trauten Leuten bescheret." Der häufige Besuch gelehrter und hoch- verehrter Freunde verschönte ihm auch den Aufenthalt. Melanch- thon besuchte ihn noch zwei Jahre vor seinem Tode im Jahre 1558, welchen Besuch er dem schon erkrankten Freunde im folgenden Jahre erwiderte.
Mathesius selbst nahm der Tod plötzlich mitten in seiner Berufs- thätigkeit weg. Den 8. Oktober 1565 an einem Sonntage, als er eben über das Evangelium von der Auferweckung des Sohnes der Witwe gepredigt hatte, rührte ihn in der Kirche der Schlag und in wenigen Stunden war er eine Leiche. Die dankbare Knappschaft stiftete dem Vielbeweinten im Jahre 1572 ein Grabdenkmal.
Mathesius, ähnlich wie sein grosser Freund Luther, in der harten Schule des Lebens gebildet, hatte einen biederen Sinn, einen treuen, edlen, echt deutschen Charakter. Dabei war er ein Mann nicht nur von tiefer, sondern von fast universeller Gelehrsamkeit. Er ge- hörte zu den hervorragendsten Theologen, Philologen und Pädagogen seiner Zeit; Geschichte, Münzkunde, Musik und die Dichtkunst pflegte er, am meisten aber interessieren uns seine mineralogischen, berg- und hüttenmännischen und technischen Kenntnisse, die ganz hervor- ragend waren. In der Jugend schon auf den Bergbau hingewiesen, wuchs sein Interesse an dem Berufe in Joachimsthal, das sein Ent- stehen und sein Bestehen allein diesem Industriezweige verdankte. Er studierte nicht nur die Bücher des Agricola, der ja auch den grössten Teil seines bergmännischen Wissens in Joachimsthal gesammelt hatte, sondern er unterhielt sich mit Vorliebe mit den Bergleuten, fuhr selbst mit an und sammelte seltene Mineralien mit solchem Eifer und Erfolge, dass er sich rühmen konnte, in seiner Sammlung Stufen zu besitzen, die selbst Agricola nicht habe1). Aus diesem warmen Interesse für den Bergbau und aus der Anregung, die Luther -- selbst eines Bergmannes Sohn -- gegeben hatte, hielt er jedes Jahr zu Joachimsthal eine besondere Bergpredigt, und die Sammlung dieser Bergpredigten ist das originelle Buch, welches er unter dem Namen Sarepta -- bekanntlich eine altbiblische Bergstadt -- veröffentlichte. Das Buch erschien 1562 unter dem Titel: "Die Sarepta oder Berg- postille, samt der Joachimsthaler kurzen Chronik." Sie enthält 16 Predigten, welche der Reihe nach Gold, Silber, Kupfer, Eisen, Zinn, Blei u. s. w., sowie das Schmelzen, Münzwesen und Glasmachen
1) Vorrede zur Sarepta, worin auch ein historisch-interessanter Katalog seiner Mineraliensammlung mitgeteilt ist.
Schriftsteller des 16. Jahrhunderts.
trauten Leuten bescheret.“ Der häufige Besuch gelehrter und hoch- verehrter Freunde verschönte ihm auch den Aufenthalt. Melanch- thon besuchte ihn noch zwei Jahre vor seinem Tode im Jahre 1558, welchen Besuch er dem schon erkrankten Freunde im folgenden Jahre erwiderte.
Mathesius selbst nahm der Tod plötzlich mitten in seiner Berufs- thätigkeit weg. Den 8. Oktober 1565 an einem Sonntage, als er eben über das Evangelium von der Auferweckung des Sohnes der Witwe gepredigt hatte, rührte ihn in der Kirche der Schlag und in wenigen Stunden war er eine Leiche. Die dankbare Knappschaft stiftete dem Vielbeweinten im Jahre 1572 ein Grabdenkmal.
Mathesius, ähnlich wie sein groſser Freund Luther, in der harten Schule des Lebens gebildet, hatte einen biederen Sinn, einen treuen, edlen, echt deutschen Charakter. Dabei war er ein Mann nicht nur von tiefer, sondern von fast universeller Gelehrsamkeit. Er ge- hörte zu den hervorragendsten Theologen, Philologen und Pädagogen seiner Zeit; Geschichte, Münzkunde, Musik und die Dichtkunst pflegte er, am meisten aber interessieren uns seine mineralogischen, berg- und hüttenmännischen und technischen Kenntnisse, die ganz hervor- ragend waren. In der Jugend schon auf den Bergbau hingewiesen, wuchs sein Interesse an dem Berufe in Joachimsthal, das sein Ent- stehen und sein Bestehen allein diesem Industriezweige verdankte. Er studierte nicht nur die Bücher des Agricola, der ja auch den gröſsten Teil seines bergmännischen Wissens in Joachimsthal gesammelt hatte, sondern er unterhielt sich mit Vorliebe mit den Bergleuten, fuhr selbst mit an und sammelte seltene Mineralien mit solchem Eifer und Erfolge, daſs er sich rühmen konnte, in seiner Sammlung Stufen zu besitzen, die selbst Agricola nicht habe1). Aus diesem warmen Interesse für den Bergbau und aus der Anregung, die Luther — selbst eines Bergmannes Sohn — gegeben hatte, hielt er jedes Jahr zu Joachimsthal eine besondere Bergpredigt, und die Sammlung dieser Bergpredigten ist das originelle Buch, welches er unter dem Namen Sarepta — bekanntlich eine altbiblische Bergstadt — veröffentlichte. Das Buch erschien 1562 unter dem Titel: „Die Sarepta oder Berg- postille, samt der Joachimsthaler kurzen Chronik.“ Sie enthält 16 Predigten, welche der Reihe nach Gold, Silber, Kupfer, Eisen, Zinn, Blei u. s. w., sowie das Schmelzen, Münzwesen und Glasmachen
1) Vorrede zur Sarepta, worin auch ein historisch-interessanter Katalog seiner Mineraliensammlung mitgeteilt ist.
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Schriftsteller des 16. Jahrhunderts.
trauten Leuten bescheret.“ Der häufige Besuch gelehrter und hoch-
verehrter Freunde verschönte ihm auch den Aufenthalt. Melanch-
thon besuchte ihn noch zwei Jahre vor seinem Tode im Jahre 1558,
welchen Besuch er dem schon erkrankten Freunde im folgenden Jahre
erwiderte.
Mathesius selbst nahm der Tod plötzlich mitten in seiner Berufs-
thätigkeit weg. Den 8. Oktober 1565 an einem Sonntage, als er eben
über das Evangelium von der Auferweckung des Sohnes der Witwe
gepredigt hatte, rührte ihn in der Kirche der Schlag und in wenigen
Stunden war er eine Leiche. Die dankbare Knappschaft stiftete dem
Vielbeweinten im Jahre 1572 ein Grabdenkmal.
Mathesius, ähnlich wie sein groſser Freund Luther, in der
harten Schule des Lebens gebildet, hatte einen biederen Sinn, einen
treuen, edlen, echt deutschen Charakter. Dabei war er ein Mann nicht
nur von tiefer, sondern von fast universeller Gelehrsamkeit. Er ge-
hörte zu den hervorragendsten Theologen, Philologen und Pädagogen
seiner Zeit; Geschichte, Münzkunde, Musik und die Dichtkunst pflegte
er, am meisten aber interessieren uns seine mineralogischen, berg-
und hüttenmännischen und technischen Kenntnisse, die ganz hervor-
ragend waren. In der Jugend schon auf den Bergbau hingewiesen,
wuchs sein Interesse an dem Berufe in Joachimsthal, das sein Ent-
stehen und sein Bestehen allein diesem Industriezweige verdankte.
Er studierte nicht nur die Bücher des Agricola, der ja auch den
gröſsten Teil seines bergmännischen Wissens in Joachimsthal gesammelt
hatte, sondern er unterhielt sich mit Vorliebe mit den Bergleuten,
fuhr selbst mit an und sammelte seltene Mineralien mit solchem Eifer
und Erfolge, daſs er sich rühmen konnte, in seiner Sammlung Stufen
zu besitzen, die selbst Agricola nicht habe 1). Aus diesem warmen
Interesse für den Bergbau und aus der Anregung, die Luther — selbst
eines Bergmannes Sohn — gegeben hatte, hielt er jedes Jahr zu
Joachimsthal eine besondere Bergpredigt, und die Sammlung dieser
Bergpredigten ist das originelle Buch, welches er unter dem Namen
Sarepta — bekanntlich eine altbiblische Bergstadt — veröffentlichte.
Das Buch erschien 1562 unter dem Titel: „Die Sarepta oder Berg-
postille, samt der Joachimsthaler kurzen Chronik.“ Sie enthält
16 Predigten, welche der Reihe nach Gold, Silber, Kupfer, Eisen,
Zinn, Blei u. s. w., sowie das Schmelzen, Münzwesen und Glasmachen
1) Vorrede zur Sarepta, worin auch ein historisch-interessanter Katalog seiner
Mineraliensammlung mitgeteilt ist.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/82>, abgerufen am 25.11.2024.
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