unten sich öffnendes Ventil abgeschlossen war, in die Höhe gedrückt. Hatten Wasser und Schwimmer den höchstsn Stand erreicht, so wurde der Hahn E geöffnet. Der überhitzte Dampf strömte mit voller Kraft oberhalb des Schwimmers ein, wurde durch das glühende Eisen momentan noch stärker erhitzt, expandierte und presste das Wasser durch das nach oben sich öffnende Ventil T in den mit Luft gefüllten, allseitig geschlossenen Cylinder N N, der 3 Fuss hoch und 23 Zoll weit war. Die dadurch zusammen- gepresste Luft drückte bei ihrer Ausdehnung das Wasser durch das mit Hahn oder Ventil X verschliessbare Steigrohr auf die gewünschte Höhe. Der gebrauchte Dampf entwich beim Aufgang des Kolbens aus dem ge- öffneten Hahn bei n, während sich der Cylinder wieder mit Wasser füllte. Die Hähne R und Y erlaubten nötigenfalls, den Dampf aus dem Kessel oder das Wasser aus dem Cylinder abzulassen. Leitete man nun eine Quelle oder einen Bach in das Gefäss G G, so genügte ein Arbeiter, welcher den Kessel zu heizen und die Hähne E und n zu drehen hatte, um grosse Wassermassen auf beträchtliche Höhen zu heben. Die Wirkung des Dampfes liegt wesentlich in seiner Spannung und Expansion im Augenblick seines Eintrittes in den Cylinder, die Maschine ist demnach im vollsten Sinne des Wortes eine Hochdruckmaschine, denn der Dampf hat den Gegen- druck der über eine Atmosphäre gepressten Luft in N N zu überwinden.
Die Originalität der Erfindung und die Verschiedenheit der Wir- kungsweise gegenüber Saverys Maschine leuchtet sofort ein; ebenso, dass es leicht ausführbar war, den Kolben mit einer Kolbenstange, wie bei der ersten Maschine Papins, zu verbinden. Dass der Ver- such mit der fertigen Maschine in Kassel vor dem Landgrafen so mangelhaft ausfiel, hatte, wie es scheint, nur in der Mangelhaftigkeit des Steigrohrs seinen Grund. Während Papin seine Maschine mit grosser Mühe und Arbeit selbst gefertigt hatte, wurde das Steigrohr auf Befehl des Landgrafen, der die Anordnung, dass das Rohr bis zum Dache des Schlosses geführt werden sollte, getroffen hatte, von den fürstlichen Handwerkern gemacht. Diese setzten das Rohr aus einzelnen Stücken zusammen und verbanden dieselben mit Kitt. Papin protestierte zwar dagegen, indem er voraussagte, dass das so ange- fertigte Rohr den Druck nicht aushalten könne, aber es half ihm nichts, der Landgraf wollte nicht länger warten, der Versuch wurde gemacht. Wie er ausfiel, erfahren wir aus einem Briefe Papins an Leibniz vom 19. August 1706: Als man nun zum Versuch kam, sah man, dass in der That das Wasser aus allen Verbindungsstellen her- austrat und dies geschah an der untersten derselben in so starkem Strahl, dass Seine Hoheit sich bald dahin aussprach, dieser Versuch könne nicht gelingen. Aber ich bat ihn ganz unterthänig, ein wenig zu warten, weil ich glaubte, dass die Maschine genug Wasser liefern
Die Dampfmaschine im 17. Jahrhundert.
unten sich öffnendes Ventil abgeschlossen war, in die Höhe gedrückt. Hatten Wasser und Schwimmer den höchstsn Stand erreicht, so wurde der Hahn E geöffnet. Der überhitzte Dampf strömte mit voller Kraft oberhalb des Schwimmers ein, wurde durch das glühende Eisen momentan noch stärker erhitzt, expandierte und preſste das Wasser durch das nach oben sich öffnende Ventil T in den mit Luft gefüllten, allseitig geschlossenen Cylinder N N, der 3 Fuſs hoch und 23 Zoll weit war. Die dadurch zusammen- gepreſste Luft drückte bei ihrer Ausdehnung das Wasser durch das mit Hahn oder Ventil X verschlieſsbare Steigrohr auf die gewünschte Höhe. Der gebrauchte Dampf entwich beim Aufgang des Kolbens aus dem ge- öffneten Hahn bei n, während sich der Cylinder wieder mit Wasser füllte. Die Hähne R und Y erlaubten nötigenfalls, den Dampf aus dem Kessel oder das Wasser aus dem Cylinder abzulassen. Leitete man nun eine Quelle oder einen Bach in das Gefäſs G G, so genügte ein Arbeiter, welcher den Kessel zu heizen und die Hähne E und n zu drehen hatte, um groſse Wassermassen auf beträchtliche Höhen zu heben. Die Wirkung des Dampfes liegt wesentlich in seiner Spannung und Expansion im Augenblick seines Eintrittes in den Cylinder, die Maschine ist demnach im vollsten Sinne des Wortes eine Hochdruckmaschine, denn der Dampf hat den Gegen- druck der über eine Atmosphäre gepreſsten Luft in N N zu überwinden.
Die Originalität der Erfindung und die Verschiedenheit der Wir- kungsweise gegenüber Saverys Maschine leuchtet sofort ein; ebenso, daſs es leicht ausführbar war, den Kolben mit einer Kolbenstange, wie bei der ersten Maschine Papins, zu verbinden. Daſs der Ver- such mit der fertigen Maschine in Kassel vor dem Landgrafen so mangelhaft ausfiel, hatte, wie es scheint, nur in der Mangelhaftigkeit des Steigrohrs seinen Grund. Während Papin seine Maschine mit groſser Mühe und Arbeit selbst gefertigt hatte, wurde das Steigrohr auf Befehl des Landgrafen, der die Anordnung, daſs das Rohr bis zum Dache des Schlosses geführt werden sollte, getroffen hatte, von den fürstlichen Handwerkern gemacht. Diese setzten das Rohr aus einzelnen Stücken zusammen und verbanden dieselben mit Kitt. Papin protestierte zwar dagegen, indem er voraussagte, daſs das so ange- fertigte Rohr den Druck nicht aushalten könne, aber es half ihm nichts, der Landgraf wollte nicht länger warten, der Versuch wurde gemacht. Wie er ausfiel, erfahren wir aus einem Briefe Papins an Leibniz vom 19. August 1706: Als man nun zum Versuch kam, sah man, daſs in der That das Wasser aus allen Verbindungsstellen her- austrat und dies geschah an der untersten derselben in so starkem Strahl, daſs Seine Hoheit sich bald dahin aussprach, dieser Versuch könne nicht gelingen. Aber ich bat ihn ganz unterthänig, ein wenig zu warten, weil ich glaubte, daſs die Maschine genug Wasser liefern
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[937/0959]
Die Dampfmaschine im 17. Jahrhundert.
unten sich öffnendes Ventil abgeschlossen war, in die Höhe gedrückt. Hatten
Wasser und Schwimmer den höchstsn Stand erreicht, so wurde der Hahn E
geöffnet. Der überhitzte Dampf strömte mit voller Kraft oberhalb des
Schwimmers ein, wurde durch das glühende Eisen momentan noch stärker
erhitzt, expandierte und preſste das Wasser durch das nach oben sich
öffnende Ventil T in den mit Luft gefüllten, allseitig geschlossenen Cylinder
N N, der 3 Fuſs hoch und 23 Zoll weit war. Die dadurch zusammen-
gepreſste Luft drückte bei ihrer Ausdehnung das Wasser durch das mit
Hahn oder Ventil X verschlieſsbare Steigrohr auf die gewünschte Höhe.
Der gebrauchte Dampf entwich beim Aufgang des Kolbens aus dem ge-
öffneten Hahn bei n, während sich der Cylinder wieder mit Wasser füllte.
Die Hähne R und Y erlaubten nötigenfalls, den Dampf aus dem Kessel
oder das Wasser aus dem Cylinder abzulassen. Leitete man nun eine Quelle
oder einen Bach in das Gefäſs G G, so genügte ein Arbeiter, welcher den
Kessel zu heizen und die Hähne E und n zu drehen hatte, um groſse
Wassermassen auf beträchtliche Höhen zu heben. Die Wirkung des
Dampfes liegt wesentlich in seiner Spannung und Expansion im Augenblick
seines Eintrittes in den Cylinder, die Maschine ist demnach im vollsten
Sinne des Wortes eine Hochdruckmaschine, denn der Dampf hat den Gegen-
druck der über eine Atmosphäre gepreſsten Luft in N N zu überwinden.
Die Originalität der Erfindung und die Verschiedenheit der Wir-
kungsweise gegenüber Saverys Maschine leuchtet sofort ein; ebenso,
daſs es leicht ausführbar war, den Kolben mit einer Kolbenstange,
wie bei der ersten Maschine Papins, zu verbinden. Daſs der Ver-
such mit der fertigen Maschine in Kassel vor dem Landgrafen so
mangelhaft ausfiel, hatte, wie es scheint, nur in der Mangelhaftigkeit
des Steigrohrs seinen Grund. Während Papin seine Maschine mit
groſser Mühe und Arbeit selbst gefertigt hatte, wurde das Steigrohr
auf Befehl des Landgrafen, der die Anordnung, daſs das Rohr bis
zum Dache des Schlosses geführt werden sollte, getroffen hatte, von den
fürstlichen Handwerkern gemacht. Diese setzten das Rohr aus einzelnen
Stücken zusammen und verbanden dieselben mit Kitt. Papin
protestierte zwar dagegen, indem er voraussagte, daſs das so ange-
fertigte Rohr den Druck nicht aushalten könne, aber es half ihm
nichts, der Landgraf wollte nicht länger warten, der Versuch wurde
gemacht. Wie er ausfiel, erfahren wir aus einem Briefe Papins an
Leibniz vom 19. August 1706: Als man nun zum Versuch kam, sah
man, daſs in der That das Wasser aus allen Verbindungsstellen her-
austrat und dies geschah an der untersten derselben in so starkem
Strahl, daſs Seine Hoheit sich bald dahin aussprach, dieser Versuch
könne nicht gelingen. Aber ich bat ihn ganz unterthänig, ein wenig
zu warten, weil ich glaubte, daſs die Maschine genug Wasser liefern
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 937. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/959>, abgerufen am 22.11.2024.
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