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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

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Russland.

So war die Lage der russischen Eisenindustrie bis zu dem Jahre
1788, in welchem die Kaiserin Katharina II. den Direktor der
Carronhütte in Schottland, Gascoigne, der als der Erfinder der Car-
ronaden galt, berief, um die russischen Kanonengiessereien und das
Eisenhüttenwesen im allgemeinen zu verbessern1). Er erhielt einen
jährlichen Gehalt von 2500 £, ausserdem freien Unterhalt für zwölf
von England mitgenommene Personen, sowie die Hälfte von dem, was
die Gusswaren weniger als 2 Rubel pro Pud kosten würden. Der
erste Kontrakt wurde auf drei Jahre geschlossen und dann auf wei-
tere vier Jahre verlängert. Die obgedachten Accidenzien betrugen
1792 allein 147000 Rubel2). Dieser führte auf dem Staatswerk Petro-
sadowsk am Onega-See, im russischen Karelien, sogleich englische
Cylindergebläse ein. Schon im folgenden Jahre wurde mit dem Bau
einer neuen Eisenhütte in Sibirien zu Petrokamensk mit englischen
Gebläsen begonnen. Diese Hütte erbaute der reiche Hüttenherr
Peter Sawitsch Sabakin, der Sohn des Sawa Jakoblef Sabakin.
Sein Baumeister aber war sein Leibeigener, Iwan Gegorof Sikin,
den der Vater mit den Hüttenwerken von Procopi Akinfinwitsch
Demidoff
gekauft hatte. Ausser den neuen Gebläsen führte Sikin,
der ein vorzüglicher Hüttenmann war, noch viele andere Verbesse-
rungen auf dem neuen Werke ein. Er schaffte die alten Doppelherde
mit einem Hammer ab, indem er nur einen Herd für einen Hammer
baute. Dadurch erzielte er eine Erhöhung der Produktion im Ver-
hältnis von 16 bis 17 zu 13. Er machte bei den Stabhämmern
ausser der Dramsäule die Mittel- und Hintersäule aus Roheisen und
legte den Dram zum Teil ausserhalb der Hütte. Ferner verbesserte er
die Gebläseeinrichtungen an dem Frischherde, kuppelte mehrere zu-
sammen und liess nur mit einer Düse blasen. Die beiden neuen
Hochöfen wurden zwar nicht grösser als der grosse Ofen von Newi-
ansk erbaut, machten aber infolge der starken Gebläse 750 Pud
(12285 kg) Roheisen den Tag. Ausserdem besass das neue Werk
23 Stabhämmer mit 23 Frischherden und 2 Suluöfen. Der Nutzen
dieser Werke war enorm: 1 Pud Roheisen kostete 16 Kopeken Pro-
duktionskosten, wovon der Arbeitslohn 5 bis 8 Kopeken ausmachte;
der Kohlenverbrauch betrug 12 Kubikfuss, und 80 Kubikfuss kosteten
50 Kopeken. Der Transport nach Petersburg kostete 30 Kopeken,
der Verkaufspreis dort 1 Rubel 65 Kopeken. Zu den Kosten kam

1) Siehe Norberg, a. a. O., S. 6.
2) Gascoigne blieb in Russland, behielt die Leitung der kaiserlichen Giesse-
reien und starb 1805 als Staatsrat.
Ruſsland.

So war die Lage der russischen Eisenindustrie bis zu dem Jahre
1788, in welchem die Kaiserin Katharina II. den Direktor der
Carronhütte in Schottland, Gascoigne, der als der Erfinder der Car-
ronaden galt, berief, um die russischen Kanonengieſsereien und das
Eisenhüttenwesen im allgemeinen zu verbessern1). Er erhielt einen
jährlichen Gehalt von 2500 £, auſserdem freien Unterhalt für zwölf
von England mitgenommene Personen, sowie die Hälfte von dem, was
die Guſswaren weniger als 2 Rubel pro Pud kosten würden. Der
erste Kontrakt wurde auf drei Jahre geschlossen und dann auf wei-
tere vier Jahre verlängert. Die obgedachten Accidenzien betrugen
1792 allein 147000 Rubel2). Dieser führte auf dem Staatswerk Petro-
sadowsk am Onega-See, im russischen Karelien, sogleich englische
Cylindergebläse ein. Schon im folgenden Jahre wurde mit dem Bau
einer neuen Eisenhütte in Sibirien zu Petrokamensk mit englischen
Gebläsen begonnen. Diese Hütte erbaute der reiche Hüttenherr
Peter Sawitsch Sabakin, der Sohn des Sawa Jakoblef Sabakin.
Sein Baumeister aber war sein Leibeigener, Iwan Gegorof Sikin,
den der Vater mit den Hüttenwerken von Procopi Akinfinwitsch
Demidoff
gekauft hatte. Auſser den neuen Gebläsen führte Sikin,
der ein vorzüglicher Hüttenmann war, noch viele andere Verbesse-
rungen auf dem neuen Werke ein. Er schaffte die alten Doppelherde
mit einem Hammer ab, indem er nur einen Herd für einen Hammer
baute. Dadurch erzielte er eine Erhöhung der Produktion im Ver-
hältnis von 16 bis 17 zu 13. Er machte bei den Stabhämmern
auſser der Dramsäule die Mittel- und Hintersäule aus Roheisen und
legte den Dram zum Teil auſserhalb der Hütte. Ferner verbesserte er
die Gebläseeinrichtungen an dem Frischherde, kuppelte mehrere zu-
sammen und lieſs nur mit einer Düse blasen. Die beiden neuen
Hochöfen wurden zwar nicht gröſser als der groſse Ofen von Newi-
ansk erbaut, machten aber infolge der starken Gebläse 750 Pud
(12285 kg) Roheisen den Tag. Auſserdem besaſs das neue Werk
23 Stabhämmer mit 23 Frischherden und 2 Suluöfen. Der Nutzen
dieser Werke war enorm: 1 Pud Roheisen kostete 16 Kopeken Pro-
duktionskosten, wovon der Arbeitslohn 5 bis 8 Kopeken ausmachte;
der Kohlenverbrauch betrug 12 Kubikfuſs, und 80 Kubikfuſs kosteten
50 Kopeken. Der Transport nach Petersburg kostete 30 Kopeken,
der Verkaufspreis dort 1 Rubel 65 Kopeken. Zu den Kosten kam

1) Siehe Norberg, a. a. O., S. 6.
2) Gascoigne blieb in Ruſsland, behielt die Leitung der kaiserlichen Gieſse-
reien und starb 1805 als Staatsrat.
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[1144/1158] Ruſsland. So war die Lage der russischen Eisenindustrie bis zu dem Jahre 1788, in welchem die Kaiserin Katharina II. den Direktor der Carronhütte in Schottland, Gascoigne, der als der Erfinder der Car- ronaden galt, berief, um die russischen Kanonengieſsereien und das Eisenhüttenwesen im allgemeinen zu verbessern 1). Er erhielt einen jährlichen Gehalt von 2500 £, auſserdem freien Unterhalt für zwölf von England mitgenommene Personen, sowie die Hälfte von dem, was die Guſswaren weniger als 2 Rubel pro Pud kosten würden. Der erste Kontrakt wurde auf drei Jahre geschlossen und dann auf wei- tere vier Jahre verlängert. Die obgedachten Accidenzien betrugen 1792 allein 147000 Rubel 2). Dieser führte auf dem Staatswerk Petro- sadowsk am Onega-See, im russischen Karelien, sogleich englische Cylindergebläse ein. Schon im folgenden Jahre wurde mit dem Bau einer neuen Eisenhütte in Sibirien zu Petrokamensk mit englischen Gebläsen begonnen. Diese Hütte erbaute der reiche Hüttenherr Peter Sawitsch Sabakin, der Sohn des Sawa Jakoblef Sabakin. Sein Baumeister aber war sein Leibeigener, Iwan Gegorof Sikin, den der Vater mit den Hüttenwerken von Procopi Akinfinwitsch Demidoff gekauft hatte. Auſser den neuen Gebläsen führte Sikin, der ein vorzüglicher Hüttenmann war, noch viele andere Verbesse- rungen auf dem neuen Werke ein. Er schaffte die alten Doppelherde mit einem Hammer ab, indem er nur einen Herd für einen Hammer baute. Dadurch erzielte er eine Erhöhung der Produktion im Ver- hältnis von 16 bis 17 zu 13. Er machte bei den Stabhämmern auſser der Dramsäule die Mittel- und Hintersäule aus Roheisen und legte den Dram zum Teil auſserhalb der Hütte. Ferner verbesserte er die Gebläseeinrichtungen an dem Frischherde, kuppelte mehrere zu- sammen und lieſs nur mit einer Düse blasen. Die beiden neuen Hochöfen wurden zwar nicht gröſser als der groſse Ofen von Newi- ansk erbaut, machten aber infolge der starken Gebläse 750 Pud (12285 kg) Roheisen den Tag. Auſserdem besaſs das neue Werk 23 Stabhämmer mit 23 Frischherden und 2 Suluöfen. Der Nutzen dieser Werke war enorm: 1 Pud Roheisen kostete 16 Kopeken Pro- duktionskosten, wovon der Arbeitslohn 5 bis 8 Kopeken ausmachte; der Kohlenverbrauch betrug 12 Kubikfuſs, und 80 Kubikfuſs kosteten 50 Kopeken. Der Transport nach Petersburg kostete 30 Kopeken, der Verkaufspreis dort 1 Rubel 65 Kopeken. Zu den Kosten kam 1) Siehe Norberg, a. a. O., S. 6. 2) Gascoigne blieb in Ruſsland, behielt die Leitung der kaiserlichen Gieſse- reien und starb 1805 als Staatsrat.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 1144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/1158>, abgerufen am 22.11.2024.