Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

Bild:
<< vorherige Seite

Eisen- und Stahlfrischen.
2 Fuss Länge ausgeschmiedet, und zwar schmiedete der Meister auf
seinem Schemel sitzend immer die eine Hälfte, der Geselle alsdann
die andere Hälfte. Die ausgeschmiedeten Stäbe wurden in kaltem
Wasser in einem hölzernen Löschtroge abgelöscht. Nur zwei grosse
Stäbe wurden nicht gehärtet. Hierauf wurden die sämmtlichen Stäbe,
die kleinen und die grossen, wie zu einer Rute (Garbe) zusammen-
gebunden, und zwar so, dass einer der nicht gelöschten Stäbe zu
unterst, der andere zu oberst lag. 16 bis 20 Stäbe waren so zu einer
Garbe verbunden. Der Zweck war, durch die Vereinigung derselben
zu einer Masse die Fehler, die der eine oder andere Stab hatte, aus-
zugleichen. Diese Garbe wurde nun unter Aufwerfen von trockenem,
gepulvertem Thon geschweisst, und zwar schlug man erst die eine
Hälfte mit Handhämmern zusammen, dann die andere. Alsdann
schweisste man unter Aufwerfen von Thon die eine Hälfte und
schmiedete sie unter dem Wasserhammer zu einem 10 cm dicken Stab
[Abbildung] Fig. 32.
zusammen, dann ebenso
die andere Hälfte. Dann
schmiedete man die beiden
Enden noch weiter aus, so
dass die ganze Stange etwa
3 m lang wurde. Die Stan-
gen wurden in Gebunde
von etwa 450 kg Gewicht
zusammengepackt. Dieser
schwedische Gärbstahl war
nach Swedenborgs Angabe ebenso gut, wenn nicht noch besser,
als der von Kärnten und Steiermark eingeführte.

Der unmittelbar aus dem Roheisen erzeugte Stahl hatte den
Vorzug, dass er mehr Hitze aushielt, ohne seine Stahlnatur zu verlieren,
als der aus Cementstahl bereitete. Auch gingen die Eigenschaften
des Roheisens, Härte, Zähigkeit und Festigkeit, mehr oder weniger
auf den Stahl über und musste man danach und nach dem Zweck der
Verwendung die Auswahl des Roheisens treffen. Solches, welches rot-
brüchiges oder kaltbrüchiges Eisen gab, war auch für Stahl nicht
zu gebrauchen. Nicht jedes Eisen gab Stahl 1). Der Abbrand war gross.
Auf 64 Pfund Einsatz im Schmelzherd hatte man 24 Pfund Abbrand,
und weiter im Reckherd 8 Pfund, so dass der Verlust im Ganzen sich
auf 50 Proz. belief.


1) Bezüglich der weiteren Angaben Swedenborgs über den Frischstahl
verweisen wir auf sein Buch S. 201.
13*

Eisen- und Stahlfrischen.
2 Fuſs Länge ausgeschmiedet, und zwar schmiedete der Meister auf
seinem Schemel sitzend immer die eine Hälfte, der Geselle alsdann
die andere Hälfte. Die ausgeschmiedeten Stäbe wurden in kaltem
Wasser in einem hölzernen Löschtroge abgelöscht. Nur zwei groſse
Stäbe wurden nicht gehärtet. Hierauf wurden die sämmtlichen Stäbe,
die kleinen und die groſsen, wie zu einer Rute (Garbe) zusammen-
gebunden, und zwar so, daſs einer der nicht gelöschten Stäbe zu
unterst, der andere zu oberst lag. 16 bis 20 Stäbe waren so zu einer
Garbe verbunden. Der Zweck war, durch die Vereinigung derselben
zu einer Masse die Fehler, die der eine oder andere Stab hatte, aus-
zugleichen. Diese Garbe wurde nun unter Aufwerfen von trockenem,
gepulvertem Thon geschweiſst, und zwar schlug man erst die eine
Hälfte mit Handhämmern zusammen, dann die andere. Alsdann
schweiſste man unter Aufwerfen von Thon die eine Hälfte und
schmiedete sie unter dem Wasserhammer zu einem 10 cm dicken Stab
[Abbildung] Fig. 32.
zusammen, dann ebenso
die andere Hälfte. Dann
schmiedete man die beiden
Enden noch weiter aus, so
daſs die ganze Stange etwa
3 m lang wurde. Die Stan-
gen wurden in Gebunde
von etwa 450 kg Gewicht
zusammengepackt. Dieser
schwedische Gärbstahl war
nach Swedenborgs Angabe ebenso gut, wenn nicht noch besser,
als der von Kärnten und Steiermark eingeführte.

Der unmittelbar aus dem Roheisen erzeugte Stahl hatte den
Vorzug, daſs er mehr Hitze aushielt, ohne seine Stahlnatur zu verlieren,
als der aus Cementstahl bereitete. Auch gingen die Eigenschaften
des Roheisens, Härte, Zähigkeit und Festigkeit, mehr oder weniger
auf den Stahl über und muſste man danach und nach dem Zweck der
Verwendung die Auswahl des Roheisens treffen. Solches, welches rot-
brüchiges oder kaltbrüchiges Eisen gab, war auch für Stahl nicht
zu gebrauchen. Nicht jedes Eisen gab Stahl 1). Der Abbrand war groſs.
Auf 64 Pfund Einsatz im Schmelzherd hatte man 24 Pfund Abbrand,
und weiter im Reckherd 8 Pfund, so daſs der Verlust im Ganzen sich
auf 50 Proz. belief.


1) Bezüglich der weiteren Angaben Swedenborgs über den Frischstahl
verweisen wir auf sein Buch S. 201.
13*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0209" n="195"/><fw place="top" type="header">Eisen- und Stahlfrischen.</fw><lb/>
2 Fu&#x017F;s Länge ausgeschmiedet, und zwar schmiedete der Meister auf<lb/>
seinem Schemel sitzend immer die eine Hälfte, der Geselle alsdann<lb/>
die andere Hälfte. Die ausgeschmiedeten Stäbe wurden in kaltem<lb/>
Wasser in einem hölzernen Löschtroge abgelöscht. Nur zwei gro&#x017F;se<lb/>
Stäbe wurden nicht gehärtet. Hierauf wurden die sämmtlichen Stäbe,<lb/>
die kleinen und die gro&#x017F;sen, wie zu einer Rute (Garbe) zusammen-<lb/>
gebunden, und zwar so, da&#x017F;s einer der nicht gelöschten Stäbe zu<lb/>
unterst, der andere zu oberst lag. 16 bis 20 Stäbe waren so zu einer<lb/>
Garbe verbunden. Der Zweck war, durch die Vereinigung derselben<lb/>
zu einer Masse die Fehler, die der eine oder andere Stab hatte, aus-<lb/>
zugleichen. Diese Garbe wurde nun unter Aufwerfen von trockenem,<lb/>
gepulvertem Thon geschwei&#x017F;st, und zwar schlug man erst die eine<lb/>
Hälfte mit Handhämmern zusammen, dann die andere. Alsdann<lb/>
schwei&#x017F;ste man unter Aufwerfen von Thon die eine Hälfte und<lb/>
schmiedete sie unter dem Wasserhammer zu einem 10 cm dicken Stab<lb/><figure><head>Fig. 32.</head></figure><lb/>
zusammen, dann ebenso<lb/>
die andere Hälfte. Dann<lb/>
schmiedete man die beiden<lb/>
Enden noch weiter aus, so<lb/>
da&#x017F;s die ganze Stange etwa<lb/>
3 m lang wurde. Die Stan-<lb/>
gen wurden in Gebunde<lb/>
von etwa 450 kg Gewicht<lb/>
zusammengepackt. Dieser<lb/>
schwedische Gärbstahl war<lb/>
nach <hi rendition="#g">Swedenborgs</hi> Angabe ebenso gut, wenn nicht noch besser,<lb/>
als der von Kärnten und Steiermark eingeführte.</p><lb/>
            <p>Der unmittelbar aus dem Roheisen erzeugte Stahl hatte den<lb/>
Vorzug, da&#x017F;s er mehr Hitze aushielt, ohne seine Stahlnatur zu verlieren,<lb/>
als der aus Cementstahl bereitete. Auch gingen die Eigenschaften<lb/>
des Roheisens, Härte, Zähigkeit und Festigkeit, mehr oder weniger<lb/>
auf den Stahl über und mu&#x017F;ste man danach und nach dem Zweck der<lb/>
Verwendung die Auswahl des Roheisens treffen. Solches, welches rot-<lb/>
brüchiges oder kaltbrüchiges Eisen gab, war auch für Stahl nicht<lb/>
zu gebrauchen. Nicht jedes Eisen gab Stahl <note place="foot" n="1)">Bezüglich der weiteren Angaben <hi rendition="#g">Swedenborgs</hi> über den Frischstahl<lb/>
verweisen wir auf sein Buch S. 201.</note>. Der Abbrand war gro&#x017F;s.<lb/>
Auf 64 Pfund Einsatz im Schmelzherd hatte man 24 Pfund Abbrand,<lb/>
und weiter im Reckherd 8 Pfund, so da&#x017F;s der Verlust im Ganzen sich<lb/>
auf 50 Proz. belief.</p><lb/>
            <fw place="bottom" type="sig">13*</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[195/0209] Eisen- und Stahlfrischen. 2 Fuſs Länge ausgeschmiedet, und zwar schmiedete der Meister auf seinem Schemel sitzend immer die eine Hälfte, der Geselle alsdann die andere Hälfte. Die ausgeschmiedeten Stäbe wurden in kaltem Wasser in einem hölzernen Löschtroge abgelöscht. Nur zwei groſse Stäbe wurden nicht gehärtet. Hierauf wurden die sämmtlichen Stäbe, die kleinen und die groſsen, wie zu einer Rute (Garbe) zusammen- gebunden, und zwar so, daſs einer der nicht gelöschten Stäbe zu unterst, der andere zu oberst lag. 16 bis 20 Stäbe waren so zu einer Garbe verbunden. Der Zweck war, durch die Vereinigung derselben zu einer Masse die Fehler, die der eine oder andere Stab hatte, aus- zugleichen. Diese Garbe wurde nun unter Aufwerfen von trockenem, gepulvertem Thon geschweiſst, und zwar schlug man erst die eine Hälfte mit Handhämmern zusammen, dann die andere. Alsdann schweiſste man unter Aufwerfen von Thon die eine Hälfte und schmiedete sie unter dem Wasserhammer zu einem 10 cm dicken Stab [Abbildung Fig. 32.] zusammen, dann ebenso die andere Hälfte. Dann schmiedete man die beiden Enden noch weiter aus, so daſs die ganze Stange etwa 3 m lang wurde. Die Stan- gen wurden in Gebunde von etwa 450 kg Gewicht zusammengepackt. Dieser schwedische Gärbstahl war nach Swedenborgs Angabe ebenso gut, wenn nicht noch besser, als der von Kärnten und Steiermark eingeführte. Der unmittelbar aus dem Roheisen erzeugte Stahl hatte den Vorzug, daſs er mehr Hitze aushielt, ohne seine Stahlnatur zu verlieren, als der aus Cementstahl bereitete. Auch gingen die Eigenschaften des Roheisens, Härte, Zähigkeit und Festigkeit, mehr oder weniger auf den Stahl über und muſste man danach und nach dem Zweck der Verwendung die Auswahl des Roheisens treffen. Solches, welches rot- brüchiges oder kaltbrüchiges Eisen gab, war auch für Stahl nicht zu gebrauchen. Nicht jedes Eisen gab Stahl 1). Der Abbrand war groſs. Auf 64 Pfund Einsatz im Schmelzherd hatte man 24 Pfund Abbrand, und weiter im Reckherd 8 Pfund, so daſs der Verlust im Ganzen sich auf 50 Proz. belief. 1) Bezüglich der weiteren Angaben Swedenborgs über den Frischstahl verweisen wir auf sein Buch S. 201. 13*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/209
Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 195. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/209>, abgerufen am 23.11.2024.