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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

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Eisen- und Stahlfrischen.
Oberfläche Wasser und hob die erstarrten, kuchenförmigen Krusten
-- "Blattel" genannt -- ab. Diese ganze Arbeit des Einschmelzens
und "Blattelnreissens" dauerte vier Stunden und wurde in zwölf Stunden
dreimal wiederholt.

Diese Blatteln, welche weiss und hart waren, wurden in einer
Art Röstofen mit Holzfeuer erhitzt (gebraten) und sodann in dem
Frischherd, der dem sächsischen und böhmischen ähnlich war, ein-
geschmolzen. Der Einsatz betrug 60 kg, woraus man 50 kg Schmiede-
eisen erhielt. Das Schmiedeeisen wurde in Gebunden von 125 kg --
Sohm (Saum) genannt -- zusammengebunden.

Die Stahlfabrikation stand in den ersten Jahrzehnten des
18. Jahrhunderts noch auf sehr niedriger Stufe. Der meiste Stahl
wurde noch direkt aus den Erzen ausgeschmolzen. In den öster-
reichischen Alpenländern, welche den meisten Stahl für den Handel
erzeugten, geschah dies in Stücköfen, in den Pyrenäen, in Nordspanien
und Südfrankreich in Herdöfen. Seit der Einführung des Hochofen-
betriebes verfrischte man auch Roheisen zu Stahl. Dieser Frisch-
stahl war aber in den meisten Fällen von geringer Güte. Nur wo
man ein so vorzügliches Rohmaterial hatte, wie im Siegerland und
in den österreichischen Alpenländern, erzielte man guten Stahl.

Wir erwähnen hier nur diejenigen Stahlfrischmethoden, welche
Swedenborg in seinem Buche "De ferro" beschrieben hat 1).

In Schweden war ein schönes (admodum elegans) Stahlwerk
zu Wick oder Trollbo, nicht weit von der Stadt Hedemohra in der
Provinz Dalekarlien, errichtet worden. Das Roheisen, welches man
dort verschmolz, kam von dem Hochofen von Wikmanshyttan, welcher
seine vorzüglichen Erze aus dem Bergwerke Bisberget bezog. Die
Stahlfrischhütte war gerade wie eine gewöhnliche Frischhütte ein-
gerichtet. Auch der Frischherd war gerade so konstruiert, nur etwas
kleiner. Boden- und Seitenplatten waren von Gusseisen, die Form
aus Kupfer. Der Herd war 350 mm breit und von etwas grösserer
Länge, auf letztere kam es aber weniger an. Vom Boden bis zur
Form war ein Abstand von 162 mm. Die Grösse der Formöffnung
und die Weite des Herdes waren von besonderer Bedeutung. Der
Boden der Form lag nur ganz wenig in den Herd geneigt, die Mittel-
linie der Form traf nicht wie sonst den Bodenstein, sondern den
unteren Teil des Gichtzackens. Das Formmaul war etwas niedriger
wie ein Halbkreis und flacher als bei den Eisenherden. Die Düsen

1) l. c. fol. 195 etc.

Eisen- und Stahlfrischen.
Oberfläche Wasser und hob die erstarrten, kuchenförmigen Krusten
— „Blattel“ genannt — ab. Diese ganze Arbeit des Einschmelzens
und „Blattelnreiſsens“ dauerte vier Stunden und wurde in zwölf Stunden
dreimal wiederholt.

Diese Blatteln, welche weiſs und hart waren, wurden in einer
Art Röstofen mit Holzfeuer erhitzt (gebraten) und sodann in dem
Frischherd, der dem sächsischen und böhmischen ähnlich war, ein-
geschmolzen. Der Einsatz betrug 60 kg, woraus man 50 kg Schmiede-
eisen erhielt. Das Schmiedeeisen wurde in Gebunden von 125 kg —
Sohm (Saum) genannt — zusammengebunden.

Die Stahlfabrikation stand in den ersten Jahrzehnten des
18. Jahrhunderts noch auf sehr niedriger Stufe. Der meiste Stahl
wurde noch direkt aus den Erzen ausgeschmolzen. In den öster-
reichischen Alpenländern, welche den meisten Stahl für den Handel
erzeugten, geschah dies in Stücköfen, in den Pyrenäen, in Nordspanien
und Südfrankreich in Herdöfen. Seit der Einführung des Hochofen-
betriebes verfrischte man auch Roheisen zu Stahl. Dieser Frisch-
stahl war aber in den meisten Fällen von geringer Güte. Nur wo
man ein so vorzügliches Rohmaterial hatte, wie im Siegerland und
in den österreichischen Alpenländern, erzielte man guten Stahl.

Wir erwähnen hier nur diejenigen Stahlfrischmethoden, welche
Swedenborg in seinem Buche „De ferro“ beschrieben hat 1).

In Schweden war ein schönes (admodum elegans) Stahlwerk
zu Wick oder Trollbo, nicht weit von der Stadt Hedemohra in der
Provinz Dalekarlien, errichtet worden. Das Roheisen, welches man
dort verschmolz, kam von dem Hochofen von Wikmanshyttan, welcher
seine vorzüglichen Erze aus dem Bergwerke Bisberget bezog. Die
Stahlfrischhütte war gerade wie eine gewöhnliche Frischhütte ein-
gerichtet. Auch der Frischherd war gerade so konstruiert, nur etwas
kleiner. Boden- und Seitenplatten waren von Guſseisen, die Form
aus Kupfer. Der Herd war 350 mm breit und von etwas gröſserer
Länge, auf letztere kam es aber weniger an. Vom Boden bis zur
Form war ein Abstand von 162 mm. Die Gröſse der Formöffnung
und die Weite des Herdes waren von besonderer Bedeutung. Der
Boden der Form lag nur ganz wenig in den Herd geneigt, die Mittel-
linie der Form traf nicht wie sonst den Bodenstein, sondern den
unteren Teil des Gichtzackens. Das Formmaul war etwas niedriger
wie ein Halbkreis und flacher als bei den Eisenherden. Die Düsen

1) l. c. fol. 195 etc.
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[192/0206] Eisen- und Stahlfrischen. Oberfläche Wasser und hob die erstarrten, kuchenförmigen Krusten — „Blattel“ genannt — ab. Diese ganze Arbeit des Einschmelzens und „Blattelnreiſsens“ dauerte vier Stunden und wurde in zwölf Stunden dreimal wiederholt. Diese Blatteln, welche weiſs und hart waren, wurden in einer Art Röstofen mit Holzfeuer erhitzt (gebraten) und sodann in dem Frischherd, der dem sächsischen und böhmischen ähnlich war, ein- geschmolzen. Der Einsatz betrug 60 kg, woraus man 50 kg Schmiede- eisen erhielt. Das Schmiedeeisen wurde in Gebunden von 125 kg — Sohm (Saum) genannt — zusammengebunden. Die Stahlfabrikation stand in den ersten Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts noch auf sehr niedriger Stufe. Der meiste Stahl wurde noch direkt aus den Erzen ausgeschmolzen. In den öster- reichischen Alpenländern, welche den meisten Stahl für den Handel erzeugten, geschah dies in Stücköfen, in den Pyrenäen, in Nordspanien und Südfrankreich in Herdöfen. Seit der Einführung des Hochofen- betriebes verfrischte man auch Roheisen zu Stahl. Dieser Frisch- stahl war aber in den meisten Fällen von geringer Güte. Nur wo man ein so vorzügliches Rohmaterial hatte, wie im Siegerland und in den österreichischen Alpenländern, erzielte man guten Stahl. Wir erwähnen hier nur diejenigen Stahlfrischmethoden, welche Swedenborg in seinem Buche „De ferro“ beschrieben hat 1). In Schweden war ein schönes (admodum elegans) Stahlwerk zu Wick oder Trollbo, nicht weit von der Stadt Hedemohra in der Provinz Dalekarlien, errichtet worden. Das Roheisen, welches man dort verschmolz, kam von dem Hochofen von Wikmanshyttan, welcher seine vorzüglichen Erze aus dem Bergwerke Bisberget bezog. Die Stahlfrischhütte war gerade wie eine gewöhnliche Frischhütte ein- gerichtet. Auch der Frischherd war gerade so konstruiert, nur etwas kleiner. Boden- und Seitenplatten waren von Guſseisen, die Form aus Kupfer. Der Herd war 350 mm breit und von etwas gröſserer Länge, auf letztere kam es aber weniger an. Vom Boden bis zur Form war ein Abstand von 162 mm. Die Gröſse der Formöffnung und die Weite des Herdes waren von besonderer Bedeutung. Der Boden der Form lag nur ganz wenig in den Herd geneigt, die Mittel- linie der Form traf nicht wie sonst den Bodenstein, sondern den unteren Teil des Gichtzackens. Das Formmaul war etwas niedriger wie ein Halbkreis und flacher als bei den Eisenherden. Die Düsen 1) l. c. fol. 195 etc.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/206>, abgerufen am 24.11.2024.