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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

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Wasserräder. Gebläsemaschinen. Hämmer.
nämlich die Glocke ihrem tiefsten Stand nahe war, öffnete der Wasser-
kasten mittels eines Hebels, den er in die Höhe drückte, einen
Wassergraben, aus dem sich sofort eine Wassermasse von 45 bis
50 Kubikfuss in ihn ergoss. Dadurch wurde der Balancier auf der
Seite des Wasserkastens stärker belastet und sank, indem er zugleich
die Glocke aufzog. Sobald der Wasserkasten sich abwärts bewegte,
schloss sich wieder der Wasserzulauf, und wenn der Wasserkasten
seinen tiefsten Stand erreicht hatte, öffnete sich durch eine Schnur,
die sich alsdann spannte, eine Abflussklappe, wodurch der Kasten
wieder leer lief, worauf das Gewicht der Glocke dieselbe wieder nieder-
sinken liess. Die Glocke konnte höchstens zwei Niedergänge oder
zwei Entleerungen in der Minute machen, die zwei Glocken zusammen
also vier; dies entsprach, da eine Füllung etwa 100 Kubikfuss ausmachte,
400 Kubikfuss Wind in der Minute, man konnte aber höchstens auf
300 Kubikfuss wirklich rechnen.

Der grosse, schwerfällige Apparat kostete an 18000 Francs in
der Anschaffung und bedeutende Unterhaltungskosten. Der Wind war
ungleich. Frost machte den Betrieb unmöglich, weil das Wasser im
Recipienten gefror. So lange Danican lebte, bediente man sich der
Maschine, um den Hochofen von Chatel-Naudrin mit Wind zu ver-
sehen. Danican war von seinem Bewegungsmechanismus so ein-
genommen, dass er auch den Versuch machte, ein Pochwerk damit
zu treiben, was ihm aber nicht gelang. Nach seinem Tode oder
Abgang wurde das Glockengebläse durch Holzbälge ersetzt. Grignon
spricht die Ansicht aus, man könne den Apparat unter Beibehaltung
der Glocken verbessern, wenn man dieselben mit einem Wasserrad in
Verbindung bringe, ähnlich wie bei den Holzbälgen.

Der oben erwähnte Harzer Wettersatz veranlasste von Baader
und nach ihm Köhler zur Konstruktion hydrostatischer Gebläse.
Köhler
baute ein solches Gebläse 1794 auf der gräflich Einsiedelschen
Hütte zu Mückenburg (Lauchhammer). Es war einige Zeit im Betriebe,
wurde aber später durch ein englisches Cylindergebläse ersetzt.
Herr von Baader gab ebenfalls im Jahre 1794 seine "Beschreibung
eines neu erfundenen Gebläses" heraus. Er that sich darin auf seine
neue Erfindung, die er 1789 in England gemacht und dort zuerst
einigen hervorragenden Männern mitgeteilt hatte, etwas viel zu gut,
weshalb er sich in einem Aufsatz in Crells Chemischen Annalen in
demselben Jahre eine Zurechtweisung gefallen lassen musste. In dem
angeführten Aufsatze wurde aktenmässig nachgewiesen, dass das
Princip des Baaderschen Gebläses im Harzer Wettersatz seit minde-

Wasserräder. Gebläsemaschinen. Hämmer.
nämlich die Glocke ihrem tiefsten Stand nahe war, öffnete der Wasser-
kasten mittels eines Hebels, den er in die Höhe drückte, einen
Wassergraben, aus dem sich sofort eine Wassermasse von 45 bis
50 Kubikfuſs in ihn ergoſs. Dadurch wurde der Balancier auf der
Seite des Wasserkastens stärker belastet und sank, indem er zugleich
die Glocke aufzog. Sobald der Wasserkasten sich abwärts bewegte,
schloſs sich wieder der Wasserzulauf, und wenn der Wasserkasten
seinen tiefsten Stand erreicht hatte, öffnete sich durch eine Schnur,
die sich alsdann spannte, eine Abfluſsklappe, wodurch der Kasten
wieder leer lief, worauf das Gewicht der Glocke dieselbe wieder nieder-
sinken lieſs. Die Glocke konnte höchstens zwei Niedergänge oder
zwei Entleerungen in der Minute machen, die zwei Glocken zusammen
also vier; dies entsprach, da eine Füllung etwa 100 Kubikfuſs ausmachte,
400 Kubikfuſs Wind in der Minute, man konnte aber höchstens auf
300 Kubikfuſs wirklich rechnen.

Der groſse, schwerfällige Apparat kostete an 18000 Francs in
der Anschaffung und bedeutende Unterhaltungskosten. Der Wind war
ungleich. Frost machte den Betrieb unmöglich, weil das Wasser im
Recipienten gefror. So lange Danican lebte, bediente man sich der
Maschine, um den Hochofen von Châtel-Naudrin mit Wind zu ver-
sehen. Danican war von seinem Bewegungsmechanismus so ein-
genommen, daſs er auch den Versuch machte, ein Pochwerk damit
zu treiben, was ihm aber nicht gelang. Nach seinem Tode oder
Abgang wurde das Glockengebläse durch Holzbälge ersetzt. Grignon
spricht die Ansicht aus, man könne den Apparat unter Beibehaltung
der Glocken verbessern, wenn man dieselben mit einem Wasserrad in
Verbindung bringe, ähnlich wie bei den Holzbälgen.

Der oben erwähnte Harzer Wettersatz veranlaſste von Baader
und nach ihm Köhler zur Konstruktion hydrostatischer Gebläse.
Köhler
baute ein solches Gebläse 1794 auf der gräflich Einsiedelschen
Hütte zu Mückenburg (Lauchhammer). Es war einige Zeit im Betriebe,
wurde aber später durch ein englisches Cylindergebläse ersetzt.
Herr von Baader gab ebenfalls im Jahre 1794 seine „Beschreibung
eines neu erfundenen Gebläses“ heraus. Er that sich darin auf seine
neue Erfindung, die er 1789 in England gemacht und dort zuerst
einigen hervorragenden Männern mitgeteilt hatte, etwas viel zu gut,
weshalb er sich in einem Aufsatz in Crells Chemischen Annalen in
demselben Jahre eine Zurechtweisung gefallen lassen muſste. In dem
angeführten Aufsatze wurde aktenmäſsig nachgewiesen, daſs das
Princip des Baaderschen Gebläses im Harzer Wettersatz seit minde-

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[554/0568] Wasserräder. Gebläsemaschinen. Hämmer. nämlich die Glocke ihrem tiefsten Stand nahe war, öffnete der Wasser- kasten mittels eines Hebels, den er in die Höhe drückte, einen Wassergraben, aus dem sich sofort eine Wassermasse von 45 bis 50 Kubikfuſs in ihn ergoſs. Dadurch wurde der Balancier auf der Seite des Wasserkastens stärker belastet und sank, indem er zugleich die Glocke aufzog. Sobald der Wasserkasten sich abwärts bewegte, schloſs sich wieder der Wasserzulauf, und wenn der Wasserkasten seinen tiefsten Stand erreicht hatte, öffnete sich durch eine Schnur, die sich alsdann spannte, eine Abfluſsklappe, wodurch der Kasten wieder leer lief, worauf das Gewicht der Glocke dieselbe wieder nieder- sinken lieſs. Die Glocke konnte höchstens zwei Niedergänge oder zwei Entleerungen in der Minute machen, die zwei Glocken zusammen also vier; dies entsprach, da eine Füllung etwa 100 Kubikfuſs ausmachte, 400 Kubikfuſs Wind in der Minute, man konnte aber höchstens auf 300 Kubikfuſs wirklich rechnen. Der groſse, schwerfällige Apparat kostete an 18000 Francs in der Anschaffung und bedeutende Unterhaltungskosten. Der Wind war ungleich. Frost machte den Betrieb unmöglich, weil das Wasser im Recipienten gefror. So lange Danican lebte, bediente man sich der Maschine, um den Hochofen von Châtel-Naudrin mit Wind zu ver- sehen. Danican war von seinem Bewegungsmechanismus so ein- genommen, daſs er auch den Versuch machte, ein Pochwerk damit zu treiben, was ihm aber nicht gelang. Nach seinem Tode oder Abgang wurde das Glockengebläse durch Holzbälge ersetzt. Grignon spricht die Ansicht aus, man könne den Apparat unter Beibehaltung der Glocken verbessern, wenn man dieselben mit einem Wasserrad in Verbindung bringe, ähnlich wie bei den Holzbälgen. Der oben erwähnte Harzer Wettersatz veranlaſste von Baader und nach ihm Köhler zur Konstruktion hydrostatischer Gebläse. Köhler baute ein solches Gebläse 1794 auf der gräflich Einsiedelschen Hütte zu Mückenburg (Lauchhammer). Es war einige Zeit im Betriebe, wurde aber später durch ein englisches Cylindergebläse ersetzt. Herr von Baader gab ebenfalls im Jahre 1794 seine „Beschreibung eines neu erfundenen Gebläses“ heraus. Er that sich darin auf seine neue Erfindung, die er 1789 in England gemacht und dort zuerst einigen hervorragenden Männern mitgeteilt hatte, etwas viel zu gut, weshalb er sich in einem Aufsatz in Crells Chemischen Annalen in demselben Jahre eine Zurechtweisung gefallen lassen muſste. In dem angeführten Aufsatze wurde aktenmäſsig nachgewiesen, daſs das Princip des Baaderschen Gebläses im Harzer Wettersatz seit minde-

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 554. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/568>, abgerufen am 23.11.2024.