Cements (Cementierpulvers), was am meisten als das Geheimnis der Kunst angesehen wurde. Es ist dabei einerlei, ob diese Versuche in Blech- oder in gusseisernen Kästen, in Thontiegeln oder sonstigen verschlossenen Gefässen vorgenommen wurden, und ob diese Gefässe in einer Schmiedeesse, einem Wind-, Muffel- oder Brennofen erhitzt wurden. Um aber unter gleichen Bedingungen zu arbeiten, wurden die Glühversuche in ganz gleichen Thontiegeln vorgenommen. Jeder erhielt eine andere Mischung. Die Eisenstückchen wurden lagenweise mit dem Cementierpulver geschichtet und alle möglichst dem gleichen Feuer ausgesetzt. Um zunächst festzustellen, ob nicht das Schmiede- eisen durch andauerndes Erhitzen schon an und für sich eine Ver- änderung erleide, wurde dasselbe zunächst nur mit indifferenten Sub- stanzen, als Thon, Kalk, Gips, verschiedenen Sandarten, Asche, gepulver- tem Glas, geglüht. Es zeigte sich keine Veränderung des Eisens, wenigstens keine Stahlbildung. Der Zusatz von Pflanzensäften, welche bei verschiedenen Geheimmitteln als wirkungsvoll hingestellt werden, zu diesen indifferenten Stoffen, übte ebenfalls keine besonderen Wirkungen. Ebenso wurden Versuche mit Fetten und öligen Substanzen für sich allein angestellt, so mit gewöhnlichem Talg, Leinöl u. s. w., mit welchen Thon und Kalk, die sich vorher als wirkungslos erwiesen hatten, vermischt wurden. Auch hierbei zeigte sich keine Stahl- bildung. In gleicher Weise wurden verschiedene Salze probiert, teils für sich, teils gemischt mit neutralen Stoffen und der Erfolg war derselbe. Grösser waren die Einwirkungen von gewissen Mischungen dieser Stoffe; so verwandelte ein Gemenge von Seife und Erde das Eisen zum Teil wenigstens in schlechten Stahl. Viel energischer war aber die Einwirkung derjenigen Stoffe, welche nach der Auffassung jener Zeit fettige und salzige Substanz gebunden enthielten, als Kohlenpulver, Steinkohle, frische unausgelaugte Holzasche, Russ, be- sonders der aus den Kaminen, gesiebte Hornkohle, gesiebte Leder- kohle, Kot verschiedener Tiere, wie der von Pferden, Hühnern und Tauben, entweder getrocknet oder verkohlt. Alle diese Substanzen verwandelten das Eisen in Stahl, "wie man dies bei ihrer fettigen und salzigen Natur erwarten konnte". Der erhaltene Stahl war von ver- schiedener Güte; der mit Kohlenpulver, Russ und verkohltem Leder erhaltene war hart und fein, aber schwer zu bearbeiten und zeigte nach dem Ausschmieden viele Risse und Schrunden. Verkohlte Horn- späne zeigten sich weniger wirkungsvoll als die vorgenannten Stoffe; noch geringer war die Wirkung der frischen Holzasche. Taubenkot erzeugte feinkörnigen Stahl, der aber unter dem Hammer in Stücke
Die Cementstahlfabrikation.
Cements (Cementierpulvers), was am meisten als das Geheimnis der Kunst angesehen wurde. Es ist dabei einerlei, ob diese Versuche in Blech- oder in guſseisernen Kästen, in Thontiegeln oder sonstigen verschlossenen Gefäſsen vorgenommen wurden, und ob diese Gefäſse in einer Schmiedeesse, einem Wind-, Muffel- oder Brennofen erhitzt wurden. Um aber unter gleichen Bedingungen zu arbeiten, wurden die Glühversuche in ganz gleichen Thontiegeln vorgenommen. Jeder erhielt eine andere Mischung. Die Eisenstückchen wurden lagenweise mit dem Cementierpulver geschichtet und alle möglichst dem gleichen Feuer ausgesetzt. Um zunächst festzustellen, ob nicht das Schmiede- eisen durch andauerndes Erhitzen schon an und für sich eine Ver- änderung erleide, wurde dasselbe zunächst nur mit indifferenten Sub- stanzen, als Thon, Kalk, Gips, verschiedenen Sandarten, Asche, gepulver- tem Glas, geglüht. Es zeigte sich keine Veränderung des Eisens, wenigstens keine Stahlbildung. Der Zusatz von Pflanzensäften, welche bei verschiedenen Geheimmitteln als wirkungsvoll hingestellt werden, zu diesen indifferenten Stoffen, übte ebenfalls keine besonderen Wirkungen. Ebenso wurden Versuche mit Fetten und öligen Substanzen für sich allein angestellt, so mit gewöhnlichem Talg, Leinöl u. s. w., mit welchen Thon und Kalk, die sich vorher als wirkungslos erwiesen hatten, vermischt wurden. Auch hierbei zeigte sich keine Stahl- bildung. In gleicher Weise wurden verschiedene Salze probiert, teils für sich, teils gemischt mit neutralen Stoffen und der Erfolg war derselbe. Gröſser waren die Einwirkungen von gewissen Mischungen dieser Stoffe; so verwandelte ein Gemenge von Seife und Erde das Eisen zum Teil wenigstens in schlechten Stahl. Viel energischer war aber die Einwirkung derjenigen Stoffe, welche nach der Auffassung jener Zeit fettige und salzige Substanz gebunden enthielten, als Kohlenpulver, Steinkohle, frische unausgelaugte Holzasche, Ruſs, be- sonders der aus den Kaminen, gesiebte Hornkohle, gesiebte Leder- kohle, Kot verschiedener Tiere, wie der von Pferden, Hühnern und Tauben, entweder getrocknet oder verkohlt. Alle diese Substanzen verwandelten das Eisen in Stahl, „wie man dies bei ihrer fettigen und salzigen Natur erwarten konnte“. Der erhaltene Stahl war von ver- schiedener Güte; der mit Kohlenpulver, Ruſs und verkohltem Leder erhaltene war hart und fein, aber schwer zu bearbeiten und zeigte nach dem Ausschmieden viele Risse und Schrunden. Verkohlte Horn- späne zeigten sich weniger wirkungsvoll als die vorgenannten Stoffe; noch geringer war die Wirkung der frischen Holzasche. Taubenkot erzeugte feinkörnigen Stahl, der aber unter dem Hammer in Stücke
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[206/0220]
Die Cementstahlfabrikation.
Cements (Cementierpulvers), was am meisten als das Geheimnis der
Kunst angesehen wurde. Es ist dabei einerlei, ob diese Versuche in
Blech- oder in guſseisernen Kästen, in Thontiegeln oder sonstigen
verschlossenen Gefäſsen vorgenommen wurden, und ob diese Gefäſse
in einer Schmiedeesse, einem Wind-, Muffel- oder Brennofen erhitzt
wurden. Um aber unter gleichen Bedingungen zu arbeiten, wurden
die Glühversuche in ganz gleichen Thontiegeln vorgenommen. Jeder
erhielt eine andere Mischung. Die Eisenstückchen wurden lagenweise
mit dem Cementierpulver geschichtet und alle möglichst dem gleichen
Feuer ausgesetzt. Um zunächst festzustellen, ob nicht das Schmiede-
eisen durch andauerndes Erhitzen schon an und für sich eine Ver-
änderung erleide, wurde dasselbe zunächst nur mit indifferenten Sub-
stanzen, als Thon, Kalk, Gips, verschiedenen Sandarten, Asche, gepulver-
tem Glas, geglüht. Es zeigte sich keine Veränderung des Eisens,
wenigstens keine Stahlbildung. Der Zusatz von Pflanzensäften, welche
bei verschiedenen Geheimmitteln als wirkungsvoll hingestellt werden, zu
diesen indifferenten Stoffen, übte ebenfalls keine besonderen Wirkungen.
Ebenso wurden Versuche mit Fetten und öligen Substanzen für sich
allein angestellt, so mit gewöhnlichem Talg, Leinöl u. s. w., mit
welchen Thon und Kalk, die sich vorher als wirkungslos erwiesen
hatten, vermischt wurden. Auch hierbei zeigte sich keine Stahl-
bildung. In gleicher Weise wurden verschiedene Salze probiert, teils
für sich, teils gemischt mit neutralen Stoffen und der Erfolg war
derselbe. Gröſser waren die Einwirkungen von gewissen Mischungen
dieser Stoffe; so verwandelte ein Gemenge von Seife und Erde das
Eisen zum Teil wenigstens in schlechten Stahl. Viel energischer war
aber die Einwirkung derjenigen Stoffe, welche nach der Auffassung
jener Zeit fettige und salzige Substanz gebunden enthielten, als
Kohlenpulver, Steinkohle, frische unausgelaugte Holzasche, Ruſs, be-
sonders der aus den Kaminen, gesiebte Hornkohle, gesiebte Leder-
kohle, Kot verschiedener Tiere, wie der von Pferden, Hühnern und
Tauben, entweder getrocknet oder verkohlt. Alle diese Substanzen
verwandelten das Eisen in Stahl, „wie man dies bei ihrer fettigen und
salzigen Natur erwarten konnte“. Der erhaltene Stahl war von ver-
schiedener Güte; der mit Kohlenpulver, Ruſs und verkohltem Leder
erhaltene war hart und fein, aber schwer zu bearbeiten und zeigte
nach dem Ausschmieden viele Risse und Schrunden. Verkohlte Horn-
späne zeigten sich weniger wirkungsvoll als die vorgenannten Stoffe;
noch geringer war die Wirkung der frischen Holzasche. Taubenkot
erzeugte feinkörnigen Stahl, der aber unter dem Hammer in Stücke
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 206. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/220>, abgerufen am 25.11.2024.
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