schliesslich mit der Hand gemacht und gezogen. Die Deutschen führten damals in dem Forest of Dean und in andern Gegenden die Kunst, ihn mittels Wasserkraft zu ziehen (of drawing it by mill), ein. Besonders genannt wird Christoph Schultz aus Annaberg in Sachsen, welcher nach England gekommen war wegen der Freiheit, für Fremde nach Erzen zu schürfen1). Der grösste Teil des Eisen- drahtes und fertig gemachter Wollkratzen waren bis dahin eingeführt worden. Auch die Eisen- und Drahtwerke von Abbey Tintern waren von Deutschen errichtet worden. Um diese Zeit liess sich auch eine Kolonie von deutschen Stahlschmieden am Derventfluss, einige Meilen von der gleichnamigen Stadt in Durham, nieder. Sie machten sich bekannt durch ihre Schwerter und Schmiedwerkzeuge und wur- den die Begründer der berühmten Stahlfabrikation in Durham und Northumberland2). Im Hinblick auf den Holzmangel heisst es in den "Erwägungen für das Parlament im Jahre 1559", dass Eisenhämmer (iron mills) aus dem Reiche verbannt werden möchten (!), denn wo vormals das Holz auf dem Haufen kaum etwas gekostet habe, da koste es jetzt infolge der Eisenwerke zwei Schillinge die Last. Vordem wurde spanisches Eisen für fünf Mark die Tonne verkauft, jetzt, seitdem es Eisenhütten hier giebt, wird englisches Eisen für neun verkauft. In Sussex nahm die Eisenindustrie um jene Zeit einen grossartigen Auf- schwung. Elisabeth hatte den aus Frankreich und den Niederlanden vertriebenen Protestanten eine Freistatt eröffnet. Viele fremde Eisen- arbeiter, Flamländer, Deutsche und Franzosen kamen nach Sussex, und da bei der neuen Industrie viel Geld gewonnen wurde, so warfen sich die adligen Grundbesitzer mit Eifer darauf und brachten ihre alten Hochwaldungen zum Opfer. Die Nevilles, Howards, Percys, Stanleys, Montagues, Pelhams, Ashburnhams, Sidneys, Sackvilles, Dacres und Finshes betrieben damals das Eisengewerbe mit dem- selben Eifer, wie heute die Grossindustriellen zu Wolverhampton, Birmingham u. s. w. Die Holznot nahm aber dadurch immer mehr zu.
Ein weiteres Gesetz zur Verhinderung der Zerstörung des Bau- holzes wurde deshalb 1581 erlassen, welches hervorhob, dass durch die Errichtung verschiedener neuer Eisenhämmer (iron mills) in letzterer Zeit an verschiedenen Plätzen des Reiches in geringer Ent- fernung von London und dessen Vorstädten, oder von den Dünen
1) Siehe Lardner, a. a. O., Bd. II. S. 329.
2) Siehe Mining and Smelting Magazine, Vol. IV, No. 23, Nov. 1863.
England.
schlieſslich mit der Hand gemacht und gezogen. Die Deutschen führten damals in dem Forest of Dean und in andern Gegenden die Kunst, ihn mittels Wasserkraft zu ziehen (of drawing it by mill), ein. Besonders genannt wird Christoph Schultz aus Annaberg in Sachsen, welcher nach England gekommen war wegen der Freiheit, für Fremde nach Erzen zu schürfen1). Der gröſste Teil des Eisen- drahtes und fertig gemachter Wollkratzen waren bis dahin eingeführt worden. Auch die Eisen- und Drahtwerke von Abbey Tintern waren von Deutschen errichtet worden. Um diese Zeit lieſs sich auch eine Kolonie von deutschen Stahlschmieden am Derventfluſs, einige Meilen von der gleichnamigen Stadt in Durham, nieder. Sie machten sich bekannt durch ihre Schwerter und Schmiedwerkzeuge und wur- den die Begründer der berühmten Stahlfabrikation in Durham und Northumberland2). Im Hinblick auf den Holzmangel heiſst es in den „Erwägungen für das Parlament im Jahre 1559“, daſs Eisenhämmer (iron mills) aus dem Reiche verbannt werden möchten (!), denn wo vormals das Holz auf dem Haufen kaum etwas gekostet habe, da koste es jetzt infolge der Eisenwerke zwei Schillinge die Last. Vordem wurde spanisches Eisen für fünf Mark die Tonne verkauft, jetzt, seitdem es Eisenhütten hier giebt, wird englisches Eisen für neun verkauft. In Sussex nahm die Eisenindustrie um jene Zeit einen groſsartigen Auf- schwung. Elisabeth hatte den aus Frankreich und den Niederlanden vertriebenen Protestanten eine Freistatt eröffnet. Viele fremde Eisen- arbeiter, Flamländer, Deutsche und Franzosen kamen nach Sussex, und da bei der neuen Industrie viel Geld gewonnen wurde, so warfen sich die adligen Grundbesitzer mit Eifer darauf und brachten ihre alten Hochwaldungen zum Opfer. Die Nevilles, Howards, Percys, Stanleys, Montagues, Pelhams, Ashburnhams, Sidneys, Sackvilles, Dacres und Finshes betrieben damals das Eisengewerbe mit dem- selben Eifer, wie heute die Groſsindustriellen zu Wolverhampton, Birmingham u. s. w. Die Holznot nahm aber dadurch immer mehr zu.
Ein weiteres Gesetz zur Verhinderung der Zerstörung des Bau- holzes wurde deshalb 1581 erlassen, welches hervorhob, daſs durch die Errichtung verschiedener neuer Eisenhämmer (iron mills) in letzterer Zeit an verschiedenen Plätzen des Reiches in geringer Ent- fernung von London und dessen Vorstädten, oder von den Dünen
1) Siehe Lardner, a. a. O., Bd. II. S. 329.
2) Siehe Mining and Smelting Magazine, Vol. IV, No. 23, Nov. 1863.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0912"n="892"/><fwplace="top"type="header">England.</fw><lb/>
schlieſslich mit der Hand gemacht und gezogen. Die Deutschen<lb/>
führten damals in dem Forest of Dean und in andern Gegenden die<lb/>
Kunst, ihn mittels Wasserkraft zu ziehen (of drawing it by mill), ein.<lb/>
Besonders genannt wird <hirendition="#g">Christoph Schultz</hi> aus Annaberg in<lb/>
Sachsen, welcher nach England gekommen war wegen der Freiheit,<lb/>
für Fremde nach Erzen zu schürfen<noteplace="foot"n="1)">Siehe <hirendition="#g">Lardner</hi>, a. a. O., Bd. II. S. 329.</note>. Der gröſste Teil des Eisen-<lb/>
drahtes und fertig gemachter Wollkratzen waren bis dahin eingeführt<lb/>
worden. Auch die Eisen- und Drahtwerke von <hirendition="#g">Abbey Tintern</hi><lb/>
waren von Deutschen errichtet worden. Um diese Zeit lieſs sich auch<lb/>
eine Kolonie von deutschen Stahlschmieden am Derventfluſs, einige<lb/>
Meilen von der gleichnamigen Stadt in Durham, nieder. Sie machten<lb/>
sich bekannt durch ihre Schwerter und Schmiedwerkzeuge und wur-<lb/>
den die Begründer der berühmten Stahlfabrikation in Durham und<lb/>
Northumberland<noteplace="foot"n="2)">Siehe <hirendition="#g">Mining</hi> and <hirendition="#g">Smelting</hi> Magazine, Vol. IV, No. 23, Nov. 1863.</note>. Im Hinblick auf den Holzmangel heiſst es in den<lb/>„Erwägungen für das Parlament im Jahre 1559“, daſs Eisenhämmer<lb/>
(iron mills) aus dem Reiche verbannt werden möchten (!), denn wo<lb/>
vormals das Holz auf dem Haufen kaum etwas gekostet habe, da koste<lb/>
es jetzt infolge der Eisenwerke zwei Schillinge die Last. Vordem wurde<lb/>
spanisches Eisen für fünf Mark die Tonne verkauft, jetzt, seitdem es<lb/>
Eisenhütten hier giebt, wird englisches Eisen für neun verkauft. In<lb/>
Sussex nahm die Eisenindustrie um jene Zeit einen groſsartigen Auf-<lb/>
schwung. Elisabeth hatte den aus Frankreich und den Niederlanden<lb/>
vertriebenen Protestanten eine Freistatt eröffnet. Viele fremde Eisen-<lb/>
arbeiter, Flamländer, Deutsche und Franzosen kamen nach Sussex,<lb/>
und da bei der neuen Industrie viel Geld gewonnen wurde, so warfen<lb/>
sich die adligen Grundbesitzer mit Eifer darauf und brachten ihre<lb/>
alten Hochwaldungen zum Opfer. Die Nevilles, Howards, Percys,<lb/>
Stanleys, Montagues, Pelhams, Ashburnhams, Sidneys, Sackvilles,<lb/>
Dacres und Finshes betrieben damals das Eisengewerbe mit dem-<lb/>
selben Eifer, wie heute die Groſsindustriellen zu Wolverhampton,<lb/>
Birmingham u. s. w. Die Holznot nahm aber dadurch immer<lb/>
mehr zu.</p><lb/><p>Ein weiteres Gesetz zur Verhinderung der Zerstörung des Bau-<lb/>
holzes wurde deshalb 1581 erlassen, welches hervorhob, daſs durch<lb/>
die Errichtung verschiedener neuer Eisenhämmer (iron mills) in<lb/>
letzterer Zeit an verschiedenen Plätzen des Reiches in geringer Ent-<lb/>
fernung von London und dessen Vorstädten, oder von den Dünen<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[892/0912]
England.
schlieſslich mit der Hand gemacht und gezogen. Die Deutschen
führten damals in dem Forest of Dean und in andern Gegenden die
Kunst, ihn mittels Wasserkraft zu ziehen (of drawing it by mill), ein.
Besonders genannt wird Christoph Schultz aus Annaberg in
Sachsen, welcher nach England gekommen war wegen der Freiheit,
für Fremde nach Erzen zu schürfen 1). Der gröſste Teil des Eisen-
drahtes und fertig gemachter Wollkratzen waren bis dahin eingeführt
worden. Auch die Eisen- und Drahtwerke von Abbey Tintern
waren von Deutschen errichtet worden. Um diese Zeit lieſs sich auch
eine Kolonie von deutschen Stahlschmieden am Derventfluſs, einige
Meilen von der gleichnamigen Stadt in Durham, nieder. Sie machten
sich bekannt durch ihre Schwerter und Schmiedwerkzeuge und wur-
den die Begründer der berühmten Stahlfabrikation in Durham und
Northumberland 2). Im Hinblick auf den Holzmangel heiſst es in den
„Erwägungen für das Parlament im Jahre 1559“, daſs Eisenhämmer
(iron mills) aus dem Reiche verbannt werden möchten (!), denn wo
vormals das Holz auf dem Haufen kaum etwas gekostet habe, da koste
es jetzt infolge der Eisenwerke zwei Schillinge die Last. Vordem wurde
spanisches Eisen für fünf Mark die Tonne verkauft, jetzt, seitdem es
Eisenhütten hier giebt, wird englisches Eisen für neun verkauft. In
Sussex nahm die Eisenindustrie um jene Zeit einen groſsartigen Auf-
schwung. Elisabeth hatte den aus Frankreich und den Niederlanden
vertriebenen Protestanten eine Freistatt eröffnet. Viele fremde Eisen-
arbeiter, Flamländer, Deutsche und Franzosen kamen nach Sussex,
und da bei der neuen Industrie viel Geld gewonnen wurde, so warfen
sich die adligen Grundbesitzer mit Eifer darauf und brachten ihre
alten Hochwaldungen zum Opfer. Die Nevilles, Howards, Percys,
Stanleys, Montagues, Pelhams, Ashburnhams, Sidneys, Sackvilles,
Dacres und Finshes betrieben damals das Eisengewerbe mit dem-
selben Eifer, wie heute die Groſsindustriellen zu Wolverhampton,
Birmingham u. s. w. Die Holznot nahm aber dadurch immer
mehr zu.
Ein weiteres Gesetz zur Verhinderung der Zerstörung des Bau-
holzes wurde deshalb 1581 erlassen, welches hervorhob, daſs durch
die Errichtung verschiedener neuer Eisenhämmer (iron mills) in
letzterer Zeit an verschiedenen Plätzen des Reiches in geringer Ent-
fernung von London und dessen Vorstädten, oder von den Dünen
1) Siehe Lardner, a. a. O., Bd. II. S. 329.
2) Siehe Mining and Smelting Magazine, Vol. IV, No. 23, Nov. 1863.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 892. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/912>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.