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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

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Drahtzieherei. Nähnadelfabrikation.
Ziehen ging langsam, indem der Draht bei jedem Zug nur 3 bis
4 Zoll vorrückte. Auch bekam der Draht viele Zangenbisse, die seine
Güte und Schönheit beeinträchtigten. Hierauf brachte man den Draht
erst auf die grobe Handrolle, welche horizontal, wie ein Haspel,
von zwei Arbeitern bewegt wurde. Hatte er hier den nötigen Grad
der Feinheit erlangt, so kam er auf die stehende Rolle (bobine verti-
cale), welche von einem Arbeiter (tireur de fer), wie eine Kaffeemühle
gedreht wurde 1). Die Ziehbank, auf der dies geschah, war 41/2 Fuss
lang und 11/2 Fuss breit. Eine solche Handrolle hatte 6 Zoll Durch-
messer. Man zog den Eisendraht höchstens bis auf 1/8 Linie Durch-
messer für Kratzendraht, nur die feinen Zithersaiten aus Stahldraht
waren noch dünner. Diese feinsten Sorten wurden in Frankreich
damals nicht gemacht. Natürlich musste man auch den feinen Draht
von Zeit zu Zeit ausglühen, was in geschlossenen Öfen in eisernen
Töpfen geschah. Man verwendete dazu Lochkuchen als Brennmaterial
und verbrauchte 700 bis 800 Stück zum Ausglühen von 100 Pfund
Draht. Das Glühen dauerte zehn bis zwölf Stunden. Man liess den
Draht in dem Gefäss kalt werden, was weitere zehn bis zwölf Stunden
in Anspruch nahm. Rollendraht (a rouet) nannte man den feinen
Draht, der von 10 auf 18 Fuss ausgezogen war, Nadeldraht (a epingle)
von 10 auf 20 Fuss, Kratzendraht (pour cardes) von 10 auf 30 Fuss.
Stahldraht wurde in Frankreich aus ungarischem Stahl gemacht, der
erst auf die Dicke eines kleinen Fingers ausgeschmiedet wurde. Dieser
wurde in Stücke oder Knüppel geteilt, wie das Eisen, und in derselben
Weise gezogen. Er musste noch öfter geglüht werden als das Eisen.

Man rechnete in Frankreich den Draht nach Dutzendpfund
(douzaine de livres). Für ein Dutzendpfund Grobstahldraht brauchte
man drei Tage, für ein Dutzendpfund vom feinsten Draht 14 Tage
bis 3 Wochen.

Obgleich Duhamels Beschreibung der Drahtfabrikation sehr klar
und verständlich ist, so genügt sie doch nicht dem, der etwa einen
Drahtzug erbauen wollte. Hierfür hat Rinman genauere Angaben
gemacht 2), auf welche wir verweisen.

Die Drahthütte, die er beschreibt, hat acht Zangen und vier
Rollen. Die acht Zangen sind an einer Wasserradwelle so ange-
bracht, dass sich immer je zwei Ziehbänke, deren Zangen von den-

1) Siehe Duhamel, Trefilerie Tab. IV. Descriptions des arts et metiers,
Tome XV.
2) Rinman, Afhandling rörande Mechaniken, Tom. II, 1794 und Blumhof,
Encykl. d. Eisenhüttenkunde, Bd. I, Art. Drahtzieherei.

Drahtzieherei. Nähnadelfabrikation.
Ziehen ging langsam, indem der Draht bei jedem Zug nur 3 bis
4 Zoll vorrückte. Auch bekam der Draht viele Zangenbisse, die seine
Güte und Schönheit beeinträchtigten. Hierauf brachte man den Draht
erst auf die grobe Handrolle, welche horizontal, wie ein Haspel,
von zwei Arbeitern bewegt wurde. Hatte er hier den nötigen Grad
der Feinheit erlangt, so kam er auf die stehende Rolle (bobine verti-
cale), welche von einem Arbeiter (tireur de fer), wie eine Kaffeemühle
gedreht wurde 1). Die Ziehbank, auf der dies geschah, war 4½ Fuſs
lang und 1½ Fuſs breit. Eine solche Handrolle hatte 6 Zoll Durch-
messer. Man zog den Eisendraht höchstens bis auf ⅛ Linie Durch-
messer für Kratzendraht, nur die feinen Zithersaiten aus Stahldraht
waren noch dünner. Diese feinsten Sorten wurden in Frankreich
damals nicht gemacht. Natürlich muſste man auch den feinen Draht
von Zeit zu Zeit ausglühen, was in geschlossenen Öfen in eisernen
Töpfen geschah. Man verwendete dazu Lochkuchen als Brennmaterial
und verbrauchte 700 bis 800 Stück zum Ausglühen von 100 Pfund
Draht. Das Glühen dauerte zehn bis zwölf Stunden. Man lieſs den
Draht in dem Gefäſs kalt werden, was weitere zehn bis zwölf Stunden
in Anspruch nahm. Rollendraht (à rouet) nannte man den feinen
Draht, der von 10 auf 18 Fuſs ausgezogen war, Nadeldraht (à épingle)
von 10 auf 20 Fuſs, Kratzendraht (pour cardes) von 10 auf 30 Fuſs.
Stahldraht wurde in Frankreich aus ungarischem Stahl gemacht, der
erst auf die Dicke eines kleinen Fingers ausgeschmiedet wurde. Dieser
wurde in Stücke oder Knüppel geteilt, wie das Eisen, und in derselben
Weise gezogen. Er muſste noch öfter geglüht werden als das Eisen.

Man rechnete in Frankreich den Draht nach Dutzendpfund
(douzaine de livres). Für ein Dutzendpfund Grobstahldraht brauchte
man drei Tage, für ein Dutzendpfund vom feinsten Draht 14 Tage
bis 3 Wochen.

Obgleich Duhamels Beschreibung der Drahtfabrikation sehr klar
und verständlich ist, so genügt sie doch nicht dem, der etwa einen
Drahtzug erbauen wollte. Hierfür hat Rinman genauere Angaben
gemacht 2), auf welche wir verweisen.

Die Drahthütte, die er beschreibt, hat acht Zangen und vier
Rollen. Die acht Zangen sind an einer Wasserradwelle so ange-
bracht, daſs sich immer je zwei Ziehbänke, deren Zangen von den-

1) Siehe Duhamel, Tréfilerie Tab. IV. Descriptions des arts et métiers,
Tome XV.
2) Rinman, Afhandling rörande Mechaniken, Tom. II, 1794 und Blumhof,
Encykl. d. Eisenhüttenkunde, Bd. I, Art. Drahtzieherei.
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[462/0476] Drahtzieherei. Nähnadelfabrikation. Ziehen ging langsam, indem der Draht bei jedem Zug nur 3 bis 4 Zoll vorrückte. Auch bekam der Draht viele Zangenbisse, die seine Güte und Schönheit beeinträchtigten. Hierauf brachte man den Draht erst auf die grobe Handrolle, welche horizontal, wie ein Haspel, von zwei Arbeitern bewegt wurde. Hatte er hier den nötigen Grad der Feinheit erlangt, so kam er auf die stehende Rolle (bobine verti- cale), welche von einem Arbeiter (tireur de fer), wie eine Kaffeemühle gedreht wurde 1). Die Ziehbank, auf der dies geschah, war 4½ Fuſs lang und 1½ Fuſs breit. Eine solche Handrolle hatte 6 Zoll Durch- messer. Man zog den Eisendraht höchstens bis auf ⅛ Linie Durch- messer für Kratzendraht, nur die feinen Zithersaiten aus Stahldraht waren noch dünner. Diese feinsten Sorten wurden in Frankreich damals nicht gemacht. Natürlich muſste man auch den feinen Draht von Zeit zu Zeit ausglühen, was in geschlossenen Öfen in eisernen Töpfen geschah. Man verwendete dazu Lochkuchen als Brennmaterial und verbrauchte 700 bis 800 Stück zum Ausglühen von 100 Pfund Draht. Das Glühen dauerte zehn bis zwölf Stunden. Man lieſs den Draht in dem Gefäſs kalt werden, was weitere zehn bis zwölf Stunden in Anspruch nahm. Rollendraht (à rouet) nannte man den feinen Draht, der von 10 auf 18 Fuſs ausgezogen war, Nadeldraht (à épingle) von 10 auf 20 Fuſs, Kratzendraht (pour cardes) von 10 auf 30 Fuſs. Stahldraht wurde in Frankreich aus ungarischem Stahl gemacht, der erst auf die Dicke eines kleinen Fingers ausgeschmiedet wurde. Dieser wurde in Stücke oder Knüppel geteilt, wie das Eisen, und in derselben Weise gezogen. Er muſste noch öfter geglüht werden als das Eisen. Man rechnete in Frankreich den Draht nach Dutzendpfund (douzaine de livres). Für ein Dutzendpfund Grobstahldraht brauchte man drei Tage, für ein Dutzendpfund vom feinsten Draht 14 Tage bis 3 Wochen. Obgleich Duhamels Beschreibung der Drahtfabrikation sehr klar und verständlich ist, so genügt sie doch nicht dem, der etwa einen Drahtzug erbauen wollte. Hierfür hat Rinman genauere Angaben gemacht 2), auf welche wir verweisen. Die Drahthütte, die er beschreibt, hat acht Zangen und vier Rollen. Die acht Zangen sind an einer Wasserradwelle so ange- bracht, daſs sich immer je zwei Ziehbänke, deren Zangen von den- 1) Siehe Duhamel, Tréfilerie Tab. IV. Descriptions des arts et métiers, Tome XV. 2) Rinman, Afhandling rörande Mechaniken, Tom. II, 1794 und Blumhof, Encykl. d. Eisenhüttenkunde, Bd. I, Art. Drahtzieherei.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 462. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/476>, abgerufen am 23.11.2024.