Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

Bild:
<< vorherige Seite

Frischfeuer 1775 bis 1800.
nace) bei geschlossenen Thüren der Hitze aussetzte. Die geschweissten
Klumpen wurden mit Handhämmern zusammengeschlagen und dann
unter einem kleinen Wasserhammer zu Stäbchen ausgereckt, die
grösstenteils zu Sheffield zum Schmieden von Messerklingen ange-
wendet wurden.

Der Vollständigkeit wegen wollen wir hier noch einige ältere
Vorschläge und Versuche, Roheisen mit Mineralkohlen zu frischen, auf-
führen.

1724 erhielt Roger Wodehouse ein Patent, Roh- und Gusseisen
mit Hülfe roher Steinkohle schmiedbar zu machen.

1727 nahm Fallowfield ein Patent, Eisen mit Torfkohlen aus
feinen Erzen zu schmelzen und in Schmiedeeisen zu verwandeln.

1728 bekam John Payne ein Patent, welches wir schon wiederholt
angeführt haben, weil in demselben auch die Anwendung kannelierter
Walzen zum erstenmal patentiert wurde. Der erste Teil desselben
bezieht sich auf die Herstellung von Schmiedeeisen durch gewisse
Zusätze und lautet: Roheisen schmiedbar zu machen, um es unter
dem Hammer zu strecken u. s. w. "Asche von Holz oder anderen
Vegetabilien, alle Arten von Glas und Sand, gewöhnliches Salz und
Steinsalz, Kali, Pottasche, Eisenschlacken von Schmelzöfen und
Frischfeuern werden in entsprechenden Mengen mit Roheisen oder
sonstigem spröden Eisen in einem Frisch- oder Schmiedeherd zusammen-
geschmolzen, wodurch dieselbe Umwandlung bewirkt wird, wie durch
Holzkohle, so dass es schmiedbar wird und in Stäbe oder andere
Formen geschmiedet werden kann."

Dieses Patent verdient deshalb Beachtung, weil darin die Idee
des Martinverfahrens zum erstenmal entfernt angedeutet ist. Das
englische Tiegelfrischen, wofür Francis Wood 1761 ein Patent erhielt
und welches wir oben beschrieben haben, ist damit verwandt.

1771 erhielt James Goodyer ein Patent, Stahl aus Roheisen
zu machen. Das beschriebene Verfahren entspricht dem deutschen
Stahlfrischverfahren und muss man daraus schliessen, dass das Stahl-
frischen in England nicht bekannt war.

"Man setze Roh- oder Gusseisen in ein Frischfeuer, gerade wie
wenn man Stabeisen machen wollte; aber das angewandte Gebläse
muss schwächer sein. Sobald einiges von dem Eisen im Herd nieder-
gegangen ist, muss man vom Boden aus es durcharbeiten, wie beim
Eisenmachen; mit dem Einschmelzen fährt man dabei aber anfangs
fort. Wenn es genug ist, um eine Luppe zu machen, lässt man das
ganze auf den Boden niedergehen, bringt die Luppe sofort zu dem

Frischfeuer 1775 bis 1800.
nace) bei geschlossenen Thüren der Hitze aussetzte. Die geschweiſsten
Klumpen wurden mit Handhämmern zusammengeschlagen und dann
unter einem kleinen Wasserhammer zu Stäbchen ausgereckt, die
gröſstenteils zu Sheffield zum Schmieden von Messerklingen ange-
wendet wurden.

Der Vollständigkeit wegen wollen wir hier noch einige ältere
Vorschläge und Versuche, Roheisen mit Mineralkohlen zu frischen, auf-
führen.

1724 erhielt Roger Wodehouse ein Patent, Roh- und Guſseisen
mit Hülfe roher Steinkohle schmiedbar zu machen.

1727 nahm Fallowfield ein Patent, Eisen mit Torfkohlen aus
feinen Erzen zu schmelzen und in Schmiedeeisen zu verwandeln.

1728 bekam John Payne ein Patent, welches wir schon wiederholt
angeführt haben, weil in demselben auch die Anwendung kannelierter
Walzen zum erstenmal patentiert wurde. Der erste Teil desſelben
bezieht sich auf die Herstellung von Schmiedeeisen durch gewisse
Zusätze und lautet: Roheisen schmiedbar zu machen, um es unter
dem Hammer zu strecken u. s. w. „Asche von Holz oder anderen
Vegetabilien, alle Arten von Glas und Sand, gewöhnliches Salz und
Steinsalz, Kali, Pottasche, Eisenschlacken von Schmelzöfen und
Frischfeuern werden in entsprechenden Mengen mit Roheisen oder
sonstigem spröden Eisen in einem Frisch- oder Schmiedeherd zusammen-
geschmolzen, wodurch dieselbe Umwandlung bewirkt wird, wie durch
Holzkohle, so daſs es schmiedbar wird und in Stäbe oder andere
Formen geschmiedet werden kann.“

Dieses Patent verdient deshalb Beachtung, weil darin die Idee
des Martinverfahrens zum erstenmal entfernt angedeutet ist. Das
englische Tiegelfrischen, wofür Francis Wood 1761 ein Patent erhielt
und welches wir oben beschrieben haben, ist damit verwandt.

1771 erhielt James Goodyer ein Patent, Stahl aus Roheisen
zu machen. Das beschriebene Verfahren entspricht dem deutschen
Stahlfrischverfahren und muſs man daraus schlieſsen, daſs das Stahl-
frischen in England nicht bekannt war.

„Man setze Roh- oder Guſseisen in ein Frischfeuer, gerade wie
wenn man Stabeisen machen wollte; aber das angewandte Gebläse
muſs schwächer sein. Sobald einiges von dem Eisen im Herd nieder-
gegangen ist, muſs man vom Boden aus es durcharbeiten, wie beim
Eisenmachen; mit dem Einschmelzen fährt man dabei aber anfangs
fort. Wenn es genug ist, um eine Luppe zu machen, läſst man das
ganze auf den Boden niedergehen, bringt die Luppe sofort zu dem

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0685" n="671"/><fw place="top" type="header">Frischfeuer 1775 bis 1800.</fw><lb/>
nace) bei geschlossenen Thüren der Hitze aussetzte. Die geschwei&#x017F;sten<lb/>
Klumpen wurden mit Handhämmern zusammengeschlagen und dann<lb/>
unter einem kleinen Wasserhammer zu Stäbchen ausgereckt, die<lb/>
grö&#x017F;stenteils zu Sheffield zum Schmieden von Messerklingen ange-<lb/>
wendet wurden.</p><lb/>
                <p>Der Vollständigkeit wegen wollen wir hier noch einige ältere<lb/>
Vorschläge und Versuche, Roheisen mit Mineralkohlen zu frischen, auf-<lb/>
führen.</p><lb/>
                <p>1724 erhielt <hi rendition="#g">Roger Wodehouse</hi> ein Patent, Roh- und Gu&#x017F;seisen<lb/>
mit Hülfe roher Steinkohle schmiedbar zu machen.</p><lb/>
                <p>1727 nahm <hi rendition="#g">Fallowfield</hi> ein Patent, Eisen mit Torfkohlen aus<lb/>
feinen Erzen zu schmelzen und in Schmiedeeisen zu verwandeln.</p><lb/>
                <p>1728 bekam <hi rendition="#g">John Payne</hi> ein Patent, welches wir schon wiederholt<lb/>
angeführt haben, weil in demselben auch die Anwendung kannelierter<lb/>
Walzen zum erstenmal patentiert wurde. Der erste Teil des&#x017F;elben<lb/>
bezieht sich auf die Herstellung von Schmiedeeisen durch gewisse<lb/>
Zusätze und lautet: Roheisen schmiedbar zu machen, um es unter<lb/>
dem Hammer zu strecken u. s. w. &#x201E;Asche von Holz oder anderen<lb/>
Vegetabilien, alle Arten von Glas und Sand, gewöhnliches Salz und<lb/>
Steinsalz, Kali, Pottasche, <hi rendition="#g">Eisenschlacken</hi> von Schmelzöfen und<lb/><hi rendition="#g">Frischfeuern</hi> werden in entsprechenden Mengen mit Roheisen oder<lb/>
sonstigem spröden Eisen in einem Frisch- oder Schmiedeherd zusammen-<lb/>
geschmolzen, wodurch dieselbe Umwandlung bewirkt wird, wie durch<lb/>
Holzkohle, so da&#x017F;s es schmiedbar wird und in Stäbe oder andere<lb/>
Formen geschmiedet werden kann.&#x201C;</p><lb/>
                <p>Dieses Patent verdient deshalb Beachtung, weil darin die Idee<lb/>
des Martinverfahrens zum erstenmal entfernt angedeutet ist. Das<lb/>
englische Tiegelfrischen, wofür <hi rendition="#g">Francis Wood</hi> 1761 ein Patent erhielt<lb/>
und welches wir oben beschrieben haben, ist damit verwandt.</p><lb/>
                <p>1771 erhielt <hi rendition="#g">James Goodyer</hi> ein Patent, Stahl aus Roheisen<lb/>
zu machen. Das beschriebene Verfahren entspricht dem deutschen<lb/>
Stahlfrischverfahren und mu&#x017F;s man daraus schlie&#x017F;sen, da&#x017F;s das Stahl-<lb/>
frischen in England nicht bekannt war.</p><lb/>
                <p>&#x201E;Man setze Roh- oder Gu&#x017F;seisen in ein Frischfeuer, gerade wie<lb/>
wenn man Stabeisen machen wollte; aber das angewandte Gebläse<lb/>
mu&#x017F;s schwächer sein. Sobald einiges von dem Eisen im Herd nieder-<lb/>
gegangen ist, mu&#x017F;s man vom Boden aus es durcharbeiten, wie beim<lb/>
Eisenmachen; mit dem Einschmelzen fährt man dabei aber anfangs<lb/>
fort. Wenn es genug ist, um eine Luppe zu machen, lä&#x017F;st man das<lb/>
ganze auf den Boden niedergehen, bringt die Luppe sofort zu dem<lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[671/0685] Frischfeuer 1775 bis 1800. nace) bei geschlossenen Thüren der Hitze aussetzte. Die geschweiſsten Klumpen wurden mit Handhämmern zusammengeschlagen und dann unter einem kleinen Wasserhammer zu Stäbchen ausgereckt, die gröſstenteils zu Sheffield zum Schmieden von Messerklingen ange- wendet wurden. Der Vollständigkeit wegen wollen wir hier noch einige ältere Vorschläge und Versuche, Roheisen mit Mineralkohlen zu frischen, auf- führen. 1724 erhielt Roger Wodehouse ein Patent, Roh- und Guſseisen mit Hülfe roher Steinkohle schmiedbar zu machen. 1727 nahm Fallowfield ein Patent, Eisen mit Torfkohlen aus feinen Erzen zu schmelzen und in Schmiedeeisen zu verwandeln. 1728 bekam John Payne ein Patent, welches wir schon wiederholt angeführt haben, weil in demselben auch die Anwendung kannelierter Walzen zum erstenmal patentiert wurde. Der erste Teil desſelben bezieht sich auf die Herstellung von Schmiedeeisen durch gewisse Zusätze und lautet: Roheisen schmiedbar zu machen, um es unter dem Hammer zu strecken u. s. w. „Asche von Holz oder anderen Vegetabilien, alle Arten von Glas und Sand, gewöhnliches Salz und Steinsalz, Kali, Pottasche, Eisenschlacken von Schmelzöfen und Frischfeuern werden in entsprechenden Mengen mit Roheisen oder sonstigem spröden Eisen in einem Frisch- oder Schmiedeherd zusammen- geschmolzen, wodurch dieselbe Umwandlung bewirkt wird, wie durch Holzkohle, so daſs es schmiedbar wird und in Stäbe oder andere Formen geschmiedet werden kann.“ Dieses Patent verdient deshalb Beachtung, weil darin die Idee des Martinverfahrens zum erstenmal entfernt angedeutet ist. Das englische Tiegelfrischen, wofür Francis Wood 1761 ein Patent erhielt und welches wir oben beschrieben haben, ist damit verwandt. 1771 erhielt James Goodyer ein Patent, Stahl aus Roheisen zu machen. Das beschriebene Verfahren entspricht dem deutschen Stahlfrischverfahren und muſs man daraus schlieſsen, daſs das Stahl- frischen in England nicht bekannt war. „Man setze Roh- oder Guſseisen in ein Frischfeuer, gerade wie wenn man Stabeisen machen wollte; aber das angewandte Gebläse muſs schwächer sein. Sobald einiges von dem Eisen im Herd nieder- gegangen ist, muſs man vom Boden aus es durcharbeiten, wie beim Eisenmachen; mit dem Einschmelzen fährt man dabei aber anfangs fort. Wenn es genug ist, um eine Luppe zu machen, läſst man das ganze auf den Boden niedergehen, bringt die Luppe sofort zu dem

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/685
Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 671. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/685>, abgerufen am 29.06.2024.