Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

Bild:
<< vorherige Seite
Der Eisenhüttenbetrieb um die Mitte des 18. Jahrhunderts.

Das andere Werk mit Kokshochofenbetrieb, welches Jars im
Jahre 1765 besuchte, war die berühmte Hütte zu Carron in Schott-
land
, welche ebenfalls für die Geschichte der Eisenindustrie von
England von besonderer Bedeutung ist. Es war damals noch eine
ganz neue Anlage, denn es war erst im Jahre 1760 von Dr. Roebuck,
dem grossen Unternehmer, der nachmals zuerst James Watts Erfindung
der Dampfmaschine zu würdigen verstand, sich mit ihm verband und
ihm, so lange er konnte, voranhalf, gegründet worden. Roebuck
wurde einer der grössten Wohlthäter Schottlands durch die Einführung
des Kokshochofenbetriebs, starb aber arm, da ihm seine Unter-
nehmungen über den Kopf wuchsen. Der erste Hochofen war 1760
zu Carron von ihm erbaut worden. In den folgenden Jahren wurde
das Unternehmen ausserordentlich erweitert. Das Gesellschaftskapital
sollte nach dem Gründungsvertrag 12000 £ nicht übersteigen, aber
1771 betrug es schon 130000 £ und wurde bald darauf auf 150000 £
erhöht. In wenigen Jahren wurde dieses Werk durch seine Leistungen
eines der berühmtesten in Europa. Aus der Schilderung, welche Jars
von den Carron-Werken gemacht hat, entnehmen wir Folgendes.

Auf jeder der beiden grossen Steinkohlenbergwerke, welche der
Gesellschaft gehörten, stand eine Feuermaschine, welche die Wasser-
haltung besorgte. Die Erze kamen von fünf verschiedenen Orten.
Es war ein Thoneisenstein, der höchstens 30 Prozent enthielt; um ein
grösseres Ausbringen zu erzielen, verschmolz man ihn mit rotem
Glaskopf (Hämatit) von Cumberland. Die Thoneisensteine hatten eine
schwarzgraue Farbe und sehr dichtes Korn. Sie glichen keinem der
Eisenerze, welche Jars bekannt waren.

Sie wurden in grossen Haufen mit Steinkohlen geröstet (siehe
S. 319). Das Cumberländer Erz (iron-ore) wurde ungeröstet auf-
gegeben. Die Steinkohlen wurden in Meilern zu Koks gebrannt. Das
Verschmelzen geschah in zwei nebeneinander stehenden Hochöfen.
Dieselben waren 30 Fuss (9,15 m) hoch, von runder Form und hatten
8 Fuss Durchmesser im Bauch. Es waren also ausser dem neuen
Ofen von Laurwig die grössten Öfen, von denen wir bis dahin Kenntnis
haben. Vor jedem Ofen lagen zwei sehr grosse, einfache Blasebälge,
welche durch ein sehr grosses Wasserrad getrieben wurden, an dessen
Welle zu jedem Blasebalg vier Wellfüsse befindlich waren. Alle zwölf
Stunden wurde abgestochen und jeder Abstich wog ungefähr 40 Ctr.,
in 24 Stunden also 4500 kg per Ofen, wohl die grösste Produktion, die
bis dahin erreicht war.

"Es ist sonderbar," fährt Jars fort, "dass dieses bei Steinkohlen

Der Eisenhüttenbetrieb um die Mitte des 18. Jahrhunderts.

Das andere Werk mit Kokshochofenbetrieb, welches Jars im
Jahre 1765 besuchte, war die berühmte Hütte zu Carron in Schott-
land
, welche ebenfalls für die Geschichte der Eisenindustrie von
England von besonderer Bedeutung ist. Es war damals noch eine
ganz neue Anlage, denn es war erst im Jahre 1760 von Dr. Roebuck,
dem groſsen Unternehmer, der nachmals zuerst James Watts Erfindung
der Dampfmaschine zu würdigen verstand, sich mit ihm verband und
ihm, so lange er konnte, voranhalf, gegründet worden. Roebuck
wurde einer der gröſsten Wohlthäter Schottlands durch die Einführung
des Kokshochofenbetriebs, starb aber arm, da ihm seine Unter-
nehmungen über den Kopf wuchsen. Der erste Hochofen war 1760
zu Carron von ihm erbaut worden. In den folgenden Jahren wurde
das Unternehmen auſserordentlich erweitert. Das Gesellschaftskapital
sollte nach dem Gründungsvertrag 12000 £ nicht übersteigen, aber
1771 betrug es schon 130000 £ und wurde bald darauf auf 150000 £
erhöht. In wenigen Jahren wurde dieses Werk durch seine Leistungen
eines der berühmtesten in Europa. Aus der Schilderung, welche Jars
von den Carron-Werken gemacht hat, entnehmen wir Folgendes.

Auf jeder der beiden groſsen Steinkohlenbergwerke, welche der
Gesellschaft gehörten, stand eine Feuermaschine, welche die Wasser-
haltung besorgte. Die Erze kamen von fünf verschiedenen Orten.
Es war ein Thoneisenstein, der höchstens 30 Prozent enthielt; um ein
gröſseres Ausbringen zu erzielen, verschmolz man ihn mit rotem
Glaskopf (Hämatit) von Cumberland. Die Thoneisensteine hatten eine
schwarzgraue Farbe und sehr dichtes Korn. Sie glichen keinem der
Eisenerze, welche Jars bekannt waren.

Sie wurden in groſsen Haufen mit Steinkohlen geröstet (siehe
S. 319). Das Cumberländer Erz (iron-ore) wurde ungeröstet auf-
gegeben. Die Steinkohlen wurden in Meilern zu Koks gebrannt. Das
Verschmelzen geschah in zwei nebeneinander stehenden Hochöfen.
Dieselben waren 30 Fuſs (9,15 m) hoch, von runder Form und hatten
8 Fuſs Durchmesser im Bauch. Es waren also auſser dem neuen
Ofen von Laurwig die gröſsten Öfen, von denen wir bis dahin Kenntnis
haben. Vor jedem Ofen lagen zwei sehr groſse, einfache Blasebälge,
welche durch ein sehr groſses Wasserrad getrieben wurden, an dessen
Welle zu jedem Blasebalg vier Wellfüſse befindlich waren. Alle zwölf
Stunden wurde abgestochen und jeder Abstich wog ungefähr 40 Ctr.,
in 24 Stunden also 4500 kg per Ofen, wohl die gröſste Produktion, die
bis dahin erreicht war.

„Es ist sonderbar,“ fährt Jars fort, „daſs dieses bei Steinkohlen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <pb facs="#f0378" n="364"/>
                <fw place="top" type="header">Der Eisenhüttenbetrieb um die Mitte des 18. Jahrhunderts.</fw><lb/>
                <p>Das andere Werk mit Kokshochofenbetrieb, welches <hi rendition="#g">Jars</hi> im<lb/>
Jahre 1765 besuchte, war die berühmte Hütte zu <hi rendition="#g">Carron</hi> in <hi rendition="#g">Schott-<lb/>
land</hi>, welche ebenfalls für die Geschichte der Eisenindustrie von<lb/>
England von besonderer Bedeutung ist. Es war damals noch eine<lb/>
ganz neue Anlage, denn es war erst im Jahre 1760 von Dr. <hi rendition="#g">Roebuck</hi>,<lb/>
dem gro&#x017F;sen Unternehmer, der nachmals zuerst <hi rendition="#g">James Watts</hi> Erfindung<lb/>
der Dampfmaschine zu würdigen verstand, sich mit ihm verband und<lb/>
ihm, so lange er konnte, voranhalf, gegründet worden. <hi rendition="#g">Roebuck</hi><lb/>
wurde einer der grö&#x017F;sten Wohlthäter Schottlands durch die Einführung<lb/>
des Kokshochofenbetriebs, starb aber arm, da ihm seine Unter-<lb/>
nehmungen über den Kopf wuchsen. Der erste Hochofen war 1760<lb/>
zu Carron von ihm erbaut worden. In den folgenden Jahren wurde<lb/>
das Unternehmen au&#x017F;serordentlich erweitert. Das Gesellschaftskapital<lb/>
sollte nach dem Gründungsvertrag 12000 £ nicht übersteigen, aber<lb/>
1771 betrug es schon 130000 £ und wurde bald darauf auf 150000 £<lb/>
erhöht. In wenigen Jahren wurde dieses Werk durch seine Leistungen<lb/>
eines der berühmtesten in Europa. Aus der Schilderung, welche <hi rendition="#g">Jars</hi><lb/>
von den Carron-Werken gemacht hat, entnehmen wir Folgendes.</p><lb/>
                <p>Auf jeder der beiden gro&#x017F;sen Steinkohlenbergwerke, welche der<lb/>
Gesellschaft gehörten, stand eine Feuermaschine, welche die Wasser-<lb/>
haltung besorgte. Die Erze kamen von fünf verschiedenen Orten.<lb/>
Es war ein Thoneisenstein, der höchstens 30 Prozent enthielt; um ein<lb/>
grö&#x017F;seres Ausbringen zu erzielen, verschmolz man ihn mit rotem<lb/>
Glaskopf (Hämatit) von Cumberland. Die Thoneisensteine hatten eine<lb/>
schwarzgraue Farbe und sehr dichtes Korn. Sie glichen keinem der<lb/>
Eisenerze, welche <hi rendition="#g">Jars</hi> bekannt waren.</p><lb/>
                <p>Sie wurden in gro&#x017F;sen Haufen mit Steinkohlen geröstet (siehe<lb/>
S. 319). Das Cumberländer Erz (iron-ore) wurde ungeröstet auf-<lb/>
gegeben. Die Steinkohlen wurden in Meilern zu Koks gebrannt. Das<lb/>
Verschmelzen geschah in zwei nebeneinander stehenden Hochöfen.<lb/>
Dieselben waren 30 Fu&#x017F;s (9,15 m) hoch, von runder Form und hatten<lb/>
8 Fu&#x017F;s Durchmesser im Bauch. Es waren also au&#x017F;ser dem neuen<lb/>
Ofen von Laurwig die grö&#x017F;sten Öfen, von denen wir bis dahin Kenntnis<lb/>
haben. Vor jedem Ofen lagen zwei sehr gro&#x017F;se, einfache Blasebälge,<lb/>
welche durch ein sehr gro&#x017F;ses Wasserrad getrieben wurden, an dessen<lb/>
Welle zu jedem Blasebalg vier Wellfü&#x017F;se befindlich waren. Alle zwölf<lb/>
Stunden wurde abgestochen und jeder Abstich wog ungefähr 40 Ctr.,<lb/>
in 24 Stunden also 4500 kg per Ofen, wohl die grö&#x017F;ste Produktion, die<lb/>
bis dahin erreicht war.</p><lb/>
                <p>&#x201E;Es ist sonderbar,&#x201C; fährt <hi rendition="#g">Jars</hi> fort, &#x201E;da&#x017F;s dieses bei Steinkohlen<lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[364/0378] Der Eisenhüttenbetrieb um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Das andere Werk mit Kokshochofenbetrieb, welches Jars im Jahre 1765 besuchte, war die berühmte Hütte zu Carron in Schott- land, welche ebenfalls für die Geschichte der Eisenindustrie von England von besonderer Bedeutung ist. Es war damals noch eine ganz neue Anlage, denn es war erst im Jahre 1760 von Dr. Roebuck, dem groſsen Unternehmer, der nachmals zuerst James Watts Erfindung der Dampfmaschine zu würdigen verstand, sich mit ihm verband und ihm, so lange er konnte, voranhalf, gegründet worden. Roebuck wurde einer der gröſsten Wohlthäter Schottlands durch die Einführung des Kokshochofenbetriebs, starb aber arm, da ihm seine Unter- nehmungen über den Kopf wuchsen. Der erste Hochofen war 1760 zu Carron von ihm erbaut worden. In den folgenden Jahren wurde das Unternehmen auſserordentlich erweitert. Das Gesellschaftskapital sollte nach dem Gründungsvertrag 12000 £ nicht übersteigen, aber 1771 betrug es schon 130000 £ und wurde bald darauf auf 150000 £ erhöht. In wenigen Jahren wurde dieses Werk durch seine Leistungen eines der berühmtesten in Europa. Aus der Schilderung, welche Jars von den Carron-Werken gemacht hat, entnehmen wir Folgendes. Auf jeder der beiden groſsen Steinkohlenbergwerke, welche der Gesellschaft gehörten, stand eine Feuermaschine, welche die Wasser- haltung besorgte. Die Erze kamen von fünf verschiedenen Orten. Es war ein Thoneisenstein, der höchstens 30 Prozent enthielt; um ein gröſseres Ausbringen zu erzielen, verschmolz man ihn mit rotem Glaskopf (Hämatit) von Cumberland. Die Thoneisensteine hatten eine schwarzgraue Farbe und sehr dichtes Korn. Sie glichen keinem der Eisenerze, welche Jars bekannt waren. Sie wurden in groſsen Haufen mit Steinkohlen geröstet (siehe S. 319). Das Cumberländer Erz (iron-ore) wurde ungeröstet auf- gegeben. Die Steinkohlen wurden in Meilern zu Koks gebrannt. Das Verschmelzen geschah in zwei nebeneinander stehenden Hochöfen. Dieselben waren 30 Fuſs (9,15 m) hoch, von runder Form und hatten 8 Fuſs Durchmesser im Bauch. Es waren also auſser dem neuen Ofen von Laurwig die gröſsten Öfen, von denen wir bis dahin Kenntnis haben. Vor jedem Ofen lagen zwei sehr groſse, einfache Blasebälge, welche durch ein sehr groſses Wasserrad getrieben wurden, an dessen Welle zu jedem Blasebalg vier Wellfüſse befindlich waren. Alle zwölf Stunden wurde abgestochen und jeder Abstich wog ungefähr 40 Ctr., in 24 Stunden also 4500 kg per Ofen, wohl die gröſste Produktion, die bis dahin erreicht war. „Es ist sonderbar,“ fährt Jars fort, „daſs dieses bei Steinkohlen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/378
Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 364. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/378>, abgerufen am 23.11.2024.