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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

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Nassau und das Siegerland.

Auch die Stahlschmiede im Siegerland waren sehr geschickt
in ihrer Arbeit. Ein Schmied lieferte bei zwei Hammerfeuern in 20
bis 21 Stunden 2 Karrn (ca. 1100 Pfund) Stahl; hierzu waren 8 Stalln
(1360 Pfund) Roheisen und 91/2 Zain Kohlen erforderlich. Der Preis
des Rohstahleisens betrug 1782 bis 1789 18 bis 22 Rthlr. für den
Karrn. Der ausgeschmiedete Stahl hiess Edelstahl und Mittelkühr;
ersterer kostete 48 bis 57 Rthlr., Mittelkühr immer 31/2 Rthlr. weniger.
Der Mittelkühr sass in der Mitte des Schreis, der harte Edelstahl
am Rande.

Der Schrei, den der Stahlschmied nach sieben "Heissen" bekam,
wog ca. 300 Pfund. -- Der Käufer erhielt zwei Teile Edelstahl und
einen Teil Mittelkühr.

1703 bis 1730 kostete der Wagen Roheisen (2400 Pfund) 223/4 Rthlr.,
der Kohlenpreis verhielt sich dazu wie 1 : 5, 1730 bis 1740 1 : 3 7/8,
1740 bis 1750 1 : 4 1/3 . 1747 bis 1759 kostete das Roheisen 32 bis
33 Rthlr. und stieg 1759 auf 34 Rthlr. In dem Kriege 1760/61 ging
das Roheisen noch mehr in die Höhe, bis 52 bis 54 Rthlr. Der
Kohlenpreis verhielt sich wie 1 : 6. 1763 fiel das Roheisen von 46
auf 34 Rthlr. 1764 bis 1780 kostete das Roheisen 36 bis 39 Rthlr.
Der höchste Preis der Kohlen aus dem Wittgensteinischen betrug
10 Rthlr. für den Wagen.

1787 kostete eine Tonne Roheisen 33 1/3 Rthlr., eine Tonne Roh-
stahleisen 36 2/3 Rthlr., eine Tonne Edelstahl 120 Rthlr. Die Holz-
kohlen wurden mit 12 bis 20 Rthlrn. der Wagen bezahlt. Im Dillen-
burgischen war die Kohle wesentlich billiger, und zwar war das
Verhältnis 1 : 31/2, während es in Siegen 1 : 2 1/3 betrug. Der Preis
der Kohlen war seit dem vorhergehenden Jahrhundert enorm ge-
stiegen. Die Tagesproduktion der Hochöfen hatte sich 1789 seit der
ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts verdreifacht.

Der Stahl war gegen früher viel billiger, im 16. Jahrhundert
hatte er trotz des höheren Geldwertes den doppelten Preis. Man
hatte damals beim Stahlmachen den grössten Teil des Roheisens
verschlackt und an Kohle soviel Fuder gebraucht, wie zu Bechers
Zeiten Zaine. Die Produktion war dabei eine sehr geringe. Noch
vor 50 Jahren (1738) hätten die Stahlschmiede den Stahl, den sie
des Tags geschmiedet, gemächlich abends aus dem Hammer tragen
können. 1788 wurden 600 Karrn (ca. 280 Tonnen) Stahl aus einem
Stahlfeuer im Jahre geschmiedet.

Dass die Siegerländer Eisenindustrie blühte, geht auch aus den
hohen Preisen hervor, welche für Hütten- und Hammertage gezahlt

Nassau und das Siegerland.

Auch die Stahlschmiede im Siegerland waren sehr geschickt
in ihrer Arbeit. Ein Schmied lieferte bei zwei Hammerfeuern in 20
bis 21 Stunden 2 Karrn (ca. 1100 Pfund) Stahl; hierzu waren 8 Stalln
(1360 Pfund) Roheisen und 9½ Zain Kohlen erforderlich. Der Preis
des Rohstahleisens betrug 1782 bis 1789 18 bis 22 Rthlr. für den
Karrn. Der ausgeschmiedete Stahl hieſs Edelstahl und Mittelkühr;
ersterer kostete 48 bis 57 Rthlr., Mittelkühr immer 3½ Rthlr. weniger.
Der Mittelkühr saſs in der Mitte des Schreis, der harte Edelstahl
am Rande.

Der Schrei, den der Stahlschmied nach sieben „Heiſsen“ bekam,
wog ca. 300 Pfund. — Der Käufer erhielt zwei Teile Edelstahl und
einen Teil Mittelkühr.

1703 bis 1730 kostete der Wagen Roheisen (2400 Pfund) 22¾ Rthlr.,
der Kohlenpreis verhielt sich dazu wie 1 : 5, 1730 bis 1740 1 : 3 7/8,
1740 bis 1750 1 : 4⅓. 1747 bis 1759 kostete das Roheisen 32 bis
33 Rthlr. und stieg 1759 auf 34 Rthlr. In dem Kriege 1760/61 ging
das Roheisen noch mehr in die Höhe, bis 52 bis 54 Rthlr. Der
Kohlenpreis verhielt sich wie 1 : 6. 1763 fiel das Roheisen von 46
auf 34 Rthlr. 1764 bis 1780 kostete das Roheisen 36 bis 39 Rthlr.
Der höchste Preis der Kohlen aus dem Wittgensteinischen betrug
10 Rthlr. für den Wagen.

1787 kostete eine Tonne Roheisen 33⅓ Rthlr., eine Tonne Roh-
stahleisen 36⅔ Rthlr., eine Tonne Edelstahl 120 Rthlr. Die Holz-
kohlen wurden mit 12 bis 20 Rthlrn. der Wagen bezahlt. Im Dillen-
burgischen war die Kohle wesentlich billiger, und zwar war das
Verhältnis 1 : 3½, während es in Siegen 1 : 2⅓ betrug. Der Preis
der Kohlen war seit dem vorhergehenden Jahrhundert enorm ge-
stiegen. Die Tagesproduktion der Hochöfen hatte sich 1789 seit der
ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts verdreifacht.

Der Stahl war gegen früher viel billiger, im 16. Jahrhundert
hatte er trotz des höheren Geldwertes den doppelten Preis. Man
hatte damals beim Stahlmachen den gröſsten Teil des Roheisens
verschlackt und an Kohle soviel Fuder gebraucht, wie zu Bechers
Zeiten Zaine. Die Produktion war dabei eine sehr geringe. Noch
vor 50 Jahren (1738) hätten die Stahlschmiede den Stahl, den sie
des Tags geschmiedet, gemächlich abends aus dem Hammer tragen
können. 1788 wurden 600 Karrn (ca. 280 Tonnen) Stahl aus einem
Stahlfeuer im Jahre geschmiedet.

Daſs die Siegerländer Eisenindustrie blühte, geht auch aus den
hohen Preisen hervor, welche für Hütten- und Hammertage gezahlt

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[844/0858] Nassau und das Siegerland. Auch die Stahlschmiede im Siegerland waren sehr geschickt in ihrer Arbeit. Ein Schmied lieferte bei zwei Hammerfeuern in 20 bis 21 Stunden 2 Karrn (ca. 1100 Pfund) Stahl; hierzu waren 8 Stalln (1360 Pfund) Roheisen und 9½ Zain Kohlen erforderlich. Der Preis des Rohstahleisens betrug 1782 bis 1789 18 bis 22 Rthlr. für den Karrn. Der ausgeschmiedete Stahl hieſs Edelstahl und Mittelkühr; ersterer kostete 48 bis 57 Rthlr., Mittelkühr immer 3½ Rthlr. weniger. Der Mittelkühr saſs in der Mitte des Schreis, der harte Edelstahl am Rande. Der Schrei, den der Stahlschmied nach sieben „Heiſsen“ bekam, wog ca. 300 Pfund. — Der Käufer erhielt zwei Teile Edelstahl und einen Teil Mittelkühr. 1703 bis 1730 kostete der Wagen Roheisen (2400 Pfund) 22¾ Rthlr., der Kohlenpreis verhielt sich dazu wie 1 : 5, 1730 bis 1740 1 : 3 7/8, 1740 bis 1750 1 : 4⅓. 1747 bis 1759 kostete das Roheisen 32 bis 33 Rthlr. und stieg 1759 auf 34 Rthlr. In dem Kriege 1760/61 ging das Roheisen noch mehr in die Höhe, bis 52 bis 54 Rthlr. Der Kohlenpreis verhielt sich wie 1 : 6. 1763 fiel das Roheisen von 46 auf 34 Rthlr. 1764 bis 1780 kostete das Roheisen 36 bis 39 Rthlr. Der höchste Preis der Kohlen aus dem Wittgensteinischen betrug 10 Rthlr. für den Wagen. 1787 kostete eine Tonne Roheisen 33⅓ Rthlr., eine Tonne Roh- stahleisen 36⅔ Rthlr., eine Tonne Edelstahl 120 Rthlr. Die Holz- kohlen wurden mit 12 bis 20 Rthlrn. der Wagen bezahlt. Im Dillen- burgischen war die Kohle wesentlich billiger, und zwar war das Verhältnis 1 : 3½, während es in Siegen 1 : 2⅓ betrug. Der Preis der Kohlen war seit dem vorhergehenden Jahrhundert enorm ge- stiegen. Die Tagesproduktion der Hochöfen hatte sich 1789 seit der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts verdreifacht. Der Stahl war gegen früher viel billiger, im 16. Jahrhundert hatte er trotz des höheren Geldwertes den doppelten Preis. Man hatte damals beim Stahlmachen den gröſsten Teil des Roheisens verschlackt und an Kohle soviel Fuder gebraucht, wie zu Bechers Zeiten Zaine. Die Produktion war dabei eine sehr geringe. Noch vor 50 Jahren (1738) hätten die Stahlschmiede den Stahl, den sie des Tags geschmiedet, gemächlich abends aus dem Hammer tragen können. 1788 wurden 600 Karrn (ca. 280 Tonnen) Stahl aus einem Stahlfeuer im Jahre geschmiedet. Daſs die Siegerländer Eisenindustrie blühte, geht auch aus den hohen Preisen hervor, welche für Hütten- und Hammertage gezahlt

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 844. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/858>, abgerufen am 16.07.2024.