Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Dampfmaschine vor Watt.

Der Regulator der Maschine von Passy wurde nicht von einem
Schwimmer, sondern allein durch die Lenkstange bewegt; diese Ver-
besserung hatte ebenfalls Desaguiliers angegeben. Weidler sah
1726 in dessen Hof in London das Modell einer solchen Maschine,
welches für Toledo bestimmt war, wonach eine grosse Maschine
gebaut werden sollte. Ein anderes Modell von Holz sah Weidler
bei Bosfrand in Paris und er betont, wie ratsam es sei, erst ein
solches Modell fertigen zu lassen, ehe man eine Maschine im grossen
ausführe 1). Auch wurde in demselben Jahre, wie er angiebt, eine
zweite Maschine als Reserve in dem Wasserwerke von York Buildings
aufgestellt.

1727 kehrte Martin Triewald von England nach Schweden
zurück, wohin er eine von ihm selbst gefertigte Newcomen-Ma-
schine mitnahm, welche auf einem Bergwerke in Schweden aufgestellt
wurde.

1733 lief Saverys Patent ab. Seine Maschine hatte sich für
grosse Leistung nicht bewährt. Hierfür, insbesondere für die Wasser-
haltung bei Bergwerken, wurde überall die Newcomen-Maschine,
welche Schritt für Schritt Verbesserungen erfahren hatte, angewendet
und Swizer preist sie als "die schönste und nützlichste Maschine,
welche irgend eine Zeit oder irgend ein Land jemals hervorgebracht
hat 2)".

Es lässt sich nicht leugnen, dass sie einen grossen Fortschritt
darstellte und dass sie dem Zwecke ihrer Verwendung entsprach.
Aber welch ein roher Apparat war es im Vergleiche mit unserer
Dampfmaschine. Ihr grösster Fehler war ihr grosser Kohlenverbrauch.
In jener Zeit sah man jedoch in ihr den Gipfel der Vollkommenheit
und so wurde denn viele Jahrzehnte, bis der grosse Reformator
James Watt auftrat, nichts Wesentliches an ihrer Konstruktion
mehr geändert. Die Verbesserungen, die man erstrebte und auch er-
reichte, bestanden in sorgfältigerer Herstellung und in dieser Be-
ziehung hat Smeaton das höchste geleistet.



1) Weidler Loc. cit., p. 79, wo er auch über eine abgeänderte Maschine
von Bosfrand berichtet. Bosfrand baute selbst eine Feuermaschine, welche
der Herzog von Autin bei Arcueil im Hause desselben in Augenschein nahm.
Siehe Gelehrte Zeitungen, Leipzig 1726, 7. Januar. Von Paris, p. 10.
2) Siehe Swizer, Specimina Inchnographia 1730.
Die Dampfmaschine vor Watt.

Der Regulator der Maschine von Passy wurde nicht von einem
Schwimmer, sondern allein durch die Lenkstange bewegt; diese Ver-
besserung hatte ebenfalls Desaguiliers angegeben. Weidler sah
1726 in dessen Hof in London das Modell einer solchen Maschine,
welches für Toledo bestimmt war, wonach eine groſse Maschine
gebaut werden sollte. Ein anderes Modell von Holz sah Weidler
bei Bosfrand in Paris und er betont, wie ratsam es sei, erst ein
solches Modell fertigen zu lassen, ehe man eine Maschine im groſsen
ausführe 1). Auch wurde in demselben Jahre, wie er angiebt, eine
zweite Maschine als Reserve in dem Wasserwerke von York Buildings
aufgestellt.

1727 kehrte Martin Triewald von England nach Schweden
zurück, wohin er eine von ihm selbst gefertigte Newcomen-Ma-
schine mitnahm, welche auf einem Bergwerke in Schweden aufgestellt
wurde.

1733 lief Saverys Patent ab. Seine Maschine hatte sich für
groſse Leistung nicht bewährt. Hierfür, insbesondere für die Wasser-
haltung bei Bergwerken, wurde überall die Newcomen-Maschine,
welche Schritt für Schritt Verbesserungen erfahren hatte, angewendet
und Swizer preist sie als „die schönste und nützlichste Maschine,
welche irgend eine Zeit oder irgend ein Land jemals hervorgebracht
hat 2)“.

Es läſst sich nicht leugnen, daſs sie einen groſsen Fortschritt
darstellte und daſs sie dem Zwecke ihrer Verwendung entsprach.
Aber welch ein roher Apparat war es im Vergleiche mit unserer
Dampfmaschine. Ihr gröſster Fehler war ihr groſser Kohlenverbrauch.
In jener Zeit sah man jedoch in ihr den Gipfel der Vollkommenheit
und so wurde denn viele Jahrzehnte, bis der groſse Reformator
James Watt auftrat, nichts Wesentliches an ihrer Konstruktion
mehr geändert. Die Verbesserungen, die man erstrebte und auch er-
reichte, bestanden in sorgfältigerer Herstellung und in dieser Be-
ziehung hat Smeaton das höchste geleistet.



1) Weidler Loc. cit., p. 79, wo er auch über eine abgeänderte Maschine
von Bosfrand berichtet. Bosfrand baute selbst eine Feuermaschine, welche
der Herzog von Autin bei Arcueil im Hause desselben in Augenschein nahm.
Siehe Gelehrte Zeitungen, Leipzig 1726, 7. Januar. Von Paris, p. 10.
2) Siehe Swizer, Specimina Inchnographia 1730.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0126" n="112"/>
            <fw place="top" type="header">Die Dampfmaschine vor Watt.</fw><lb/>
            <p>Der Regulator der Maschine von Passy wurde nicht von einem<lb/>
Schwimmer, sondern allein durch die Lenkstange bewegt; diese Ver-<lb/>
besserung hatte ebenfalls <hi rendition="#g">Desaguiliers</hi> angegeben. <hi rendition="#g">Weidler</hi> sah<lb/>
1726 in dessen Hof in London das Modell einer solchen Maschine,<lb/>
welches für Toledo bestimmt war, wonach eine gro&#x017F;se Maschine<lb/>
gebaut werden sollte. Ein anderes Modell von Holz sah <hi rendition="#g">Weidler</hi><lb/>
bei <hi rendition="#g">Bosfrand</hi> in Paris und er betont, wie ratsam es sei, erst ein<lb/>
solches Modell fertigen zu lassen, ehe man eine Maschine im gro&#x017F;sen<lb/>
ausführe <note place="foot" n="1)"><hi rendition="#g">Weidler</hi> Loc. cit., p. 79, wo er auch über eine abgeänderte Maschine<lb/>
von <hi rendition="#g">Bosfrand</hi> berichtet. <hi rendition="#g">Bosfrand</hi> baute selbst eine Feuermaschine, welche<lb/>
der Herzog <hi rendition="#g">von Autin</hi> bei Arcueil im Hause desselben in Augenschein nahm.<lb/>
Siehe Gelehrte Zeitungen, Leipzig 1726, 7. Januar. Von Paris, p. 10.</note>. Auch wurde in demselben Jahre, wie er angiebt, eine<lb/>
zweite Maschine als Reserve in dem Wasserwerke von York Buildings<lb/>
aufgestellt.</p><lb/>
            <p>1727 kehrte <hi rendition="#g">Martin Triewald</hi> von England nach Schweden<lb/>
zurück, wohin er eine von ihm selbst gefertigte <hi rendition="#g">Newcomen</hi>-Ma-<lb/>
schine mitnahm, welche auf einem Bergwerke in Schweden aufgestellt<lb/>
wurde.</p><lb/>
            <p>1733 lief <hi rendition="#g">Saverys</hi> Patent ab. Seine Maschine hatte sich für<lb/>
gro&#x017F;se Leistung nicht bewährt. Hierfür, insbesondere für die Wasser-<lb/>
haltung bei Bergwerken, wurde überall die <hi rendition="#g">Newcomen</hi>-Maschine,<lb/>
welche Schritt für Schritt Verbesserungen erfahren hatte, angewendet<lb/>
und <hi rendition="#g">Swizer</hi> preist sie als &#x201E;die schönste und nützlichste Maschine,<lb/>
welche irgend eine Zeit oder irgend ein Land jemals hervorgebracht<lb/>
hat <note place="foot" n="2)">Siehe <hi rendition="#g">Swizer</hi>, Specimina Inchnographia 1730.</note>&#x201C;.</p><lb/>
            <p>Es lä&#x017F;st sich nicht leugnen, da&#x017F;s sie einen gro&#x017F;sen Fortschritt<lb/>
darstellte und da&#x017F;s sie dem Zwecke ihrer Verwendung entsprach.<lb/>
Aber welch ein roher Apparat war es im Vergleiche mit unserer<lb/>
Dampfmaschine. Ihr grö&#x017F;ster Fehler war ihr gro&#x017F;ser Kohlenverbrauch.<lb/>
In jener Zeit sah man jedoch in ihr den Gipfel der Vollkommenheit<lb/>
und so wurde denn viele Jahrzehnte, bis der gro&#x017F;se Reformator<lb/><hi rendition="#g">James Watt</hi> auftrat, nichts Wesentliches an ihrer Konstruktion<lb/>
mehr geändert. Die Verbesserungen, die man erstrebte und auch er-<lb/>
reichte, bestanden in sorgfältigerer Herstellung und in dieser Be-<lb/>
ziehung hat <hi rendition="#g">Smeaton</hi> das höchste geleistet.</p>
          </div><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[112/0126] Die Dampfmaschine vor Watt. Der Regulator der Maschine von Passy wurde nicht von einem Schwimmer, sondern allein durch die Lenkstange bewegt; diese Ver- besserung hatte ebenfalls Desaguiliers angegeben. Weidler sah 1726 in dessen Hof in London das Modell einer solchen Maschine, welches für Toledo bestimmt war, wonach eine groſse Maschine gebaut werden sollte. Ein anderes Modell von Holz sah Weidler bei Bosfrand in Paris und er betont, wie ratsam es sei, erst ein solches Modell fertigen zu lassen, ehe man eine Maschine im groſsen ausführe 1). Auch wurde in demselben Jahre, wie er angiebt, eine zweite Maschine als Reserve in dem Wasserwerke von York Buildings aufgestellt. 1727 kehrte Martin Triewald von England nach Schweden zurück, wohin er eine von ihm selbst gefertigte Newcomen-Ma- schine mitnahm, welche auf einem Bergwerke in Schweden aufgestellt wurde. 1733 lief Saverys Patent ab. Seine Maschine hatte sich für groſse Leistung nicht bewährt. Hierfür, insbesondere für die Wasser- haltung bei Bergwerken, wurde überall die Newcomen-Maschine, welche Schritt für Schritt Verbesserungen erfahren hatte, angewendet und Swizer preist sie als „die schönste und nützlichste Maschine, welche irgend eine Zeit oder irgend ein Land jemals hervorgebracht hat 2)“. Es läſst sich nicht leugnen, daſs sie einen groſsen Fortschritt darstellte und daſs sie dem Zwecke ihrer Verwendung entsprach. Aber welch ein roher Apparat war es im Vergleiche mit unserer Dampfmaschine. Ihr gröſster Fehler war ihr groſser Kohlenverbrauch. In jener Zeit sah man jedoch in ihr den Gipfel der Vollkommenheit und so wurde denn viele Jahrzehnte, bis der groſse Reformator James Watt auftrat, nichts Wesentliches an ihrer Konstruktion mehr geändert. Die Verbesserungen, die man erstrebte und auch er- reichte, bestanden in sorgfältigerer Herstellung und in dieser Be- ziehung hat Smeaton das höchste geleistet. 1) Weidler Loc. cit., p. 79, wo er auch über eine abgeänderte Maschine von Bosfrand berichtet. Bosfrand baute selbst eine Feuermaschine, welche der Herzog von Autin bei Arcueil im Hause desselben in Augenschein nahm. Siehe Gelehrte Zeitungen, Leipzig 1726, 7. Januar. Von Paris, p. 10. 2) Siehe Swizer, Specimina Inchnographia 1730.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/126
Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/126>, abgerufen am 26.11.2024.