Herdes; war dieser gereinigt, so wurde er erst etwa zu einem Drittel mit Schlacken von der vorigen Schmelzung gefüllt, darüber wurde frische Kohlenstübbe mit etwas Schlacke vermischt aufgestampft, etwa bis zu 2/3 des Herdes. Ohne diese Auskleidung würde das Eisen durchschmelzen und sich an den Wänden festhängen, während die Schlacken, wie das Fett in einer Pfanne, die Wände ausschmieren und das Eisen von dem Boden trennen. Indem das Eisen in dem flüssigen Schlackenbad schwamm, konnten sich die Unreinigkeiten besser abscheiden, dieselben verschlackten, und die Metallteile schieden sich ab.
Die Roheisengans wurde dem Formzacken gegenüber so eingelegt, dass sie teils in die Kohlen hinein-, teils daraus hervorragte. Nach und nach wurde sie der Form zugeschoben, so dass ihr Ende nur 10 bis 12 cm von der Mündung abstand; dabei lag der unterste Teil in der oberen Höhe des Formmauls, so dass der Wind die Massel von unten traf. Gab man dem Roheisenstück dieselbe Neigung wie der Form, so konnte man es in derselben Richtung voranschieben. Bei schwefelarmem, sehr kaltbrüchigem Eisen liess man den Wind das Eisen direkt treffen. Der Einsatz betrug 1/2 bis 1 Schiffspfund (etwa 80 bis 160 kg), je nachdem man feineres oder gröberes Eisen erstrebte. Hatte man verschiedene Eisensorten, so musste man sehen, dass sie sich beim Einschmelzen gut vermischten; man legte dann das zum Kaltbruch neigende unter das zum Rot- bruch neigende. Das Roheisen wurde mit Kohlen bedeckt gehalten und langsam geblasen. Es schmolz in Tropfen ein, wobei es allmählich nachgeschoben wurde. Von Zeit zu Zeit wurden Kohlen aufgegeben, so dass der Herd immer damit angefüllt blieb. Der Frischer unter- suchte öfter die Ecken des Herdes, um ein Anhängen des Eisens zu verhindern. Angehängte Eisenteile brachte er mit dem Spiess näher der Form. Durch letztere beobachtete er von Zeit zu Zeit das Schmelzen. Das Eisen floss ruhig, wenn es mit Kohlen bedeckt war, davon ent- blösst, funkelte es stark. Der Frischer arbeitete öfter im Herd, indem er die am Boden schwimmende Eisenmasse umrührte. Wurde die Flamme stark, so schloss man die Zwischenräume durch Aufwerfen frischer Kohlen, oder man goss Wasser auf.
War nun das Eisen eingeschmolzen und waren die Ecken gereinigt, so liess man die Kohlen etwas niederbrennen, so dass das Eisen halb entblösst wurde. Alsbald begann dasselbe zu kochen und zu schäumen, nicht anders, als wie siedendes Wasser im Kessel (coquitur et fervet ferrum non aliter ut aqua in tripode). Es blähte sich dabei mehr und mehr
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Eisen- und Stahlfrischen.
Herdes; war dieser gereinigt, so wurde er erst etwa zu einem Drittel mit Schlacken von der vorigen Schmelzung gefüllt, darüber wurde frische Kohlenstübbe mit etwas Schlacke vermischt aufgestampft, etwa bis zu ⅔ des Herdes. Ohne diese Auskleidung würde das Eisen durchschmelzen und sich an den Wänden festhängen, während die Schlacken, wie das Fett in einer Pfanne, die Wände ausschmieren und das Eisen von dem Boden trennen. Indem das Eisen in dem flüssigen Schlackenbad schwamm, konnten sich die Unreinigkeiten besser abscheiden, dieselben verschlackten, und die Metallteile schieden sich ab.
Die Roheisengans wurde dem Formzacken gegenüber so eingelegt, daſs sie teils in die Kohlen hinein-, teils daraus hervorragte. Nach und nach wurde sie der Form zugeschoben, so daſs ihr Ende nur 10 bis 12 cm von der Mündung abstand; dabei lag der unterste Teil in der oberen Höhe des Formmauls, so daſs der Wind die Massel von unten traf. Gab man dem Roheisenstück dieselbe Neigung wie der Form, so konnte man es in derselben Richtung voranschieben. Bei schwefelarmem, sehr kaltbrüchigem Eisen lieſs man den Wind das Eisen direkt treffen. Der Einsatz betrug ½ bis 1 Schiffspfund (etwa 80 bis 160 kg), je nachdem man feineres oder gröberes Eisen erstrebte. Hatte man verschiedene Eisensorten, so muſste man sehen, daſs sie sich beim Einschmelzen gut vermischten; man legte dann das zum Kaltbruch neigende unter das zum Rot- bruch neigende. Das Roheisen wurde mit Kohlen bedeckt gehalten und langsam geblasen. Es schmolz in Tropfen ein, wobei es allmählich nachgeschoben wurde. Von Zeit zu Zeit wurden Kohlen aufgegeben, so daſs der Herd immer damit angefüllt blieb. Der Frischer unter- suchte öfter die Ecken des Herdes, um ein Anhängen des Eisens zu verhindern. Angehängte Eisenteile brachte er mit dem Spieſs näher der Form. Durch letztere beobachtete er von Zeit zu Zeit das Schmelzen. Das Eisen floſs ruhig, wenn es mit Kohlen bedeckt war, davon ent- blöſst, funkelte es stark. Der Frischer arbeitete öfter im Herd, indem er die am Boden schwimmende Eisenmasse umrührte. Wurde die Flamme stark, so schloſs man die Zwischenräume durch Aufwerfen frischer Kohlen, oder man goſs Wasser auf.
War nun das Eisen eingeschmolzen und waren die Ecken gereinigt, so lieſs man die Kohlen etwas niederbrennen, so daſs das Eisen halb entblöſst wurde. Alsbald begann dasselbe zu kochen und zu schäumen, nicht anders, als wie siedendes Wasser im Kessel (coquitur et fervet ferrum non aliter ut aqua in tripode). Es blähte sich dabei mehr und mehr
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Eisen- und Stahlfrischen.
Herdes; war dieser gereinigt, so wurde er erst etwa zu einem Drittel
mit Schlacken von der vorigen Schmelzung gefüllt, darüber wurde
frische Kohlenstübbe mit etwas Schlacke vermischt aufgestampft, etwa
bis zu ⅔ des Herdes. Ohne diese Auskleidung würde das Eisen
durchschmelzen und sich an den Wänden festhängen, während die
Schlacken, wie das Fett in einer Pfanne, die Wände ausschmieren
und das Eisen von dem Boden trennen. Indem das Eisen in dem
flüssigen Schlackenbad schwamm, konnten sich die Unreinigkeiten
besser abscheiden, dieselben verschlackten, und die Metallteile schieden
sich ab.
Die Roheisengans wurde dem Formzacken gegenüber so eingelegt,
daſs sie teils in die Kohlen hinein-, teils daraus hervorragte. Nach
und nach wurde sie der Form zugeschoben, so daſs ihr Ende nur
10 bis 12 cm von der Mündung abstand; dabei lag der unterste
Teil in der oberen Höhe des Formmauls, so daſs der Wind die
Massel von unten traf. Gab man dem Roheisenstück dieselbe
Neigung wie der Form, so konnte man es in derselben Richtung
voranschieben. Bei schwefelarmem, sehr kaltbrüchigem Eisen lieſs
man den Wind das Eisen direkt treffen. Der Einsatz betrug ½ bis
1 Schiffspfund (etwa 80 bis 160 kg), je nachdem man feineres oder
gröberes Eisen erstrebte. Hatte man verschiedene Eisensorten, so
muſste man sehen, daſs sie sich beim Einschmelzen gut vermischten;
man legte dann das zum Kaltbruch neigende unter das zum Rot-
bruch neigende. Das Roheisen wurde mit Kohlen bedeckt gehalten
und langsam geblasen. Es schmolz in Tropfen ein, wobei es allmählich
nachgeschoben wurde. Von Zeit zu Zeit wurden Kohlen aufgegeben,
so daſs der Herd immer damit angefüllt blieb. Der Frischer unter-
suchte öfter die Ecken des Herdes, um ein Anhängen des Eisens zu
verhindern. Angehängte Eisenteile brachte er mit dem Spieſs näher
der Form. Durch letztere beobachtete er von Zeit zu Zeit das Schmelzen.
Das Eisen floſs ruhig, wenn es mit Kohlen bedeckt war, davon ent-
blöſst, funkelte es stark. Der Frischer arbeitete öfter im Herd, indem
er die am Boden schwimmende Eisenmasse umrührte. Wurde die
Flamme stark, so schloſs man die Zwischenräume durch Aufwerfen
frischer Kohlen, oder man goſs Wasser auf.
War nun das Eisen eingeschmolzen und waren die Ecken gereinigt,
so lieſs man die Kohlen etwas niederbrennen, so daſs das Eisen halb
entblöſst wurde. Alsbald begann dasselbe zu kochen und zu schäumen,
nicht anders, als wie siedendes Wasser im Kessel (coquitur et fervet ferrum
non aliter ut aqua in tripode). Es blähte sich dabei mehr und mehr
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/193>, abgerufen am 23.11.2024.
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