die Ecken, welche der Schlacken- und Aschenzacken mit dem Form- zacken machen, ausgelegt waren. Die Tiefe des Feuers vom Boden bis an den Wind betrug nur 5 Zoll. Man verarbeitete halbiertes Roheisen aus Lindner und Storer Erzen. Dasselbe wurde in ziemlich grossen Brocken auf den Gichtzacken eingesetzt und niedergeschmolzen. Man gab 12 kg auf einmal ein, welche Menge in drei bis vier Stunden zu einer Stahlluppe von 8 kg eingeschmolzen war, die dann ausgebrochen und geschmiedet wurde. So fuhr man von zwei zu zwei Stunden fort, doch konnte man in acht bis neun Stunden nur etwa 32 kg Stahl machen, weil die übrige Zeit zum Abkühlen des Herdes erforderlich war. Der Frischer musste acht geben, dass das Eisen nicht zum Kochen kam. Rinman, der diesen Prozess beschrieben hat 1), erstaunt sich, dass man mit so schwachem Gebläse soviel fertig bringe. Sicher- lich war es aber überhaupt nur dem schwachen Gebläse zuzuschreiben, dass auf diese Weise Stahl erzeugt werden konnte, indem bei stärkerem Gebläse unzweifelhaft ein Kochfrischen eintreten musste.
Sven Rinman hat mit grossem Eifer Versuche über die Um- wandlung von Roheisen in Stahl durch blosses Glühen ange- stellt. Dass dies überhaupt möglich sei, hatte Reaumur nachgewiesen. Dieser legte aber ausschliesslich nur Wert darauf, Gusswaren durch solches Glühfrischen in weiches Eisen, sogenannten schmiedbaren Guss, zu verwandeln und erwähnte nur nebenher die Möglichkeit, auf diesem Wege auch Stahl zu erhalten. Rinman glaubte umgekehrt, dass sich dieses Verfahren vorteilhafter zur Stahlfabrikation als für schmied- baren Guss verwerten liesse. Er verfuhr bei seinen Versuchen ganz in derselben Weise wie Reaumur, indem er das Glühen in verklebten Tiegeln oder Thonkisten meistens im Stahlbrennofen, zuweilen auch in einem kleinen Windofen vornahm.
Beim Glühen im offenen Feuer bedeckte sich das Roheisen an der Oberfläche mit einer Glühspanschicht, unter dieser folgte erst eine weiche, schmiedeeisenartige, dann eine harte stahlartige Lage und hierauf im Inneren unverändertes Roheisen. Bei zwölftägigem Glühen im geschlossenen Tiegel ohne Zusatz war die Glühspanbildung sehr gering, das Eisen sehr weich, aber nicht schmiedbar. Ebensowenig wurde Roheisen, welches in Kohlenstaub geglüht wurde, geschmeidig. Dagegen gaben die Versuche beim Glühen im verschlossenen Tiegel in einer Ausfüllung von Knochenasche, welche schon Reaumur besonders empfohlen hatte, günstige Resultate. Rinman stellte eine
1) l. c. Bd. II, S. 543.
Stahlfrischen um die Mitte des 18. Jahrhunderts.
die Ecken, welche der Schlacken- und Aschenzacken mit dem Form- zacken machen, ausgelegt waren. Die Tiefe des Feuers vom Boden bis an den Wind betrug nur 5 Zoll. Man verarbeitete halbiertes Roheisen aus Lindner und Storer Erzen. Dasselbe wurde in ziemlich groſsen Brocken auf den Gichtzacken eingesetzt und niedergeschmolzen. Man gab 12 kg auf einmal ein, welche Menge in drei bis vier Stunden zu einer Stahlluppe von 8 kg eingeschmolzen war, die dann ausgebrochen und geschmiedet wurde. So fuhr man von zwei zu zwei Stunden fort, doch konnte man in acht bis neun Stunden nur etwa 32 kg Stahl machen, weil die übrige Zeit zum Abkühlen des Herdes erforderlich war. Der Frischer muſste acht geben, daſs das Eisen nicht zum Kochen kam. Rinman, der diesen Prozeſs beschrieben hat 1), erstaunt sich, daſs man mit so schwachem Gebläse soviel fertig bringe. Sicher- lich war es aber überhaupt nur dem schwachen Gebläse zuzuschreiben, daſs auf diese Weise Stahl erzeugt werden konnte, indem bei stärkerem Gebläse unzweifelhaft ein Kochfrischen eintreten muſste.
Sven Rinman hat mit groſsem Eifer Versuche über die Um- wandlung von Roheisen in Stahl durch bloſses Glühen ange- stellt. Daſs dies überhaupt möglich sei, hatte Reaumur nachgewiesen. Dieser legte aber ausschlieſslich nur Wert darauf, Guſswaren durch solches Glühfrischen in weiches Eisen, sogenannten schmiedbaren Guſs, zu verwandeln und erwähnte nur nebenher die Möglichkeit, auf diesem Wege auch Stahl zu erhalten. Rinman glaubte umgekehrt, daſs sich dieses Verfahren vorteilhafter zur Stahlfabrikation als für schmied- baren Guſs verwerten lieſse. Er verfuhr bei seinen Versuchen ganz in derselben Weise wie Reaumur, indem er das Glühen in verklebten Tiegeln oder Thonkisten meistens im Stahlbrennofen, zuweilen auch in einem kleinen Windofen vornahm.
Beim Glühen im offenen Feuer bedeckte sich das Roheisen an der Oberfläche mit einer Glühspanschicht, unter dieser folgte erst eine weiche, schmiedeeisenartige, dann eine harte stahlartige Lage und hierauf im Inneren unverändertes Roheisen. Bei zwölftägigem Glühen im geschlossenen Tiegel ohne Zusatz war die Glühspanbildung sehr gering, das Eisen sehr weich, aber nicht schmiedbar. Ebensowenig wurde Roheisen, welches in Kohlenstaub geglüht wurde, geschmeidig. Dagegen gaben die Versuche beim Glühen im verschlossenen Tiegel in einer Ausfüllung von Knochenasche, welche schon Reaumur besonders empfohlen hatte, günstige Resultate. Rinman stellte eine
1) l. c. Bd. II, S. 543.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><p><pbfacs="#f0444"n="430"/><fwplace="top"type="header">Stahlfrischen um die Mitte des 18. Jahrhunderts.</fw><lb/>
die Ecken, welche der Schlacken- und Aschenzacken mit dem Form-<lb/>
zacken machen, ausgelegt waren. Die Tiefe des Feuers vom Boden<lb/>
bis an den Wind betrug nur 5 Zoll. Man verarbeitete halbiertes<lb/>
Roheisen aus Lindner und Storer Erzen. Dasselbe wurde in ziemlich<lb/>
groſsen Brocken auf den Gichtzacken eingesetzt und niedergeschmolzen.<lb/>
Man gab 12 kg auf einmal ein, welche Menge in drei bis vier Stunden zu<lb/>
einer Stahlluppe von 8 kg eingeschmolzen war, die dann ausgebrochen<lb/>
und geschmiedet wurde. So fuhr man von zwei zu zwei Stunden fort,<lb/>
doch konnte man in acht bis neun Stunden nur etwa 32 kg Stahl<lb/>
machen, weil die übrige Zeit zum Abkühlen des Herdes erforderlich<lb/>
war. Der Frischer muſste acht geben, daſs das Eisen nicht zum<lb/>
Kochen kam. <hirendition="#g">Rinman</hi>, der diesen Prozeſs beschrieben hat <noteplace="foot"n="1)">l. c. Bd. II, S. 543.</note>, erstaunt<lb/>
sich, daſs man mit so schwachem Gebläse soviel fertig bringe. Sicher-<lb/>
lich war es aber überhaupt nur dem schwachen Gebläse zuzuschreiben,<lb/>
daſs auf diese Weise Stahl erzeugt werden konnte, indem bei stärkerem<lb/>
Gebläse unzweifelhaft ein Kochfrischen eintreten muſste.</p><lb/><p><hirendition="#g">Sven Rinman</hi> hat mit groſsem Eifer Versuche über die <hirendition="#g">Um-<lb/>
wandlung von Roheisen in Stahl</hi> durch bloſses <hirendition="#g">Glühen</hi> ange-<lb/>
stellt. Daſs dies überhaupt möglich sei, hatte <hirendition="#g">Reaumur</hi> nachgewiesen.<lb/>
Dieser legte aber ausschlieſslich nur Wert darauf, Guſswaren durch<lb/>
solches Glühfrischen in weiches Eisen, sogenannten schmiedbaren Guſs,<lb/>
zu verwandeln und erwähnte nur nebenher die Möglichkeit, auf diesem<lb/>
Wege auch Stahl zu erhalten. <hirendition="#g">Rinman</hi> glaubte umgekehrt, daſs<lb/>
sich dieses Verfahren vorteilhafter zur Stahlfabrikation als für schmied-<lb/>
baren Guſs verwerten lieſse. Er verfuhr bei seinen Versuchen ganz<lb/>
in derselben Weise wie <hirendition="#g">Reaumur</hi>, indem er das Glühen in verklebten<lb/>
Tiegeln oder Thonkisten meistens im Stahlbrennofen, zuweilen auch<lb/>
in einem kleinen Windofen vornahm.</p><lb/><p>Beim Glühen im offenen Feuer bedeckte sich das Roheisen an<lb/>
der Oberfläche mit einer Glühspanschicht, unter dieser folgte erst eine<lb/>
weiche, schmiedeeisenartige, dann eine harte stahlartige Lage und<lb/>
hierauf im Inneren unverändertes Roheisen. Bei zwölftägigem Glühen<lb/>
im geschlossenen Tiegel ohne Zusatz war die Glühspanbildung sehr<lb/>
gering, das Eisen sehr weich, aber nicht schmiedbar. Ebensowenig<lb/>
wurde Roheisen, welches in Kohlenstaub geglüht wurde, geschmeidig.<lb/>
Dagegen gaben die Versuche beim Glühen im verschlossenen Tiegel<lb/>
in einer Ausfüllung von Knochenasche, welche schon <hirendition="#g">Reaumur</hi><lb/>
besonders empfohlen hatte, günstige Resultate. <hirendition="#g">Rinman</hi> stellte eine<lb/></p></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[430/0444]
Stahlfrischen um die Mitte des 18. Jahrhunderts.
die Ecken, welche der Schlacken- und Aschenzacken mit dem Form-
zacken machen, ausgelegt waren. Die Tiefe des Feuers vom Boden
bis an den Wind betrug nur 5 Zoll. Man verarbeitete halbiertes
Roheisen aus Lindner und Storer Erzen. Dasselbe wurde in ziemlich
groſsen Brocken auf den Gichtzacken eingesetzt und niedergeschmolzen.
Man gab 12 kg auf einmal ein, welche Menge in drei bis vier Stunden zu
einer Stahlluppe von 8 kg eingeschmolzen war, die dann ausgebrochen
und geschmiedet wurde. So fuhr man von zwei zu zwei Stunden fort,
doch konnte man in acht bis neun Stunden nur etwa 32 kg Stahl
machen, weil die übrige Zeit zum Abkühlen des Herdes erforderlich
war. Der Frischer muſste acht geben, daſs das Eisen nicht zum
Kochen kam. Rinman, der diesen Prozeſs beschrieben hat 1), erstaunt
sich, daſs man mit so schwachem Gebläse soviel fertig bringe. Sicher-
lich war es aber überhaupt nur dem schwachen Gebläse zuzuschreiben,
daſs auf diese Weise Stahl erzeugt werden konnte, indem bei stärkerem
Gebläse unzweifelhaft ein Kochfrischen eintreten muſste.
Sven Rinman hat mit groſsem Eifer Versuche über die Um-
wandlung von Roheisen in Stahl durch bloſses Glühen ange-
stellt. Daſs dies überhaupt möglich sei, hatte Reaumur nachgewiesen.
Dieser legte aber ausschlieſslich nur Wert darauf, Guſswaren durch
solches Glühfrischen in weiches Eisen, sogenannten schmiedbaren Guſs,
zu verwandeln und erwähnte nur nebenher die Möglichkeit, auf diesem
Wege auch Stahl zu erhalten. Rinman glaubte umgekehrt, daſs
sich dieses Verfahren vorteilhafter zur Stahlfabrikation als für schmied-
baren Guſs verwerten lieſse. Er verfuhr bei seinen Versuchen ganz
in derselben Weise wie Reaumur, indem er das Glühen in verklebten
Tiegeln oder Thonkisten meistens im Stahlbrennofen, zuweilen auch
in einem kleinen Windofen vornahm.
Beim Glühen im offenen Feuer bedeckte sich das Roheisen an
der Oberfläche mit einer Glühspanschicht, unter dieser folgte erst eine
weiche, schmiedeeisenartige, dann eine harte stahlartige Lage und
hierauf im Inneren unverändertes Roheisen. Bei zwölftägigem Glühen
im geschlossenen Tiegel ohne Zusatz war die Glühspanbildung sehr
gering, das Eisen sehr weich, aber nicht schmiedbar. Ebensowenig
wurde Roheisen, welches in Kohlenstaub geglüht wurde, geschmeidig.
Dagegen gaben die Versuche beim Glühen im verschlossenen Tiegel
in einer Ausfüllung von Knochenasche, welche schon Reaumur
besonders empfohlen hatte, günstige Resultate. Rinman stellte eine
1) l. c. Bd. II, S. 543.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 430. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/444>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.