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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

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Puddelprozess.

Nach dieser Beschreibung müsste man vermuten, dass das Frischen
im Herd in Berührung mit Steinkohle geschehen sollte, obgleich der
Ausdruck a hearth heated with pit coal vieldeutig ist. Wie dem auch
sei, Roebucks Verfahren hat eine nennenswerte Bedeutung nicht
erlangt, wenn auch Smiles behauptet, es sei einige Zeit mit Erfolg zu
Carron betrieben worden 1).

Viel wichtiger war ein Patent (Engl. Pat. Nr. 851), welches
Thomas und George Cranage am 17. Juni 1766 nahmen, indem
darin zum erstenmal der richtige Weg des Frischverfahrens mit Stein-
kohlen gezeigt wurde. Die beiden Cranage (oder Cranege) waren
Meister zu Coalbrookdale unter Richard Reynolds, dem Schwieger-
sohn von Abraham Darby dem Jüngeren. Reynolds veranlasste
die Cranages, das Patent zu nehmen und war ihnen dabei behülflich.
In einem Brief an Thomas Goldney vom 25. April 1766 schreibt er 2):
".... Jetzt komme ich zu einer Sache von sehr grosser Bedeutung.
Es ist einige Zeit her, dass Thomas Cranage, der auf dem Bridgenorth-
hammer arbeitet, und sein Bruder George vom Thal mich ansprachen
wegen einem Verfahren, das ihnen bekannt sei, Stabeisen ohne Ver-
wendung von Holzkohlen zu machen. Ich sagte ihnen, dass nach
meiner Kenntnis, wie nach der aller anderer, die sich damit beschäftigt
hatten, ich dies für unmöglich hielte, weil die vegetabilischen Salze
in den Holzkohlen, welche alkalisch seien, als ein Absorptionsmittel
des Schwefels im Eisen, welcher den Rotbruch des Eisens erzeugt,
wirkten, während Steinkohle, welche eine Menge Schwefel enthält,
diesen vermehren würde. Diese begründete Antwort, welche wohl
den meisten endgültig erschienen wäre, wie mir selbst, war es nicht
für sie. Sie antworteten, dass nach ihren Beobachtungen und wieder-
holten Beratungen sie beide der festen Meinung wären, dass die
Umwandlung von Roheisen in Schmiedeeisen nur durch Hitze bewirkt
werde und dass sie mir dies, wenn ich es erlaubte, gelegentlich durch
einen Versuch beweisen wollten. Ich stimmte zu, aber ich gestehe,
ohne grosse Erwartung ihres Erfolges; die Sache blieb einige Wochen
ruhen, bis es sich traf, dass mehrere Reparaturen in Bridgenorth nötig
wurden. Thomas kam ins Thal und machte mit seinem Bruder
einen Versuch in Thomas Tillys Flammofen mit solchem Erfolg,
dass ich es für gerechtfertigt hielt, einen kleinen Flammofen bei dem
Hammer zu erbauen, um den Wert der Erfindung näher zu prüfen.

1) Smiles, Industrial biographies, p. 136.
2) Smiles, a. a. O., p. 87.
Puddelprozeſs.

Nach dieser Beschreibung müſste man vermuten, daſs das Frischen
im Herd in Berührung mit Steinkohle geschehen sollte, obgleich der
Ausdruck a hearth heated with pit coal vieldeutig ist. Wie dem auch
sei, Roebucks Verfahren hat eine nennenswerte Bedeutung nicht
erlangt, wenn auch Smiles behauptet, es sei einige Zeit mit Erfolg zu
Carron betrieben worden 1).

Viel wichtiger war ein Patent (Engl. Pat. Nr. 851), welches
Thomas und George Cranage am 17. Juni 1766 nahmen, indem
darin zum erstenmal der richtige Weg des Frischverfahrens mit Stein-
kohlen gezeigt wurde. Die beiden Cranage (oder Cranege) waren
Meister zu Coalbrookdale unter Richard Reynolds, dem Schwieger-
sohn von Abraham Darby dem Jüngeren. Reynolds veranlaſste
die Cranages, das Patent zu nehmen und war ihnen dabei behülflich.
In einem Brief an Thomas Goldney vom 25. April 1766 schreibt er 2):
„.... Jetzt komme ich zu einer Sache von sehr groſser Bedeutung.
Es ist einige Zeit her, daſs Thomas Cranage, der auf dem Bridgenorth-
hammer arbeitet, und sein Bruder George vom Thal mich ansprachen
wegen einem Verfahren, das ihnen bekannt sei, Stabeisen ohne Ver-
wendung von Holzkohlen zu machen. Ich sagte ihnen, daſs nach
meiner Kenntnis, wie nach der aller anderer, die sich damit beschäftigt
hatten, ich dies für unmöglich hielte, weil die vegetabilischen Salze
in den Holzkohlen, welche alkalisch seien, als ein Absorptionsmittel
des Schwefels im Eisen, welcher den Rotbruch des Eisens erzeugt,
wirkten, während Steinkohle, welche eine Menge Schwefel enthält,
diesen vermehren würde. Diese begründete Antwort, welche wohl
den meisten endgültig erschienen wäre, wie mir selbst, war es nicht
für sie. Sie antworteten, daſs nach ihren Beobachtungen und wieder-
holten Beratungen sie beide der festen Meinung wären, daſs die
Umwandlung von Roheisen in Schmiedeeisen nur durch Hitze bewirkt
werde und daſs sie mir dies, wenn ich es erlaubte, gelegentlich durch
einen Versuch beweisen wollten. Ich stimmte zu, aber ich gestehe,
ohne groſse Erwartung ihres Erfolges; die Sache blieb einige Wochen
ruhen, bis es sich traf, daſs mehrere Reparaturen in Bridgenorth nötig
wurden. Thomas kam ins Thal und machte mit seinem Bruder
einen Versuch in Thomas Tillys Flammofen mit solchem Erfolg,
daſs ich es für gerechtfertigt hielt, einen kleinen Flammofen bei dem
Hammer zu erbauen, um den Wert der Erfindung näher zu prüfen.

1) Smiles, Industrial biographies, p. 136.
2) Smiles, a. a. O., p. 87.
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[684/0698] Puddelprozeſs. Nach dieser Beschreibung müſste man vermuten, daſs das Frischen im Herd in Berührung mit Steinkohle geschehen sollte, obgleich der Ausdruck a hearth heated with pit coal vieldeutig ist. Wie dem auch sei, Roebucks Verfahren hat eine nennenswerte Bedeutung nicht erlangt, wenn auch Smiles behauptet, es sei einige Zeit mit Erfolg zu Carron betrieben worden 1). Viel wichtiger war ein Patent (Engl. Pat. Nr. 851), welches Thomas und George Cranage am 17. Juni 1766 nahmen, indem darin zum erstenmal der richtige Weg des Frischverfahrens mit Stein- kohlen gezeigt wurde. Die beiden Cranage (oder Cranege) waren Meister zu Coalbrookdale unter Richard Reynolds, dem Schwieger- sohn von Abraham Darby dem Jüngeren. Reynolds veranlaſste die Cranages, das Patent zu nehmen und war ihnen dabei behülflich. In einem Brief an Thomas Goldney vom 25. April 1766 schreibt er 2): „.... Jetzt komme ich zu einer Sache von sehr groſser Bedeutung. Es ist einige Zeit her, daſs Thomas Cranage, der auf dem Bridgenorth- hammer arbeitet, und sein Bruder George vom Thal mich ansprachen wegen einem Verfahren, das ihnen bekannt sei, Stabeisen ohne Ver- wendung von Holzkohlen zu machen. Ich sagte ihnen, daſs nach meiner Kenntnis, wie nach der aller anderer, die sich damit beschäftigt hatten, ich dies für unmöglich hielte, weil die vegetabilischen Salze in den Holzkohlen, welche alkalisch seien, als ein Absorptionsmittel des Schwefels im Eisen, welcher den Rotbruch des Eisens erzeugt, wirkten, während Steinkohle, welche eine Menge Schwefel enthält, diesen vermehren würde. Diese begründete Antwort, welche wohl den meisten endgültig erschienen wäre, wie mir selbst, war es nicht für sie. Sie antworteten, daſs nach ihren Beobachtungen und wieder- holten Beratungen sie beide der festen Meinung wären, daſs die Umwandlung von Roheisen in Schmiedeeisen nur durch Hitze bewirkt werde und daſs sie mir dies, wenn ich es erlaubte, gelegentlich durch einen Versuch beweisen wollten. Ich stimmte zu, aber ich gestehe, ohne groſse Erwartung ihres Erfolges; die Sache blieb einige Wochen ruhen, bis es sich traf, daſs mehrere Reparaturen in Bridgenorth nötig wurden. Thomas kam ins Thal und machte mit seinem Bruder einen Versuch in Thomas Tillys Flammofen mit solchem Erfolg, daſs ich es für gerechtfertigt hielt, einen kleinen Flammofen bei dem Hammer zu erbauen, um den Wert der Erfindung näher zu prüfen. 1) Smiles, Industrial biographies, p. 136. 2) Smiles, a. a. O., p. 87.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 684. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/698>, abgerufen am 25.11.2024.