Das Eisenfrischen um die Mitte des 18. Jahrhunderts.
hauptsächlich einem englischen Doktor der Medizin gebühre (Blew- stone?). Er erwähnt, dass die Essen 24 Fuss hoch sein sollten. Es waren dies für jene Zeit ungewöhnlich hohe Schornsteine. Er empfiehlt die Einführung englischer Coupoloöfen sehr. Sie seien auch für Holzfeuer zu gebrauchen, allerdings könne man mit diesem kein Eisen schmelzen. Dagegen behauptet er, man könne mit Steinkohlen Eisen- erze mit Holzkohle vermischt schmelzen; besser aber alte Eisenguss- waren, wie alte Kanonen und Kugeln. Zu diesem Zwecke habe er vor sechs Jahren, also 1765, auf dem königlich preussischen Hütten- werk Gotho an der sächsischen Grenze einen englischen Coupolo- ofen (Flammofen) erbaut. Der Herd war 5 Fuss lang, 31/2 Fuss breit und 2 Fuss tief; die Rostfläche 21/2 x 4 Fuss. Er schmolz mit Holz- feuer, erzielte auch genügende Hitze, aber das Eisen frischte so sehr, dass es nicht mehr floss. Er drückt dies so aus: "Bei der Schmelzung entgehet dem Eisen beständig etwas von seinem brenzlichen Wesen, da es aber von dem Holzfeuer keinen neuen Zusatz davon erlangen kann, so wird das geschmolzene Eisen gleichsam so dürre und aus- getrocknet, dass es hernach nicht weiter schmelzbar ist."
Eisenfrischen um die Mitte des 18. Jahrhunderts.
Die Umwandlung von Roheisen in Schmiedeeisen geschah um die Mitte des vorigen Jahrhunderts ausschliesslich durch das Frisch- verfahren mit Holzkohlen in offenen Herden. Wohl hatte man in den holzarmen, aber steinkohlenreichen Gegenden auch hierbei versucht, die Holzkohlen durch Steinkohlen zu ersetzen, Erfolge hatte man aber nicht erzielt. Zum Frischen im Herd liess sich die Stein- kohle nicht verwenden, indem sie, mit dem glühenden Eisen in un- mittelbare Berührung gebracht, dasselbe verdarb. Dagegen war es den Engländern wohl gelungen, das Ausheizen der Schirbeln und Kolben im Steinkohlenfeuer zu bewerkstelligen. Die Fortschritte, welche das Frischverfahren mit Holzkohle im Laufe der Zeit machte, waren mehr lokaler Natur. Je nach der Art des Roheisens erwiesen sich kleine Änderungen des Verfahrens vorteilhafter, wobei aber oft mehr die Billigkeit und der Gewinn, als die Güte des Erzeugnisses massgebend waren. Die Produktionskosten wurden ein immer wesent- licherer Faktor und deren Verringerung fand ihren Hauptausdruck
Das Eisenfrischen um die Mitte des 18. Jahrhunderts.
hauptsächlich einem englischen Doktor der Medizin gebühre (Blew- stone?). Er erwähnt, daſs die Essen 24 Fuſs hoch sein sollten. Es waren dies für jene Zeit ungewöhnlich hohe Schornsteine. Er empfiehlt die Einführung englischer Coupoloöfen sehr. Sie seien auch für Holzfeuer zu gebrauchen, allerdings könne man mit diesem kein Eisen schmelzen. Dagegen behauptet er, man könne mit Steinkohlen Eisen- erze mit Holzkohle vermischt schmelzen; besser aber alte Eisenguſs- waren, wie alte Kanonen und Kugeln. Zu diesem Zwecke habe er vor sechs Jahren, also 1765, auf dem königlich preuſsischen Hütten- werk Gotho an der sächsischen Grenze einen englischen Coupolo- ofen (Flammofen) erbaut. Der Herd war 5 Fuſs lang, 3½ Fuſs breit und 2 Fuſs tief; die Rostfläche 2½ × 4 Fuſs. Er schmolz mit Holz- feuer, erzielte auch genügende Hitze, aber das Eisen frischte so sehr, daſs es nicht mehr floſs. Er drückt dies so aus: „Bei der Schmelzung entgehet dem Eisen beständig etwas von seinem brenzlichen Wesen, da es aber von dem Holzfeuer keinen neuen Zusatz davon erlangen kann, so wird das geschmolzene Eisen gleichsam so dürre und aus- getrocknet, daſs es hernach nicht weiter schmelzbar ist.“
Eisenfrischen um die Mitte des 18. Jahrhunderts.
Die Umwandlung von Roheisen in Schmiedeeisen geschah um die Mitte des vorigen Jahrhunderts ausschlieſslich durch das Frisch- verfahren mit Holzkohlen in offenen Herden. Wohl hatte man in den holzarmen, aber steinkohlenreichen Gegenden auch hierbei versucht, die Holzkohlen durch Steinkohlen zu ersetzen, Erfolge hatte man aber nicht erzielt. Zum Frischen im Herd lieſs sich die Stein- kohle nicht verwenden, indem sie, mit dem glühenden Eisen in un- mittelbare Berührung gebracht, dasselbe verdarb. Dagegen war es den Engländern wohl gelungen, das Ausheizen der Schirbeln und Kolben im Steinkohlenfeuer zu bewerkstelligen. Die Fortschritte, welche das Frischverfahren mit Holzkohle im Laufe der Zeit machte, waren mehr lokaler Natur. Je nach der Art des Roheisens erwiesen sich kleine Änderungen des Verfahrens vorteilhafter, wobei aber oft mehr die Billigkeit und der Gewinn, als die Güte des Erzeugnisses maſsgebend waren. Die Produktionskosten wurden ein immer wesent- licherer Faktor und deren Verringerung fand ihren Hauptausdruck
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><p><pbfacs="#f0400"n="386"/><fwplace="top"type="header">Das Eisenfrischen um die Mitte des 18. Jahrhunderts.</fw><lb/>
hauptsächlich einem englischen Doktor der Medizin gebühre (<hirendition="#g">Blew-<lb/>
stone</hi>?). Er erwähnt, daſs die Essen 24 Fuſs hoch sein sollten. Es<lb/>
waren dies für jene Zeit ungewöhnlich hohe Schornsteine. Er empfiehlt<lb/>
die Einführung englischer Coupoloöfen sehr. Sie seien auch für<lb/>
Holzfeuer zu gebrauchen, allerdings könne man mit diesem kein Eisen<lb/>
schmelzen. Dagegen behauptet er, man könne mit Steinkohlen Eisen-<lb/>
erze mit Holzkohle vermischt schmelzen; besser aber alte Eisenguſs-<lb/>
waren, wie alte Kanonen und Kugeln. Zu diesem Zwecke habe er<lb/>
vor sechs Jahren, also 1765, auf dem königlich preuſsischen Hütten-<lb/>
werk Gotho an der sächsischen Grenze einen englischen Coupolo-<lb/>
ofen (Flammofen) erbaut. Der Herd war 5 Fuſs lang, 3½ Fuſs breit<lb/>
und 2 Fuſs tief; die Rostfläche 2½ × 4 Fuſs. Er schmolz mit Holz-<lb/>
feuer, erzielte auch genügende Hitze, aber das Eisen frischte so sehr,<lb/>
daſs es nicht mehr floſs. Er drückt dies so aus: „Bei der Schmelzung<lb/>
entgehet dem Eisen beständig etwas von seinem brenzlichen Wesen,<lb/>
da es aber von dem Holzfeuer keinen neuen Zusatz davon erlangen<lb/>
kann, so wird das geschmolzene Eisen gleichsam so dürre und aus-<lb/>
getrocknet, daſs es hernach nicht weiter schmelzbar ist.“</p></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="5"><head><hirendition="#b">Eisenfrischen um die Mitte des 18. Jahrhunderts.</hi></head><lb/><p>Die Umwandlung von Roheisen in Schmiedeeisen geschah um die<lb/>
Mitte des vorigen Jahrhunderts ausschlieſslich durch das <hirendition="#g">Frisch-<lb/>
verfahren mit Holzkohlen</hi> in offenen Herden. Wohl hatte man<lb/>
in den holzarmen, aber steinkohlenreichen Gegenden auch hierbei<lb/>
versucht, die Holzkohlen durch Steinkohlen zu ersetzen, Erfolge hatte<lb/>
man aber nicht erzielt. Zum Frischen im Herd lieſs sich die Stein-<lb/>
kohle nicht verwenden, indem sie, mit dem glühenden Eisen in un-<lb/>
mittelbare Berührung gebracht, dasselbe verdarb. Dagegen war es<lb/>
den Engländern wohl gelungen, das Ausheizen der Schirbeln und<lb/>
Kolben im Steinkohlenfeuer zu bewerkstelligen. Die Fortschritte,<lb/>
welche das Frischverfahren mit Holzkohle im Laufe der Zeit machte,<lb/>
waren mehr lokaler Natur. Je nach der Art des Roheisens erwiesen<lb/>
sich kleine Änderungen des Verfahrens vorteilhafter, wobei aber oft<lb/>
mehr die Billigkeit und der Gewinn, als die Güte des Erzeugnisses<lb/>
maſsgebend waren. Die Produktionskosten wurden ein immer wesent-<lb/>
licherer Faktor und deren Verringerung fand ihren Hauptausdruck<lb/></p></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[386/0400]
Das Eisenfrischen um die Mitte des 18. Jahrhunderts.
hauptsächlich einem englischen Doktor der Medizin gebühre (Blew-
stone?). Er erwähnt, daſs die Essen 24 Fuſs hoch sein sollten. Es
waren dies für jene Zeit ungewöhnlich hohe Schornsteine. Er empfiehlt
die Einführung englischer Coupoloöfen sehr. Sie seien auch für
Holzfeuer zu gebrauchen, allerdings könne man mit diesem kein Eisen
schmelzen. Dagegen behauptet er, man könne mit Steinkohlen Eisen-
erze mit Holzkohle vermischt schmelzen; besser aber alte Eisenguſs-
waren, wie alte Kanonen und Kugeln. Zu diesem Zwecke habe er
vor sechs Jahren, also 1765, auf dem königlich preuſsischen Hütten-
werk Gotho an der sächsischen Grenze einen englischen Coupolo-
ofen (Flammofen) erbaut. Der Herd war 5 Fuſs lang, 3½ Fuſs breit
und 2 Fuſs tief; die Rostfläche 2½ × 4 Fuſs. Er schmolz mit Holz-
feuer, erzielte auch genügende Hitze, aber das Eisen frischte so sehr,
daſs es nicht mehr floſs. Er drückt dies so aus: „Bei der Schmelzung
entgehet dem Eisen beständig etwas von seinem brenzlichen Wesen,
da es aber von dem Holzfeuer keinen neuen Zusatz davon erlangen
kann, so wird das geschmolzene Eisen gleichsam so dürre und aus-
getrocknet, daſs es hernach nicht weiter schmelzbar ist.“
Eisenfrischen um die Mitte des 18. Jahrhunderts.
Die Umwandlung von Roheisen in Schmiedeeisen geschah um die
Mitte des vorigen Jahrhunderts ausschlieſslich durch das Frisch-
verfahren mit Holzkohlen in offenen Herden. Wohl hatte man
in den holzarmen, aber steinkohlenreichen Gegenden auch hierbei
versucht, die Holzkohlen durch Steinkohlen zu ersetzen, Erfolge hatte
man aber nicht erzielt. Zum Frischen im Herd lieſs sich die Stein-
kohle nicht verwenden, indem sie, mit dem glühenden Eisen in un-
mittelbare Berührung gebracht, dasselbe verdarb. Dagegen war es
den Engländern wohl gelungen, das Ausheizen der Schirbeln und
Kolben im Steinkohlenfeuer zu bewerkstelligen. Die Fortschritte,
welche das Frischverfahren mit Holzkohle im Laufe der Zeit machte,
waren mehr lokaler Natur. Je nach der Art des Roheisens erwiesen
sich kleine Änderungen des Verfahrens vorteilhafter, wobei aber oft
mehr die Billigkeit und der Gewinn, als die Güte des Erzeugnisses
maſsgebend waren. Die Produktionskosten wurden ein immer wesent-
licherer Faktor und deren Verringerung fand ihren Hauptausdruck
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 386. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/400>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.