schmiede von Franchimont, ihre Hütten und ihre Angehörigen. Comines, der Zeitgenosse und Begleiter der genannten Fürsten, schreibt darüber 1): "nun musste des Herzogs Volk alles zu Fuss in Franchimont gehen, der Enden gar keine verschlossene Stadt ist, sondern lauter Flecken und Dörfer. So lagert sich der Herzog in die fünf Tage lang in einem Thal und Flecken, Polence genannt, sein Kriegsvolk aber teilte sich in zwei Haufen und griffen die un- seligen Einwohner mit allem Ernst an, schlugen alles tot, was sie antrafen und plünderten sie hin und wider in Hölzern, verbrannten die Häuser und Flecken und verderbten alle ihre Eisenschmieden, Schmelzhütten und Hämmer, von welchen sie ihre grösste Nah- rung haben. -- Dazu war der Winter so streng, dass viel Wunders davon zu schreiben. Über 40000 kamen bei dieser schrecklichen Be- lagerung um, und ein grosser Teil davon waren Eisenarbeiter". --
Ist diese Stelle ein deutlicher Beweis für die Bedeutung der Eisenindustrie in Franchimont, so beweist sie dagegen nichts für die Anwendung von Hochöfen in jener Zeit; unter Schmelzhütten sind wahrscheinlich Rennwerke, vielleicht Stückofenhütten, zu verstehen. Gurlts Angaben, dass 1345 die Hochofengussindustrie bei Namür schon sehr entwickelt gewesen sei, und dass Karl der Kühne von Burgund daselbst 1460 (!) durch seine Soldaten 35 Hochöfen habe zerstören lassen, entbehren, abgesehen von der unrichtigen Zeitangabe, jedes Quellennachweises und jeder Wahrscheinlichkeit 2).
Zu grosser Blüte gelangte die Lütticher Eisenindustrie im 16. Jahr- hundert. In diesem Jahrhundert wurde der Eisensteinbergbau durch Berggesetze und Ordnungen geregelt. Die älteste Beleihung auf Eisen- stein, welche vom Fürstbischof von Lüttich erteilt wurde, stammt aus dem Jahre 1567 und wurde Nicolaus Latour auf Eisenerze in der Gemarkung Seraing gegeben. Weitere Verleihungen auf Eisenstein sind bekannt von 1573 in der Gemeinde Prayon, 1585 zu Tilff und 1600 zu Socemagne.
1) In seinen Memoires sur l'histoire de Louis XI., 1524. Deutsch Frankfurt 1643, S. 161.
2) Siehe D. A. Gurlt, die Bergbau- und Hüttenkunde, eine gedrängte Dar- stellung der geschichtlichen und kunstmässigen Entwickelung des Bergbaues und Hüttenwesens. 2. Aufl., Essen 1879, S. 128. Der Verfasser hat augenscheinlich seine Behauptungen der erwähnten Schrift Franquoys entnommen, aber ohne Sorgfalt, denn die "35 Hochöfen" in Namür, welche Karl der Kühne 1460 zerstört haben soll, erwähnt Franquoy erst 1585 (l. c. S. 39). Gurlt übertrifft in seinem Bestreben, die Erfindung des Ofengusses möglichst weit zurück zu datieren, noch den belgischen Patrioten Franquoy. Nach Gurlt sind die Hochöfen Ende des 13. Jahrhunderts im Elsass entstanden.
Belgien und Lothringen.
schmiede von Franchimont, ihre Hütten und ihre Angehörigen. Comines, der Zeitgenosse und Begleiter der genannten Fürsten, schreibt darüber 1): „nun muſste des Herzogs Volk alles zu Fuſs in Franchimont gehen, der Enden gar keine verschlossene Stadt ist, sondern lauter Flecken und Dörfer. So lagert sich der Herzog in die fünf Tage lang in einem Thal und Flecken, Polence genannt, sein Kriegsvolk aber teilte sich in zwei Haufen und griffen die un- seligen Einwohner mit allem Ernst an, schlugen alles tot, was sie antrafen und plünderten sie hin und wider in Hölzern, verbrannten die Häuser und Flecken und verderbten alle ihre Eisenschmieden, Schmelzhütten und Hämmer, von welchen sie ihre gröſste Nah- rung haben. — Dazu war der Winter so streng, daſs viel Wunders davon zu schreiben. Über 40000 kamen bei dieser schrecklichen Be- lagerung um, und ein groſser Teil davon waren Eisenarbeiter“. —
Ist diese Stelle ein deutlicher Beweis für die Bedeutung der Eisenindustrie in Franchimont, so beweist sie dagegen nichts für die Anwendung von Hochöfen in jener Zeit; unter Schmelzhütten sind wahrscheinlich Rennwerke, vielleicht Stückofenhütten, zu verstehen. Gurlts Angaben, daſs 1345 die Hochofenguſsindustrie bei Namür schon sehr entwickelt gewesen sei, und daſs Karl der Kühne von Burgund daselbst 1460 (!) durch seine Soldaten 35 Hochöfen habe zerstören lassen, entbehren, abgesehen von der unrichtigen Zeitangabe, jedes Quellennachweises und jeder Wahrscheinlichkeit 2).
Zu groſser Blüte gelangte die Lütticher Eisenindustrie im 16. Jahr- hundert. In diesem Jahrhundert wurde der Eisensteinbergbau durch Berggesetze und Ordnungen geregelt. Die älteste Beleihung auf Eisen- stein, welche vom Fürstbischof von Lüttich erteilt wurde, stammt aus dem Jahre 1567 und wurde Nicolaus Latour auf Eisenerze in der Gemarkung Seraing gegeben. Weitere Verleihungen auf Eisenstein sind bekannt von 1573 in der Gemeinde Prayon, 1585 zu Tilff und 1600 zu Socemagne.
1) In seinen Mémoires sur l’histoire de Louis XI., 1524. Deutsch Frankfurt 1643, S. 161.
2) Siehe D. A. Gurlt, die Bergbau- und Hüttenkunde, eine gedrängte Dar- stellung der geschichtlichen und kunstmäſsigen Entwickelung des Bergbaues und Hüttenwesens. 2. Aufl., Essen 1879, S. 128. Der Verfasser hat augenscheinlich seine Behauptungen der erwähnten Schrift Franquoys entnommen, aber ohne Sorgfalt, denn die „35 Hochöfen“ in Namür, welche Karl der Kühne 1460 zerstört haben soll, erwähnt Franquoy erst 1585 (l. c. S. 39). Gurlt übertrifft in seinem Bestreben, die Erfindung des Ofengusses möglichst weit zurück zu datieren, noch den belgischen Patrioten Franquoy. Nach Gurlt sind die Hochöfen Ende des 13. Jahrhunderts im Elsaſs entstanden.
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Belgien und Lothringen.
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schreibt darüber 1): „nun muſste des Herzogs Volk alles zu Fuſs in
Franchimont gehen, der Enden gar keine verschlossene Stadt ist,
sondern lauter Flecken und Dörfer. So lagert sich der Herzog in
die fünf Tage lang in einem Thal und Flecken, Polence genannt,
sein Kriegsvolk aber teilte sich in zwei Haufen und griffen die un-
seligen Einwohner mit allem Ernst an, schlugen alles tot, was sie
antrafen und plünderten sie hin und wider in Hölzern, verbrannten
die Häuser und Flecken und verderbten alle ihre Eisenschmieden,
Schmelzhütten und Hämmer, von welchen sie ihre gröſste Nah-
rung haben. — Dazu war der Winter so streng, daſs viel Wunders
davon zu schreiben. Über 40000 kamen bei dieser schrecklichen Be-
lagerung um, und ein groſser Teil davon waren Eisenarbeiter“. —
Ist diese Stelle ein deutlicher Beweis für die Bedeutung der
Eisenindustrie in Franchimont, so beweist sie dagegen nichts für die
Anwendung von Hochöfen in jener Zeit; unter Schmelzhütten sind
wahrscheinlich Rennwerke, vielleicht Stückofenhütten, zu verstehen.
Gurlts Angaben, daſs 1345 die Hochofenguſsindustrie bei Namür
schon sehr entwickelt gewesen sei, und daſs Karl der Kühne von
Burgund daselbst 1460 (!) durch seine Soldaten 35 Hochöfen habe
zerstören lassen, entbehren, abgesehen von der unrichtigen Zeitangabe,
jedes Quellennachweises und jeder Wahrscheinlichkeit 2).
Zu groſser Blüte gelangte die Lütticher Eisenindustrie im 16. Jahr-
hundert. In diesem Jahrhundert wurde der Eisensteinbergbau durch
Berggesetze und Ordnungen geregelt. Die älteste Beleihung auf Eisen-
stein, welche vom Fürstbischof von Lüttich erteilt wurde, stammt aus
dem Jahre 1567 und wurde Nicolaus Latour auf Eisenerze in der
Gemarkung Seraing gegeben. Weitere Verleihungen auf Eisenstein
sind bekannt von 1573 in der Gemeinde Prayon, 1585 zu Tilff und
1600 zu Socemagne.
1) In seinen Mémoires sur l’histoire de Louis XI., 1524. Deutsch Frankfurt
1643, S. 161.
2) Siehe D. A. Gurlt, die Bergbau- und Hüttenkunde, eine gedrängte Dar-
stellung der geschichtlichen und kunstmäſsigen Entwickelung des Bergbaues und
Hüttenwesens. 2. Aufl., Essen 1879, S. 128. Der Verfasser hat augenscheinlich
seine Behauptungen der erwähnten Schrift Franquoys entnommen, aber ohne
Sorgfalt, denn die „35 Hochöfen“ in Namür, welche Karl der Kühne 1460 zerstört
haben soll, erwähnt Franquoy erst 1585 (l. c. S. 39). Gurlt übertrifft in seinem
Bestreben, die Erfindung des Ofengusses möglichst weit zurück zu datieren, noch
den belgischen Patrioten Franquoy. Nach Gurlt sind die Hochöfen Ende des
13. Jahrhunderts im Elsaſs entstanden.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 853. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/873>, abgerufen am 23.11.2024.
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