in 1/2 Stunde fertig war; 6. verweilte das Eisen länger im deutschen Herd, im Wallonherd wurde es fortwährend durchgearbeitet; 7. in ersterem kochte das Eisen auf, in letzterem nicht; 8. bei dem deut- schen Frischen wurde Schlacke abgestochen, bei dem französischen nicht; 9. bei jenem verwendete man gemischte Kohlen, hier nur grobe; 10. bei dem deutschen Frischen verarbeitete man meist graues, bei dem französischen weisses, rasch gehendes Roheisen.
Der Reckherd wich in seinen Massen von dem Schmelzherd ab. Von der Form bis zur Windseite war er 0,60 m breit, dagegen 0,90 bis 1,20 m lang. Er war deshalb so in die Länge gezogen, weil die Stäbe zum Heizen in dieser Richtung eingelegt wurden. Die lange Wand war etwas nach innen geneigt. Als Brennmaterial diente beim Reckherd Kohlenklein, von dem 8 bis 9 Tonnen in einem Haufen aufgehäuft wurden. War der Herd so mit dem Kohlenklein gefüllt, so wurde ein Korb besserer Kohle aufgeworfen; diese wurde entzündet und der halb ausgeschmiedete Kolben mit dem dicken Ende näher oder weiter von der Form eingesteckt. An verschiedenen Merkmalen konnte man erkennen, ob der glühende Kolben eine trockene oder eine saftige Hitze hatte. Rotglühendes Eisen und rote Flamme zeigten trockene Hitze an. Die Schlacke war dann zäh und hing sich an die Form an. Weissglühendes Eisen bei mässigem Auswerfen von weissen Funken war ein gutes Zeichen, am besten war es, wenn Flamme und Funken bläulich aussahen. Zu grosse Hitze wurde durch Auswerfen von Sand und Schlacke auf das Eisen gemässigt. Aus dem Reckherd wurde die Schlacke öfter abgelassen, und zwar zwei- bis fünfmal bei jeder Schmelzung, d. h. beim Durchsetzen von je sieben Luppen. Viel Schlacken im Herd war gut, weil sonst die Hitze leicht trocken wurde. Während man im Schmelzherd für die 35 Luppen einer Gans 28 Tonnen Kohle verbrauchte, verbrannten im Reckherd für dasselbe Eisen 20 Tonnen. An einigen Orten verbrauchte man aber im Reckherd für jede Luppe eine, in andern sogar 11/2 bis 21/2 Tonnen Kohlen. Der Hammer war in fast ununterbrochener Thätigkeit, weshalb der Amboss durch einen Wasserstrahl fortwährend gekühlt wurde.
In einem "einfachen" Frischhammer wurden in einer Woche 40 Schiffspfund 1) (6400 kg) Eisen geschmiedet, in andern, wo mehr Arbeiter beschäftigt waren, sogar 60. -- Eingesetzt wurden wöchent- lich in einen Schmelzherd 111/2 Roheisengänse zu je 9 Schiffspfund
1) 40 pondera nautica majora sive 44 Stockholmensia.
Eisen- und Stahlfrischen.
in ½ Stunde fertig war; 6. verweilte das Eisen länger im deutschen Herd, im Wallonherd wurde es fortwährend durchgearbeitet; 7. in ersterem kochte das Eisen auf, in letzterem nicht; 8. bei dem deut- schen Frischen wurde Schlacke abgestochen, bei dem französischen nicht; 9. bei jenem verwendete man gemischte Kohlen, hier nur grobe; 10. bei dem deutschen Frischen verarbeitete man meist graues, bei dem französischen weiſses, rasch gehendes Roheisen.
Der Reckherd wich in seinen Maſsen von dem Schmelzherd ab. Von der Form bis zur Windseite war er 0,60 m breit, dagegen 0,90 bis 1,20 m lang. Er war deshalb so in die Länge gezogen, weil die Stäbe zum Heizen in dieser Richtung eingelegt wurden. Die lange Wand war etwas nach innen geneigt. Als Brennmaterial diente beim Reckherd Kohlenklein, von dem 8 bis 9 Tonnen in einem Haufen aufgehäuft wurden. War der Herd so mit dem Kohlenklein gefüllt, so wurde ein Korb besserer Kohle aufgeworfen; diese wurde entzündet und der halb ausgeschmiedete Kolben mit dem dicken Ende näher oder weiter von der Form eingesteckt. An verschiedenen Merkmalen konnte man erkennen, ob der glühende Kolben eine trockene oder eine saftige Hitze hatte. Rotglühendes Eisen und rote Flamme zeigten trockene Hitze an. Die Schlacke war dann zäh und hing sich an die Form an. Weiſsglühendes Eisen bei mäſsigem Auswerfen von weiſsen Funken war ein gutes Zeichen, am besten war es, wenn Flamme und Funken bläulich aussahen. Zu groſse Hitze wurde durch Auswerfen von Sand und Schlacke auf das Eisen gemäſsigt. Aus dem Reckherd wurde die Schlacke öfter abgelassen, und zwar zwei- bis fünfmal bei jeder Schmelzung, d. h. beim Durchsetzen von je sieben Luppen. Viel Schlacken im Herd war gut, weil sonst die Hitze leicht trocken wurde. Während man im Schmelzherd für die 35 Luppen einer Gans 28 Tonnen Kohle verbrauchte, verbrannten im Reckherd für dasselbe Eisen 20 Tonnen. An einigen Orten verbrauchte man aber im Reckherd für jede Luppe eine, in andern sogar 1½ bis 2½ Tonnen Kohlen. Der Hammer war in fast ununterbrochener Thätigkeit, weshalb der Amboſs durch einen Wasserstrahl fortwährend gekühlt wurde.
In einem „einfachen“ Frischhammer wurden in einer Woche 40 Schiffspfund 1) (6400 kg) Eisen geschmiedet, in andern, wo mehr Arbeiter beschäftigt waren, sogar 60. — Eingesetzt wurden wöchent- lich in einen Schmelzherd 11½ Roheisengänse zu je 9 Schiffspfund
1) 40 pondera nautica majora sive 44 Stockholmensia.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0200"n="186"/><fwplace="top"type="header">Eisen- und Stahlfrischen.</fw><lb/>
in ½ Stunde fertig war; 6. verweilte das Eisen länger im deutschen<lb/>
Herd, im Wallonherd wurde es fortwährend durchgearbeitet; 7. in<lb/>
ersterem kochte das Eisen auf, in letzterem nicht; 8. bei dem deut-<lb/>
schen Frischen wurde Schlacke abgestochen, bei dem französischen<lb/>
nicht; 9. bei jenem verwendete man gemischte Kohlen, hier nur grobe;<lb/>
10. bei dem deutschen Frischen verarbeitete man meist graues, bei<lb/>
dem französischen weiſses, rasch gehendes Roheisen.</p><lb/><p>Der <hirendition="#g">Reckherd</hi> wich in seinen Maſsen von dem Schmelzherd ab.<lb/>
Von der Form bis zur Windseite war er 0,60 m breit, dagegen 0,90<lb/>
bis 1,20 m lang. Er war deshalb so in die Länge gezogen, weil die<lb/>
Stäbe zum Heizen in dieser Richtung eingelegt wurden. Die lange<lb/>
Wand war etwas nach innen geneigt. Als Brennmaterial diente beim<lb/>
Reckherd Kohlenklein, von dem 8 bis 9 Tonnen in einem Haufen<lb/>
aufgehäuft wurden. War der Herd so mit dem Kohlenklein gefüllt,<lb/>
so wurde ein Korb besserer Kohle aufgeworfen; diese wurde entzündet<lb/>
und der halb ausgeschmiedete Kolben mit dem dicken Ende näher<lb/>
oder weiter von der Form eingesteckt. An verschiedenen Merkmalen<lb/>
konnte man erkennen, ob der glühende Kolben eine trockene oder<lb/>
eine saftige Hitze hatte. Rotglühendes Eisen und rote Flamme<lb/>
zeigten trockene Hitze an. Die Schlacke war dann zäh und hing<lb/>
sich an die Form an. Weiſsglühendes Eisen bei mäſsigem Auswerfen<lb/>
von weiſsen Funken war ein gutes Zeichen, am besten war es, wenn<lb/>
Flamme und Funken bläulich aussahen. Zu groſse Hitze wurde durch<lb/>
Auswerfen von Sand und Schlacke auf das Eisen gemäſsigt. Aus dem<lb/>
Reckherd wurde die Schlacke öfter abgelassen, und zwar zwei- bis<lb/>
fünfmal bei jeder Schmelzung, d. h. beim Durchsetzen von je sieben<lb/>
Luppen. Viel Schlacken im Herd war gut, weil sonst die Hitze leicht<lb/>
trocken wurde. Während man im Schmelzherd für die 35 Luppen<lb/>
einer Gans 28 Tonnen Kohle verbrauchte, verbrannten im Reckherd<lb/>
für dasselbe Eisen 20 Tonnen. An einigen Orten verbrauchte man<lb/>
aber im Reckherd für jede Luppe eine, in andern sogar 1½ bis<lb/>
2½ Tonnen Kohlen. Der Hammer war in fast ununterbrochener<lb/>
Thätigkeit, weshalb der Amboſs durch einen Wasserstrahl fortwährend<lb/>
gekühlt wurde.</p><lb/><p>In einem „einfachen“ Frischhammer wurden in einer Woche<lb/>
40 Schiffspfund <noteplace="foot"n="1)">40 pondera nautica majora sive 44 Stockholmensia.</note> (6400 kg) Eisen geschmiedet, in andern, wo mehr<lb/>
Arbeiter beschäftigt waren, sogar 60. — Eingesetzt wurden wöchent-<lb/>
lich in einen Schmelzherd 11½ Roheisengänse zu je 9 Schiffspfund<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[186/0200]
Eisen- und Stahlfrischen.
in ½ Stunde fertig war; 6. verweilte das Eisen länger im deutschen
Herd, im Wallonherd wurde es fortwährend durchgearbeitet; 7. in
ersterem kochte das Eisen auf, in letzterem nicht; 8. bei dem deut-
schen Frischen wurde Schlacke abgestochen, bei dem französischen
nicht; 9. bei jenem verwendete man gemischte Kohlen, hier nur grobe;
10. bei dem deutschen Frischen verarbeitete man meist graues, bei
dem französischen weiſses, rasch gehendes Roheisen.
Der Reckherd wich in seinen Maſsen von dem Schmelzherd ab.
Von der Form bis zur Windseite war er 0,60 m breit, dagegen 0,90
bis 1,20 m lang. Er war deshalb so in die Länge gezogen, weil die
Stäbe zum Heizen in dieser Richtung eingelegt wurden. Die lange
Wand war etwas nach innen geneigt. Als Brennmaterial diente beim
Reckherd Kohlenklein, von dem 8 bis 9 Tonnen in einem Haufen
aufgehäuft wurden. War der Herd so mit dem Kohlenklein gefüllt,
so wurde ein Korb besserer Kohle aufgeworfen; diese wurde entzündet
und der halb ausgeschmiedete Kolben mit dem dicken Ende näher
oder weiter von der Form eingesteckt. An verschiedenen Merkmalen
konnte man erkennen, ob der glühende Kolben eine trockene oder
eine saftige Hitze hatte. Rotglühendes Eisen und rote Flamme
zeigten trockene Hitze an. Die Schlacke war dann zäh und hing
sich an die Form an. Weiſsglühendes Eisen bei mäſsigem Auswerfen
von weiſsen Funken war ein gutes Zeichen, am besten war es, wenn
Flamme und Funken bläulich aussahen. Zu groſse Hitze wurde durch
Auswerfen von Sand und Schlacke auf das Eisen gemäſsigt. Aus dem
Reckherd wurde die Schlacke öfter abgelassen, und zwar zwei- bis
fünfmal bei jeder Schmelzung, d. h. beim Durchsetzen von je sieben
Luppen. Viel Schlacken im Herd war gut, weil sonst die Hitze leicht
trocken wurde. Während man im Schmelzherd für die 35 Luppen
einer Gans 28 Tonnen Kohle verbrauchte, verbrannten im Reckherd
für dasselbe Eisen 20 Tonnen. An einigen Orten verbrauchte man
aber im Reckherd für jede Luppe eine, in andern sogar 1½ bis
2½ Tonnen Kohlen. Der Hammer war in fast ununterbrochener
Thätigkeit, weshalb der Amboſs durch einen Wasserstrahl fortwährend
gekühlt wurde.
In einem „einfachen“ Frischhammer wurden in einer Woche
40 Schiffspfund 1) (6400 kg) Eisen geschmiedet, in andern, wo mehr
Arbeiter beschäftigt waren, sogar 60. — Eingesetzt wurden wöchent-
lich in einen Schmelzherd 11½ Roheisengänse zu je 9 Schiffspfund
1) 40 pondera nautica majora sive 44 Stockholmensia.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/200>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.