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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

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Westfalen und die Rheinlande.
und ins Bergische. Letzterer folgte der alten Eisenstrasse über Val-
bert, Meinerzhagen und dem Tollen Anschlag bei Halver. Der Preis
stand um 1800 auf 100 Thlr. die 1000 Pfd. Eversmann schätzte
die jährliche Produktion um 1800 auf 3180 Karren im Werte von
178080 Thlr.

In diesem Gebiet gingen 36 Stabeisenfeuer auf Kaltbläserart; an
der Lenne waren einige Einmalschmelzereien. Diese Hämmer an der
Lenne bezogen ihr Eisen meist aus dem Freien Grund und dem
Dillenburgischen. Das inländische Roheisen wurde auf den eigenen
Frischhütten verschmiedet. Eversmann schätzte die jährliche Stab-
eisenproduktion auf 2520 Karren zu 50 Thlr. = 126000 Thlr. Das
meiste wurde zu Soest, besonders auf dem Allerheiligen-Markt, ver-
handelt und ging nach Münster und Osnabrück. Die Stabschmiede
waren der Meinung, dass das westfälische Eisen nur nach Kaltbläser
Art verfrischt werden könnte.

Olpe war der Hauptsitz der Blechfabrikation 1). Die Blech-
Reidemeister daselbst hatten ein besonderes landesherrliches Privi-
legium. Auch wohnten viele Blechschläger daselbst. Die zur "Olpschen
Blechfabrik" gehörigen Stückhämmer (Renn- oder Frischwerke), deren
es 10 mit 13 Feuern gab, durften nicht vermehrt, selbst nicht einmal
ein Werk von einem schlechteren auf ein besseres Gefälle verlegt
werden. Ebenso verhielt es sich mit den 14 Platten- oder Blech-
hämmern. Die Blechfabrik bezog ihr bestes Eisen von den Dillen-
burger Hütten, ausserdem von Friedwald, aus dem Freien Grund, von
Weiershagen und Aslar. An den Stückhämmern arbeiteten 2 Leute,
die täglich 5 Stäbe zu 120 Pfd. mit 5 Zain (Tain) Kohlen machten.
Von 1350 Pfd. Roheisen erhielt man in der Regel 960 Pfd. Blechstäbe.
An den Blechhämmern arbeiteten 3 bis 4 Mann, die um 1760 nur
20 Wag zu 120 Pfd., um 1800 aber 40 Wag Blech machten, von
doppeltem Sturz- oder Salzpfannenblech sogar 50 Wag. Hierbei
wurden auf 1000 Pfd. Blech 10 Tain oder 160 Kubikfuss Kohlen
gebraucht. Auch bei den Olper Blechhämmern war die Einrichtung
der Hammertage wie im Siegerland, so dass öfter jede 24 Stunden
ein anderer Gewerke ans Schmieden kam. Zumeist wurden Sturz-
bleche und Ofenröhren (Ofenpiepen) gemacht. Viel Blech ging auch
auf die Altenaische Drahtfabrik für Glühkessel und auf die Fingerhut-
fabriken in der Mark und in Holland.

Die 14 Blechhämmer, welche zum "Schmiedeamt", d. h. zu der

1) Siehe Eversmann, a. a. O., S. 364.

Westfalen und die Rheinlande.
und ins Bergische. Letzterer folgte der alten Eisenstraſse über Val-
bert, Meinerzhagen und dem Tollen Anschlag bei Halver. Der Preis
stand um 1800 auf 100 Thlr. die 1000 Pfd. Eversmann schätzte
die jährliche Produktion um 1800 auf 3180 Karren im Werte von
178080 Thlr.

In diesem Gebiet gingen 36 Stabeisenfeuer auf Kaltbläserart; an
der Lenne waren einige Einmalschmelzereien. Diese Hämmer an der
Lenne bezogen ihr Eisen meist aus dem Freien Grund und dem
Dillenburgischen. Das inländische Roheisen wurde auf den eigenen
Frischhütten verschmiedet. Eversmann schätzte die jährliche Stab-
eisenproduktion auf 2520 Karren zu 50 Thlr. = 126000 Thlr. Das
meiste wurde zu Soest, besonders auf dem Allerheiligen-Markt, ver-
handelt und ging nach Münster und Osnabrück. Die Stabschmiede
waren der Meinung, daſs das westfälische Eisen nur nach Kaltbläser
Art verfrischt werden könnte.

Olpe war der Hauptsitz der Blechfabrikation 1). Die Blech-
Reidemeister daselbst hatten ein besonderes landesherrliches Privi-
legium. Auch wohnten viele Blechschläger daselbst. Die zur „Olpschen
Blechfabrik“ gehörigen Stückhämmer (Renn- oder Frischwerke), deren
es 10 mit 13 Feuern gab, durften nicht vermehrt, selbst nicht einmal
ein Werk von einem schlechteren auf ein besseres Gefälle verlegt
werden. Ebenso verhielt es sich mit den 14 Platten- oder Blech-
hämmern. Die Blechfabrik bezog ihr bestes Eisen von den Dillen-
burger Hütten, auſserdem von Friedwald, aus dem Freien Grund, von
Weiershagen und Aslar. An den Stückhämmern arbeiteten 2 Leute,
die täglich 5 Stäbe zu 120 Pfd. mit 5 Zain (Tain) Kohlen machten.
Von 1350 Pfd. Roheisen erhielt man in der Regel 960 Pfd. Blechstäbe.
An den Blechhämmern arbeiteten 3 bis 4 Mann, die um 1760 nur
20 Wag zu 120 Pfd., um 1800 aber 40 Wag Blech machten, von
doppeltem Sturz- oder Salzpfannenblech sogar 50 Wag. Hierbei
wurden auf 1000 Pfd. Blech 10 Tain oder 160 Kubikfuſs Kohlen
gebraucht. Auch bei den Olper Blechhämmern war die Einrichtung
der Hammertage wie im Siegerland, so daſs öfter jede 24 Stunden
ein anderer Gewerke ans Schmieden kam. Zumeist wurden Sturz-
bleche und Ofenröhren (Ofenpiepen) gemacht. Viel Blech ging auch
auf die Altenaische Drahtfabrik für Glühkessel und auf die Fingerhut-
fabriken in der Mark und in Holland.

Die 14 Blechhämmer, welche zum „Schmiedeamt“, d. h. zu der

1) Siehe Eversmann, a. a. O., S. 364.
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[943/0957] Westfalen und die Rheinlande. und ins Bergische. Letzterer folgte der alten Eisenstraſse über Val- bert, Meinerzhagen und dem Tollen Anschlag bei Halver. Der Preis stand um 1800 auf 100 Thlr. die 1000 Pfd. Eversmann schätzte die jährliche Produktion um 1800 auf 3180 Karren im Werte von 178080 Thlr. In diesem Gebiet gingen 36 Stabeisenfeuer auf Kaltbläserart; an der Lenne waren einige Einmalschmelzereien. Diese Hämmer an der Lenne bezogen ihr Eisen meist aus dem Freien Grund und dem Dillenburgischen. Das inländische Roheisen wurde auf den eigenen Frischhütten verschmiedet. Eversmann schätzte die jährliche Stab- eisenproduktion auf 2520 Karren zu 50 Thlr. = 126000 Thlr. Das meiste wurde zu Soest, besonders auf dem Allerheiligen-Markt, ver- handelt und ging nach Münster und Osnabrück. Die Stabschmiede waren der Meinung, daſs das westfälische Eisen nur nach Kaltbläser Art verfrischt werden könnte. Olpe war der Hauptsitz der Blechfabrikation 1). Die Blech- Reidemeister daselbst hatten ein besonderes landesherrliches Privi- legium. Auch wohnten viele Blechschläger daselbst. Die zur „Olpschen Blechfabrik“ gehörigen Stückhämmer (Renn- oder Frischwerke), deren es 10 mit 13 Feuern gab, durften nicht vermehrt, selbst nicht einmal ein Werk von einem schlechteren auf ein besseres Gefälle verlegt werden. Ebenso verhielt es sich mit den 14 Platten- oder Blech- hämmern. Die Blechfabrik bezog ihr bestes Eisen von den Dillen- burger Hütten, auſserdem von Friedwald, aus dem Freien Grund, von Weiershagen und Aslar. An den Stückhämmern arbeiteten 2 Leute, die täglich 5 Stäbe zu 120 Pfd. mit 5 Zain (Tain) Kohlen machten. Von 1350 Pfd. Roheisen erhielt man in der Regel 960 Pfd. Blechstäbe. An den Blechhämmern arbeiteten 3 bis 4 Mann, die um 1760 nur 20 Wag zu 120 Pfd., um 1800 aber 40 Wag Blech machten, von doppeltem Sturz- oder Salzpfannenblech sogar 50 Wag. Hierbei wurden auf 1000 Pfd. Blech 10 Tain oder 160 Kubikfuſs Kohlen gebraucht. Auch bei den Olper Blechhämmern war die Einrichtung der Hammertage wie im Siegerland, so daſs öfter jede 24 Stunden ein anderer Gewerke ans Schmieden kam. Zumeist wurden Sturz- bleche und Ofenröhren (Ofenpiepen) gemacht. Viel Blech ging auch auf die Altenaische Drahtfabrik für Glühkessel und auf die Fingerhut- fabriken in der Mark und in Holland. Die 14 Blechhämmer, welche zum „Schmiedeamt“, d. h. zu der 1) Siehe Eversmann, a. a. O., S. 364.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 943. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/957>, abgerufen am 29.06.2024.