Das Eisenfrischen um die Mitte des 18. Jahrhunderts.
Zwischen diesen Extremen, dem Kaltfrischen und dem richtigen Warmfrischen lagen aber viele mögliche Zwischenstufen und in der That begegnete man diesen auch in der Praxis. Die Arbeiter waren immer geneigt, die Luppenbildung nach dem Einschmelzen zu be- schleunigen, um sich die Arbeit zu erleichtern. Infolge dessen ent- wickelten sich mancherlei Verfahrungsweisen, welche mehr oder weniger von der richtigen deutschen Frischmethode nach der Seite der Kalt- frischschmiede hin abwichen. Manche dieser Zwischenarten sind als selbständige Methoden beschrieben und mit besonderen Namen be- zeichnet worden, was im Grunde nicht nötig gewesen wäre, und das Verständnis nicht wesentlich gefördert hat. In Schweden, wo eben- falls ein sehr gutes Roheisen zur Verfügung stand, haben die Frischer das deutsche Verfahren in diesem Sinne in verschiedener Weise ab- geändert. Eine in Schweden gebräuchliche Frischmethode dieser Art war die Butschmiede, oder von but = Klumpen auch Klump- frischen genannt. Man verwendete dazu ein sehr gutes, leicht- frischendes Roheisen. Zur Zeit des Einschmelzens oder des Aus- schmiedens der Schirbel von dem vorigen Deul rührte der Frischer durchaus nicht im Herd, sondern sorgte nur, dass das Eisen so lang- sam abschmolz, dass, sobald das Ausschmieden beendet war, man das Eisen "in den Klump gehen (ga in but)" liess, was dadurch geschah, dass man das Gebläse abhing, die Kohlen wegzog und Wasser auf die heisse Masse schüttete, um das Festwerden zu beschleunigen.
Der But wurde dann aufgebrochen, umgewendet, auf frische Kohlen gesetzt und sogleich gar eingeschmolzen. Der Frischer, der sonst während dem ganzen Prozess wenig Mühe hatte, muss nur beim Deul- machen grössere Sorgfalt darauf verwenden, dass das eingemengte rohe Eisen nicht in diesem Zustande mit einging, sondern gehörig durch- gearbeitet wurde. Man schmolz 2 bis 3 Centner, zuweilen noch mehr auf den Satz. Dem entsprechend war der Herd gross (26 x 29 Zoll im Mittel), aber nur 11 bis 12 Zoll tief und war flacher Wind erforder- lich. Grelles Roheisen war für die Butschmiede am besten und härtete man das Eisen in Schweden oft künstlich, indem man die eben er- starrten Roheisengänze in kaltem Wasser ablöschte. Ein fleissiger Frischer konnte bei dem grossen Einsatz und dem einfachen Verfahren aus geeignetem reinem Roheisen viel Frischeisen machen. Für graues, oder, wie es die Frischer nannten, gares Roheisen, war dieses Verfahren nicht anwendbar und gab ein sehr schlechtes Produkt, weshalb Rinman das ganze Verfahren als ein schlechtes bezeichnet 1). Man
1) Siehe Rinman, Geschichte des Eisens, d. v. Karsten, Bd. I, S. 569.
Das Eisenfrischen um die Mitte des 18. Jahrhunderts.
Zwischen diesen Extremen, dem Kaltfrischen und dem richtigen Warmfrischen lagen aber viele mögliche Zwischenstufen und in der That begegnete man diesen auch in der Praxis. Die Arbeiter waren immer geneigt, die Luppenbildung nach dem Einschmelzen zu be- schleunigen, um sich die Arbeit zu erleichtern. Infolge dessen ent- wickelten sich mancherlei Verfahrungsweisen, welche mehr oder weniger von der richtigen deutschen Frischmethode nach der Seite der Kalt- frischschmiede hin abwichen. Manche dieser Zwischenarten sind als selbständige Methoden beschrieben und mit besonderen Namen be- zeichnet worden, was im Grunde nicht nötig gewesen wäre, und das Verständnis nicht wesentlich gefördert hat. In Schweden, wo eben- falls ein sehr gutes Roheisen zur Verfügung stand, haben die Frischer das deutsche Verfahren in diesem Sinne in verschiedener Weise ab- geändert. Eine in Schweden gebräuchliche Frischmethode dieser Art war die Butschmiede, oder von but = Klumpen auch Klump- frischen genannt. Man verwendete dazu ein sehr gutes, leicht- frischendes Roheisen. Zur Zeit des Einschmelzens oder des Aus- schmiedens der Schirbel von dem vorigen Deul rührte der Frischer durchaus nicht im Herd, sondern sorgte nur, daſs das Eisen so lang- sam abschmolz, daſs, sobald das Ausschmieden beendet war, man das Eisen „in den Klump gehen (gå in but)“ lieſs, was dadurch geschah, daſs man das Gebläse abhing, die Kohlen wegzog und Wasser auf die heiſse Masse schüttete, um das Festwerden zu beschleunigen.
Der But wurde dann aufgebrochen, umgewendet, auf frische Kohlen gesetzt und sogleich gar eingeschmolzen. Der Frischer, der sonst während dem ganzen Prozeſs wenig Mühe hatte, muſs nur beim Deul- machen gröſsere Sorgfalt darauf verwenden, daſs das eingemengte rohe Eisen nicht in diesem Zustande mit einging, sondern gehörig durch- gearbeitet wurde. Man schmolz 2 bis 3 Centner, zuweilen noch mehr auf den Satz. Dem entsprechend war der Herd groſs (26 × 29 Zoll im Mittel), aber nur 11 bis 12 Zoll tief und war flacher Wind erforder- lich. Grelles Roheisen war für die Butschmiede am besten und härtete man das Eisen in Schweden oft künstlich, indem man die eben er- starrten Roheisengänze in kaltem Wasser ablöschte. Ein fleiſsiger Frischer konnte bei dem groſsen Einsatz und dem einfachen Verfahren aus geeignetem reinem Roheisen viel Frischeisen machen. Für graues, oder, wie es die Frischer nannten, gares Roheisen, war dieses Verfahren nicht anwendbar und gab ein sehr schlechtes Produkt, weshalb Rinman das ganze Verfahren als ein schlechtes bezeichnet 1). Man
1) Siehe Rinman, Geschichte des Eisens, d. v. Karsten, Bd. I, S. 569.
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Das Eisenfrischen um die Mitte des 18. Jahrhunderts.
Zwischen diesen Extremen, dem Kaltfrischen und dem richtigen
Warmfrischen lagen aber viele mögliche Zwischenstufen und in der
That begegnete man diesen auch in der Praxis. Die Arbeiter waren
immer geneigt, die Luppenbildung nach dem Einschmelzen zu be-
schleunigen, um sich die Arbeit zu erleichtern. Infolge dessen ent-
wickelten sich mancherlei Verfahrungsweisen, welche mehr oder weniger
von der richtigen deutschen Frischmethode nach der Seite der Kalt-
frischschmiede hin abwichen. Manche dieser Zwischenarten sind als
selbständige Methoden beschrieben und mit besonderen Namen be-
zeichnet worden, was im Grunde nicht nötig gewesen wäre, und das
Verständnis nicht wesentlich gefördert hat. In Schweden, wo eben-
falls ein sehr gutes Roheisen zur Verfügung stand, haben die Frischer
das deutsche Verfahren in diesem Sinne in verschiedener Weise ab-
geändert. Eine in Schweden gebräuchliche Frischmethode dieser Art
war die Butschmiede, oder von but = Klumpen auch Klump-
frischen genannt. Man verwendete dazu ein sehr gutes, leicht-
frischendes Roheisen. Zur Zeit des Einschmelzens oder des Aus-
schmiedens der Schirbel von dem vorigen Deul rührte der Frischer
durchaus nicht im Herd, sondern sorgte nur, daſs das Eisen so lang-
sam abschmolz, daſs, sobald das Ausschmieden beendet war, man das
Eisen „in den Klump gehen (gå in but)“ lieſs, was dadurch geschah,
daſs man das Gebläse abhing, die Kohlen wegzog und Wasser auf
die heiſse Masse schüttete, um das Festwerden zu beschleunigen.
Der But wurde dann aufgebrochen, umgewendet, auf frische Kohlen
gesetzt und sogleich gar eingeschmolzen. Der Frischer, der sonst
während dem ganzen Prozeſs wenig Mühe hatte, muſs nur beim Deul-
machen gröſsere Sorgfalt darauf verwenden, daſs das eingemengte rohe
Eisen nicht in diesem Zustande mit einging, sondern gehörig durch-
gearbeitet wurde. Man schmolz 2 bis 3 Centner, zuweilen noch mehr
auf den Satz. Dem entsprechend war der Herd groſs (26 × 29 Zoll
im Mittel), aber nur 11 bis 12 Zoll tief und war flacher Wind erforder-
lich. Grelles Roheisen war für die Butschmiede am besten und härtete
man das Eisen in Schweden oft künstlich, indem man die eben er-
starrten Roheisengänze in kaltem Wasser ablöschte. Ein fleiſsiger
Frischer konnte bei dem groſsen Einsatz und dem einfachen Verfahren
aus geeignetem reinem Roheisen viel Frischeisen machen. Für graues,
oder, wie es die Frischer nannten, gares Roheisen, war dieses Verfahren
nicht anwendbar und gab ein sehr schlechtes Produkt, weshalb
Rinman das ganze Verfahren als ein schlechtes bezeichnet 1). Man
1) Siehe Rinman, Geschichte des Eisens, d. v. Karsten, Bd. I, S. 569.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 405. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/419>, abgerufen am 23.11.2024.
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