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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

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Drahtzieherei. Nähnadelfabrikation.
Industrie hochverdienten Ministers v. Heinitz gerettet wurde. Mit
der königl. Unterstützung gelang es dem unternehmenden Bürger-
meister Rumpe, die Fabrik wieder in grossen Flor zu bringen 1). --
Eine zweite kleine Nadelfabrik befand sich in den achtziger Jahren
zu Westich.

Die Nadelfabrikation schliesst sich unmittelbar an die Draht-
bereitung an, indem diese das Rohmaterial für jene liefert. Die älteren
Berichte, namentlich von Reaumur über die Anfertigung der Steck-
nadeln, haben wir schon mitgeteilt. Über die Nähnadelfabrikation
hat Reaumur nichts hinterlassen und besitzen wir über diese Fabrikation
erst aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts genauere Nach-
richten. Man machte die Nähnadeln entweder aus Stahldraht oder
aus Eisendraht, den man nachträglich cementierte. Das letztere
Verfahren war in Süddeutschland und in England gebräuchlich, während
man in Aachen, Burtscheid und Altena den Stahldraht aus der Mark
verarbeitete. Gute Nähnadeln dürfen sich weder biegen noch zer-
brechen, dabei müssen sie eine längliche scharfe Spitze und ein
längliches Auge haben. Man nannte die Nähnadelmacher "Ein-
schläger" im Gegensatz zu den Stecknadelmachern, den "Aufschneidern".
Die Nähnadelfabriken im fränkischen Kreise waren sehr bedeutend,
namentlich waren die Nadeln von Schwabach berühmt. Hier arbei-
teten über 100 Meister und Gesellen. Die Nadelfabrik zu Schwabach
ernährte an 1200 Menschen und versandte jährlich 180 bis 200 Millionen
Nadeln in alle Teile der Welt, wodurch über 130000 Gulden ein-
gingen, wovon nur etwa 36000 Gulden für Draht und andere Bedürf-
nisse abgingen. Es wurden hier 21 Sorten von runden Nähnadeln,
welche mit Buchstaben von A bis S bezeichnet wurden, ferner alle
möglichen Sorten von Schneidernadeln, als Segel-, Einbind- und
Matrazennadeln, 15 Sorten der Grösse nach, alle Sorten von Beutler-,
Kürschner-, Schuster- und Tapetennadeln, sowie Stricknadeln und
Stuhlnadeln für die Strumpfwirker verfertigt. Ausser in Schwabach
waren in Franken Nähnadelfabriken in Fürth, Nürnberg, Lauf, Aben-
berg (Klein-Amberg), in Weissenburg bei Linden, Pappenheim und
Gierwangen in Schwaben, ferner zu Röglingen; ausserdem in Süd-
deutschland zu Monheim in der Oberpfalz und zu Durlach in Baden.
Noch viel bedeutender waren die Nadelfabriken von Aachen und
Burtscheid, wo 10000 bis 12000 Arbeiter von den Nadelfabriken
lebten. In Aachen gab es zehn bis zwölf, in Burtscheid zwei und

1) Weitere Nachrichten s. Eversmann a. a. O., S. 284.

Drahtzieherei. Nähnadelfabrikation.
Industrie hochverdienten Ministers v. Heinitz gerettet wurde. Mit
der königl. Unterstützung gelang es dem unternehmenden Bürger-
meister Rumpe, die Fabrik wieder in groſsen Flor zu bringen 1). —
Eine zweite kleine Nadelfabrik befand sich in den achtziger Jahren
zu Westich.

Die Nadelfabrikation schlieſst sich unmittelbar an die Draht-
bereitung an, indem diese das Rohmaterial für jene liefert. Die älteren
Berichte, namentlich von Reaumur über die Anfertigung der Steck-
nadeln, haben wir schon mitgeteilt. Über die Nähnadelfabrikation
hat Reaumur nichts hinterlassen und besitzen wir über diese Fabrikation
erst aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts genauere Nach-
richten. Man machte die Nähnadeln entweder aus Stahldraht oder
aus Eisendraht, den man nachträglich cementierte. Das letztere
Verfahren war in Süddeutschland und in England gebräuchlich, während
man in Aachen, Burtscheid und Altena den Stahldraht aus der Mark
verarbeitete. Gute Nähnadeln dürfen sich weder biegen noch zer-
brechen, dabei müssen sie eine längliche scharfe Spitze und ein
längliches Auge haben. Man nannte die Nähnadelmacher „Ein-
schläger“ im Gegensatz zu den Stecknadelmachern, den „Aufschneidern“.
Die Nähnadelfabriken im fränkischen Kreise waren sehr bedeutend,
namentlich waren die Nadeln von Schwabach berühmt. Hier arbei-
teten über 100 Meister und Gesellen. Die Nadelfabrik zu Schwabach
ernährte an 1200 Menschen und versandte jährlich 180 bis 200 Millionen
Nadeln in alle Teile der Welt, wodurch über 130000 Gulden ein-
gingen, wovon nur etwa 36000 Gulden für Draht und andere Bedürf-
nisse abgingen. Es wurden hier 21 Sorten von runden Nähnadeln,
welche mit Buchstaben von A bis S bezeichnet wurden, ferner alle
möglichen Sorten von Schneidernadeln, als Segel-, Einbind- und
Matrazennadeln, 15 Sorten der Gröſse nach, alle Sorten von Beutler-,
Kürschner-, Schuster- und Tapetennadeln, sowie Stricknadeln und
Stuhlnadeln für die Strumpfwirker verfertigt. Auſser in Schwabach
waren in Franken Nähnadelfabriken in Fürth, Nürnberg, Lauf, Aben-
berg (Klein-Amberg), in Weiſsenburg bei Linden, Pappenheim und
Gierwangen in Schwaben, ferner zu Röglingen; auſserdem in Süd-
deutschland zu Monheim in der Oberpfalz und zu Durlach in Baden.
Noch viel bedeutender waren die Nadelfabriken von Aachen und
Burtscheid, wo 10000 bis 12000 Arbeiter von den Nadelfabriken
lebten. In Aachen gab es zehn bis zwölf, in Burtscheid zwei und

1) Weitere Nachrichten s. Eversmann a. a. O., S. 284.
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[469/0483] Drahtzieherei. Nähnadelfabrikation. Industrie hochverdienten Ministers v. Heinitz gerettet wurde. Mit der königl. Unterstützung gelang es dem unternehmenden Bürger- meister Rumpe, die Fabrik wieder in groſsen Flor zu bringen 1). — Eine zweite kleine Nadelfabrik befand sich in den achtziger Jahren zu Westich. Die Nadelfabrikation schlieſst sich unmittelbar an die Draht- bereitung an, indem diese das Rohmaterial für jene liefert. Die älteren Berichte, namentlich von Reaumur über die Anfertigung der Steck- nadeln, haben wir schon mitgeteilt. Über die Nähnadelfabrikation hat Reaumur nichts hinterlassen und besitzen wir über diese Fabrikation erst aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts genauere Nach- richten. Man machte die Nähnadeln entweder aus Stahldraht oder aus Eisendraht, den man nachträglich cementierte. Das letztere Verfahren war in Süddeutschland und in England gebräuchlich, während man in Aachen, Burtscheid und Altena den Stahldraht aus der Mark verarbeitete. Gute Nähnadeln dürfen sich weder biegen noch zer- brechen, dabei müssen sie eine längliche scharfe Spitze und ein längliches Auge haben. Man nannte die Nähnadelmacher „Ein- schläger“ im Gegensatz zu den Stecknadelmachern, den „Aufschneidern“. Die Nähnadelfabriken im fränkischen Kreise waren sehr bedeutend, namentlich waren die Nadeln von Schwabach berühmt. Hier arbei- teten über 100 Meister und Gesellen. Die Nadelfabrik zu Schwabach ernährte an 1200 Menschen und versandte jährlich 180 bis 200 Millionen Nadeln in alle Teile der Welt, wodurch über 130000 Gulden ein- gingen, wovon nur etwa 36000 Gulden für Draht und andere Bedürf- nisse abgingen. Es wurden hier 21 Sorten von runden Nähnadeln, welche mit Buchstaben von A bis S bezeichnet wurden, ferner alle möglichen Sorten von Schneidernadeln, als Segel-, Einbind- und Matrazennadeln, 15 Sorten der Gröſse nach, alle Sorten von Beutler-, Kürschner-, Schuster- und Tapetennadeln, sowie Stricknadeln und Stuhlnadeln für die Strumpfwirker verfertigt. Auſser in Schwabach waren in Franken Nähnadelfabriken in Fürth, Nürnberg, Lauf, Aben- berg (Klein-Amberg), in Weiſsenburg bei Linden, Pappenheim und Gierwangen in Schwaben, ferner zu Röglingen; auſserdem in Süd- deutschland zu Monheim in der Oberpfalz und zu Durlach in Baden. Noch viel bedeutender waren die Nadelfabriken von Aachen und Burtscheid, wo 10000 bis 12000 Arbeiter von den Nadelfabriken lebten. In Aachen gab es zehn bis zwölf, in Burtscheid zwei und 1) Weitere Nachrichten s. Eversmann a. a. O., S. 284.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 469. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/483>, abgerufen am 23.11.2024.