1773 wurde zu Frankenthal in der Rheinpfalz von einem Adam Schoofs eine Steck- und Haarnadelfabrik gegründet. Die Nähnadel- fabrikation blühte ausser in Aachen und Karlsbad besonders in Bayern. Der deutschen Handelszeitung vom 21. Mai 1787 entnehmen wir fol- genden "Beitrag zur Kenntnis deutscher Nähnadelfabriken": Die ältesten und beträchtlichsten sind die zu Karlsbad, Schwabach, Nürn- berg, Klein Amberg (Abmberg) im Eichstädtischen, Weissenberg zur freien Stadt Linda gehörig, zu Pappenheim und Gierwangen in Schwa- ben. Diese Nähnadelfabriken beziehen ihren Draht meist aus dem Gothaischen und besonders machen die Schmalkalder zu Steinbach eine Sorte, welche unter den Nummern 23-, 24-, 25-Nadeldraht bekannt ist und wovon der Centner 181/2 Thaler kostet. Eine Nadel geht durch 75 Hände. Der Draht wird zuerst in die Länge von zwei Nadeln geschnitten und an beiden Enden auf einem Schleifsteine gespitzt, dann zerschnitten, gelocht und gescheuert, und zwar geschieht dies mit feinem, klarem Sande und Butter, wovon 8 Pfund auf 90000 Nadeln gehen. Die Nadeln werden alsdann in viereckige Töpfe mit Hornspänen eingelegt, mit Lehm verwahrt in einem Ofen erhitzt. Wenn sie in der gehörigen Glut sind, werden die Töpfe her- ausgenommen und der Inhalt in kaltes Wasser geschüttet und so die Nadeln gehärtet.
Württemberg genoss durch den Betrieb und die Zustellung sei- ner Hochöfen in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts einen weit verbreiteten Ruf. Die braunschweigischen Fürsten liessen Hochofen- meister aus Württemberg kommen, um die sogenannten Schwaben- gestelle am Harz einzuführen und die Hochöfen nach schwäbischer Art zuzustellen. Die Eisenwerke zu Königsbronn und Wasseralfingen werden öfter erwähnt. Beide waren Gründungen geistlicher Stifte.
Königsbronn, das ältere von beiden, war von den Mönchen des Cisterzienserklosters daselbst, denen 1366 Kaiser Karl IV. das aus- schliessliche Recht "Eisenerz zu graben und Eisenwerk zu machen" in ihrem und dem Nachbargebiet verliehen hatte, erbaut worden. 1448 war Königsbronn mit der Herrschaft Heidenheim an Württemberg gefallen.
Wasseralfingen1) war eine Gründung der Pröpste von Ell- wangen. Nachdem im 30jährigen Kriege die zur Herrschaft Ellwangen
1) Siehe Julius Schall, Geschichte des Königl. Württemb. Hüttenwerkes Wasseralfingen. Diese neu erschienene, vortreffliche Monographie gelangte erst während der Drucklegung dieses Bogens, durch die Güte des Herrn Bergrat Wepfer, in die Hände des Verfassers.
Bayern, Württemberg, Baden.
1773 wurde zu Frankenthal in der Rheinpfalz von einem Adam Schoofs eine Steck- und Haarnadelfabrik gegründet. Die Nähnadel- fabrikation blühte auſser in Aachen und Karlsbad besonders in Bayern. Der deutschen Handelszeitung vom 21. Mai 1787 entnehmen wir fol- genden „Beitrag zur Kenntnis deutscher Nähnadelfabriken“: Die ältesten und beträchtlichsten sind die zu Karlsbad, Schwabach, Nürn- berg, Klein Amberg (Abmberg) im Eichstädtischen, Weiſsenberg zur freien Stadt Linda gehörig, zu Pappenheim und Gierwangen in Schwa- ben. Diese Nähnadelfabriken beziehen ihren Draht meist aus dem Gothaischen und besonders machen die Schmalkalder zu Steinbach eine Sorte, welche unter den Nummern 23-, 24-, 25-Nadeldraht bekannt ist und wovon der Centner 18½ Thaler kostet. Eine Nadel geht durch 75 Hände. Der Draht wird zuerst in die Länge von zwei Nadeln geschnitten und an beiden Enden auf einem Schleifsteine gespitzt, dann zerschnitten, gelocht und gescheuert, und zwar geschieht dies mit feinem, klarem Sande und Butter, wovon 8 Pfund auf 90000 Nadeln gehen. Die Nadeln werden alsdann in viereckige Töpfe mit Hornspänen eingelegt, mit Lehm verwahrt in einem Ofen erhitzt. Wenn sie in der gehörigen Glut sind, werden die Töpfe her- ausgenommen und der Inhalt in kaltes Wasser geschüttet und so die Nadeln gehärtet.
Württemberg genoſs durch den Betrieb und die Zustellung sei- ner Hochöfen in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts einen weit verbreiteten Ruf. Die braunschweigischen Fürsten lieſsen Hochofen- meister aus Württemberg kommen, um die sogenannten Schwaben- gestelle am Harz einzuführen und die Hochöfen nach schwäbischer Art zuzustellen. Die Eisenwerke zu Königsbronn und Wasseralfingen werden öfter erwähnt. Beide waren Gründungen geistlicher Stifte.
Königsbronn, das ältere von beiden, war von den Mönchen des Cisterzienserklosters daselbst, denen 1366 Kaiser Karl IV. das aus- schlieſsliche Recht „Eisenerz zu graben und Eisenwerk zu machen“ in ihrem und dem Nachbargebiet verliehen hatte, erbaut worden. 1448 war Königsbronn mit der Herrschaft Heidenheim an Württemberg gefallen.
Wasseralfingen1) war eine Gründung der Pröpste von Ell- wangen. Nachdem im 30jährigen Kriege die zur Herrschaft Ellwangen
1) Siehe Julius Schall, Geschichte des Königl. Württemb. Hüttenwerkes Wasseralfingen. Diese neu erschienene, vortreffliche Monographie gelangte erst während der Drucklegung dieses Bogens, durch die Güte des Herrn Bergrat Wepfer, in die Hände des Verfassers.
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Bayern, Württemberg, Baden.
1773 wurde zu Frankenthal in der Rheinpfalz von einem Adam
Schoofs eine Steck- und Haarnadelfabrik gegründet. Die Nähnadel-
fabrikation blühte auſser in Aachen und Karlsbad besonders in Bayern.
Der deutschen Handelszeitung vom 21. Mai 1787 entnehmen wir fol-
genden „Beitrag zur Kenntnis deutscher Nähnadelfabriken“: Die
ältesten und beträchtlichsten sind die zu Karlsbad, Schwabach, Nürn-
berg, Klein Amberg (Abmberg) im Eichstädtischen, Weiſsenberg zur
freien Stadt Linda gehörig, zu Pappenheim und Gierwangen in Schwa-
ben. Diese Nähnadelfabriken beziehen ihren Draht meist aus dem
Gothaischen und besonders machen die Schmalkalder zu Steinbach
eine Sorte, welche unter den Nummern 23-, 24-, 25-Nadeldraht
bekannt ist und wovon der Centner 18½ Thaler kostet. Eine Nadel
geht durch 75 Hände. Der Draht wird zuerst in die Länge von zwei
Nadeln geschnitten und an beiden Enden auf einem Schleifsteine
gespitzt, dann zerschnitten, gelocht und gescheuert, und zwar geschieht
dies mit feinem, klarem Sande und Butter, wovon 8 Pfund auf
90000 Nadeln gehen. Die Nadeln werden alsdann in viereckige
Töpfe mit Hornspänen eingelegt, mit Lehm verwahrt in einem Ofen
erhitzt. Wenn sie in der gehörigen Glut sind, werden die Töpfe her-
ausgenommen und der Inhalt in kaltes Wasser geschüttet und so die
Nadeln gehärtet.
Württemberg genoſs durch den Betrieb und die Zustellung sei-
ner Hochöfen in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts einen weit
verbreiteten Ruf. Die braunschweigischen Fürsten lieſsen Hochofen-
meister aus Württemberg kommen, um die sogenannten Schwaben-
gestelle am Harz einzuführen und die Hochöfen nach schwäbischer
Art zuzustellen. Die Eisenwerke zu Königsbronn und Wasseralfingen
werden öfter erwähnt. Beide waren Gründungen geistlicher Stifte.
Königsbronn, das ältere von beiden, war von den Mönchen des
Cisterzienserklosters daselbst, denen 1366 Kaiser Karl IV. das aus-
schlieſsliche Recht „Eisenerz zu graben und Eisenwerk zu machen“ in
ihrem und dem Nachbargebiet verliehen hatte, erbaut worden. 1448
war Königsbronn mit der Herrschaft Heidenheim an Württemberg
gefallen.
Wasseralfingen 1) war eine Gründung der Pröpste von Ell-
wangen. Nachdem im 30jährigen Kriege die zur Herrschaft Ellwangen
1) Siehe Julius Schall, Geschichte des Königl. Württemb. Hüttenwerkes
Wasseralfingen. Diese neu erschienene, vortreffliche Monographie gelangte erst
während der Drucklegung dieses Bogens, durch die Güte des Herrn Bergrat
Wepfer, in die Hände des Verfassers.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 829. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/843>, abgerufen am 22.11.2024.
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