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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

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Frankreich.
eine zweite Maschine zu Chaillot und eine zu Gros-Caillou. 1788
studierte von Bettancourt die Wattsche verbesserte Dampf-
maschine in England, fertigte dann ein Modell einer doppeltwirkenden
Maschine, nach welcher Perrier 1790 eine Maschine erbaute. In
Creusot arbeiteten 1785 fünf englische Dampfmaschinen.

Ausser der Waffenfabrikation wendete die französische Republik
der Stahlfabrikation ihre ganz besondere Aufmerksamkeit zu.
Frankreich war arm an guten Stahlerzen und deshalb gezwungen,
seinen besseren Stahl ganz aus dem Auslande zu beziehen. Gerade
deshalb bemühten sich aber sowohl die Regierung wie die Techniker,
guten Stahl in Frankreich zu erzeugen. Reaumurs Untersuchungen
und Bestrebungen gingen von diesem Punkte aus, und er hatte
auch in seinem berühmten Werke über die Stahlbereitung aus
Schmiedeeisen den Weg gezeigt. Aber die französische Industrie
war der Aufgabe nicht gewachsen. -- Den besseren Stahl bezog
Frankreich namentlich aus Deutschland. Er ging unter dem Namen
ungarischer Stahl -- acier de Hongrie, kam aber meist aus Kärnten
und Steiermark; im 18. Jahrhundert kam aber auch viel acier de
Hongrie aus der Grafschaft Mark. Den gewöhnlichen Stahl machte
man in Frankreich selbst und zwar in verschiedenen Provinzen und
Städten, besonders zu Vienne und zu Rive in der Dauphine, zu Cla-
mecy in der Auvergne, zu Saint-Dizier in der Champagne, zu Nevers,
la Charite-sur-Loire, in der Umgegend von Dijon und von Besancon
und zu Veson in Burgund. Über die Stahlfabrikation im Departement
d'Isere, verglichen mit der in Nievre und in Kärnten, haben Baillet
und Rambourg 1795 ausführliche Nachrichten veröffentlicht 1).
Früher ging der französische Stahl unter den Namen Loret, Clamecy
und Limousin. Ludwig XIV. hatte versucht, die einheimische Stahl-
industrie dadurch zu heben, dass er hohen Eingangszoll auf den aus-
ländischen Stahl legte. Unter dem Schutze dieses Zolles waren aller-
dings zwei Stahlfabriken in den Ostpyrenäen entstanden 2); aber einen
wirklichen Erfolg hatte die Massregel nicht, sondern schädigte nur
die Stahlwarenindustrie, namentlich die Messerfabrikation. Man setzte
deshalb den Zoll 1702 von 12,41 Frcs. pro 100 kg auf die Hälfte
herab und kehrte 1704 wieder zu dem alten Zoll von 1664 von
2,41 Frcs. pro 100 kg zurück. Eine andere Massregel zum Schutze
der inländischen Stahlindustrie war die, auf dem Verordnungswege

1) Journal des Mines, Ann. III, Nr. IV, p. 3.
2) Siehe Le Play, Mem. sur la fabrication et le commerce des fers a acier
dans le Nord d'Europe, Annales des mines, 4. Serie. T. IX, p. 209.

Frankreich.
eine zweite Maschine zu Chaillot und eine zu Gros-Caillou. 1788
studierte von Bettancourt die Wattsche verbesserte Dampf-
maschine in England, fertigte dann ein Modell einer doppeltwirkenden
Maschine, nach welcher Perrier 1790 eine Maschine erbaute. In
Creusot arbeiteten 1785 fünf englische Dampfmaschinen.

Auſser der Waffenfabrikation wendete die französische Republik
der Stahlfabrikation ihre ganz besondere Aufmerksamkeit zu.
Frankreich war arm an guten Stahlerzen und deshalb gezwungen,
seinen besseren Stahl ganz aus dem Auslande zu beziehen. Gerade
deshalb bemühten sich aber sowohl die Regierung wie die Techniker,
guten Stahl in Frankreich zu erzeugen. Reaumurs Untersuchungen
und Bestrebungen gingen von diesem Punkte aus, und er hatte
auch in seinem berühmten Werke über die Stahlbereitung aus
Schmiedeeisen den Weg gezeigt. Aber die französische Industrie
war der Aufgabe nicht gewachsen. — Den besseren Stahl bezog
Frankreich namentlich aus Deutschland. Er ging unter dem Namen
ungarischer Stahl — acier de Hongrie, kam aber meist aus Kärnten
und Steiermark; im 18. Jahrhundert kam aber auch viel acier de
Hongrie aus der Grafschaft Mark. Den gewöhnlichen Stahl machte
man in Frankreich selbst und zwar in verschiedenen Provinzen und
Städten, besonders zu Vienne und zu Rive in der Dauphiné, zu Cla-
mecy in der Auvergne, zu Saint-Dizier in der Champagne, zu Nevers,
la Charité-sur-Loire, in der Umgegend von Dijon und von Besançon
und zu Veson in Burgund. Über die Stahlfabrikation im Departement
d’Isère, verglichen mit der in Nièvre und in Kärnten, haben Baillet
und Rambourg 1795 ausführliche Nachrichten veröffentlicht 1).
Früher ging der französische Stahl unter den Namen Loret, Clamecy
und Limousin. Ludwig XIV. hatte versucht, die einheimische Stahl-
industrie dadurch zu heben, daſs er hohen Eingangszoll auf den aus-
ländischen Stahl legte. Unter dem Schutze dieses Zolles waren aller-
dings zwei Stahlfabriken in den Ostpyrenäen entstanden 2); aber einen
wirklichen Erfolg hatte die Maſsregel nicht, sondern schädigte nur
die Stahlwarenindustrie, namentlich die Messerfabrikation. Man setzte
deshalb den Zoll 1702 von 12,41 Frcs. pro 100 kg auf die Hälfte
herab und kehrte 1704 wieder zu dem alten Zoll von 1664 von
2,41 Frcs. pro 100 kg zurück. Eine andere Maſsregel zum Schutze
der inländischen Stahlindustrie war die, auf dem Verordnungswege

1) Journal des Mines, Ann. III, Nr. IV, p. 3.
2) Siehe Le Play, Mem. sur la fabrication et le commerce des fers à acier
dans le Nord d’Europe, Annales des mines, 4. Serie. T. IX, p. 209.
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[1040/1054] Frankreich. eine zweite Maschine zu Chaillot und eine zu Gros-Caillou. 1788 studierte von Bettancourt die Wattsche verbesserte Dampf- maschine in England, fertigte dann ein Modell einer doppeltwirkenden Maschine, nach welcher Perrier 1790 eine Maschine erbaute. In Creusot arbeiteten 1785 fünf englische Dampfmaschinen. Auſser der Waffenfabrikation wendete die französische Republik der Stahlfabrikation ihre ganz besondere Aufmerksamkeit zu. Frankreich war arm an guten Stahlerzen und deshalb gezwungen, seinen besseren Stahl ganz aus dem Auslande zu beziehen. Gerade deshalb bemühten sich aber sowohl die Regierung wie die Techniker, guten Stahl in Frankreich zu erzeugen. Reaumurs Untersuchungen und Bestrebungen gingen von diesem Punkte aus, und er hatte auch in seinem berühmten Werke über die Stahlbereitung aus Schmiedeeisen den Weg gezeigt. Aber die französische Industrie war der Aufgabe nicht gewachsen. — Den besseren Stahl bezog Frankreich namentlich aus Deutschland. Er ging unter dem Namen ungarischer Stahl — acier de Hongrie, kam aber meist aus Kärnten und Steiermark; im 18. Jahrhundert kam aber auch viel acier de Hongrie aus der Grafschaft Mark. Den gewöhnlichen Stahl machte man in Frankreich selbst und zwar in verschiedenen Provinzen und Städten, besonders zu Vienne und zu Rive in der Dauphiné, zu Cla- mecy in der Auvergne, zu Saint-Dizier in der Champagne, zu Nevers, la Charité-sur-Loire, in der Umgegend von Dijon und von Besançon und zu Veson in Burgund. Über die Stahlfabrikation im Departement d’Isère, verglichen mit der in Nièvre und in Kärnten, haben Baillet und Rambourg 1795 ausführliche Nachrichten veröffentlicht 1). Früher ging der französische Stahl unter den Namen Loret, Clamecy und Limousin. Ludwig XIV. hatte versucht, die einheimische Stahl- industrie dadurch zu heben, daſs er hohen Eingangszoll auf den aus- ländischen Stahl legte. Unter dem Schutze dieses Zolles waren aller- dings zwei Stahlfabriken in den Ostpyrenäen entstanden 2); aber einen wirklichen Erfolg hatte die Maſsregel nicht, sondern schädigte nur die Stahlwarenindustrie, namentlich die Messerfabrikation. Man setzte deshalb den Zoll 1702 von 12,41 Frcs. pro 100 kg auf die Hälfte herab und kehrte 1704 wieder zu dem alten Zoll von 1664 von 2,41 Frcs. pro 100 kg zurück. Eine andere Maſsregel zum Schutze der inländischen Stahlindustrie war die, auf dem Verordnungswege 1) Journal des Mines, Ann. III, Nr. IV, p. 3. 2) Siehe Le Play, Mem. sur la fabrication et le commerce des fers à acier dans le Nord d’Europe, Annales des mines, 4. Serie. T. IX, p. 209.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 1040. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/1054>, abgerufen am 22.11.2024.