Waren die erwähnten Verordnungen nur Schutzmassregeln, um die bestehende Industrie in den schweren Kriegszeiten zu schützen und zu erhalten, waren die Bauten zu Vietz, Kutzdorf, Torgelow, Schadow und Gottow nach dem Schlesischen Kriege mehr durch die Not bedingt worden, so kam erst nach glücklicher Beendigung des Siebenjährigen Krieges ein frischer Hauch in die industrielle Ent- wickelung des Landes, besonders in die des preussischen Berg- und Hüttenwesens. Erst nach Friedensschluss kam der König in die Lage, seine landesväterliche Fürsorge auch dem in schwerem Kampfe errungenen Schlesien zuzuwenden.
Wie sehr König Friedrich es verstanden hat, in kurzer Zeit nicht nur die Wunden des Krieges zu heilen, sondern die Hülfs- quellen seines Landes zu segensreicher, ungeahnter Thätigkeit zu entwickeln, ist zu bekannt, um weiterer Nachweise zu bedürfen. In dem Berg- und Hüttenwesen erkannte er die wichtigste Industrie seines Landes und wendete ihr die grösste Sorgfalt zu. Ein neuer Geist war auf dem Gebiete des Eisenhüttenwesens erwacht. Die Konkurrenz beschränkte sich nicht mehr auf die nächsten Nachbar- länder. Die gesteigerte Eisenproduktion Schwedens und seine grossartige Ausfuhr, die grossen Umwälzungen in England, namentlich auf dem Gebiete der Eisenbereitung und des Maschinenwesens, be- rührten die preussische Industrie bereits unmittelbar. Der alte klein- liche Betrieb war nicht mehr konkurrenzfähig; alles drängte nach Vergrösserung und Verbesserung. Aber den Besitzern und den Pächtern fehlte es in den meisten Fällen an den Mitteln dazu. Nur der Staat war im stande hier helfend einzugreifen, und das that er, indem er die Werke in eigene Regie übernahm. Es ging durch ganz Deutschland ein Zug der Verstaatlichung der Eisenindustrie.
Wir haben gesehen, dass auch Preussen um 1778 die meisten wichtigeren Werke selbst übernahm. Dies gereichte damals der In- dustrie zum Segen, indem hierdurch die Verbesserungen und Er- weiterungen, welche notwendig waren, zur Ausführung kamen. Indes blieb Friedrich seinen haushälterischen Grundsätzen treu und ging nur mit Vorsicht auf diesem Gebiete voran. An Projekten fehlte es nicht. von Hofmann teilt uns ein Beispiel mit, bei dem er selbst beteiligt war. Er nennt hierbei den König, obgleich die Sache nicht nach seinem Wunsch verlief, wegen der Art der Behandlung der Sache das "Muster für Souverains, die sich eine allgemeine Kennt- nis zuschreiben". "Als Anno 1777 auf Anraten des damaligen königl. preussischen Gesandten, Herrn von Alvensleben, ich den mit dem
Beck, Geschichte des Eisens. 58
Preuſsen.
Waren die erwähnten Verordnungen nur Schutzmaſsregeln, um die bestehende Industrie in den schweren Kriegszeiten zu schützen und zu erhalten, waren die Bauten zu Vietz, Kutzdorf, Torgelow, Schadow und Gottow nach dem Schlesischen Kriege mehr durch die Not bedingt worden, so kam erst nach glücklicher Beendigung des Siebenjährigen Krieges ein frischer Hauch in die industrielle Ent- wickelung des Landes, besonders in die des preuſsischen Berg- und Hüttenwesens. Erst nach Friedensschluſs kam der König in die Lage, seine landesväterliche Fürsorge auch dem in schwerem Kampfe errungenen Schlesien zuzuwenden.
Wie sehr König Friedrich es verstanden hat, in kurzer Zeit nicht nur die Wunden des Krieges zu heilen, sondern die Hülfs- quellen seines Landes zu segensreicher, ungeahnter Thätigkeit zu entwickeln, ist zu bekannt, um weiterer Nachweise zu bedürfen. In dem Berg- und Hüttenwesen erkannte er die wichtigste Industrie seines Landes und wendete ihr die gröſste Sorgfalt zu. Ein neuer Geist war auf dem Gebiete des Eisenhüttenwesens erwacht. Die Konkurrenz beschränkte sich nicht mehr auf die nächsten Nachbar- länder. Die gesteigerte Eisenproduktion Schwedens und seine groſsartige Ausfuhr, die groſsen Umwälzungen in England, namentlich auf dem Gebiete der Eisenbereitung und des Maschinenwesens, be- rührten die preuſsische Industrie bereits unmittelbar. Der alte klein- liche Betrieb war nicht mehr konkurrenzfähig; alles drängte nach Vergröſserung und Verbesserung. Aber den Besitzern und den Pächtern fehlte es in den meisten Fällen an den Mitteln dazu. Nur der Staat war im stande hier helfend einzugreifen, und das that er, indem er die Werke in eigene Regie übernahm. Es ging durch ganz Deutschland ein Zug der Verstaatlichung der Eisenindustrie.
Wir haben gesehen, daſs auch Preuſsen um 1778 die meisten wichtigeren Werke selbst übernahm. Dies gereichte damals der In- dustrie zum Segen, indem hierdurch die Verbesserungen und Er- weiterungen, welche notwendig waren, zur Ausführung kamen. Indes blieb Friedrich seinen haushälterischen Grundsätzen treu und ging nur mit Vorsicht auf diesem Gebiete voran. An Projekten fehlte es nicht. von Hofmann teilt uns ein Beispiel mit, bei dem er selbst beteiligt war. Er nennt hierbei den König, obgleich die Sache nicht nach seinem Wunsch verlief, wegen der Art der Behandlung der Sache das „Muster für Souverains, die sich eine allgemeine Kennt- nis zuschreiben“. „Als Anno 1777 auf Anraten des damaligen königl. preuſsischen Gesandten, Herrn von Alvensleben, ich den mit dem
Beck, Geschichte des Eisens. 58
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Preuſsen.
Waren die erwähnten Verordnungen nur Schutzmaſsregeln, um
die bestehende Industrie in den schweren Kriegszeiten zu schützen
und zu erhalten, waren die Bauten zu Vietz, Kutzdorf, Torgelow,
Schadow und Gottow nach dem Schlesischen Kriege mehr durch die
Not bedingt worden, so kam erst nach glücklicher Beendigung des
Siebenjährigen Krieges ein frischer Hauch in die industrielle Ent-
wickelung des Landes, besonders in die des preuſsischen Berg- und
Hüttenwesens. Erst nach Friedensschluſs kam der König in die Lage,
seine landesväterliche Fürsorge auch dem in schwerem Kampfe
errungenen Schlesien zuzuwenden.
Wie sehr König Friedrich es verstanden hat, in kurzer Zeit
nicht nur die Wunden des Krieges zu heilen, sondern die Hülfs-
quellen seines Landes zu segensreicher, ungeahnter Thätigkeit zu
entwickeln, ist zu bekannt, um weiterer Nachweise zu bedürfen. In
dem Berg- und Hüttenwesen erkannte er die wichtigste Industrie
seines Landes und wendete ihr die gröſste Sorgfalt zu. Ein neuer
Geist war auf dem Gebiete des Eisenhüttenwesens erwacht. Die
Konkurrenz beschränkte sich nicht mehr auf die nächsten Nachbar-
länder. Die gesteigerte Eisenproduktion Schwedens und seine
groſsartige Ausfuhr, die groſsen Umwälzungen in England, namentlich
auf dem Gebiete der Eisenbereitung und des Maschinenwesens, be-
rührten die preuſsische Industrie bereits unmittelbar. Der alte klein-
liche Betrieb war nicht mehr konkurrenzfähig; alles drängte nach
Vergröſserung und Verbesserung. Aber den Besitzern und den
Pächtern fehlte es in den meisten Fällen an den Mitteln dazu. Nur
der Staat war im stande hier helfend einzugreifen, und das that er,
indem er die Werke in eigene Regie übernahm. Es ging durch ganz
Deutschland ein Zug der Verstaatlichung der Eisenindustrie.
Wir haben gesehen, daſs auch Preuſsen um 1778 die meisten
wichtigeren Werke selbst übernahm. Dies gereichte damals der In-
dustrie zum Segen, indem hierdurch die Verbesserungen und Er-
weiterungen, welche notwendig waren, zur Ausführung kamen. Indes
blieb Friedrich seinen haushälterischen Grundsätzen treu und ging
nur mit Vorsicht auf diesem Gebiete voran. An Projekten fehlte es
nicht. von Hofmann teilt uns ein Beispiel mit, bei dem er selbst
beteiligt war. Er nennt hierbei den König, obgleich die Sache nicht
nach seinem Wunsch verlief, wegen der Art der Behandlung der
Sache das „Muster für Souverains, die sich eine allgemeine Kennt-
nis zuschreiben“. „Als Anno 1777 auf Anraten des damaligen königl.
preuſsischen Gesandten, Herrn von Alvensleben, ich den mit dem
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 913. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/927>, abgerufen am 22.11.2024.
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