Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

Bild:
<< vorherige Seite

Der Oberharz.
liess der Herzog in Gittelde noch viele Tausende der gewöhnlichen
Handbüchsen anfertigen, mit denen er die von ihm ins Leben ge-
rufene Volkswehr bewaffnete 1).

Aber auch aus Eisen gegossene Stücke und Mörser liess der
Herzog herstellen. Algermann sagt (S. 205): "Es liessen Se. Fürstl.
Gnaden auch von dem Blei und Eisen sonderliche Gestücke und
Feuer-Mörser in grosser Anzahl giessen, zu dem Ende, dieselben
auf Festungen (wie denn auch Se. Fürstl. Gnaden alle deroselben
Festungen und Häuser mit solchen Stücken und Böllern versehen
hat) zu gebrauchen." Selbstverständlich liess er auch eiserne Muni-
tion zu Gittelde giessen, wie er denn überhaupt sein Zeughaus voll-
ständig ausgerüstet erhielt. Hierüber schreibt Algermann: Er
war ein rechter Vater der Handwerksleute. Was ins Zeughaus ge-
hört, zu Stürmen und sonsten zu Artillerey und Munition vonnöten,
darauf hatte Se. Fürstl. Gnaden "wunderliche Inventionen", erfand
mancherlei Instrumente selbst, liess reisen, um immer Neues kennen
zu lernen und anzuschaffen.

Sobald er von einer neuen Art Geschütz hörte, suchte er sich
ein Exemplar zu verschaffen, oder Modell oder Zeichnung davon.
Herzog Ulrich von Mecklenburg hatte damals Geschütze, aus denen
man mehrere Kugeln zugleich schiessen konnte. Es waren drei grosse
Stücke, die 9, 5 oder 3 Kugeln schossen. Es gelang Julius nicht,
eins zu erhalten, indem Herzog Ulrich Leibesschwachheit des Giesser-
meisters und andere Ausflüchte vorschützte.

Eine dieser "wunderlichen Inventionen", mit welcher er viel Geld
verdiente, waren die Schlackenkugeln. Er liess die Schlacken der
Eisenhütten, wie auch die der Metallhütten in gusseisernen Formen
zu Kugeln giessen, und diese Schlackenkugeln fanden reissenden Ab-
satz. Sie trugen sein Namenszeichen @. Die Analyse einer solchen
aus Bleischlacke von der Sophienhütte hat Dr. Wedding mit-
geteilt 2).

Im Jahre 1822 fand man beim Abtragen der den Philippsberg
deckenden Festungswerke, in einem mit Gras bedeckten Gewölbe an
1000 Stück dieser Kugeln, viele mit dem Zeichen @ und der Jahres-
zahl 1575.

Algermann schreibt: "Wie denn von Sr. Fürstl. Gnaden das
Eisenbergwerk zu Gittelde hochgetrieben und alles durchsuchen lassen;

1) Siehe Heinemann, a. a. O., S. 417.
2) Siehe Wedding, a. a. O., S. 11, Anmerk. 2.

Der Oberharz.
lieſs der Herzog in Gittelde noch viele Tausende der gewöhnlichen
Handbüchsen anfertigen, mit denen er die von ihm ins Leben ge-
rufene Volkswehr bewaffnete 1).

Aber auch aus Eisen gegossene Stücke und Mörser lieſs der
Herzog herstellen. Algermann sagt (S. 205): „Es lieſsen Se. Fürstl.
Gnaden auch von dem Blei und Eisen sonderliche Gestücke und
Feuer-Mörser in groſser Anzahl gieſsen, zu dem Ende, dieselben
auf Festungen (wie denn auch Se. Fürstl. Gnaden alle deroselben
Festungen und Häuser mit solchen Stücken und Böllern versehen
hat) zu gebrauchen.“ Selbstverständlich lieſs er auch eiserne Muni-
tion zu Gittelde gieſsen, wie er denn überhaupt sein Zeughaus voll-
ständig ausgerüstet erhielt. Hierüber schreibt Algermann: Er
war ein rechter Vater der Handwerksleute. Was ins Zeughaus ge-
hört, zu Stürmen und sonsten zu Artillerey und Munition vonnöten,
darauf hatte Se. Fürstl. Gnaden „wunderliche Inventionen“, erfand
mancherlei Instrumente selbst, lieſs reisen, um immer Neues kennen
zu lernen und anzuschaffen.

Sobald er von einer neuen Art Geschütz hörte, suchte er sich
ein Exemplar zu verschaffen, oder Modell oder Zeichnung davon.
Herzog Ulrich von Mecklenburg hatte damals Geschütze, aus denen
man mehrere Kugeln zugleich schieſsen konnte. Es waren drei groſse
Stücke, die 9, 5 oder 3 Kugeln schossen. Es gelang Julius nicht,
eins zu erhalten, indem Herzog Ulrich Leibesschwachheit des Gieſser-
meisters und andere Ausflüchte vorschützte.

Eine dieser „wunderlichen Inventionen“, mit welcher er viel Geld
verdiente, waren die Schlackenkugeln. Er lieſs die Schlacken der
Eisenhütten, wie auch die der Metallhütten in guſseisernen Formen
zu Kugeln gieſsen, und diese Schlackenkugeln fanden reiſsenden Ab-
satz. Sie trugen sein Namenszeichen . Die Analyse einer solchen
aus Bleischlacke von der Sophienhütte hat Dr. Wedding mit-
geteilt 2).

Im Jahre 1822 fand man beim Abtragen der den Philippsberg
deckenden Festungswerke, in einem mit Gras bedeckten Gewölbe an
1000 Stück dieser Kugeln, viele mit dem Zeichen  und der Jahres-
zahl 1575.

Algermann schreibt: „Wie denn von Sr. Fürstl. Gnaden das
Eisenbergwerk zu Gittelde hochgetrieben und alles durchsuchen lassen;

1) Siehe Heinemann, a. a. O., S. 417.
2) Siehe Wedding, a. a. O., S. 11, Anmerk. 2.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0809" n="789"/><fw place="top" type="header">Der Oberharz.</fw><lb/>
lie&#x017F;s der Herzog in Gittelde noch viele Tausende der gewöhnlichen<lb/>
Handbüchsen anfertigen, mit denen er die von ihm ins Leben ge-<lb/>
rufene Volkswehr bewaffnete <note place="foot" n="1)">Siehe <hi rendition="#g">Heinemann</hi>, a. a. O., S. 417.</note>.</p><lb/>
              <p>Aber auch <hi rendition="#g">aus Eisen gegossene</hi> Stücke und Mörser lie&#x017F;s der<lb/>
Herzog herstellen. <hi rendition="#g">Algermann</hi> sagt (S. 205): &#x201E;Es lie&#x017F;sen Se. Fürstl.<lb/>
Gnaden auch von dem Blei und Eisen sonderliche Gestücke und<lb/>
Feuer-Mörser in gro&#x017F;ser Anzahl <hi rendition="#g">gie&#x017F;sen</hi>, zu dem Ende, dieselben<lb/>
auf Festungen (wie denn auch Se. Fürstl. Gnaden alle deroselben<lb/>
Festungen und Häuser mit solchen Stücken und Böllern versehen<lb/>
hat) zu gebrauchen.&#x201C; Selbstverständlich lie&#x017F;s er auch eiserne Muni-<lb/>
tion zu Gittelde gie&#x017F;sen, wie er denn überhaupt sein Zeughaus voll-<lb/>
ständig ausgerüstet erhielt. Hierüber schreibt <hi rendition="#g">Algermann</hi>: Er<lb/>
war ein rechter Vater der Handwerksleute. Was ins Zeughaus ge-<lb/>
hört, zu Stürmen und sonsten zu Artillerey und Munition vonnöten,<lb/>
darauf hatte Se. Fürstl. Gnaden &#x201E;wunderliche Inventionen&#x201C;, erfand<lb/>
mancherlei Instrumente selbst, lie&#x017F;s reisen, um immer Neues kennen<lb/>
zu lernen und anzuschaffen.</p><lb/>
              <p>Sobald er von einer neuen Art Geschütz hörte, suchte er sich<lb/>
ein Exemplar zu verschaffen, oder Modell oder Zeichnung davon.<lb/>
Herzog Ulrich von Mecklenburg hatte damals Geschütze, aus denen<lb/>
man mehrere Kugeln zugleich schie&#x017F;sen konnte. Es waren drei gro&#x017F;se<lb/>
Stücke, die 9, 5 oder 3 Kugeln schossen. Es gelang Julius nicht,<lb/>
eins zu erhalten, indem Herzog Ulrich Leibesschwachheit des Gie&#x017F;ser-<lb/>
meisters und andere Ausflüchte vorschützte.</p><lb/>
              <p>Eine dieser &#x201E;wunderlichen Inventionen&#x201C;, mit welcher er viel Geld<lb/>
verdiente, waren die Schlackenkugeln. Er lie&#x017F;s die Schlacken der<lb/>
Eisenhütten, wie auch die der Metallhütten in gu&#x017F;seisernen Formen<lb/>
zu Kugeln gie&#x017F;sen, und diese Schlackenkugeln fanden rei&#x017F;senden Ab-<lb/>
satz. Sie trugen sein Namenszeichen &#xFFFC;. Die Analyse einer solchen<lb/>
aus Bleischlacke von der Sophienhütte hat Dr. <hi rendition="#g">Wedding</hi> mit-<lb/>
geteilt <note place="foot" n="2)">Siehe <hi rendition="#g">Wedding</hi>, a. a. O., S. 11, Anmerk. 2.</note>.</p><lb/>
              <p>Im Jahre 1822 fand man beim Abtragen der den Philippsberg<lb/>
deckenden Festungswerke, in einem mit Gras bedeckten Gewölbe an<lb/>
1000 Stück dieser Kugeln, viele mit dem Zeichen &#xFFFC; und der Jahres-<lb/>
zahl 1575.</p><lb/>
              <p><hi rendition="#g">Algermann</hi> schreibt: &#x201E;Wie denn von Sr. Fürstl. Gnaden das<lb/>
Eisenbergwerk zu Gittelde hochgetrieben und alles durchsuchen lassen;<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[789/0809] Der Oberharz. lieſs der Herzog in Gittelde noch viele Tausende der gewöhnlichen Handbüchsen anfertigen, mit denen er die von ihm ins Leben ge- rufene Volkswehr bewaffnete 1). Aber auch aus Eisen gegossene Stücke und Mörser lieſs der Herzog herstellen. Algermann sagt (S. 205): „Es lieſsen Se. Fürstl. Gnaden auch von dem Blei und Eisen sonderliche Gestücke und Feuer-Mörser in groſser Anzahl gieſsen, zu dem Ende, dieselben auf Festungen (wie denn auch Se. Fürstl. Gnaden alle deroselben Festungen und Häuser mit solchen Stücken und Böllern versehen hat) zu gebrauchen.“ Selbstverständlich lieſs er auch eiserne Muni- tion zu Gittelde gieſsen, wie er denn überhaupt sein Zeughaus voll- ständig ausgerüstet erhielt. Hierüber schreibt Algermann: Er war ein rechter Vater der Handwerksleute. Was ins Zeughaus ge- hört, zu Stürmen und sonsten zu Artillerey und Munition vonnöten, darauf hatte Se. Fürstl. Gnaden „wunderliche Inventionen“, erfand mancherlei Instrumente selbst, lieſs reisen, um immer Neues kennen zu lernen und anzuschaffen. Sobald er von einer neuen Art Geschütz hörte, suchte er sich ein Exemplar zu verschaffen, oder Modell oder Zeichnung davon. Herzog Ulrich von Mecklenburg hatte damals Geschütze, aus denen man mehrere Kugeln zugleich schieſsen konnte. Es waren drei groſse Stücke, die 9, 5 oder 3 Kugeln schossen. Es gelang Julius nicht, eins zu erhalten, indem Herzog Ulrich Leibesschwachheit des Gieſser- meisters und andere Ausflüchte vorschützte. Eine dieser „wunderlichen Inventionen“, mit welcher er viel Geld verdiente, waren die Schlackenkugeln. Er lieſs die Schlacken der Eisenhütten, wie auch die der Metallhütten in guſseisernen Formen zu Kugeln gieſsen, und diese Schlackenkugeln fanden reiſsenden Ab- satz. Sie trugen sein Namenszeichen . Die Analyse einer solchen aus Bleischlacke von der Sophienhütte hat Dr. Wedding mit- geteilt 2). Im Jahre 1822 fand man beim Abtragen der den Philippsberg deckenden Festungswerke, in einem mit Gras bedeckten Gewölbe an 1000 Stück dieser Kugeln, viele mit dem Zeichen  und der Jahres- zahl 1575. Algermann schreibt: „Wie denn von Sr. Fürstl. Gnaden das Eisenbergwerk zu Gittelde hochgetrieben und alles durchsuchen lassen; 1) Siehe Heinemann, a. a. O., S. 417. 2) Siehe Wedding, a. a. O., S. 11, Anmerk. 2.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/809
Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 789. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/809>, abgerufen am 23.11.2024.