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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

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Frischfeuer 1775 bis 1800.
drei Wagen Kohlen. Nur der Mangel an Holzkohle verhinderte einen
stärkeren Betrieb.

Der Frischprozess (la mazerage), wie er von Nivernais eingeführt
war, bestand aus drei Operationen, 1. dem Hartzerennen, 2. dem
Rösten der Kuchen (Blattelbraten), und 3. dem Frischen (Raffinieren).
Es geschah dies manchmal in einem, meist in zwei Herden. Der
Hartzerennherd (mazerie) war 16 bis 18 Zoll im Quadrat und 16 bis
18 Zoll tief. Der Boden war nach der Schlackenseite zu geneigt,
den Formen gab man mehr oder weniger Neigung, je nachdem das
Eisen weicher oder härter war. Die Gans wurde von der Windseite
aus eingeschoben und gleich Frischschlacke und Hammerschlag mit
aufgegeben und der Wind angelassen. Bei der ersten Operation
wurde keine Schlacke abgestochen.

Das Einschmelzen durfte nicht zu sehr beschleunigt werden und
dauerte deshalb in der Regel drei bis vier Stunden. Dann stach man
die ganze geschmolzene Masse gefeintes Eisen und Schlacken zusammen
in ein flaches Sandbett ab, so dass der Eisenkuchen nur etwa 1 Zoll
dick wurde. Ein solcher Abstich (pissee) lieferte 500 bis 600 Pfund
Hartzerenneisen. Man konnte sieben Abstiche in 24 Stunden machen.
Ehe das Eisen erstarrte, durchfurchte es der Arbeiter mit einem
Spiess, so dass es in Stücke von 6 Zoll auf 15 Zoll zerteilt wurde,
wodurch es sich hernach leicht in einzelne Platten (lopins) zer-
teilen liess.

Nun folgte die zweite Operation, das Rösten oder Braten (recuit),
dem man in Uza in der Regel alles Eisen unterwarf, ausser wenn
die Platten ganz weiss waren oder wenn man Stahl machen wollte.
Das Braten geschah im offenen Herd zwischen zwei Lagen Kohlen.
Auf 1000 Pfund Eisen verbrannte man 420 Pfund Kohlen.

Das Raffinieren oder Frischen erfolgte dann in einem besonderen
grösseren Herd, der 24 Zoll tief, 18 Zoll Quadrat im Boden, 24 Zoll
vom Schlackenloch bis zum Hinterzacken und von dem Form- zum
Windzacken (contrevent oder maratre) in der Feuerhöhe hatte. Die aus
Kupfer geschmiedete Form lag 14 Zoll über dem Boden und 51/2 bis
53/4 Zoll vor; ihre Mündung war 12 bis 13 Linien im Durchmesser;
sie war so geneigt, dass der Wind den Windzacken 6 bis 8 Zoll unter
der Kante traf. Man setzte nur 60 Pfund gebratener Platten ein
und erhielt daraus eine Luppe (masset) von 40 Pfund, welche in
demselben Herd ausgeschmiedet wurde. War das Eisen zu weich, so
wurde die Form gehoben. Wollte man Stahl machen, was in den-
selben Herden geschah, so blies man fast horizontal und setzte keine

Frischfeuer 1775 bis 1800.
drei Wagen Kohlen. Nur der Mangel an Holzkohle verhinderte einen
stärkeren Betrieb.

Der Frischprozeſs (la mazerage), wie er von Nivernais eingeführt
war, bestand aus drei Operationen, 1. dem Hartzerennen, 2. dem
Rösten der Kuchen (Blattelbraten), und 3. dem Frischen (Raffinieren).
Es geschah dies manchmal in einem, meist in zwei Herden. Der
Hartzerennherd (mazerie) war 16 bis 18 Zoll im Quadrat und 16 bis
18 Zoll tief. Der Boden war nach der Schlackenseite zu geneigt,
den Formen gab man mehr oder weniger Neigung, je nachdem das
Eisen weicher oder härter war. Die Gans wurde von der Windseite
aus eingeschoben und gleich Frischschlacke und Hammerschlag mit
aufgegeben und der Wind angelassen. Bei der ersten Operation
wurde keine Schlacke abgestochen.

Das Einschmelzen durfte nicht zu sehr beschleunigt werden und
dauerte deshalb in der Regel drei bis vier Stunden. Dann stach man
die ganze geschmolzene Masse gefeintes Eisen und Schlacken zusammen
in ein flaches Sandbett ab, so daſs der Eisenkuchen nur etwa 1 Zoll
dick wurde. Ein solcher Abstich (pissée) lieferte 500 bis 600 Pfund
Hartzerenneisen. Man konnte sieben Abstiche in 24 Stunden machen.
Ehe das Eisen erstarrte, durchfurchte es der Arbeiter mit einem
Spieſs, so daſs es in Stücke von 6 Zoll auf 15 Zoll zerteilt wurde,
wodurch es sich hernach leicht in einzelne Platten (lopins) zer-
teilen lieſs.

Nun folgte die zweite Operation, das Rösten oder Braten (recuit),
dem man in Uza in der Regel alles Eisen unterwarf, auſser wenn
die Platten ganz weiſs waren oder wenn man Stahl machen wollte.
Das Braten geschah im offenen Herd zwischen zwei Lagen Kohlen.
Auf 1000 Pfund Eisen verbrannte man 420 Pfund Kohlen.

Das Raffinieren oder Frischen erfolgte dann in einem besonderen
gröſseren Herd, der 24 Zoll tief, 18 Zoll Quadrat im Boden, 24 Zoll
vom Schlackenloch bis zum Hinterzacken und von dem Form- zum
Windzacken (contrevent oder marâtre) in der Feuerhöhe hatte. Die aus
Kupfer geschmiedete Form lag 14 Zoll über dem Boden und 5½ bis
5¾ Zoll vor; ihre Mündung war 12 bis 13 Linien im Durchmesser;
sie war so geneigt, daſs der Wind den Windzacken 6 bis 8 Zoll unter
der Kante traf. Man setzte nur 60 Pfund gebratener Platten ein
und erhielt daraus eine Luppe (masset) von 40 Pfund, welche in
demselben Herd ausgeschmiedet wurde. War das Eisen zu weich, so
wurde die Form gehoben. Wollte man Stahl machen, was in den-
selben Herden geschah, so blies man fast horizontal und setzte keine

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[667/0681] Frischfeuer 1775 bis 1800. drei Wagen Kohlen. Nur der Mangel an Holzkohle verhinderte einen stärkeren Betrieb. Der Frischprozeſs (la mazerage), wie er von Nivernais eingeführt war, bestand aus drei Operationen, 1. dem Hartzerennen, 2. dem Rösten der Kuchen (Blattelbraten), und 3. dem Frischen (Raffinieren). Es geschah dies manchmal in einem, meist in zwei Herden. Der Hartzerennherd (mazerie) war 16 bis 18 Zoll im Quadrat und 16 bis 18 Zoll tief. Der Boden war nach der Schlackenseite zu geneigt, den Formen gab man mehr oder weniger Neigung, je nachdem das Eisen weicher oder härter war. Die Gans wurde von der Windseite aus eingeschoben und gleich Frischschlacke und Hammerschlag mit aufgegeben und der Wind angelassen. Bei der ersten Operation wurde keine Schlacke abgestochen. Das Einschmelzen durfte nicht zu sehr beschleunigt werden und dauerte deshalb in der Regel drei bis vier Stunden. Dann stach man die ganze geschmolzene Masse gefeintes Eisen und Schlacken zusammen in ein flaches Sandbett ab, so daſs der Eisenkuchen nur etwa 1 Zoll dick wurde. Ein solcher Abstich (pissée) lieferte 500 bis 600 Pfund Hartzerenneisen. Man konnte sieben Abstiche in 24 Stunden machen. Ehe das Eisen erstarrte, durchfurchte es der Arbeiter mit einem Spieſs, so daſs es in Stücke von 6 Zoll auf 15 Zoll zerteilt wurde, wodurch es sich hernach leicht in einzelne Platten (lopins) zer- teilen lieſs. Nun folgte die zweite Operation, das Rösten oder Braten (recuit), dem man in Uza in der Regel alles Eisen unterwarf, auſser wenn die Platten ganz weiſs waren oder wenn man Stahl machen wollte. Das Braten geschah im offenen Herd zwischen zwei Lagen Kohlen. Auf 1000 Pfund Eisen verbrannte man 420 Pfund Kohlen. Das Raffinieren oder Frischen erfolgte dann in einem besonderen gröſseren Herd, der 24 Zoll tief, 18 Zoll Quadrat im Boden, 24 Zoll vom Schlackenloch bis zum Hinterzacken und von dem Form- zum Windzacken (contrevent oder marâtre) in der Feuerhöhe hatte. Die aus Kupfer geschmiedete Form lag 14 Zoll über dem Boden und 5½ bis 5¾ Zoll vor; ihre Mündung war 12 bis 13 Linien im Durchmesser; sie war so geneigt, daſs der Wind den Windzacken 6 bis 8 Zoll unter der Kante traf. Man setzte nur 60 Pfund gebratener Platten ein und erhielt daraus eine Luppe (masset) von 40 Pfund, welche in demselben Herd ausgeschmiedet wurde. War das Eisen zu weich, so wurde die Form gehoben. Wollte man Stahl machen, was in den- selben Herden geschah, so blies man fast horizontal und setzte keine

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 667. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/681>, abgerufen am 29.06.2024.