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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

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Westfalen und die Rheinlande.
Kohlen, bei den deutschen Hämmern 1, 2 und 4 zu 1000 kg Stab-
eisen 1400 kg Roheisen und 2156 kg Kohlen, bei der Einmalschmel-
zerei 1075 kg Roheisen und 2541 kg Kohlen. Das Stabeisen ging
meistens nach Holland.

Ferner lag ein Privathammer bei Vallendar, ein anderer bei
Bendorf, der "Steizerhammer" genannt. Die Burscheder oder
alte Hütte mit 1 Hochofen im Amte Herschbach gehörte Freuden-
berg
in Neuwied. -- Die Eisenindustrie im Amte Bendorf verdankte
ihre Blüte einem gewissen Remy, Sohn eines Pfeifenbäckers zu
Mehren im Amte Altenkirchen.

Die am Mittelrhein berühmte und verzweigte Industriellenfamilie
Remy 1) leitet ihren Ursprung von dem 1568 zu Jvoy in Lothringen
geborenen Jacob Remy ab, der 1586 aus seiner Heimat auswanderte
und sich in Grenzhausen niederliess, wo er sich der dort schon da-
mals lebhaft betriebenen Thonwarenindustrie, besonders der Pfeifen-
bäckerei zuwandte. Dem Eisengewerbe widmete sich zuerst Wilhelm
Remy
, der 1728 das Bendorfer Eisenhüttengeschäft gründete und
sich dadurch ein grosses Verdienst um die gewerbliche Entwickelung
der Gegend erwarb. Nach seinem 1761 erfolgten Tode -- er starb
als markgräflich brandenburg-ansbachischer Kommerzienrat und
Hüttenmeister -- setzten sein Vetter Johannes Remy und dessen
Sohn den Betrieb der Bendorfer Hütte fort. Der Hochofen lag unter-
halb Bendorf nahe am Rhein. Er lieferte aus Braun- und Spateisen-
steinen ein vorzügliches Eisen. Ein Peter Remy wird von 1742 an
als Pächter des Nettehammers genannt. 1760 ging Pacht und Betrieb
des gräflich wied-neuwiedischen Eisenwerks Rasselstein, das schon
1655 urkundlich genannt wird und 1760 aus Hochofen und Eisen-
hammer bestand, an Heinrich Wilhelm Remy, einen unter-
nehmenden und hervorragenden Geschäftsmann, über. Er war es,
der 1769 mit vielen Kosten und Schwierigkeiten ein Blech-
walzwerk
einrichtete, welches die erste derartige Anlage in
Deutschland
gewesen ist. Dieselbe wurde mit gutem Erfolge be-
trieben und konnte nach und nach vergrössert werden. Heinrich
Wilhelm Remy
starb 1779. Sein Nachfolger Karl Wilhelm Remy
war schon 1771 Teilhaber des Geschäfts geworden, das damit die
Firma Heinr. Wilh. Remy & Consorten, welche bis 1873 unver-
ändert geblieben ist, erhielt.


1) Nachstehende Mitteilungen über die Familie Remy, die Bendorfer Hütte
und das bekannte Eisenwerk Rasselstein bei Neuwied verdanke ich der gütigen
Mitteilung des Herrn Främbs, Direktor der Rasselsteiner Eisenwerks-Gesellschaft.

Westfalen und die Rheinlande.
Kohlen, bei den deutschen Hämmern 1, 2 und 4 zu 1000 kg Stab-
eisen 1400 kg Roheisen und 2156 kg Kohlen, bei der Einmalschmel-
zerei 1075 kg Roheisen und 2541 kg Kohlen. Das Stabeisen ging
meistens nach Holland.

Ferner lag ein Privathammer bei Vallendar, ein anderer bei
Bendorf, der „Steizerhammer“ genannt. Die Burscheder oder
alte Hütte mit 1 Hochofen im Amte Herschbach gehörte Freuden-
berg
in Neuwied. — Die Eisenindustrie im Amte Bendorf verdankte
ihre Blüte einem gewissen Remy, Sohn eines Pfeifenbäckers zu
Mehren im Amte Altenkirchen.

Die am Mittelrhein berühmte und verzweigte Industriellenfamilie
Remy 1) leitet ihren Ursprung von dem 1568 zu Jvoy in Lothringen
geborenen Jacob Remy ab, der 1586 aus seiner Heimat auswanderte
und sich in Grenzhausen niederlieſs, wo er sich der dort schon da-
mals lebhaft betriebenen Thonwarenindustrie, besonders der Pfeifen-
bäckerei zuwandte. Dem Eisengewerbe widmete sich zuerst Wilhelm
Remy
, der 1728 das Bendorfer Eisenhüttengeschäft gründete und
sich dadurch ein groſses Verdienst um die gewerbliche Entwickelung
der Gegend erwarb. Nach seinem 1761 erfolgten Tode — er starb
als markgräflich brandenburg-ansbachischer Kommerzienrat und
Hüttenmeister — setzten sein Vetter Johannes Remy und dessen
Sohn den Betrieb der Bendorfer Hütte fort. Der Hochofen lag unter-
halb Bendorf nahe am Rhein. Er lieferte aus Braun- und Spateisen-
steinen ein vorzügliches Eisen. Ein Peter Remy wird von 1742 an
als Pächter des Nettehammers genannt. 1760 ging Pacht und Betrieb
des gräflich wied-neuwiedischen Eisenwerks Rasselstein, das schon
1655 urkundlich genannt wird und 1760 aus Hochofen und Eisen-
hammer bestand, an Heinrich Wilhelm Remy, einen unter-
nehmenden und hervorragenden Geschäftsmann, über. Er war es,
der 1769 mit vielen Kosten und Schwierigkeiten ein Blech-
walzwerk
einrichtete, welches die erste derartige Anlage in
Deutschland
gewesen ist. Dieselbe wurde mit gutem Erfolge be-
trieben und konnte nach und nach vergröſsert werden. Heinrich
Wilhelm Remy
starb 1779. Sein Nachfolger Karl Wilhelm Remy
war schon 1771 Teilhaber des Geschäfts geworden, das damit die
Firma Heinr. Wilh. Remy & Consorten, welche bis 1873 unver-
ändert geblieben ist, erhielt.


1) Nachstehende Mitteilungen über die Familie Remy, die Bendorfer Hütte
und das bekannte Eisenwerk Rasselstein bei Neuwied verdanke ich der gütigen
Mitteilung des Herrn Främbs, Direktor der Rasselsteiner Eisenwerks-Gesellschaft.
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[938/0952] Westfalen und die Rheinlande. Kohlen, bei den deutschen Hämmern 1, 2 und 4 zu 1000 kg Stab- eisen 1400 kg Roheisen und 2156 kg Kohlen, bei der Einmalschmel- zerei 1075 kg Roheisen und 2541 kg Kohlen. Das Stabeisen ging meistens nach Holland. Ferner lag ein Privathammer bei Vallendar, ein anderer bei Bendorf, der „Steizerhammer“ genannt. Die Burscheder oder alte Hütte mit 1 Hochofen im Amte Herschbach gehörte Freuden- berg in Neuwied. — Die Eisenindustrie im Amte Bendorf verdankte ihre Blüte einem gewissen Remy, Sohn eines Pfeifenbäckers zu Mehren im Amte Altenkirchen. Die am Mittelrhein berühmte und verzweigte Industriellenfamilie Remy 1) leitet ihren Ursprung von dem 1568 zu Jvoy in Lothringen geborenen Jacob Remy ab, der 1586 aus seiner Heimat auswanderte und sich in Grenzhausen niederlieſs, wo er sich der dort schon da- mals lebhaft betriebenen Thonwarenindustrie, besonders der Pfeifen- bäckerei zuwandte. Dem Eisengewerbe widmete sich zuerst Wilhelm Remy, der 1728 das Bendorfer Eisenhüttengeschäft gründete und sich dadurch ein groſses Verdienst um die gewerbliche Entwickelung der Gegend erwarb. Nach seinem 1761 erfolgten Tode — er starb als markgräflich brandenburg-ansbachischer Kommerzienrat und Hüttenmeister — setzten sein Vetter Johannes Remy und dessen Sohn den Betrieb der Bendorfer Hütte fort. Der Hochofen lag unter- halb Bendorf nahe am Rhein. Er lieferte aus Braun- und Spateisen- steinen ein vorzügliches Eisen. Ein Peter Remy wird von 1742 an als Pächter des Nettehammers genannt. 1760 ging Pacht und Betrieb des gräflich wied-neuwiedischen Eisenwerks Rasselstein, das schon 1655 urkundlich genannt wird und 1760 aus Hochofen und Eisen- hammer bestand, an Heinrich Wilhelm Remy, einen unter- nehmenden und hervorragenden Geschäftsmann, über. Er war es, der 1769 mit vielen Kosten und Schwierigkeiten ein Blech- walzwerk einrichtete, welches die erste derartige Anlage in Deutschland gewesen ist. Dieselbe wurde mit gutem Erfolge be- trieben und konnte nach und nach vergröſsert werden. Heinrich Wilhelm Remy starb 1779. Sein Nachfolger Karl Wilhelm Remy war schon 1771 Teilhaber des Geschäfts geworden, das damit die Firma Heinr. Wilh. Remy & Consorten, welche bis 1873 unver- ändert geblieben ist, erhielt. 1) Nachstehende Mitteilungen über die Familie Remy, die Bendorfer Hütte und das bekannte Eisenwerk Rasselstein bei Neuwied verdanke ich der gütigen Mitteilung des Herrn Främbs, Direktor der Rasselsteiner Eisenwerks-Gesellschaft.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 938. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/952>, abgerufen am 29.06.2024.