zusammengesetzt. Die Kunst des Hüttenmannes besteht darin, die Eisenteile von den übrigen zu trennen, wodurch sie erst für den Gebrauch verwendbar werden. Die Schmelzung ist das erste Mittel, welches man hierfür anwendet. Bei der Schmelzung trennt sich die leichtere Schlacke von dem schwereren Eisen. Dieses ausgeschmolzene Eisen, das man Gusseisen (fonte) nennt, ist noch unrein, weshalb es unter dem Hammer zerbricht. Um es in schmiedbares Eisen zu ver- wandeln, wird es gefrischt, das heisst ein zweites Mal eingeschmolzen und unter einem schweren Hammer behandelt; dies wiederholt man und erhält dadurch schmiedbares Eisen oder Stahl, je nach der Behandlung.
Es giebt drei Arten, Stahl zu machen: 1. aus Roheisen im Frisch- herd, wobei man meistens nur ein sehr geringes Produkt, manchmal aber je nach dem Roheisen und der Gegend auch ein besseres erhält; 2. direkt aus dem Erz im Schmelzofen, wie es in Steiermark und in unserem Lande in Roussillon, insbesondere in der Grafschaft Foix, geschieht, und 3. durch Cementation von Schmiedeeisen, wodurch man feinen Stahl, den man härter oder weicher machen kann, erhält. Dieser letztere ist allein frei von Adern und Körnern von weichem Eisen. Deshalb macht man in vielen Ländern, namentlich in Eng- land, obgleich man das Schmiedeeisen dafür aus Schweden beziehen muss, den feinen Stahl ausschliesslich aus diesem künstlichen Stahl. Auch in Italien und in verschiedenen Provinzen Deutschlands macht man Stahl aus Schmiedeeisen. Und wo man dies nicht thut, da hat man es gewiss doch schon versucht, weil man immer die aus Schmiede- eisen erzeugten Stahlsorten für die besten hält. Nur Frankreich, ob- gleich es Naturstahl (d. h. Rennstahl) sogar ausführen kann, entbehrt diesen und muss jährlich Unsummen dafür an das Ausland, wo man das Verfahren selbst ängstlich geheim hält, bezahlen. Allerdings wurde deshalb der Hof überlaufen, und besonders seit drei oder vier Jahren behaupteten Franzosen und Fremde aus allen Ländern, um sich zu bereichern, sie besässen das wahre Geheimnis, Eisen in Stahl zu ver- wandeln. Aber da trotz aller Gnadengeschenke niemals etwas dabei heraus kam, hat sich ein Vorurteil gegen alle diejenigen, welche dies unternehmen wollen, die man mit denen, die nach dem Stein der Weisen suchen, auf eine Stufe stellt, ausgebildet; und man hielt es für ein unausführbares Unternehmen.
Trotz dieses Vorurteils erschien Reaumur das Problem aus nationalökonomischen Gründen für zu wichtig, um es fallen zu lassen. "Die Möglichkeit der Umwandlung von Schmiedeeisen brauchte nicht
Die Cementstahlfabrikation.
zusammengesetzt. Die Kunst des Hüttenmannes besteht darin, die Eisenteile von den übrigen zu trennen, wodurch sie erst für den Gebrauch verwendbar werden. Die Schmelzung ist das erste Mittel, welches man hierfür anwendet. Bei der Schmelzung trennt sich die leichtere Schlacke von dem schwereren Eisen. Dieses ausgeschmolzene Eisen, das man Guſseisen (fonte) nennt, ist noch unrein, weshalb es unter dem Hammer zerbricht. Um es in schmiedbares Eisen zu ver- wandeln, wird es gefrischt, das heiſst ein zweites Mal eingeschmolzen und unter einem schweren Hammer behandelt; dies wiederholt man und erhält dadurch schmiedbares Eisen oder Stahl, je nach der Behandlung.
Es giebt drei Arten, Stahl zu machen: 1. aus Roheisen im Frisch- herd, wobei man meistens nur ein sehr geringes Produkt, manchmal aber je nach dem Roheisen und der Gegend auch ein besseres erhält; 2. direkt aus dem Erz im Schmelzofen, wie es in Steiermark und in unserem Lande in Roussillon, insbesondere in der Grafschaft Foix, geschieht, und 3. durch Cementation von Schmiedeeisen, wodurch man feinen Stahl, den man härter oder weicher machen kann, erhält. Dieser letztere ist allein frei von Adern und Körnern von weichem Eisen. Deshalb macht man in vielen Ländern, namentlich in Eng- land, obgleich man das Schmiedeeisen dafür aus Schweden beziehen muſs, den feinen Stahl ausschlieſslich aus diesem künstlichen Stahl. Auch in Italien und in verschiedenen Provinzen Deutschlands macht man Stahl aus Schmiedeeisen. Und wo man dies nicht thut, da hat man es gewiſs doch schon versucht, weil man immer die aus Schmiede- eisen erzeugten Stahlsorten für die besten hält. Nur Frankreich, ob- gleich es Naturstahl (d. h. Rennstahl) sogar ausführen kann, entbehrt diesen und muſs jährlich Unsummen dafür an das Ausland, wo man das Verfahren selbst ängstlich geheim hält, bezahlen. Allerdings wurde deshalb der Hof überlaufen, und besonders seit drei oder vier Jahren behaupteten Franzosen und Fremde aus allen Ländern, um sich zu bereichern, sie besäſsen das wahre Geheimnis, Eisen in Stahl zu ver- wandeln. Aber da trotz aller Gnadengeschenke niemals etwas dabei heraus kam, hat sich ein Vorurteil gegen alle diejenigen, welche dies unternehmen wollen, die man mit denen, die nach dem Stein der Weisen suchen, auf eine Stufe stellt, ausgebildet; und man hielt es für ein unausführbares Unternehmen.
Trotz dieses Vorurteils erschien Reaumur das Problem aus nationalökonomischen Gründen für zu wichtig, um es fallen zu lassen. „Die Möglichkeit der Umwandlung von Schmiedeeisen brauchte nicht
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[204/0218]
Die Cementstahlfabrikation.
zusammengesetzt. Die Kunst des Hüttenmannes besteht darin, die
Eisenteile von den übrigen zu trennen, wodurch sie erst für den
Gebrauch verwendbar werden. Die Schmelzung ist das erste Mittel,
welches man hierfür anwendet. Bei der Schmelzung trennt sich die
leichtere Schlacke von dem schwereren Eisen. Dieses ausgeschmolzene
Eisen, das man Guſseisen (fonte) nennt, ist noch unrein, weshalb es
unter dem Hammer zerbricht. Um es in schmiedbares Eisen zu ver-
wandeln, wird es gefrischt, das heiſst ein zweites Mal eingeschmolzen
und unter einem schweren Hammer behandelt; dies wiederholt man
und erhält dadurch schmiedbares Eisen oder Stahl, je nach der
Behandlung.
Es giebt drei Arten, Stahl zu machen: 1. aus Roheisen im Frisch-
herd, wobei man meistens nur ein sehr geringes Produkt, manchmal
aber je nach dem Roheisen und der Gegend auch ein besseres erhält;
2. direkt aus dem Erz im Schmelzofen, wie es in Steiermark und in
unserem Lande in Roussillon, insbesondere in der Grafschaft Foix,
geschieht, und 3. durch Cementation von Schmiedeeisen, wodurch man
feinen Stahl, den man härter oder weicher machen kann, erhält.
Dieser letztere ist allein frei von Adern und Körnern von weichem
Eisen. Deshalb macht man in vielen Ländern, namentlich in Eng-
land, obgleich man das Schmiedeeisen dafür aus Schweden beziehen
muſs, den feinen Stahl ausschlieſslich aus diesem künstlichen Stahl.
Auch in Italien und in verschiedenen Provinzen Deutschlands macht
man Stahl aus Schmiedeeisen. Und wo man dies nicht thut, da hat
man es gewiſs doch schon versucht, weil man immer die aus Schmiede-
eisen erzeugten Stahlsorten für die besten hält. Nur Frankreich, ob-
gleich es Naturstahl (d. h. Rennstahl) sogar ausführen kann, entbehrt
diesen und muſs jährlich Unsummen dafür an das Ausland, wo man
das Verfahren selbst ängstlich geheim hält, bezahlen. Allerdings wurde
deshalb der Hof überlaufen, und besonders seit drei oder vier Jahren
behaupteten Franzosen und Fremde aus allen Ländern, um sich zu
bereichern, sie besäſsen das wahre Geheimnis, Eisen in Stahl zu ver-
wandeln. Aber da trotz aller Gnadengeschenke niemals etwas dabei
heraus kam, hat sich ein Vorurteil gegen alle diejenigen, welche dies
unternehmen wollen, die man mit denen, die nach dem Stein der
Weisen suchen, auf eine Stufe stellt, ausgebildet; und man hielt es
für ein unausführbares Unternehmen.
Trotz dieses Vorurteils erschien Reaumur das Problem aus
nationalökonomischen Gründen für zu wichtig, um es fallen zu lassen.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 204. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/218>, abgerufen am 24.11.2024.
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