Auch hierbei begann die Einwirkung an der Oberfläche und schritt von aussen nach innen fort. Nach einiger Zeit zeigte sich im Bruch ein Saum von weichem Eisen, während das Innere Stahlbruch zeigte. Die Breite dieses Saumes giebt das Zeichen für die Beendigung des Prozesses. Dieser Saum von weichem Eisen ist durchaus nicht nach- teilig für die Güte und Brauchbarkeit des Stahls, denn sie schützt den Stahl beim Erhitzen vor dem Verbrennen, dem er sonst leicht ausgesetzt ist und sie erleichtert die Schweissung desselben. Dieses Verfahren, von welchem sich Reaumur sehr viel versprach, erleich- tert die Cementation auch insofern, als man nicht ängstlich zu sein braucht, die Brennzeit zu überschreiten, weil der Fehler durch diesen Prozess sich vollständig wieder gut machen liesse.
Reaumur dehnte diese Versuche nun auch auf den natürlichen Stahl aus und fand, dass derselbe sich ebenso verhalte. Ja er machte dieselben Experimente mit Roheisen, wobei er denselben günstigen Erfolg erzielte. Dadurch gelangte er zur Ueberzeugung, dass weisses Roheisen, Stahl und Stabeisen eine Reihe darstellen von Eisen als Grundstoff mit mehr oder weniger Schwefel- und Salzgehalt. Diese Theorie, welche er in seiner neunten Memoire ausführlich behandelt, haben wir bereits erwähnt.
Theoretisch erklärt Reaumur den oben erwähnten Vorgang so, dass die Kreide und ähnliche Substanzen die Fähigkeit besässen, die schweflige und salzige Beimengung des Eisens aufzusaugen, dass es also der umgekehrte Vorgang sei, wie bei der Cementation. Dort giebt dies Pulver, bestehend aus Kohle und Seesalz, in welchem das Eisen geglüht wird, die salzige und schweflige Materie an das Eisen ab, hier giebt umgekehrt das Eisen diese Stoffe an die Umgebung ab, das Pulver, in der Hauptsache aus Kreide oder Knochenkohle bestehend, saugt die schweflig-salzige Materie auf.
Da nun nach seiner Theorie Roheisen nichts anderes ist als Eisen mit einer grösseren Beimengung schweflig-salziger Materie als Stahl, so steht nichts im Wege, Roheisen durch eine ähnliche Behandlung in Stahl1)und in Schmiedeeisen überzuführen, und seine Versuche haben dies, wie er angiebt, bestätigt.
Reaumur weist auch mit Recht auf das Stahlbereitungsverfahren hin, welches Biringuccio beschrieben hat, und welches nichts anderes sei als eine Cementation von Schmiedeeisen in flüssigem Roheisen.
1) Glühstahl.
Die Cementstahlfabrikation.
Auch hierbei begann die Einwirkung an der Oberfläche und schritt von auſsen nach innen fort. Nach einiger Zeit zeigte sich im Bruch ein Saum von weichem Eisen, während das Innere Stahlbruch zeigte. Die Breite dieses Saumes giebt das Zeichen für die Beendigung des Prozesses. Dieser Saum von weichem Eisen ist durchaus nicht nach- teilig für die Güte und Brauchbarkeit des Stahls, denn sie schützt den Stahl beim Erhitzen vor dem Verbrennen, dem er sonst leicht ausgesetzt ist und sie erleichtert die Schweiſsung desselben. Dieses Verfahren, von welchem sich Reaumur sehr viel versprach, erleich- tert die Cementation auch insofern, als man nicht ängstlich zu sein braucht, die Brennzeit zu überschreiten, weil der Fehler durch diesen Prozeſs sich vollständig wieder gut machen lieſse.
Reaumur dehnte diese Versuche nun auch auf den natürlichen Stahl aus und fand, daſs derselbe sich ebenso verhalte. Ja er machte dieselben Experimente mit Roheisen, wobei er denselben günstigen Erfolg erzielte. Dadurch gelangte er zur Ueberzeugung, daſs weiſses Roheisen, Stahl und Stabeisen eine Reihe darstellen von Eisen als Grundstoff mit mehr oder weniger Schwefel- und Salzgehalt. Diese Theorie, welche er in seiner neunten Memoire ausführlich behandelt, haben wir bereits erwähnt.
Theoretisch erklärt Reaumur den oben erwähnten Vorgang so, daſs die Kreide und ähnliche Substanzen die Fähigkeit besäſsen, die schweflige und salzige Beimengung des Eisens aufzusaugen, daſs es also der umgekehrte Vorgang sei, wie bei der Cementation. Dort giebt dies Pulver, bestehend aus Kohle und Seesalz, in welchem das Eisen geglüht wird, die salzige und schweflige Materie an das Eisen ab, hier giebt umgekehrt das Eisen diese Stoffe an die Umgebung ab, das Pulver, in der Hauptsache aus Kreide oder Knochenkohle bestehend, saugt die schweflig-salzige Materie auf.
Da nun nach seiner Theorie Roheisen nichts anderes ist als Eisen mit einer gröſseren Beimengung schweflig-salziger Materie als Stahl, so steht nichts im Wege, Roheisen durch eine ähnliche Behandlung in Stahl1)und in Schmiedeeisen überzuführen, und seine Versuche haben dies, wie er angiebt, bestätigt.
Reaumur weist auch mit Recht auf das Stahlbereitungsverfahren hin, welches Biringuccio beschrieben hat, und welches nichts anderes sei als eine Cementation von Schmiedeeisen in flüssigem Roheisen.
1) Glühstahl.
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[224/0238]
Die Cementstahlfabrikation.
Auch hierbei begann die Einwirkung an der Oberfläche und schritt
von auſsen nach innen fort. Nach einiger Zeit zeigte sich im Bruch
ein Saum von weichem Eisen, während das Innere Stahlbruch zeigte.
Die Breite dieses Saumes giebt das Zeichen für die Beendigung des
Prozesses. Dieser Saum von weichem Eisen ist durchaus nicht nach-
teilig für die Güte und Brauchbarkeit des Stahls, denn sie schützt
den Stahl beim Erhitzen vor dem Verbrennen, dem er sonst leicht
ausgesetzt ist und sie erleichtert die Schweiſsung desselben. Dieses
Verfahren, von welchem sich Reaumur sehr viel versprach, erleich-
tert die Cementation auch insofern, als man nicht ängstlich zu sein
braucht, die Brennzeit zu überschreiten, weil der Fehler durch diesen
Prozeſs sich vollständig wieder gut machen lieſse.
Reaumur dehnte diese Versuche nun auch auf den natürlichen
Stahl aus und fand, daſs derselbe sich ebenso verhalte. Ja er machte
dieselben Experimente mit Roheisen, wobei er denselben günstigen
Erfolg erzielte. Dadurch gelangte er zur Ueberzeugung, daſs weiſses
Roheisen, Stahl und Stabeisen eine Reihe darstellen von Eisen als
Grundstoff mit mehr oder weniger Schwefel- und Salzgehalt. Diese
Theorie, welche er in seiner neunten Memoire ausführlich behandelt,
haben wir bereits erwähnt.
Theoretisch erklärt Reaumur den oben erwähnten Vorgang so,
daſs die Kreide und ähnliche Substanzen die Fähigkeit besäſsen, die
schweflige und salzige Beimengung des Eisens aufzusaugen, daſs es
also der umgekehrte Vorgang sei, wie bei der Cementation. Dort
giebt dies Pulver, bestehend aus Kohle und Seesalz, in welchem das
Eisen geglüht wird, die salzige und schweflige Materie an das Eisen
ab, hier giebt umgekehrt das Eisen diese Stoffe an die Umgebung ab,
das Pulver, in der Hauptsache aus Kreide oder Knochenkohle bestehend,
saugt die schweflig-salzige Materie auf.
Da nun nach seiner Theorie Roheisen nichts anderes ist als
Eisen mit einer gröſseren Beimengung schweflig-salziger Materie als
Stahl, so steht nichts im Wege, Roheisen durch eine ähnliche
Behandlung in Stahl 1) und in Schmiedeeisen überzuführen,
und seine Versuche haben dies, wie er angiebt, bestätigt.
Reaumur weist auch mit Recht auf das Stahlbereitungsverfahren
hin, welches Biringuccio beschrieben hat, und welches nichts
anderes sei als eine Cementation von Schmiedeeisen in flüssigem
Roheisen.
1) Glühstahl.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 224. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/238>, abgerufen am 24.11.2024.
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