stoffs bei niedriger Temperatur bewirkt werden. Jars giebt in seinem Reisebericht auch über das Stahlfrischen verschiedene Nachrichten.
In Steiermark war man durch den Übergang zum Flossofenbetrieb auch zum Stahlfrischen übergegangen.
Die steierische Rohstahlarbeit war mit der steierischen Löscharbeit für Roheisen so verwandt und in so unmittelbarem Zusammenhang, dass häufig in denselben Herden abwechselnd einmal Roheisen und einmal Stahl erzeugt wurde. Jars schreibt (1757) darüber: Zum Stahlmachen aus Floss nimmt man den harten und bratet ihn nicht. Man baut ein Feuer, welches demjenigen, in dem man das Eisen verfrischt, gleich ist, nur mit dem wesentlichen Unter- schied, dass man die Form mehr stechen lässt, die Stübbe weniger anfeuchtet und nur sehr wenig Schlacken zusetzt. Anfänglich schmiedet man die Stahlkolben von einer vorhergegangenen Arbeit aus, um dem Herd Zeit zu lassen, in Hitze zu kommen. Alsdann trägt man viel Kohlen auf den Herd und legt in zwei Zangen die eine Hälfte des Flosses, den man verfrischen will, auf und nach Verlauf von 11/2 Stunden die zweite Hälfte. Die Arbeit dauert ebenso lange als bei der Verfrischung des Eisens, allein man setzt sehr wenig Schlacken zu, weil man sie während der ganzen Arbeit nicht abzieht und auch der Floss selbst genug Schlacken giebt. Man zieht diese erst dann ab, wenn der Stahl in einer Luppe aus dem Feuer gebracht wird. Geschieht dies, so beklopft man sie nicht mit einem hölzernen Schlegel, sie wird auch nicht gezängt, sondern man teilt sie gleich in verschiedene Kolben, an deren Härte man unter dem Hammer er- kennt, dass es kein Eisen sei. Die ausgeschmiedeten Stangen kommen dann in die Raffinierhämmer. Je mehr dieser Stahl gegärbt wird, desto besser wird er, desto mehr Güte bekommt er, während der Stahl, welcher aus Schmiedeeisen gemacht ist, beim öfteren Schmieden an seiner Qualität verliert. Man macht aus dem Rauh- oder Rohstahl: 1. gemeinen Stahl, 2. feinen oder Mittel-Stahl, 3. Kernstahl, 4. Scharren- stahl und endlich 5. Münzstahl, welcher der beste und teuerste ist.
Bei der steierischen Rohstahlarbeit nahm man also weisse Flossen von schwach übersetztem Gang, die keiner weiteren Vorbereitung unterworfen wurden, während man in Kärnten und Krain das Eisen erst einschmolz und in Böden abhob. Dangenoust und Wendel machen zu Jars Beschreibung noch folgende Zusätze: Der Herd hat oben 24, am Boden 21 Zoll Quadrat und 16 Zoll Höhe. Die Form ragt 5 Zoll in den Herd hinein. Das Roheisen wird in Zangen, welche 3 bis 4 Stücke Floss halten, längs dem Formzacken, der Form gerade
Stahlfrischen um die Mitte des 18. Jahrhunderts.
stoffs bei niedriger Temperatur bewirkt werden. Jars giebt in seinem Reisebericht auch über das Stahlfrischen verschiedene Nachrichten.
In Steiermark war man durch den Übergang zum Floſsofenbetrieb auch zum Stahlfrischen übergegangen.
Die steierische Rohstahlarbeit war mit der steierischen Löscharbeit für Roheisen so verwandt und in so unmittelbarem Zusammenhang, daſs häufig in denselben Herden abwechselnd einmal Roheisen und einmal Stahl erzeugt wurde. Jars schreibt (1757) darüber: Zum Stahlmachen aus Floſs nimmt man den harten und bratet ihn nicht. Man baut ein Feuer, welches demjenigen, in dem man das Eisen verfrischt, gleich ist, nur mit dem wesentlichen Unter- schied, daſs man die Form mehr stechen läſst, die Stübbe weniger anfeuchtet und nur sehr wenig Schlacken zusetzt. Anfänglich schmiedet man die Stahlkolben von einer vorhergegangenen Arbeit aus, um dem Herd Zeit zu lassen, in Hitze zu kommen. Alsdann trägt man viel Kohlen auf den Herd und legt in zwei Zangen die eine Hälfte des Flosses, den man verfrischen will, auf und nach Verlauf von 1½ Stunden die zweite Hälfte. Die Arbeit dauert ebenso lange als bei der Verfrischung des Eisens, allein man setzt sehr wenig Schlacken zu, weil man sie während der ganzen Arbeit nicht abzieht und auch der Floſs selbst genug Schlacken giebt. Man zieht diese erst dann ab, wenn der Stahl in einer Luppe aus dem Feuer gebracht wird. Geschieht dies, so beklopft man sie nicht mit einem hölzernen Schlegel, sie wird auch nicht gezängt, sondern man teilt sie gleich in verschiedene Kolben, an deren Härte man unter dem Hammer er- kennt, daſs es kein Eisen sei. Die ausgeschmiedeten Stangen kommen dann in die Raffinierhämmer. Je mehr dieser Stahl gegärbt wird, desto besser wird er, desto mehr Güte bekommt er, während der Stahl, welcher aus Schmiedeeisen gemacht ist, beim öfteren Schmieden an seiner Qualität verliert. Man macht aus dem Rauh- oder Rohstahl: 1. gemeinen Stahl, 2. feinen oder Mittel-Stahl, 3. Kernstahl, 4. Scharren- stahl und endlich 5. Münzstahl, welcher der beste und teuerste ist.
Bei der steierischen Rohstahlarbeit nahm man also weiſse Flossen von schwach übersetztem Gang, die keiner weiteren Vorbereitung unterworfen wurden, während man in Kärnten und Krain das Eisen erst einschmolz und in Böden abhob. Dangenoust und Wendel machen zu Jars Beschreibung noch folgende Zusätze: Der Herd hat oben 24, am Boden 21 Zoll Quadrat und 16 Zoll Höhe. Die Form ragt 5 Zoll in den Herd hinein. Das Roheisen wird in Zangen, welche 3 bis 4 Stücke Floſs halten, längs dem Formzacken, der Form gerade
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Stahlfrischen um die Mitte des 18. Jahrhunderts.
stoffs bei niedriger Temperatur bewirkt werden. Jars giebt in seinem
Reisebericht auch über das Stahlfrischen verschiedene Nachrichten.
In Steiermark war man durch den Übergang zum Floſsofenbetrieb
auch zum Stahlfrischen übergegangen.
Die steierische Rohstahlarbeit war mit der steierischen
Löscharbeit für Roheisen so verwandt und in so unmittelbarem
Zusammenhang, daſs häufig in denselben Herden abwechselnd einmal
Roheisen und einmal Stahl erzeugt wurde. Jars schreibt (1757)
darüber: Zum Stahlmachen aus Floſs nimmt man den harten und
bratet ihn nicht. Man baut ein Feuer, welches demjenigen, in dem
man das Eisen verfrischt, gleich ist, nur mit dem wesentlichen Unter-
schied, daſs man die Form mehr stechen läſst, die Stübbe weniger
anfeuchtet und nur sehr wenig Schlacken zusetzt. Anfänglich schmiedet
man die Stahlkolben von einer vorhergegangenen Arbeit aus, um
dem Herd Zeit zu lassen, in Hitze zu kommen. Alsdann trägt man
viel Kohlen auf den Herd und legt in zwei Zangen die eine Hälfte
des Flosses, den man verfrischen will, auf und nach Verlauf von
1½ Stunden die zweite Hälfte. Die Arbeit dauert ebenso lange als
bei der Verfrischung des Eisens, allein man setzt sehr wenig Schlacken
zu, weil man sie während der ganzen Arbeit nicht abzieht und auch
der Floſs selbst genug Schlacken giebt. Man zieht diese erst dann
ab, wenn der Stahl in einer Luppe aus dem Feuer gebracht wird.
Geschieht dies, so beklopft man sie nicht mit einem hölzernen
Schlegel, sie wird auch nicht gezängt, sondern man teilt sie gleich
in verschiedene Kolben, an deren Härte man unter dem Hammer er-
kennt, daſs es kein Eisen sei. Die ausgeschmiedeten Stangen kommen
dann in die Raffinierhämmer. Je mehr dieser Stahl gegärbt wird,
desto besser wird er, desto mehr Güte bekommt er, während der Stahl,
welcher aus Schmiedeeisen gemacht ist, beim öfteren Schmieden an
seiner Qualität verliert. Man macht aus dem Rauh- oder Rohstahl:
1. gemeinen Stahl, 2. feinen oder Mittel-Stahl, 3. Kernstahl, 4. Scharren-
stahl und endlich 5. Münzstahl, welcher der beste und teuerste ist.
Bei der steierischen Rohstahlarbeit nahm man also weiſse Flossen
von schwach übersetztem Gang, die keiner weiteren Vorbereitung
unterworfen wurden, während man in Kärnten und Krain das Eisen
erst einschmolz und in Böden abhob. Dangenoust und Wendel
machen zu Jars Beschreibung noch folgende Zusätze: Der Herd hat
oben 24, am Boden 21 Zoll Quadrat und 16 Zoll Höhe. Die Form
ragt 5 Zoll in den Herd hinein. Das Roheisen wird in Zangen, welche
3 bis 4 Stücke Floſs halten, längs dem Formzacken, der Form gerade
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 410. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/424>, abgerufen am 21.11.2024.
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