hohem Ansehen und wurde oft von fremden Regierungen zu Begutachtungen berufen. Er hatte 15 Kinder. Der 1770 geborene Gottlob Julius spielte bei der Begründung des Essener Hüttenwesens eine wichtige Rolle. Im Jahre 1790 war eine neue Gesellschaft zur Gründung eines Eisenwerkes im Hochstifte Essen zusammengetreten. Es waren dies J. Th. Werner, H. F. Langen, Kanzleidirektor Schneitz und Regierungsrat Rademacher und die Fürstin Maria Kunigunde von Essen selbst. Bereits in diesem Jahre wurde Gottlob Jacobi Bau und Leitung der neuen Hütte übertragen. 1794 brachte die Fürstin das ganze Werk an sich, in demselben Jahre erwarb sie auch die Antony-Hütte. Die Werke wurden vereinigt, und der Schwerpunkt der Verwaltung nach der St. Antony-Hütte verlegt. — Auf der Antony- Hütte waren neben dem Hochofen ein Wind- und ein Kupolofen, einer der ersten in Deutschland, vorhanden. Der Hochofen war 22 Fuſs hoch, das Gestell 4½ Fuſs, die Rast 3½ Fuſs hoch, die Form lag 16 Zoll über dem Bodenstein, Gestell von Form bis Windseite 16 Zoll, von Tümpel bis Rückseite 17 Zoll, Gichtplatte 22 Zoll Quadrat, Rast 7 Fuſs Quadrat. Das Gebläse war ein cylindrisches Kastengebläse nach Jacobis Konstruktion, welches mit dem Baaderschen Gebläse Ähnlichkeit hatte. Es wurden nur Guſswaren gemacht, und zwar 61*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/977
Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 963. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/977>, abgerufen am 29.06.2024.