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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

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Verwendung des Gusseisens -- Brücken.
werden? Dieses solltest Du von den Geschützgiessern erforschen.
Wenn sie es Dir nicht zu sagen wissen, so komme wieder zu mir.
Auf dieselbe Weise kann man auch mit viel geringeren Kosten die
Dächer und Decken der grossen Gebäude und Kirchen machen." Ob-
gleich Verantius an die Ausführung einer metallenen Bogenbrücke
noch nicht denkt, hält er selbst die kostspielige Ausführung in Bronze-
guss für billiger und vorteilhafter als Steinbau! Ob eins der beiden
Projekte des Verantius zur Ausführung gekommen ist, darüber
fehlen alle Nachrichten. Es lässt sich deshalb vermuten, dass es
nicht geschah.

Fast hundert Jahre später, 1719, entwarf Garin den Plan,
eine eiserne Brücke bei Lyon zu bauen und Desaguiliers brachte
eine ebensolche Brücke über die Themse in Vorschlag. 1755 wollten
Goiffon und de Montpetit eine eiserne Brücke über die Rhone
bauen, ihr Versuch schlug aber fehl. 1777 und 1778 erschienen zwei
neue Projekte von Calippe und de Montpetit, welche de Morveau
von der Akademie von Dijon begutachtete. Diese Projekte kamen
sämtlich nicht zur Ausführung. Alle diese Brücken sollten aus
Schmiedeeisen, dessen Zugfestigkeit dabei in Anspruch genommen
werden sollte, erbaut werden. Es waren Hängebrücken. Inzwischen
war bereits im Jahre 1741 in England wirklich ein eiserner Steg
über den Teesfluss bei Winch in der Grafschaft Durham erbaut
worden 1). Derselbe hing an einer eisernen Kette, die von Fels zu
Fels über einer Spalte von 60 Fuss Tiefe aufgehängt war. Sie diente
zum Übergang von Fusswanderern und Bergleuten. Sie war 70 Fuss
lang, 2 Fuss breit, mit einem Geländer auf einer Seite. Der Reisende
spürte jede Bewegung der Kette; in der That war der Übergang
über die Brücke ein so beängstigender, dass nur wenige Fremde ihn
wagten. Dies war ein schmiedeeiserner Steg.

Ganz anders verhielt es sich mit der Brücke Darbys aus Gusseisen.
Auf beiden Seiten des Severn war die Bevölkerung in der Umgebung
immer mehr angewachsen. Coalbrookdale, Madeley und Broseley waren
grosse Fabrikorte geworden und doch hatten sie keine Verbindung über
den Fluss, als durch die alte, langsame Fähre 2). Das Bedürfnis einer
Brücke hatte sich längst fühlbar gemacht und schon Abraham Darby
der Zweite trug sich mit der Absicht eines solchen Baues. Sein früher
Tod verhinderte die Ausführung. 1776 wurde der junge Darby Herr

1) Hutchinsons antiquities of Durham.
2) Smiles, Industrial biography, p. 90.

Verwendung des Guſseisens — Brücken.
werden? Dieses solltest Du von den Geschützgieſsern erforschen.
Wenn sie es Dir nicht zu sagen wissen, so komme wieder zu mir.
Auf dieselbe Weise kann man auch mit viel geringeren Kosten die
Dächer und Decken der groſsen Gebäude und Kirchen machen.“ Ob-
gleich Verantius an die Ausführung einer metallenen Bogenbrücke
noch nicht denkt, hält er selbst die kostspielige Ausführung in Bronze-
guſs für billiger und vorteilhafter als Steinbau! Ob eins der beiden
Projekte des Verantius zur Ausführung gekommen ist, darüber
fehlen alle Nachrichten. Es läſst sich deshalb vermuten, daſs es
nicht geschah.

Fast hundert Jahre später, 1719, entwarf Garin den Plan,
eine eiserne Brücke bei Lyon zu bauen und Desaguiliers brachte
eine ebensolche Brücke über die Themse in Vorschlag. 1755 wollten
Goiffon und de Montpetit eine eiserne Brücke über die Rhone
bauen, ihr Versuch schlug aber fehl. 1777 und 1778 erschienen zwei
neue Projekte von Calippe und de Montpetit, welche de Morveau
von der Akademie von Dijon begutachtete. Diese Projekte kamen
sämtlich nicht zur Ausführung. Alle diese Brücken sollten aus
Schmiedeeisen, dessen Zugfestigkeit dabei in Anspruch genommen
werden sollte, erbaut werden. Es waren Hängebrücken. Inzwischen
war bereits im Jahre 1741 in England wirklich ein eiserner Steg
über den Teesfluſs bei Winch in der Grafschaft Durham erbaut
worden 1). Derselbe hing an einer eisernen Kette, die von Fels zu
Fels über einer Spalte von 60 Fuſs Tiefe aufgehängt war. Sie diente
zum Übergang von Fuſswanderern und Bergleuten. Sie war 70 Fuſs
lang, 2 Fuſs breit, mit einem Geländer auf einer Seite. Der Reisende
spürte jede Bewegung der Kette; in der That war der Übergang
über die Brücke ein so beängstigender, daſs nur wenige Fremde ihn
wagten. Dies war ein schmiedeeiserner Steg.

Ganz anders verhielt es sich mit der Brücke Darbys aus Guſseisen.
Auf beiden Seiten des Severn war die Bevölkerung in der Umgebung
immer mehr angewachsen. Coalbrookdale, Madeley und Broseley waren
groſse Fabrikorte geworden und doch hatten sie keine Verbindung über
den Fluſs, als durch die alte, langsame Fähre 2). Das Bedürfnis einer
Brücke hatte sich längst fühlbar gemacht und schon Abraham Darby
der Zweite trug sich mit der Absicht eines solchen Baues. Sein früher
Tod verhinderte die Ausführung. 1776 wurde der junge Darby Herr

1) Hutchinsons antiquities of Durham.
2) Smiles, Industrial biography, p. 90.
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[759/0773] Verwendung des Guſseisens — Brücken. werden? Dieses solltest Du von den Geschützgieſsern erforschen. Wenn sie es Dir nicht zu sagen wissen, so komme wieder zu mir. Auf dieselbe Weise kann man auch mit viel geringeren Kosten die Dächer und Decken der groſsen Gebäude und Kirchen machen.“ Ob- gleich Verantius an die Ausführung einer metallenen Bogenbrücke noch nicht denkt, hält er selbst die kostspielige Ausführung in Bronze- guſs für billiger und vorteilhafter als Steinbau! Ob eins der beiden Projekte des Verantius zur Ausführung gekommen ist, darüber fehlen alle Nachrichten. Es läſst sich deshalb vermuten, daſs es nicht geschah. Fast hundert Jahre später, 1719, entwarf Garin den Plan, eine eiserne Brücke bei Lyon zu bauen und Desaguiliers brachte eine ebensolche Brücke über die Themse in Vorschlag. 1755 wollten Goiffon und de Montpetit eine eiserne Brücke über die Rhone bauen, ihr Versuch schlug aber fehl. 1777 und 1778 erschienen zwei neue Projekte von Calippe und de Montpetit, welche de Morveau von der Akademie von Dijon begutachtete. Diese Projekte kamen sämtlich nicht zur Ausführung. Alle diese Brücken sollten aus Schmiedeeisen, dessen Zugfestigkeit dabei in Anspruch genommen werden sollte, erbaut werden. Es waren Hängebrücken. Inzwischen war bereits im Jahre 1741 in England wirklich ein eiserner Steg über den Teesfluſs bei Winch in der Grafschaft Durham erbaut worden 1). Derselbe hing an einer eisernen Kette, die von Fels zu Fels über einer Spalte von 60 Fuſs Tiefe aufgehängt war. Sie diente zum Übergang von Fuſswanderern und Bergleuten. Sie war 70 Fuſs lang, 2 Fuſs breit, mit einem Geländer auf einer Seite. Der Reisende spürte jede Bewegung der Kette; in der That war der Übergang über die Brücke ein so beängstigender, daſs nur wenige Fremde ihn wagten. Dies war ein schmiedeeiserner Steg. Ganz anders verhielt es sich mit der Brücke Darbys aus Guſseisen. Auf beiden Seiten des Severn war die Bevölkerung in der Umgebung immer mehr angewachsen. Coalbrookdale, Madeley und Broseley waren groſse Fabrikorte geworden und doch hatten sie keine Verbindung über den Fluſs, als durch die alte, langsame Fähre 2). Das Bedürfnis einer Brücke hatte sich längst fühlbar gemacht und schon Abraham Darby der Zweite trug sich mit der Absicht eines solchen Baues. Sein früher Tod verhinderte die Ausführung. 1776 wurde der junge Darby Herr 1) Hutchinsons antiquities of Durham. 2) Smiles, Industrial biography, p. 90.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 759. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/773>, abgerufen am 22.11.2024.