Gesenke oder einem mit entsprechender Rinne versehenen Amboss. Dreieckig waren die Anreihnadeln, Schuster-, Pack- und Einbund- nadeln; viereckig Sattler- und Riemennadeln und Ausheftnadeln.
Für die Fabrikation der Nadeln mit Maschinen erhielt Thimothey Harris von Waltham Abbey, Essex, am 14. Juli 1797 ein Patent. Seine Erfindung bezog sich auf eine Zuspitzmaschine, deren Schleif- scheiben von Stahl waren.
Eine anderweitige neue Verwendung fand der Draht durch die Erfindung der Drahtseile. Der Franzose Reignier, ein Mechanikus im Dienste des Herzogs von Chartres, erfand um 1780 eine Vorrich- tung, mittels welcher man Eisendraht so vollkommen und geschmeidig in Stricke drehen konnte, wie hanfene. Diese Drahtseile verwendete er namentlich für Blitzableiter. Der Engländer Hancok machte ebenfalls Stricke aus Eisendraht, welche kalt gewebt und als Trans- missionen verwendet wurden. Im Grubenbau führte der hannoversche Berghauptmann v. Reden, der Onkel des berühmten preussischen Ministers, die Drahtseile ein. Es war eine Erfindung von ihm und von einem Herrn H. Lunde. Diese eisernen Grubenseile waren Ketten, welche statt der gewöhnlichen Grubenseile in den Berkwerken ver- wendet wurden. Das Eisen dazu wurde auf dem Drahtwerk zu Königshütte besonders bereitet und probiert, ehe es den Bergschmieden, welche die Drahtseile anfertigten, geliefert wurde. Sie kamen in den 80 er Jahren in den Harzer Bergwerken in Gebrauch. Die Fabrikation von Drahtsieben wurde besonders in Böhmen, und zwar in Nieder- kreibnitz und anderen benachbarten Orten des Leitmeritzer Kreises, betrieben. Der stärkste Eisendraht, der dort verarbeitet wurde, hiess Band Nr. 1 bis 6; hierauf folgte Koppeldraht und Sturzdraht, aus welchem die Kornfegen gewirkt wurden. Der feinste Draht hiess Blei, wovon man wieder zehn Nummern hatte. Der Draht wurde gewirkt oder gestrickt. Im ersteren Falle hatten die Siebe viereckige, im letzteren runde Löcher. Stets musste der Draht erst geglüht werden. Das Wirken geschah auf einem einfachen Stuhl, ähnlich einem Webstuhl. Die gestrickten Siebe wurden mit der freien Hand geflochten. Man verfertigte in Böhmen folgende Sorten: feine, gegitterte Dunstsiebe, feine Griessiebe, mittlere Griessiebe, Staub-, Fege-, Raden-, Knotten-, Rollen-, gestrickte Knotten- und Bohnensiebe.
Drahtzieherei, Nähnadelfabrikation.
Gesenke oder einem mit entsprechender Rinne versehenen Amboſs. Dreieckig waren die Anreihnadeln, Schuster-, Pack- und Einbund- nadeln; viereckig Sattler- und Riemennadeln und Ausheftnadeln.
Für die Fabrikation der Nadeln mit Maschinen erhielt Thimothey Harris von Waltham Abbey, Essex, am 14. Juli 1797 ein Patent. Seine Erfindung bezog sich auf eine Zuspitzmaschine, deren Schleif- scheiben von Stahl waren.
Eine anderweitige neue Verwendung fand der Draht durch die Erfindung der Drahtseile. Der Franzose Reignier, ein Mechanikus im Dienste des Herzogs von Chartres, erfand um 1780 eine Vorrich- tung, mittels welcher man Eisendraht so vollkommen und geschmeidig in Stricke drehen konnte, wie hanfene. Diese Drahtseile verwendete er namentlich für Blitzableiter. Der Engländer Hancok machte ebenfalls Stricke aus Eisendraht, welche kalt gewebt und als Trans- missionen verwendet wurden. Im Grubenbau führte der hannoversche Berghauptmann v. Reden, der Onkel des berühmten preuſsischen Ministers, die Drahtseile ein. Es war eine Erfindung von ihm und von einem Herrn H. Lunde. Diese eisernen Grubenseile waren Ketten, welche statt der gewöhnlichen Grubenseile in den Berkwerken ver- wendet wurden. Das Eisen dazu wurde auf dem Drahtwerk zu Königshütte besonders bereitet und probiert, ehe es den Bergschmieden, welche die Drahtseile anfertigten, geliefert wurde. Sie kamen in den 80 er Jahren in den Harzer Bergwerken in Gebrauch. Die Fabrikation von Drahtsieben wurde besonders in Böhmen, und zwar in Nieder- kreibnitz und anderen benachbarten Orten des Leitmeritzer Kreises, betrieben. Der stärkste Eisendraht, der dort verarbeitet wurde, hieſs Band Nr. 1 bis 6; hierauf folgte Koppeldraht und Sturzdraht, aus welchem die Kornfegen gewirkt wurden. Der feinste Draht hieſs Blei, wovon man wieder zehn Nummern hatte. Der Draht wurde gewirkt oder gestrickt. Im ersteren Falle hatten die Siebe viereckige, im letzteren runde Löcher. Stets muſste der Draht erst geglüht werden. Das Wirken geschah auf einem einfachen Stuhl, ähnlich einem Webstuhl. Die gestrickten Siebe wurden mit der freien Hand geflochten. Man verfertigte in Böhmen folgende Sorten: feine, gegitterte Dunstsiebe, feine Griessiebe, mittlere Griessiebe, Staub-, Fege-, Raden-, Knotten-, Rollen-, gestrickte Knotten- und Bohnensiebe.
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Drahtzieherei, Nähnadelfabrikation.
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Dreieckig waren die Anreihnadeln, Schuster-, Pack- und Einbund-
nadeln; viereckig Sattler- und Riemennadeln und Ausheftnadeln.
Für die Fabrikation der Nadeln mit Maschinen erhielt Thimothey
Harris von Waltham Abbey, Essex, am 14. Juli 1797 ein Patent.
Seine Erfindung bezog sich auf eine Zuspitzmaschine, deren Schleif-
scheiben von Stahl waren.
Eine anderweitige neue Verwendung fand der Draht durch die
Erfindung der Drahtseile. Der Franzose Reignier, ein Mechanikus
im Dienste des Herzogs von Chartres, erfand um 1780 eine Vorrich-
tung, mittels welcher man Eisendraht so vollkommen und geschmeidig
in Stricke drehen konnte, wie hanfene. Diese Drahtseile verwendete
er namentlich für Blitzableiter. Der Engländer Hancok machte
ebenfalls Stricke aus Eisendraht, welche kalt gewebt und als Trans-
missionen verwendet wurden. Im Grubenbau führte der hannoversche
Berghauptmann v. Reden, der Onkel des berühmten preuſsischen
Ministers, die Drahtseile ein. Es war eine Erfindung von ihm und
von einem Herrn H. Lunde. Diese eisernen Grubenseile waren Ketten,
welche statt der gewöhnlichen Grubenseile in den Berkwerken ver-
wendet wurden. Das Eisen dazu wurde auf dem Drahtwerk zu
Königshütte besonders bereitet und probiert, ehe es den Bergschmieden,
welche die Drahtseile anfertigten, geliefert wurde. Sie kamen in den
80 er Jahren in den Harzer Bergwerken in Gebrauch. Die Fabrikation
von Drahtsieben wurde besonders in Böhmen, und zwar in Nieder-
kreibnitz und anderen benachbarten Orten des Leitmeritzer Kreises,
betrieben. Der stärkste Eisendraht, der dort verarbeitet wurde, hieſs
Band Nr. 1 bis 6; hierauf folgte Koppeldraht und Sturzdraht, aus
welchem die Kornfegen gewirkt wurden. Der feinste Draht hieſs
Blei, wovon man wieder zehn Nummern hatte. Der Draht wurde
gewirkt oder gestrickt. Im ersteren Falle hatten die Siebe viereckige,
im letzteren runde Löcher. Stets muſste der Draht erst geglüht
werden. Das Wirken geschah auf einem einfachen Stuhl, ähnlich
einem Webstuhl. Die gestrickten Siebe wurden mit der freien Hand
geflochten. Man verfertigte in Böhmen folgende Sorten: feine,
gegitterte Dunstsiebe, feine Griessiebe, mittlere Griessiebe, Staub-,
Fege-, Raden-, Knotten-, Rollen-, gestrickte Knotten- und Bohnensiebe.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 472. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/486>, abgerufen am 23.11.2024.
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