Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

Bild:
<< vorherige Seite

Das Eisenfrischen um die Mitte des 18. Jahrhunderts.
in den steierischen Frischhütten der wichtigste Mann und dem Heizer
oder Frischer vorgesetzt war. Nach der Härte erzeugte man folgende
Sorten: 1) Brucheisen, pyramidal zulaufende Stäbe von 4 Fuss Länge,
eigentlich ein eisenschüssiger Rohstahl, wurde auch als ordinärster
billigster Stahl, besonders zum Stählen geringer Werkzeuge ver-
wendet. 2) Sagbränder, flache Stäbe, 2 Zoll breit, 6 Fuss lang, stahl-
artig, aber weicher wie 1), hauptsächlich für grosse Sägeblätter.
3) Radschuhe und Radschuhflecke, keilförmige Platten, halbhart, auf
einer Seite mehr Stahl als Eisen, dienten zum Belegen der alten
Radschuhe der Frachtwagen. 4) Radreifen, 21/2 bis 61/2 Zoll breit,
1/2 bis 1 Zoll dick, 6 bis 9 Fuss lang, aus festem, hartem Eisen.
5) Flammen von ähnlicher Gestalt wie 1), dienten für Hacken, Hauen,
Schaufeln u. s. w., sehr gut ausgeheiztes, zähes, festes Eisen. 6) Weiss-
blechflammen, flache prismatische Stäbe, meist 4 Zoll breit, 3/4 Zoll
dick, von unbestimmter Länge, erforderten noch sorgfältigere Darstellung
als 5), dienten als Materialeisen für die Weissblechfabrikation. 7) Wagen-
achsen, in der Mitte kantig, an den Enden rund und dicker, von ver-
schiedenem Mass, das Eisen musste zäh und fest sein. 8) Schliessen-
eisen, wie Radreifen, nur schmäler wie 7). 9) Stabeisen, meist 1 bis
21/2 Zoll breit, 3 bis 4 Fuss lang, per Stück 10 bis 15 Pfund schwer, war
die feinste Gattung Grobwaren, aus weichem, zähem Eisen; es wurde
von den Faustschmieden für Bänder u. dergl. verwendet. 10) Mühl-
stangen, quadratisch 5/4 bis 10/4 zöllig, 5 bis 10 Fuss lang, aus weichem
Eisen. 11) Blechflammen, 4 bis 6 Zoll breit, 3/4 bis 6/4 Zoll dick, von
unbestimmter Länge, aus sehr weichem, gut ausgeheiztem Eisen, für
Schwarzbleche. 12) Zainprügel, quadratisch, am vorderen Ende ver-
jüngt, 6/4 bis 3/4 Zoll, 3 bis 4 Fuss lang, aus weichem, besonders gutem
Eisen, zu Nageleisen und Drahteisen. Zu diesen Sorten kamen auf
den Hämmern, die gleichzeitig Stahl frischten, noch verschiedene
Stahlsorten, die wir später aufzählen werden. Beim Ausschmieden
wurde die Massel in der ersten Hitze nur ganz gemacht und leicht
überschmiedet, worauf sie sogleich Schweisshitze bekam, in der sie
ausgeschmiedet wurde.

Zu einem Frischfeuer gehörten drei Mann, der Hammerschmied,
der Heizer und der Wassergeber, welche täglich in 16 Stunden vier
Dachel erzeugten. Der Hammerschmied bezog den Centnerlohn und
die Getreide- und Fett-Fassung und bezahlte und verköstigte seine
Leute. Jeder Dachel konnte bei guter Arbeit zu 100 kg veranschlagt
werden. Der Kohlenverbrauch stellte sich auf 4 bis 5 Fass zu 73/4 Kubik-
fuss für den Centner Stabeisen. Der Abbrand betrug 8 bis 12 Prozent.


Das Eisenfrischen um die Mitte des 18. Jahrhunderts.
in den steierischen Frischhütten der wichtigste Mann und dem Heizer
oder Frischer vorgesetzt war. Nach der Härte erzeugte man folgende
Sorten: 1) Brucheisen, pyramidal zulaufende Stäbe von 4 Fuſs Länge,
eigentlich ein eisenschüssiger Rohstahl, wurde auch als ordinärster
billigster Stahl, besonders zum Stählen geringer Werkzeuge ver-
wendet. 2) Sagbränder, flache Stäbe, 2 Zoll breit, 6 Fuſs lang, stahl-
artig, aber weicher wie 1), hauptsächlich für groſse Sägeblätter.
3) Radschuhe und Radschuhflecke, keilförmige Platten, halbhart, auf
einer Seite mehr Stahl als Eisen, dienten zum Belegen der alten
Radschuhe der Frachtwagen. 4) Radreifen, 2½ bis 6½ Zoll breit,
½ bis 1 Zoll dick, 6 bis 9 Fuſs lang, aus festem, hartem Eisen.
5) Flammen von ähnlicher Gestalt wie 1), dienten für Hacken, Hauen,
Schaufeln u. s. w., sehr gut ausgeheiztes, zähes, festes Eisen. 6) Weiſs-
blechflammen, flache prismatische Stäbe, meist 4 Zoll breit, ¾ Zoll
dick, von unbestimmter Länge, erforderten noch sorgfältigere Darstellung
als 5), dienten als Materialeisen für die Weiſsblechfabrikation. 7) Wagen-
achsen, in der Mitte kantig, an den Enden rund und dicker, von ver-
schiedenem Maſs, das Eisen muſste zäh und fest sein. 8) Schlieſsen-
eisen, wie Radreifen, nur schmäler wie 7). 9) Stabeisen, meist 1 bis
2½ Zoll breit, 3 bis 4 Fuſs lang, per Stück 10 bis 15 Pfund schwer, war
die feinste Gattung Grobwaren, aus weichem, zähem Eisen; es wurde
von den Faustschmieden für Bänder u. dergl. verwendet. 10) Mühl-
stangen, quadratisch 5/4 bis 10/4 zöllig, 5 bis 10 Fuſs lang, aus weichem
Eisen. 11) Blechflammen, 4 bis 6 Zoll breit, ¾ bis 6/4 Zoll dick, von
unbestimmter Länge, aus sehr weichem, gut ausgeheiztem Eisen, für
Schwarzbleche. 12) Zainprügel, quadratisch, am vorderen Ende ver-
jüngt, 6/4 bis ¾ Zoll, 3 bis 4 Fuſs lang, aus weichem, besonders gutem
Eisen, zu Nageleisen und Drahteisen. Zu diesen Sorten kamen auf
den Hämmern, die gleichzeitig Stahl frischten, noch verschiedene
Stahlsorten, die wir später aufzählen werden. Beim Ausschmieden
wurde die Massel in der ersten Hitze nur ganz gemacht und leicht
überschmiedet, worauf sie sogleich Schweiſshitze bekam, in der sie
ausgeschmiedet wurde.

Zu einem Frischfeuer gehörten drei Mann, der Hammerschmied,
der Heizer und der Wassergeber, welche täglich in 16 Stunden vier
Dachel erzeugten. Der Hammerschmied bezog den Centnerlohn und
die Getreide- und Fett-Fassung und bezahlte und verköstigte seine
Leute. Jeder Dachel konnte bei guter Arbeit zu 100 kg veranschlagt
werden. Der Kohlenverbrauch stellte sich auf 4 bis 5 Faſs zu 7¾ Kubik-
fuſs für den Centner Stabeisen. Der Abbrand betrug 8 bis 12 Prozent.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0406" n="392"/><fw place="top" type="header">Das Eisenfrischen um die Mitte des 18. Jahrhunderts.</fw><lb/>
in den steierischen Frischhütten der wichtigste Mann und dem Heizer<lb/>
oder Frischer vorgesetzt war. Nach der Härte erzeugte man folgende<lb/>
Sorten: 1) Brucheisen, pyramidal zulaufende Stäbe von 4 Fu&#x017F;s Länge,<lb/>
eigentlich ein eisenschüssiger Rohstahl, wurde auch als ordinärster<lb/>
billigster Stahl, besonders zum Stählen geringer Werkzeuge ver-<lb/>
wendet. 2) Sagbränder, flache Stäbe, 2 Zoll breit, 6 Fu&#x017F;s lang, stahl-<lb/>
artig, aber weicher wie 1), hauptsächlich für gro&#x017F;se Sägeblätter.<lb/>
3) Radschuhe und Radschuhflecke, keilförmige Platten, halbhart, auf<lb/>
einer Seite mehr Stahl als Eisen, dienten zum Belegen der alten<lb/>
Radschuhe der Frachtwagen. 4) Radreifen, 2½ bis 6½ Zoll breit,<lb/>
½ bis 1 Zoll dick, 6 bis 9 Fu&#x017F;s lang, aus festem, hartem Eisen.<lb/>
5) Flammen von ähnlicher Gestalt wie 1), dienten für Hacken, Hauen,<lb/>
Schaufeln u. s. w., sehr gut ausgeheiztes, zähes, festes Eisen. 6) Wei&#x017F;s-<lb/>
blechflammen, flache prismatische Stäbe, meist 4 Zoll breit, ¾ Zoll<lb/>
dick, von unbestimmter Länge, erforderten noch sorgfältigere Darstellung<lb/>
als 5), dienten als Materialeisen für die Wei&#x017F;sblechfabrikation. 7) Wagen-<lb/>
achsen, in der Mitte kantig, an den Enden rund und dicker, von ver-<lb/>
schiedenem Ma&#x017F;s, das Eisen mu&#x017F;ste zäh und fest sein. 8) Schlie&#x017F;sen-<lb/>
eisen, wie Radreifen, nur schmäler wie 7). 9) Stabeisen, meist 1 bis<lb/>
2½ Zoll breit, 3 bis 4 Fu&#x017F;s lang, per Stück 10 bis 15 Pfund schwer, war<lb/>
die feinste Gattung Grobwaren, aus weichem, zähem Eisen; es wurde<lb/>
von den Faustschmieden für Bänder u. dergl. verwendet. 10) Mühl-<lb/>
stangen, quadratisch 5/4 bis 10/4 zöllig, 5 bis 10 Fu&#x017F;s lang, aus weichem<lb/>
Eisen. 11) Blechflammen, 4 bis 6 Zoll breit, ¾ bis 6/4 Zoll dick, von<lb/>
unbestimmter Länge, aus sehr weichem, gut ausgeheiztem Eisen, für<lb/>
Schwarzbleche. 12) Zainprügel, quadratisch, am vorderen Ende ver-<lb/>
jüngt, 6/4 bis ¾ Zoll, 3 bis 4 Fu&#x017F;s lang, aus weichem, besonders gutem<lb/>
Eisen, zu Nageleisen und Drahteisen. Zu diesen Sorten kamen auf<lb/>
den Hämmern, die gleichzeitig Stahl frischten, noch verschiedene<lb/>
Stahlsorten, die wir später aufzählen werden. Beim Ausschmieden<lb/>
wurde die Massel in der ersten Hitze nur ganz gemacht und leicht<lb/>
überschmiedet, worauf sie sogleich Schwei&#x017F;shitze bekam, in der sie<lb/>
ausgeschmiedet wurde.</p><lb/>
                <p>Zu einem Frischfeuer gehörten drei Mann, der Hammerschmied,<lb/>
der Heizer und der Wassergeber, welche täglich in 16 Stunden vier<lb/>
Dachel erzeugten. Der Hammerschmied bezog den Centnerlohn und<lb/>
die Getreide- und Fett-Fassung und bezahlte und verköstigte seine<lb/>
Leute. Jeder Dachel konnte bei guter Arbeit zu 100 kg veranschlagt<lb/>
werden. Der Kohlenverbrauch stellte sich auf 4 bis 5 Fa&#x017F;s zu 7¾ Kubik-<lb/>
fu&#x017F;s für den Centner Stabeisen. Der Abbrand betrug 8 bis 12 Prozent.</p><lb/>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[392/0406] Das Eisenfrischen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. in den steierischen Frischhütten der wichtigste Mann und dem Heizer oder Frischer vorgesetzt war. Nach der Härte erzeugte man folgende Sorten: 1) Brucheisen, pyramidal zulaufende Stäbe von 4 Fuſs Länge, eigentlich ein eisenschüssiger Rohstahl, wurde auch als ordinärster billigster Stahl, besonders zum Stählen geringer Werkzeuge ver- wendet. 2) Sagbränder, flache Stäbe, 2 Zoll breit, 6 Fuſs lang, stahl- artig, aber weicher wie 1), hauptsächlich für groſse Sägeblätter. 3) Radschuhe und Radschuhflecke, keilförmige Platten, halbhart, auf einer Seite mehr Stahl als Eisen, dienten zum Belegen der alten Radschuhe der Frachtwagen. 4) Radreifen, 2½ bis 6½ Zoll breit, ½ bis 1 Zoll dick, 6 bis 9 Fuſs lang, aus festem, hartem Eisen. 5) Flammen von ähnlicher Gestalt wie 1), dienten für Hacken, Hauen, Schaufeln u. s. w., sehr gut ausgeheiztes, zähes, festes Eisen. 6) Weiſs- blechflammen, flache prismatische Stäbe, meist 4 Zoll breit, ¾ Zoll dick, von unbestimmter Länge, erforderten noch sorgfältigere Darstellung als 5), dienten als Materialeisen für die Weiſsblechfabrikation. 7) Wagen- achsen, in der Mitte kantig, an den Enden rund und dicker, von ver- schiedenem Maſs, das Eisen muſste zäh und fest sein. 8) Schlieſsen- eisen, wie Radreifen, nur schmäler wie 7). 9) Stabeisen, meist 1 bis 2½ Zoll breit, 3 bis 4 Fuſs lang, per Stück 10 bis 15 Pfund schwer, war die feinste Gattung Grobwaren, aus weichem, zähem Eisen; es wurde von den Faustschmieden für Bänder u. dergl. verwendet. 10) Mühl- stangen, quadratisch 5/4 bis 10/4 zöllig, 5 bis 10 Fuſs lang, aus weichem Eisen. 11) Blechflammen, 4 bis 6 Zoll breit, ¾ bis 6/4 Zoll dick, von unbestimmter Länge, aus sehr weichem, gut ausgeheiztem Eisen, für Schwarzbleche. 12) Zainprügel, quadratisch, am vorderen Ende ver- jüngt, 6/4 bis ¾ Zoll, 3 bis 4 Fuſs lang, aus weichem, besonders gutem Eisen, zu Nageleisen und Drahteisen. Zu diesen Sorten kamen auf den Hämmern, die gleichzeitig Stahl frischten, noch verschiedene Stahlsorten, die wir später aufzählen werden. Beim Ausschmieden wurde die Massel in der ersten Hitze nur ganz gemacht und leicht überschmiedet, worauf sie sogleich Schweiſshitze bekam, in der sie ausgeschmiedet wurde. Zu einem Frischfeuer gehörten drei Mann, der Hammerschmied, der Heizer und der Wassergeber, welche täglich in 16 Stunden vier Dachel erzeugten. Der Hammerschmied bezog den Centnerlohn und die Getreide- und Fett-Fassung und bezahlte und verköstigte seine Leute. Jeder Dachel konnte bei guter Arbeit zu 100 kg veranschlagt werden. Der Kohlenverbrauch stellte sich auf 4 bis 5 Faſs zu 7¾ Kubik- fuſs für den Centner Stabeisen. Der Abbrand betrug 8 bis 12 Prozent.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/406
Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 392. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/406>, abgerufen am 23.11.2024.