Säuren aufbrausen und eine Luftart von sich geben, welche ganz dieselbe ist, wie die aus nichtätzendem Kalk durch Glühen aus- getriebene; diese fixe Luft muss deshalb den zweiten Bestandteil der milden Alkalien bilden. Er stellte fest, dass die alkalischen Körper in einfacherem Zustande ätzend sind und erst durch Verbindung mit fixer Luft diese Eigenschaft verlieren und dass die Ätzendmachung der Alkalien durch Kalk darauf beruht, dass die fixe Luft von den ersteren an den letzteren tritt.
Diese Entdeckung Blacks musste zur Erschütterung der Lehre vom Phlogiston beitragen, nicht nur durch die nachgewiesene That- sache, sondern auch besonders durch die Methode, indem Black Gewichtsermittelungen als massgebend ansah, und bei der Erklärung qualitativer Erscheinungen die quantitativen Verhältnisse als ent- scheidend gelten liess. Er stellte damit zugleich fest, dass ein schwererer Körper nicht ein Bestandteil eines leichteren sein kann, ein Satz, der in seinen Konsequenzen die Phlogistontheorie zu Fall bringen musste. Durch Blacks Untersuchung der fixen Luft wurde das Studium der gasförmigen Körper, der Luftarten, angeregt und damit der richtige Weg eingeschlagen, der zur Erkenntnis des Wesens der Verbrennung führen musste. Ein Landsmann Blacks, Henry Cavendish (geb. 1731, gest. 1810), war es, der sich eingehend mit dem Studium der Luftarten beschäftigte. Bis zur Mitte des vorigen Jahrhunderts hatte noch allgemein die naive Anschauung geherrscht, dass alle Luft von einerlei Art sei und dass ihre scheinbare Verschiedenheit nur auf Beimengungen irgend eines Stoffes beruhe. Cavendish wies 1762 zuerst nach, dass es Luftarten giebt, welche von der gewöhnlichen Luft wesentlich verschieden sind und wies dies nach an der fixen Luft (Kohlensäure) und der brennbaren Luft (dem Wasserstoffgas). Er untersuchte und beschrieb diese Gasarten genau und richtig, ermittelte ihre specifischen Gewichte, wenn auch mangelhaft, wies nach, dass sich die Kohlensäure mit verschiedenen Alkalien in ver- schiedenem Mengenverhältnis verbindet und bestimmte die quantitative Zusammensetzung verschiedener kohlensaurer Salze; er fand, dass Wasserstoff brenne, aber die Verbrennung und die Atmung ebenso- wenig unterhalte, wie die Kohlensäure. Trotz alledem blieb Cavendish noch fest auf dem Boden der Stahlschen Lehre stehen und nahm sogar an, in dem Wasserstoffgas das Phlogiston selbst entdeckt zu haben, denn es wurde ja aus den Metallen, welche nach dieser Lehre Verbindungen von Metallkalken mit Phlogiston waren, durch ver- dünnte Schwefelsäure abgeschieden. Diese Lehre von der Identität
Lavoisier und die antiphlogistische Chemie.
Säuren aufbrausen und eine Luftart von sich geben, welche ganz dieselbe ist, wie die aus nichtätzendem Kalk durch Glühen aus- getriebene; diese fixe Luft muſs deshalb den zweiten Bestandteil der milden Alkalien bilden. Er stellte fest, daſs die alkalischen Körper in einfacherem Zustande ätzend sind und erst durch Verbindung mit fixer Luft diese Eigenschaft verlieren und daſs die Ätzendmachung der Alkalien durch Kalk darauf beruht, daſs die fixe Luft von den ersteren an den letzteren tritt.
Diese Entdeckung Blacks muſste zur Erschütterung der Lehre vom Phlogiston beitragen, nicht nur durch die nachgewiesene That- sache, sondern auch besonders durch die Methode, indem Black Gewichtsermittelungen als maſsgebend ansah, und bei der Erklärung qualitativer Erscheinungen die quantitativen Verhältnisse als ent- scheidend gelten lieſs. Er stellte damit zugleich fest, daſs ein schwererer Körper nicht ein Bestandteil eines leichteren sein kann, ein Satz, der in seinen Konsequenzen die Phlogistontheorie zu Fall bringen muſste. Durch Blacks Untersuchung der fixen Luft wurde das Studium der gasförmigen Körper, der Luftarten, angeregt und damit der richtige Weg eingeschlagen, der zur Erkenntnis des Wesens der Verbrennung führen muſste. Ein Landsmann Blacks, Henry Cavendish (geb. 1731, gest. 1810), war es, der sich eingehend mit dem Studium der Luftarten beschäftigte. Bis zur Mitte des vorigen Jahrhunderts hatte noch allgemein die naive Anschauung geherrscht, daſs alle Luft von einerlei Art sei und daſs ihre scheinbare Verschiedenheit nur auf Beimengungen irgend eines Stoffes beruhe. Cavendish wies 1762 zuerst nach, daſs es Luftarten giebt, welche von der gewöhnlichen Luft wesentlich verschieden sind und wies dies nach an der fixen Luft (Kohlensäure) und der brennbaren Luft (dem Wasserstoffgas). Er untersuchte und beschrieb diese Gasarten genau und richtig, ermittelte ihre specifischen Gewichte, wenn auch mangelhaft, wies nach, daſs sich die Kohlensäure mit verschiedenen Alkalien in ver- schiedenem Mengenverhältnis verbindet und bestimmte die quantitative Zusammensetzung verschiedener kohlensaurer Salze; er fand, daſs Wasserstoff brenne, aber die Verbrennung und die Atmung ebenso- wenig unterhalte, wie die Kohlensäure. Trotz alledem blieb Cavendish noch fest auf dem Boden der Stahlschen Lehre stehen und nahm sogar an, in dem Wasserstoffgas das Phlogiston selbst entdeckt zu haben, denn es wurde ja aus den Metallen, welche nach dieser Lehre Verbindungen von Metallkalken mit Phlogiston waren, durch ver- dünnte Schwefelsäure abgeschieden. Diese Lehre von der Identität
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Lavoisier und die antiphlogistische Chemie.
Säuren aufbrausen und eine Luftart von sich geben, welche ganz
dieselbe ist, wie die aus nichtätzendem Kalk durch Glühen aus-
getriebene; diese fixe Luft muſs deshalb den zweiten Bestandteil der
milden Alkalien bilden. Er stellte fest, daſs die alkalischen Körper in
einfacherem Zustande ätzend sind und erst durch Verbindung mit fixer
Luft diese Eigenschaft verlieren und daſs die Ätzendmachung der
Alkalien durch Kalk darauf beruht, daſs die fixe Luft von den ersteren
an den letzteren tritt.
Diese Entdeckung Blacks muſste zur Erschütterung der Lehre
vom Phlogiston beitragen, nicht nur durch die nachgewiesene That-
sache, sondern auch besonders durch die Methode, indem Black
Gewichtsermittelungen als maſsgebend ansah, und bei der Erklärung
qualitativer Erscheinungen die quantitativen Verhältnisse als ent-
scheidend gelten lieſs. Er stellte damit zugleich fest, daſs ein schwererer
Körper nicht ein Bestandteil eines leichteren sein kann, ein Satz, der
in seinen Konsequenzen die Phlogistontheorie zu Fall bringen muſste.
Durch Blacks Untersuchung der fixen Luft wurde das Studium der
gasförmigen Körper, der Luftarten, angeregt und damit der richtige
Weg eingeschlagen, der zur Erkenntnis des Wesens der Verbrennung
führen muſste. Ein Landsmann Blacks, Henry Cavendish (geb.
1731, gest. 1810), war es, der sich eingehend mit dem Studium der
Luftarten beschäftigte. Bis zur Mitte des vorigen Jahrhunderts hatte
noch allgemein die naive Anschauung geherrscht, daſs alle Luft von
einerlei Art sei und daſs ihre scheinbare Verschiedenheit nur auf
Beimengungen irgend eines Stoffes beruhe. Cavendish wies 1762
zuerst nach, daſs es Luftarten giebt, welche von der gewöhnlichen
Luft wesentlich verschieden sind und wies dies nach an der fixen
Luft (Kohlensäure) und der brennbaren Luft (dem Wasserstoffgas).
Er untersuchte und beschrieb diese Gasarten genau und richtig,
ermittelte ihre specifischen Gewichte, wenn auch mangelhaft, wies
nach, daſs sich die Kohlensäure mit verschiedenen Alkalien in ver-
schiedenem Mengenverhältnis verbindet und bestimmte die quantitative
Zusammensetzung verschiedener kohlensaurer Salze; er fand, daſs
Wasserstoff brenne, aber die Verbrennung und die Atmung ebenso-
wenig unterhalte, wie die Kohlensäure. Trotz alledem blieb Cavendish
noch fest auf dem Boden der Stahlschen Lehre stehen und nahm
sogar an, in dem Wasserstoffgas das Phlogiston selbst entdeckt zu
haben, denn es wurde ja aus den Metallen, welche nach dieser Lehre
Verbindungen von Metallkalken mit Phlogiston waren, durch ver-
dünnte Schwefelsäure abgeschieden. Diese Lehre von der Identität
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 628. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/642>, abgerufen am 22.11.2024.
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