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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

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Hochöfen Ende des 18. Jahrhunderts.
über den Stand derselben aufklären. Wir lassen die wichtigsten
derselben hier folgen.

"1. Die deutschen Hochöfen sind noch viel zu niedrig und sollten
34 bis 36 Fuss (10 bis 11 m) hoch sein. Diese Höhe haben jetzt die
mit Holzkohlen in England und Schottland betriebenen Hochöfen,
deren gewiss über 20 sind.
2. Die Rast ist oberhalb viel zu flach und müsste weit abschüssiger
gebildet sein, damit der Satz oder die Gichten in den abschüssigen
Trichter beständig und gleichförmiger fortrücken, auch nirgends einen
Aufenthalt finden können.
3. Das Gestell müsste aus gleicher Ursache oberhalb verhältnis-
mässig noch um etwas weniges weiter und mehr trichterförmig sein.
Dieses wird jetzt auch in Schweden mit viel Vorteil befolgt.
4. Der Schacht kann bleiben, dagegen muss das Gestell im Ver-
hältnis weiter gemacht werden, als dies in Deutschland üblich ist.
Nicht nur in Schweden, sondern besonders in England befolgt man
dieses auf allen gut eingerichteten Hütten.
5. Das Gebläse ist viel zu schwach und müsste sowohl bei der
vorhin bemerkten Erweiterung des Gestelles, als auch ausserdem schon
um ein Beträchtliches verstärkt werden. Wo hinreichende und
beträchtliche Wasserfälle sind, verschaffen die englischen Cylinder-
gebläse hierin einen ganz ausserordentlichen Vorteil.
6. Aus diesen und noch mehreren Gründen wäre ein Hochofen
am besten mit zwei oder mit vier Formen, wobei dann das Gestell
eine ovale Gestalt erhielte, zu versehen. Hierfür müsste man einen
Windregulator und Windleitungen anlegen."

Die übrigen Vorschläge des Verfassers sind teils ökonomischer
Natur, teils sind sie selbstverständlich, nur ist noch das eine zu
bemerken, dass er das hergebrachte Aufgeben nach Mass in Körben,
Kistchen, Trögen u. s. w. auf das Entschiedenste verwirft und verlangt,
dass die Beschickung und das Brennmaterial gewogen wird. Er ver-
wirft ferner das häufige Abstechen, alle sechs bis acht Stunden, und
will in 24 Stunden nur zweimal abgestochen haben.

Die Folge aller der vielen Mängel sei, dass man in Deutschland
gewöhnlich nur 160 bis 200 Centner in der Woche produziere,
während doch 400 bis 500 Centner fallen müssten. Letzteres erfolge
jetzt regelmässig in England, und zwar nicht etwa bei Kokshochöfen,
die wöchentlich 700 Centner erzeugten, sondern bei Holzkohlen-
hochöfen.

Diese Vorschläge bildeten das Programm, nach welchem sich die

Hochöfen Ende des 18. Jahrhunderts.
über den Stand derselben aufklären. Wir lassen die wichtigsten
derselben hier folgen.

„1. Die deutschen Hochöfen sind noch viel zu niedrig und sollten
34 bis 36 Fuſs (10 bis 11 m) hoch sein. Diese Höhe haben jetzt die
mit Holzkohlen in England und Schottland betriebenen Hochöfen,
deren gewiſs über 20 sind.
2. Die Rast ist oberhalb viel zu flach und müſste weit abschüssiger
gebildet sein, damit der Satz oder die Gichten in den abschüssigen
Trichter beständig und gleichförmiger fortrücken, auch nirgends einen
Aufenthalt finden können.
3. Das Gestell müſste aus gleicher Ursache oberhalb verhältnis-
mäſsig noch um etwas weniges weiter und mehr trichterförmig sein.
Dieses wird jetzt auch in Schweden mit viel Vorteil befolgt.
4. Der Schacht kann bleiben, dagegen muſs das Gestell im Ver-
hältnis weiter gemacht werden, als dies in Deutschland üblich ist.
Nicht nur in Schweden, sondern besonders in England befolgt man
dieses auf allen gut eingerichteten Hütten.
5. Das Gebläse ist viel zu schwach und müſste sowohl bei der
vorhin bemerkten Erweiterung des Gestelles, als auch auſserdem schon
um ein Beträchtliches verstärkt werden. Wo hinreichende und
beträchtliche Wasserfälle sind, verschaffen die englischen Cylinder-
gebläse hierin einen ganz auſserordentlichen Vorteil.
6. Aus diesen und noch mehreren Gründen wäre ein Hochofen
am besten mit zwei oder mit vier Formen, wobei dann das Gestell
eine ovale Gestalt erhielte, zu versehen. Hierfür müſste man einen
Windregulator und Windleitungen anlegen.“

Die übrigen Vorschläge des Verfassers sind teils ökonomischer
Natur, teils sind sie selbstverständlich, nur ist noch das eine zu
bemerken, daſs er das hergebrachte Aufgeben nach Maſs in Körben,
Kistchen, Trögen u. s. w. auf das Entschiedenste verwirft und verlangt,
daſs die Beschickung und das Brennmaterial gewogen wird. Er ver-
wirft ferner das häufige Abstechen, alle sechs bis acht Stunden, und
will in 24 Stunden nur zweimal abgestochen haben.

Die Folge aller der vielen Mängel sei, daſs man in Deutschland
gewöhnlich nur 160 bis 200 Centner in der Woche produziere,
während doch 400 bis 500 Centner fallen müſsten. Letzteres erfolge
jetzt regelmäſsig in England, und zwar nicht etwa bei Kokshochöfen,
die wöchentlich 700 Centner erzeugten, sondern bei Holzkohlen-
hochöfen.

Diese Vorschläge bildeten das Programm, nach welchem sich die

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[740/0754] Hochöfen Ende des 18. Jahrhunderts. über den Stand derselben aufklären. Wir lassen die wichtigsten derselben hier folgen. „1. Die deutschen Hochöfen sind noch viel zu niedrig und sollten 34 bis 36 Fuſs (10 bis 11 m) hoch sein. Diese Höhe haben jetzt die mit Holzkohlen in England und Schottland betriebenen Hochöfen, deren gewiſs über 20 sind. 2. Die Rast ist oberhalb viel zu flach und müſste weit abschüssiger gebildet sein, damit der Satz oder die Gichten in den abschüssigen Trichter beständig und gleichförmiger fortrücken, auch nirgends einen Aufenthalt finden können. 3. Das Gestell müſste aus gleicher Ursache oberhalb verhältnis- mäſsig noch um etwas weniges weiter und mehr trichterförmig sein. Dieses wird jetzt auch in Schweden mit viel Vorteil befolgt. 4. Der Schacht kann bleiben, dagegen muſs das Gestell im Ver- hältnis weiter gemacht werden, als dies in Deutschland üblich ist. Nicht nur in Schweden, sondern besonders in England befolgt man dieses auf allen gut eingerichteten Hütten. 5. Das Gebläse ist viel zu schwach und müſste sowohl bei der vorhin bemerkten Erweiterung des Gestelles, als auch auſserdem schon um ein Beträchtliches verstärkt werden. Wo hinreichende und beträchtliche Wasserfälle sind, verschaffen die englischen Cylinder- gebläse hierin einen ganz auſserordentlichen Vorteil. 6. Aus diesen und noch mehreren Gründen wäre ein Hochofen am besten mit zwei oder mit vier Formen, wobei dann das Gestell eine ovale Gestalt erhielte, zu versehen. Hierfür müſste man einen Windregulator und Windleitungen anlegen.“ Die übrigen Vorschläge des Verfassers sind teils ökonomischer Natur, teils sind sie selbstverständlich, nur ist noch das eine zu bemerken, daſs er das hergebrachte Aufgeben nach Maſs in Körben, Kistchen, Trögen u. s. w. auf das Entschiedenste verwirft und verlangt, daſs die Beschickung und das Brennmaterial gewogen wird. Er ver- wirft ferner das häufige Abstechen, alle sechs bis acht Stunden, und will in 24 Stunden nur zweimal abgestochen haben. Die Folge aller der vielen Mängel sei, daſs man in Deutschland gewöhnlich nur 160 bis 200 Centner in der Woche produziere, während doch 400 bis 500 Centner fallen müſsten. Letzteres erfolge jetzt regelmäſsig in England, und zwar nicht etwa bei Kokshochöfen, die wöchentlich 700 Centner erzeugten, sondern bei Holzkohlen- hochöfen. Diese Vorschläge bildeten das Programm, nach welchem sich die

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 740. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/754>, abgerufen am 29.06.2024.